Der Macher des "Eine-Welt-Solar-Kollektors" im Interview: Robert Buchinger von Sunlumo

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Nach unserem Aufruf zu den neuen Unternehmen in der Solarthermiebranche haben sich tatsächlich einige interessante Unternehmen gemeldet. Die Welt der Solarthermie-Kollektoren wurde dieser Tage um ein neues Modell bereichert, das als erster europäischer und zu 100 Prozent aus Kunststoff bestehender Kollektor das Zertifikat Solar Keymark bekommen hat. Wir haben den Geschäftsführer des Unternehmens, das den Eine-Welt-Solar-Kollektor auf den Markt gebracht hat, zu einem Interview gebeten – und Robert Buchinger hat uns sofort Rede und Antwort gestanden. Lest hier, was Ihr zum neuen Solarthermie-Kollektor wissen müsst!

Inhaltsverzeichnis

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Der Eine-Welt-Solar-Kollektor von Sunlumo ist einer der Gewinner des Bundespreises Ecodesign 2015, der am 23.11.2015 von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und der Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, in Berlin verliehen wurde. Mit dem Preis werden Produkte, Dienstleistungen und Konzepte ausgezeichnet, die sowohl ökologisch als auch ästhetisch herausragen. Insgesamt wurden acht Projekte aus den Bereichen Mobilität, Logistik, Mode, Energie sowie Ernährung prämiert, heißt es in der Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (BMUB).

Bundesumweltministerin Dr. Barabara Hendricks bei der Preisverleihung mit unserem heutigen Interviewpartner Robert Buchinger von Sunlumo (Foto Mitte). Foto: BMUB
Bundesumweltministerin Dr. Barabara Hendricks bei der Preisverleihung mit unserem heutigen Interviewpartner Robert Buchinger von Sunlumo (Foto Mitte). Foto: BMUB

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Manchmal geschieht eben alles auf einmal. Während ich noch das Interview mit Robert schreibe, steht der schon neben Dr. Barbara Hendricks, Ihres Amtes Bundesumweltministerin, auf der Bühne und nimmt den Bundespreis Ecodesign 2015 entgegen. Glückwunsch Robert!

Doreen Brumme für Ecoquent Positions: Robert, du bist General Manager der Sunlumo Technology GmbH. Stell uns Dein Unternehmen bitte kurz vor!

Robert Buchinger: Die Sunlumo Technology GmbH mit Firmensitz im oberösterreichischen Perg ist ein Green-Tech-Unternehmen mit Fokus auf den Bereich Solarthermie. Green Technology, Solarthermie, Forschung & Entwicklung sowie Industrial Design sind die Schlüsselthemen von Sunlumo. Mit Büros in China und Indien ist Sunlumo in den bedeutendsten Märkten vor Ort vertreten.
Unser Ziel ist, die Solarwärme zu einer Selbstverständlichkeit zu etablieren: als günstigste Lösung zur globalen Energieversorgung. Mit dem Eine-Welt-Solar-Kollektor haben wir diese Vision umgesetzt.

Sunlumos Eine-Welt-Solar-Kollektor ist aus 100 Prozent Kunststoff gefertigt. Foto: Sunlumo Technology GmbH.
Sunlumos Eine-Welt-Solar-Kollektor ist aus 100 Prozent Kunststoff gefertigt. Foto: Sunlumo Technology GmbH.

Perfekte Überleitung, Robert, danke dafür! Euer Eine-Welt-Solar-Kollektor macht gerade Schlagzeilen: Was hat es damit auf sich?

Mit dem Eine-Welt-Solar-Kollektor ist Sunlumo ein großer Technologiesprung in der Solarindustrie geglückt. Der Kollektor aus polymeren Werkstoffen ist leicht an Gewicht sowie einfach zu montieren. Mit einer vollautomatischen Produktionsanlage werden im Jahr ca. 500.000 Kollektoren hergestellt. Solarthermische Systeme aus Kunststoff können somit funktionsfähiger, optisch attraktiver und vor allem wirtschaftlicher produziert werden. Die Weltneuheit ist beständig gegen thermische und klimatische Einflüsse und unterstützt die Warmwasseraufbereitung sowie Heizungsanlagensysteme bzw. Systeme für gewerbliche und industrielle Prozesse.  Durch einen ganzheitlichen Gestaltungsansatz konnten die Gestehungskosten im Vergleich zu marktüblichen Produkten halbiert werden, bei geringerem ökologischem Fußabdruck. Zudem wurde die Wahrnehmung überarbeitet. Dem Produkt „Solarkollektor“ wurde ein neues selbstbewusstes Image verliehen. Aus einem biederen Investitionsgut des Sanitär- und Heizungsbereichs ist ein Greentech-Konsumprodukt für den Massenmarkt geworden. Grün, attraktiv, sinnvoll. Der Solarkollektor als Must-have.

Das klingt nach viel Arbeit. Wie lange habt Ihr an dem leichten Kollektor gearbeitet?

Das Unternehmen Sunlumo wurde 2009 mit der Mission gegründet: Sunlumo ermöglicht den Eine-Welt-Solar-Kollektor für alle. Die Erkenntnisse aus mehreren geförderten Projekten konnten in die Arbeiten zum Kollektor einfließen.

Für wen habt Ihr den Kunststoff-Kollektor gemacht?

Ziel ist es, allen Menschen weltweit die Nutzung der Sonnenenergie zu ermöglichen. Konventionelle Solarkollektoren sind fu?r viele Menschen nicht erschwinglich. Der stark wachsende Bedarf an Energie und somit auch an Solarkollektoren ist nur durch einen Technologiesprung zu decken. Der Technologiesprung hin zum Kunststoff-Solarkollektor stellt dazu die beste Möglichkeit dar, nicht nur durch die Produzierbarkeit in extrem hohen Stu?ckzahlen, sondern auch aufgrund der Nachhaltigkeit der eingesetzten Rohstoffe. Die Systeme können an die Bedürfnisse in den High-End Märkten aber auch an die Low-Cost-Märkte in den Emerging Markets angepasst werden.

Die direkte Zielgruppe von Sunlumo sind interessierte Investoren und Hersteller: Wir bieten Turn-key-Fabriken für den Eine-Welt-Solar-Kollektor an.

Das musst Du uns näher erklären – es geht um “schlüsselfertige” Produktionsstätten auf Lizenzbasis?

Ja. Mit einem Stufenprogramm unterstützt Sunlumo die erfolgreiche Erzeugung des Eine-Welt-Solar-Kollektors. Gemeinsam mit interessierten Unternehmen definiert Sunlumo Leistungsvolumen und Kapazitäten der Turn-key-Fabriken, die maßgeschneidert geliefert werden. Die Anlagen können so maßgeschneidert je nach Kundenbedarf mit Produktionskapazitäten zwischen 100 und 350 MWth geliefert werden. Die Fabriken umfassen die Kunststoffproduktion der Bauteile sowie die Assemblingstationen für den gesamten Kollektor. Sunlumo begleitet die Produktion der Kunststoff-Kollektoren von der Inbetriebnahme der Fabrik bis zum fertigen Produkt.

Zum Service gehören weiters Einschulungen sowie Funktions- und Qualitätsprüfungen. Perfekt aufeinander abgestimmte Fertigungsprozesse und unser langjähriges Know-how kommen dabei den Kunden zugute. Zielgruppen sind Investoren aus Industrie, Energieversorgung, NGOs.

Mit wie viel Investitionsgeldern in der Tasche darf man bei Euch anklopfen?

Investitionssummen für Assembling-/Produktionsanlagen starten bei drei Millionen Euro.

Kannst Du herausstellen, welche Vorteile der Kunststoffkollektor hat … 

Durch eine ganzheitliche Betrachtung des Produktkonzepts wurde bei der Entwicklung des Kollektors im Industrial-Design-Prozess erstmals eine neue Kollektorbauweise umgesetzt. Der Eine-Welt-Solar-Kollektor aus Kunststoff bringt statt der üblichen 15 bis 20 Kilogramm nur noch 8,1 Kilogramm pro Quadratmeter auf die Waage. Damit verbunden sind geringere Herstellkosten und die Möglichkeit, den Kollektor vollautomatisch in sehr großen Stückzahlen zu produzieren.

Vorteil ist, dass Kunststoffkollektoren kostengünstige gepumpte Systeme zur Warmwasserbereitung ermöglichen, die eine attraktive Alternative zu Thermosiphonsystemen darstellen, die derzeit Weltstandard sind.
Der wesentliche Vorteil ist, dass mit kostengünstigen Kunststoff-Solarsystemen die Solarwärme für jeden Menschen zugänglich wird. Solarwärme wird leistbar, und das ohne Förderungen und Subventionen.

… und welche Nachteile?

Nachteil von Kunststoff ist, dass Kunststoff eine hohe Stückzahl voraussetzt, um wirtschaftlich produzieren zu können. Fabriken sind somit für Hersteller interessant, die eine führende Rolle am Weltmarkt darstellen wollen.

Sunlumos Eine-Welt-Solar-Kollektor im Prüfstand zur Solar-Keymark-Zertifizierung. Foto: Sunlumo Technology GmbH.
Sunlumos Eine-Welt-Solar-Kollektor im Prüfstand zur Solar-Keymark-Zertifizierung. Foto: Sunlumo Technology GmbH.

Robert, Euer “Eine-Welt-Solar-Kollektor” hat als erster europäischer 100-Prozent-Kunststoffkollektor das Solar-Keymark-Zertifikat bekommen: Warum ist Euch das wichtig und was bedeutet das für die Verbraucher?

Der Eine-Welt-Solar-Kollektor ist der erste zu 100 Prozent aus Kunststoff gefertigte europäische Kollektor, der Solar-Keymark-zertifiziert ist. Dieses Zertifikat steht für zuverlässige Qualität und Sicherheit. Das Solar Keymark ist europaweit ein gültiges Qualitätszertifikat für Sonnenkollektoren und solarthermische Systeme.

Was musste der Kollektor im Test aushalten, um die Zertifizierung zu bestehen?

Bei den Tests für das Solar Keymark wurde der Kunststoffkollektor mehr als den doppelten Belastungen der geforderten Prüfnormen für Schneelasten ausgesetzt und bestand diese Tests exzellent. Selbst nach diesen Belastungen war der Kollektor noch unbeschädigt und es konnten keine Mängel festgestellt werden. Unter anderem wurden Innendruckbeständigkeit, Beständigkeit gegen hohe Temperaturen sowie interne und externe thermische Schocks, Schlagfestigkeit, Wärmeleistung, Übertemperaturschutz und die Druckbeständigkeit geprüft. Erstmalig bestätigt ein externes Prüfinstitut offiziell die Tauglichkeit der Leichtbauweise der neuen Kollektoren.

Der Kunststoff-Kollektor im Test nach den Solar-Keymark-Kriterien. Foto: Sunlumo Technology GmbH.
Der Kunststoff-Kollektor im Test nach den Solar-Keymark-Kriterien. Foto: Sunlumo Technology GmbH.

Kannst Du uns ein paar wichtige Facts aus dem Datenblatt 2 nennen, die Euren Kollektor Schwarz auf Weiß charakterisieren?

Wie eben schon gesagt: Der Eine-Welt-Solar-Kollektor aus Kunststoff bringt statt der üblichen 15 bis 20 Kilogramm nur noch 8,1 Kilogramm pro Quadratmeter auf die Waage. Am besten funktioniert er in unseren Breitengraden bei einem niedrigen Temperaturniveau von 25°. Da schafft der Kollektor 521 kWh/Jahr. Bei 50° sind es nur mehr 183 kWh/Jahr. In südlichen Breitengraden wie Athen sind es bei 50° jedoch deutlich mehr mit 415 kWh. Er ist also eher für südlichere Gefilde geeignet. Hier geht’s zum Datenblatt 2. In der Datenbank heißt der Kollektor übrigens “The Collector”.

Robert, als rohstoff- und energiebewusster Blogger muss ich Dich auch fragen: Warum Kunststoff? Kunststoff wird ja auch auf fossiler Basis gefertigt, oder? Kannst Du was zur Klimabilanz des Kollektors sagen?

Erdöl ist nichts schlechtes und ein sehr wertvoller Rohstoff, allerdings Erdöl verheizen, um Warmwasser zu produzieren, das sollte man in Frage stellen, da geb’ ich Dir schon recht. Alle beim Kunststoffkollektor eingesetzen Werkstoffe können recycelt werden. Hier ein Zitat zum Thema Kunststoffkollektoren vom Fraunhofer ISE: “Die Ergebnisse der Wirkungsabschätzung zeigen deutlich, dass die ökologische Umweltbelastung bei den untersuchten Kunststoffkollektoren geringer ist als bei einem vergleichbaren Standard-Flachkollektor. Wir konnten Differenzen von bis zu 65 Prozent feststellen.”

Was sind die nächsten Schritte, die Ihr jetzt mit dem Kollektor plant und woran arbeitet Ihr in Eurem Forschungslabor außerdem?

Sunlumo forscht aktuell an der konkreten Umsetzung, alle Komponenten einer Solaranlage aus Kunststoff zu fertigen. Ziel ist es, allen Menschen die Nutzung der Sonnenenergie zu ermöglichen – mit kostengünstigen Systemen für Solaranlagen zur Warmwasserbereitung. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Die Herstellungskosten können um bis zu 70 Prozent reduziert werden. Wie schon beim Eine-Welt-Solar-Kollektor werden alle Komponenten grundsätzlich überdacht und ganzheitliche Lösungsansätze erarbeitet mit der Zielsetzung, dass zuverlässige und einfache Systeme entstehen, die auf der ganzen Welt zum Einsatz kommen und auch funktionieren.

Aus diesen Arbeiten wurden konkrete Forschungsthemen abgeleitet, die in mehreren Projekten derzeit umgesetzt werden. Die Forschung in diesen Projekten ist der logische Schritt zur Idee “Solarenergie für alle”. Kostengünstige gepumpte Systeme wären eine attraktive Alternative mit vielen Vorteilen zu Thermosiphonsystemen, die derzeit Weltstandard sind. Konkrekt geht es bei den Arbeiten um Pumpengruppe, Rohrsysteme, Wärmetauscher und Speicher aus Kunststoff, sowie neue Technologiestandards für die eingesetzte Elektonik der Steuerungssysteme.

Robert, ich danke Dir ganz herzlich, dass Du uns hier so viele spannende Antworten geliefert hast. 

Fotos (4): Sunlumo Technology GmbH / Robert Buchinger, BMUB (1)