Hurrikan Sandy

Hat US-Klimapolitik nach Sandy endlich eine Chance?

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Ich sitze vor dem Fernseher und gucke CNN, wo Christiane Amanpour gerade telefonisch ein prominentes Opfer des Supersturms Sandy interviewt: Die Republikanerin Christine Todd Whitman, Ex-Gouverneurin von New Jersey und Umweltministerin unter George W. Bush, war wegen eines umgestürzten Baumes vorübergehend in ihrem Haus eingeschlossen. Die Küstenregion des US-Bundesstaates New Jersey gehört zu den am schwersten vom Sturm betroffenen Gebieten. Whitman lobt die guten Vorbereitungen auf den Supersturm und räumt ein, dass sich das Klima wandelt. Das ist nicht selbstverständlich, denn:

In den USA gibt es viele einflussreiche Klimawandel-Skeptiker

Ihre Thesen sind gewagt bis abenteuerlich. Entweder leugnen sie schlichtweg den Treibhauseffekt, oder sie beziehen sich auf Theorien, die den Einfluss des Menschen auf die Erderwärmung herunterspielen. Dazu gehört zum Beispiel der dänische Forscher Henrik Svensmark mit seiner wissenschaftlich umstrittenen Meinung, dass bestimmte Wolkenbildungsphänomene am Treibhauseffekt schuld seien – beeinflusst durch die derzeit erhöhte Sonnenaktivität. Wieder andere nehmen das arme Kohlendioxid in Schutz, das zu Unrecht als giftiges Gas verunglimpft werde. Klar, ohne Kohlendioxid keine Photosynthese und keine Coca Cola.

Kein Treibhauseffekt auf einer 6.000 Jahre alten Erde

In den USA, die ohnehin gerade auf dem Weg zur Radikalisierung weiter Teile der Gesellschaft zu sein scheinen – ich denke dabei an die Evangelikalen, bei deren Einstellung zu den Rechten von Frauen, Homosexuellen oder “Andersgläubigen” mir die Haare zu Berge stehen –, fallen solche Thesen anscheinend auf besonders fruchtbaren Boden. Klar, wer glaubt, dass die Erde gerade mal 6.000 Jahre alt ist, der hat auch sicher kein Problem, die wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnisse von seriösen Organisationen wie dem Weltklimarat IPCC zu ignorieren. Dem Kyoto-Protokoll sind die USA ohnehin nie beigetreten. Dass sie als größter Treibhausgas-Emittent der Welt inzwischen von China abgelöst wurden, ist da nur ein schwacher Trost.

Experten warnen, doch Klimawandel ist Tabuwort im US-Wahlkampf

Obama und Romney trauen sich im Wahlkampf nicht, das Wort Klimawandel auch nur in den Mund zu nehmen. Zwar hat der amtierende Präsident den Klimaschutz auf die politische Agenda gesetzt, doch der läuft offiziell unter den Decknamen Energiesicherheit und zukunftsträchtige Jobs für Amerika. Ein von Obama vorangetriebenes Energie- und Klimagesetz scheiterte, und falls Romney Präsident wird, will er alle von den Demokraten schon erlassenen Umwelt- und Klimaschutzgesetze aufheben, so sein Versprechen an die Wähler.

Doch es gibt auch andere, vernünftige Stimmen: Der Klimawissenschaftler Michael Oppenheimer, Professor an der Princeton University, warnt schon seit Langem vor extremen Sturmereignissen und damit verbundenen Überschwemmungen an der Ostküste. Zwar gab es immer schon schwere Stürme, doch was früher eine Jahrhundertflut war, könnte nun alle 20 Jahre eintreten. Schuld daran ist der messbar gestiegene Meeresspiegel und die Erwärmung der Meere, die die Bildung von Hurrikanen begünstigen und sie immer unberechenbarer machen können.

Und was hat Sandy mit den Atomkraftwerken gemacht?

Worüber im Moment kaum Informationen oder gar Bilder zu bekommen sind, das ist die Lage der Atomkraftwerke im Katastrophengebiet. Das älteste Kraftwerk der USA in Oyster Creek ist offenbar knapp an einem Komplettausfall der Kühlsysteme vorbeigeschrammt, meldet Greenpeace, und laut Newsticker der Süddeutschen Zeitung ist die Situation gar “brenzlig“.

Womöglich sind also die überfluteten U-Bahn-Tunnel, zerstörte Häuser und ruinierte Strände und selbst die bisher bekannten Todesopfer nicht einmal Sandys schlimmste Folgen. Hoffen wir, dass es durch Sandy nicht zu einem zweiten Fukushima kommt!

Business as usual oder endlich Green Revolution?

Doch selbst wenn nicht, wird es nicht damit getan sein, dass die Betroffenen sich fragen, ob sie nach dem Sturm ihre Häuser an gleicher Stelle wieder aufbauen und sich erneut der Gefahr aussetzen wollen. Ganz klar, dass es neue Schutzmaßnahmen geben wird und geben muss, aber damit sind die Ursachen nicht beseitigt. Vielmehr wird nun auch in den USA die Politik gezwungen sein, sich mit dem Klimaschutz zu befassen: Weg vom Öl, hin zu Erneuerbaren Energien wie Windkraft und Solarenergie. Deshalb rufe ich über den großen Teich:

Yes, you can!

 
Foto: (c) Brian R. Birke|flickr