#Australiansforcoal eine schwarze Woche für die australische Kohleindustrie

Veröffentlicht von

Diese Woche machte ein interessantes Social-Media Event die Runde. Vor allem am anderen Ende der Welt in Australien. Da Twitter aber solch örtliche Grenzen nicht kennt, schien auf einmal auch in meiner Timeline der Hashtag #australiansforcoal auf. Nun erzähle ich euch diese Geschichte und habe einen waschechten grünen Ozzie (Kurz für Australier) für euch, der über die Machenschaften der australischen Kohleindustrie plaudert.

Zurück zu diesem ominösen Hashtag #australiansforcoal. Nachdem ich ein großer Australienfan bin (hab dort mein Auslandssemester gemacht), und prinzipiell schockiert war, wie Australien mit dem Thema Energie, Klimawandel und Kohle umgeht, war ich natürlich neugierig und musste mir diesen Hashtag (Was ist ein Hashtag?) genauer ansehen. Was war passiert?

Kohleverband wollte mit Social Media Kampagne das “schwarze Image” aufpolieren – das ging gewaltig schief

Der Australische Kohleverband hatte eine Imagekampagne gestartet mit dem Hasthtag #australiansforcoal. Da bei Social-Media solche halbherzigen Grünwaschversuche gar nicht gut ankommen, ging ein Shitstorm los, der sich gewaschen hat. Auf einmal posteten alle mit diesem Hashtag die Gründe, warum Kohle vielleicht doch nicht die beste Lösung für das Land und die Welt ist. Hier eine tolle Zusammenfassung der besten Tweets, die ungefähr so aussahen:

In der Timeline kam ich auch in Kontakt mit dem PR-Consultant Dan Cass, der sich kurzerhand für ein Interview bereiterklärte. Hier der Tweet der meine Aufmerksamkeit erweckte:

Damit auch die deutschsprachige Welt mitkriegt, was da drüben los ist, habe ich das Interview für euch übersetzt.

Cornelia Daniel-Gruber: Dan, danke, dass du dir die Zeit nimmst Europa etwas aufzuklären, was im Kohle Land Australien gerade passiert. Erzähl vorher bitte kurz ein paar Worte über dich.

Dan Cass: Durch die unglaublichen Fortschritte in der Solartechnologie wurde ich vom grünen Aktivisten, der die „bösen Dinge“ wie Umweltverschmutzung stoppen wollte, zum Unternehmer der versucht die „guten Dinge“ wie Erneuerbare Energien voranzubringen. Mein erster richtiger Job war 1991 die Arbeit für Australiens erste Klimakampagne „Greenhouse Action Australia. Ich habe an einer Klimakonferenz mitgearbeitet und Klimawissenschaften an der Universität Melbourne studiert. Danach war ich mehr als ein Jahrzehnt politischer Berater der Australischen Grünen und Kommunikationsmanager bei Greenpeace Australia Pacific. Jetzt als unabhängiger Berater möchte ich meine Campaigning Fähigkeiten der Erneuerbaren Industrie zur Verfügung stellen, damit auch sie politisches Gewicht bekommen und letztendlich Marktanteile auf Kosten der fossilen Energie gewinnen.

Cornelia Daniel-Gruber: Ich habe dich als einen der ersten auf den #australiansforcoal Zug aufspringen sehen. Kannst du den Lesern kurz erklären was da passiert ist?

Dan Cass: Ich würde ja selbst so gerne wissen, wer dahinter steckt!

Für mich sieht es so aus: Die Kohleindustrie ist einfach sehr besorgt über ihr öffentliches Image. Deshalb haben sie irgendeinen Social-Media-Guru angestellt, der ihnen eine Online-Kampagne bauen sollte. Die Grundidee ihrer Seite und des Twitteraccounts ist es die „guten Dinge“ über Kohle zu erzählen und vor allem zu zeigen, wie beliebt Kohle unter den Australiern ist. Das ist einfach nur dumm, denn Kohle ist wirklich sehr unbeliebt in Australien und wir lieben die Solarenergie.

Auch damals als ich noch bei Greenpeace war, bevorzugten Australier Erneuerbare. Wir ließen damals eine Meinungsumfrage von einer von Rupert Murdoch’s Meinungsinstituten (Newspoll) machen, damit uns niemand beschuldigen können würde, dass wir eine grün gefärbte Studie gemacht haben.(Anm. Rupert Murdoch ist bekannt für seine Beziehungen zur Fossilindustrie). Diese Studie fand heraus, dass 9 von 10 Australiern von Kohle auf Erneuerbare umsteigen wollen. Die Ergebnisse wurden dann exklusiv an den Daily Telegraph, einem von Rupert Murdoch’s großen Medien, vergeben und eine große Geschichte daraus gemacht. Das war dann unglaublich peinlich für die Kohleindustrie und all die Kohleunterstützer in hohen Positionen der Regierung. John Howard, der konservative Premierminister von damals war schockiert von dem massiven Anti-Kohle-Ergebnis der Studie und urteilte, dass diese unseriös und unwissenschaftlich durchgeführt sein musste. Das gab einen riesigen Aufschrei und er musste diese Aussage danach im Parlament offiziell zurücknehmen und es ist wirklich sehr selten, dass ein Premier eine Aussage offiziell zurücknehmen muss.

Cornelia Daniel-Gruber: Was passiert da gerade in Australien. Wie ist es möglich, dass ein sonniges Land wie Australien, so stark gegen die Sonnenenergie ist?

Dan Cass: Die Australische Kohleindustrie ist so von sich selbst überzeugt, dass es einen informellen „Club der Verschmutzer“ gegründet hat um den Premierminister zu beeinflussen. Sie waren dabei so arrogant unverschämt, dass sie sich selbst und öffentlich als die „Greenhouse-Mafia“ bezeichnet haben. Einer der Berater des Pemiers, Guy Pearse war davon so erzürnt, dass er kündigte und zum Whistle Blower wurde.

Cornelia Daniel-Gruber: Wann genaue wurde Australien zum offiziellen Land der Klimawandelskeptiker?

Dan Cass: Die schlechte Nachricht dazu ist: Wir haben eine Regierung, die Kohle auf Kosten der Erneuerbaren unterstützt.

Die gute Nachricht dabei: Die Australier selbst lieben die Erneuerbaren. Eine aktuellere Umfrage aus 2011 zeigt, dass 87% der Leute stimmen der Aussage: „Es sollte höhere Investitionen in Erneuerbare wie Wind und Solar geben“ zu. Das aktuelle politische Problem geht zurück auf den 1. Dezember 2009. Damals gewann der konservative Tony Abbot, der eigentlich Klimawandelskeptiker ist die Wahl gegen Malcolm Trunbull von der Liberal Party, der die Klimawissenschaften anerkennt, um nur eine Stimme. Danach wurden die Ansichten der Liberal Party immer extremer und gingen in Richtung Tea Party. Ein Beispiel: Sehr viele Anhänger der Liberal Party glauben an Verschwörungstheorien wie die tödlichen Gefahren von Windkraft.

Cornelia Daniel-Gruber: Was passiert hinter den Kulissen? Spürst du den Druck der Kohleindustrie?

Dan Cass: Ja.

Das traurige ist, dass die Kohlelobby auch die Umweltbewegung und die Medien erfolgreich beeinflusst hat. Beide haben es nicht geschafft den Wahrheiten über Kohle ins Auge zu sehen und entsprechend zu kommunizieren.

Die gute Nachricht ist, dass in Australien trotzdem mehr Aufachdachsolaranlagen sind wie in den meisten anderen Ländern. 1.212.593 Aufdach Photovoltaikanlagen und 856,102 Solarthermieanlagen. Diese Zahlen können sich sehen lassen und zeigen: Die Australier lieben Solar und jetzt wo auch endlich Speicher günstiger werden, sage ich schon mal voraus, dass viele Australier sich einen Speicher kaufen werden und sogar soweit gehen vom Netz zu gehen. Sie haben die Schnauze voll von der „Greenhouse Mafia“. Kluge Europäer sollten Australien nicht so schnell abschreiben. #australiansforcoal hat gezeigt, dass es noch ein ganz anderes Australien abseits der Medienöffentlichkeit gibt.

Bild: Dan Cass by Nat Thomas