Holter Christian Solid

SOLID: Im Volumenmarkt ist ungeförderte Solarthermie bald wettbewerbsfähig

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Heute ist ein weiterer wichtiger Akteur der Wärmewende bei uns „zu Gast“. Mein Landsmann Christian Holter ist Geschäftsführer des Grazer Solarunternehmen SOLID und hat bereits mehrere wirklich eindrucksvolle Großanlagenprojekte realisiert. Einige davon haben wir auch hier schon vorgestellt. Nun sprechen wir auch endlich mal persönlich mit dem Mann hinter dem Unternehmen.

Cornelia Daniel-Gruber: Sie wurden als wichtiger Akteur zur Wärmewende nominiert. Warum denken Sie hat Sie jemand nominiert?

Christian Holter: Mein Fokus heute ist, systemrelevante Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Dass Solarthermie auch im städtischen Umfeld mit Fernwärme kombinierbar ist, konnten wir schon vor bald 15 Jahren zeigen. Doch damals ist die Wärme einfach im Netz „verschwunden“. Nunmehr geht es um Dimensionen, in denen ein gesamtes Lastmanagement mitgedacht wird.

Was ist ihr persönlicher Beitrag zur Wärmewende mit Ihrem Unternehmen Solid aus Österreich?

Wir bringen unser eigenes Wissen mit jenem der weltweit besten Experten zusammen und legen dies auf österreichische Rahmenbedingungen um. Beispielsweise sind die dänischen Erfahrungen der Solarwärme im Fernwärme-Netz nur bedingt übertragbar. In Mitteleuropa haben unsere Netze (noch) deutlich höhere Rücklauftemperaturen, was zu Einschränkungen in der Speichernutzung und zu einem Minderertrag der Solaranlagen führt. Wir packen diese Themen an.

Welchen Beitrag kann Solarthermie Ihrer Meinung nach zur Wärmewende leisten und warum wird das Potenzial noch nicht ausgenutzt?

Es gab in den letzten Jahren keinen großen Druck, von bestehenden Abwärmequellen aus KWK Anlagen wegzugehen. Doch heute ist das Marktumfeld anders. Aufgrund der niedrigen Strompreise – insbesonders im Sommer- rechnet sich die KWK nunmehr auch in Österreich und Deutschland kaum noch. Da kann Solarwärme eine kostenstabile Lösung anbieten, die bereits heute zu Gaskesselanlagen wettbewerbsfähig ist. Mittelfristig sind für mich solare Deckungsgrade von 50% vorstellbar.

Welche Rahmenbedingungen (Gesetze, Förderungen) bräuchte es um die Wärmewende im Solarthermiebereich in Gang zu bringen?

Solange es zu keiner massiven Förderung der KWK kommt, ist auch ungeförderte Solarthermie bald wettbewerbsfähig. Heute braucht es noch etwas Anschubfinanzierung, um den Produzenten und Anlagenbauern entsprechende Auslastung zu geben und am Markt Signale zu setzten. Hauptsächlich aber geht es um Bewusstseinsbildung.

Im Bereich der Langzeitspeicherung von Wärme und in der Systemtechnik mit mitteleuropäischen Netzen gibt es noch Lernbedarf. Da wird noch etwas mehr Förderbedarf zu sehen sein.

Solid hat sich vom Anlagenbauer ja nun sehr stark in Richtung Anlagenbetreiber entwickelt, was ich absolut richtig und wichtig finde. Wie kam es zu diesem Schritt und was ist die größte Herausforderung dabei?

Wärme- und Kälte sind für fast alle Branchen keine Kernbereiche, sondern notwendige Hilfsmittel. Außerhalb des Kernbereichs investieren aber Betriebe kaum. Daher haben wir auch bei sehr rentablen Projekten öfters gesehen, dass diese an mangelnden Investitionsprioritäten gescheitert sind.

Daher haben wir seit bald 20 Jahren Anlagen im Contracting errichtet. Ein riesiger Vorteil ist die fortlaufende Verantwortung und das eigene Optimierungsinteresse bei diesen Projekten. Die Herausforderung ist, die notwendigen Finanzierungen aufzustellen.

Als Betreiber sind Sie nun langfristig für die funktionierende Anlage und dessen verlässliche Erträge zuständig. Worauf achten Sie bei der Auswahl der Komponenten?

Verlässlichkeit und Qualität stehen vor der Einsparung einiger Euro zum Investitionszeitpunkt, ebenso kooperieren wir mit einem Netzwerk von verlässlichen Partnern.

Im Ausschreibungsmarkt sind wir bei SOLID leider immer wieder gezwungen, diese Standards zurückzunehmen, da die Entscheider die Vorteile des langfristig verlässlichen Investments zu wenig in ihre Bewertungen aufnehmen.

Wir schreiben hier viel über Wärmegestehungskosten und bekommen dabei mit, dass diese Art der Betrachtungsweise noch überhaupt nicht in der Branche angekommen ist. Sie hingegen argumentieren bereits mit Begriffen wie Gasparität und Kosten von 4ct/kWh. Sind Sie weiter als der Rest der Branche, oder wie erklären Sie sich diese Angst vor der Kostentransparenz?

Wir bei SOLID sind Solar-Anlagenbauer, und müssen unsere möglichen Kunden verstehen. Daher verwenden wir auch gerne die Sprache und Denkweise unserer Kunden. Für Kollektorhersteller ist der Fokus, einen bestmöglichen Kollektor zu einem attraktiven Preis verkaufen zu können. Und hier beobachte ich einen Trend zu besseren Produkten, die gerade für Großsolaranlagen gut geeignet sind. Ein Hersteller wie SOLID  muss ja nicht den Wärmepreis anbieten, wir sind die Brücke dazwischen.

Was sind die zukünftigen Pläne von Solid? Wo soll und wird die Reise hingehen?

[Derzeit nach Graz…ich sitze im Zug]

Wir haben führende Kompetenz im Großanlagenbau, sowohl im Bereich der solaren Kühlung, der industriellen Prozesswärme und in Fernwärmeprojekten. Wir wollen diese drei Wachstumspotentiale weltweit ausbauen.

Wir wollen auch die Technologie verbessern. Durch die derzeit 20 Forschungsprojekte im Unternehmen, Firmenkooperationen und Entwicklungsarbeit können wir Solarwärme noch wettbewerbsfähiger machen und damit die Türen zu weiteren Anwendungen öffnen.

Vielen Dank Herr Holter für diese spannenden Einblicke in Ihr Unternehmen und Ihre Welt. Wir wünschen viel Erfolg auf diesem sicher nicht immer einfachen Weg und werden unseren Beitrag zum Thema Bewusstseinsbildung leisten.

Und hier wieder die Liste der weiteren Akteure der Wärmewende. Die Liste wird immer länger :-).

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Bild: (c) Solid, Christian Holter