Polen: Erneuerbare Energien und der polnische Energiemarkt

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Wir werfen mal wieder einen Blick über den Tellerrand und schauen uns an, was in Polen in Sachen Energie gerade passiert. Etwa 90 Prozent der Energie in Polen stammen laut der Studie “Der Markt für Erneuerbare Energien in Polen nach 2012 und seine Perspektiven” vom Mai 2013 der Switzerland Global Enterprise (Center of Excellence für Internationalisierung) derzeit aus der Verbrennung von Kohle in Kohlekraftwerken. Erzeuger sind einige große Konzerne (sogenanntes Energie-Oligopol), teils vom polnischen Staat, teils von ausländischem Kapital finanziert. 2011 betrug die Bruttomenge der in Polen erzeugten elektrischen Energie demnach 163.153 Gigawattstunden (GWh) und lag damit um vier Prozent höher als im Vorjahr. Der steigende Energiebedarf resultiere laut Analysten der polnischen Regulierungsbehörde URE aus dem stärkeren Wachstum der polnischen Wirtschaft.

Polen diskutiert sein einiger Zeit Gesetze, wie Energie in Zukunft erzeugt und verteilt werden soll. Die Rede ist in diesem Zusammenhang oft vom “Dreier-Pack”:

  1. Gesetz über erneuerbare Energiequellen (EEG)
  2. Energiewirtschaftsgesetz
  3. Gasversorgungsgesetz

Die Schweizer Experten sehen in ihrer Studie gute Chancen, dass Polen künftig Energie teilweise dezental erzeugen und damit die zentrale Erzeugung in Großkraftwerken ergänzen könnte – dank der Rechtsbestimmungen. Mit der Unterschrift unter die Verträge habe sich Polen im Rahmen der Erfüllung der Pflichten eines EU-Mitgliedsstaates schließlich verpflichtet, bis 2015 vier Gigawatt an Energie, die in veralteten Anlagen hergestellt wurde, auszuschließen.

Damit Polen nicht Energie importieren muss, ist schnelles Handeln angesagt. Das EEG, das bereits im Januar in Kraft treten sollte, sehe umfassende Reformen des bestehenden Vergütungssystems für Energie aus regenerativen Quellen vor, schreibt die Energieagentur NRW.

Das derzeitige Vergütungssystem für Erneuerbare Energie in Polen

Noch würden demnach die sogenannten bunten Zertifikate an einer Börse gehandelt: “Erzeuger von grünem Strom erhalten, neben dem garantierten Preis von derzeit Euro 50,34 pro erzeugte Megawattstunde (MWh), von der Stromregulierungsbehörde eine entsprechende Zahl an Zertifikaten. Die Stromhändler sind verpflichtet, eine jährlich neu festgelegte Quote (2013: 10,9%) der Zertifikate zu erwerben, andernfalls werden Strafzahlungen notwendig.” Die Zertifikate stelle man aus, ganz gleich, welche Technologie der Energieerzeugung zugrunde läge, schreibt die Energieagentur NRW weiter. Ein Grund, warum sich zum Beispiel eine hohe Kosten verursachende Technologie wie Photovoltaik (PV) bis dato nicht rentiere.

Das neue Gesetz – was es den Erneuerbaren bringen soll

Das neue Gesetz (Entwurf vom 9. Oktober 2012, Version 2.0.2) soll die Technologie dagegen berücksichtigen, wenn es um Fördergelder gehe – mittels eines Korrekturwertes: Dieser soll bei Inbetriebnahme einer Anlage festgelegt werden und 15 Jahre gelten, jedoch nicht länger als bis 2028. Um den Mechanismus zu verstehen, hier eine gute Erklärung zu den Korrektufaktoren für den Erzeuger grüner Energie von Rechtsanwältin Aneta Majchrowicz-B?czyk, die ich auf der Internetseite der Rödl Global Rechtsanwaltsgesellschaft mbH fand: “Für 1 MWh der hergestellten grünen elektrischen Energie bekommt der Erzeuger ein Herkunftszeugnis multizipiert durch den jeweiligen geltenden Korrekturfaktor. Der Wert der Kompensationsgebühr, der einen Bezugspunkt für den Wert der Herkunftszeugnisse darstellt, wurde nicht geändert und beträgt 286,74 PLN (Bezeichnung für die polnische Währung Z?oty: 1 Euro = 4,2 PLN/Stand: 26.7.2013) für 1 MWh. Nicht geändert wurde auch der amtliche Stromankaufspreis – PLN 198,90, jährlich aufgewertet durch das Jahresmittel des Inflationsindex, der jedoch nicht höher sein darf als der durchschnittliche Strompreis auf dem Konkurrenzmarkt. Neu ist die zeitliche Grenze, bis zu der die Unterstützung gelten soll – 15 Jahre ab der Inbetriebnahme, aber nicht länger als bis 2035.”

Anschließend stünden dem Betreiber der Anlage keine weiteren Zertifikate mehr zu. So wolle man insbesondere Photovoltaik  – ihre installierte Kapazität belaufe sich bisher auf zwei Megawatt, so die Energieagentur NRW – lohnenswert machen.

Die Windenergie, die heute 40 Prozent des Energiemixes der polnischen Enreuerbaren ausmache, solle gleichzeitig weniger gefördert werden.

Für sogenannte Mikro- und Kleinanlagen (Biogasanlagen mit einer Nennleistung bis 200 Kilowatt, Wind- und PV-Anlagen bis 100 Kilowatt) sehe das neue Gesetz Einspeisevergütungen vor. Auch neu: Erneuerbar schließe künftig das Co-Firing aus. So nennt man das Beimischen von Biomasse, wenn man Steinkohle verbrennt.

Der Anteil der Erneuerbaren am polnischen Energiemix soll 2030 zwanzig Prozent betragen – 2011 betrug der Anteil 8,18 Prozent, wozu gesagt werden muss, dass es in 2012 eine deutliche Steigerung gegeben haben soll.Während es 2011 laut der eingangs erwähnten Schweizer Studie über 12,9 Terawattstunden aus Erneuerbaren waren, produzierten die Polen 2012 schon 16,8 TWh Strom aus erneuerbaren Stromquellen.

Ein Ziel also, dessen Erreichen die Polen schnellstens angehen sollten. Man rechnet in der Branche mit einem Inkrafttreten des Gesetzes im Januar 2014. Mit gutem Grund: Denn “die EU-Kommission hat Polen aufgrund der nicht erfolgten Umsetzung der Erneuerbare-Energie-Richtlinie 28/2009/EG verklagt. Um eine Verurteilung, mit der Anfang nächsten Jahres zu rechnen ist, mit Tagesstrafen von 133.000 Euro zu vermeiden, muss Polen bis dahin das EEG umgesetzt haben”, schreibt Dr. rer. oec. Christian Schnell aus der Kanzlei DeBenedetti Majewski Szcze?niak, der Vorstandsmitglied der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer in Warschau ist.

Strom aus Erneuebaren! Wärme aus Erneubaren?

Die Schweizer Analysten sehen für den künftigen polnischen Energiemarkt, dass der Anteil von Steinkohle zu Gunsten von Braunkohle und erneuerbaren Energiequellen sinken werde – ein Trend, der bereits laufe. Allerdings stehe nach wie vor die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiquellen im Mittelpunkt des Interesses – noch, so die Schweizer, vernachlässige man die Erzeugung von Wärmeenergie. Ein Problem, wenn man den Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen am Brutto-Endverbrauch betrachte: 2010 habe der Anteil der Wärme- und Kälteerzeugung an der allgemeinen Energiebilanz demnach 57 Prozent betragen (mit einem Anteil von Erneuerbaren von 12 Prozent).

Eine Initiative aus neun Branchenorganisationen erarbeite demnach derzeit Vorschläge zu Rechtsakten zur Förderung der Wärmeerzeugung.

Ein weiteres Problem in Polen: Die Übetragungsnetze bedürfen dringend der Modernisierung – in den vergangenen 20 Jahren mangelte es daran.

Bleibt zu schreiben, dass Ecoquent Positions die Entwicklungen der Erneuerbaren Energien und ihre Erzeugung in Polen im Auge behält – auch wenn oder: gerade weil  Solarthermie noch ein Schattendasein in unserem Nachbarland führt.

Foto: schiffner / photocase.com