Solarenergie für alle, klar! Aber wem gehört eigentlich die Sonne?

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Wir Menschen besetzen den Planeten Erde und beanspruchen für uns ein Besitzrecht darauf. Stückchenweise gehört das Land den Ländern, um Besitzansprüche wird sogar Krieg geführt (aktuelles Beispiel: die Auseinandersetzung zwischen Japan und China um die Senkaku-Diaoyu-Inseln im Ostchinesischen Meer). Doch wie steht es um Sonne, Mond und Sterne, insbesondere die Sonne und deren Energie – wem gehört die Sonne eigentlich?

Die Sonne ist Quelle unseres Lebens, sie ist unser Licht, unsere Wärme. Wir Menschen betrachten die Sonne als Teil unserer natürlichen Ressourcen. Wohlbemerkt: “Unser” ist ein Besitz anzeigendes Pronomen. Mit Betonung auf “Besitz”!

Die Sache mit den natürlichen Ressourcen ist jedoch die: Während die Ressourcen uns Menschen nicht brauchen, sind sie für unsere Existenz, unseren Fortschritt unersetzlich. Und auch das ist Fakt: Leider schaffen wir Menschen es kaum, das beweist schon ein flüchtiger Blick in unsere Geschichte, dass wir die Ressourcen dieser Erde als Allgemeingut wahren und ihren Nutzen entsprechend allen zugutekommen lassen. Im Gegenteil: „In dem Maße, in dem eine Gemeinressource als ökonomisch verwertbar entdeckt wird, schreitet ihre Einzäunung im Privatinteresse voran“, schreibt Silke Helfrich im Vorwort des von ihr und der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegebenen und von mir geschätzten Buches „Wem gehört die Welt?“ Von dem, was Menschen aus Privatinteresse im Stande sind zu tun, zeugt unsere Geschichte.

Der blaue Planet Erde ist inzwischen aufgeteilt, auch wenn es nach wie vor Auseinandersetzungen um die Verläufe des einen oder anderen Zauns gibt, wie das eingangs erwähnte aktuelle Beispiel zeigt. Doch die Besitzansprüche des Menschen sind grenzenlos: Der Schritt auf den Mond ist gegangen und mit ihm eröffnen sich auch neue Wege, an neuen Besitz zu kommen.

Der Mond ist im Besitz vieler – parzellenweise

Seit Jahren verkaufen geschäftstüchtige Menschen Mondgrundstücke. Sie tun dies, obwohl es seit 1967 den kurz „Weltraumvertrag“ (“Outer Space Treaty“) genannten „Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper“ gibt, der die Grundprinzipien zur Nutzung des Weltraums festlegt.

Artikel II des Weltraumvertrages lautet: „Der Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper unterliegt keiner nationalen Aneignung durch Beanspruchung der Hoheitsgewalt, durch Benutzung oder Okkupation oder durch andere Mittel.“ Wer allein diesen Satz des umfangreichen Gesetzestextes liest, schüttelt den Kopf und fragt erstaunt: Wie kommen Leute auf die Idee, Mondparzellen zu verkaufen – und warum glauben deren Käufer, sie hätten anschließend ein Besitzrecht darauf? Demnach hätte doch niemand Besitzansprüche auf Sonne, Mond oder Sterne zu erheben…

Nun, es kommt (wie immer im Leben) auf die Lesart des Textes an: Mondparzellen-Verkäufer und Immobilienmakler Dennis Hope zum Beispiel, der sich 1980 ins Grundbuch von San Francisco als Besitzer des Mondes eintragen ließ, argumentiert, dass der Weltraumvertrag nicht ausschließe, dass Privatpersonen sich den Mond aneignen dürften. Laut US-amerikanischem Recht gelte ein Grundanspruch als durchgesetzt, wenn diesem acht Jahre lang von niemandem widersprochen würde („US Homestead Act“ aus dem Jahr 1862).

Zwar folgte Ende der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein zweites internationales Gesetz (“Moon Treaty“): das „Agreement Governing the Activities of States on the Moon and other Celestial Bodies“, doch das wurde bei seinem Inkrafttreten 1984 nur von wenigen Staaten unterzeichnet. Führende Weltraumfahrtsstaaten wie die damalige UdSSR und die USA lehnten das Abkommen ab. Kurz: Hope erhielt keinen Widerspruch, seitdem verkauft er den Mond parzellenweise. Und er ist nicht der einzige Mondmakler. Und er besitzt nicht nur den Mond, sondern auch alle Planeten des Sonnensystems plus zugehöriger Monde, wie es allerorts heißt.

Die Sonne ist in spanischer Hand

Wen der Mond, dessen Besitz und möglicherweise in naher (weil: erreichbarer) Zukunft nutzbare Ausbeute kalt lässt, der wende sich an dieser Stelle bitte dem wohl wichtigsten Stern unseres Systems zu: der Sonne. Auch sie ist in Menschenhand: Im November 2010 meldete die Financial Times Deutschland (FTD), dass sich die Spanierin Ángeles Durán notariell als Besitzerin der Sonne habe eintragen lassen. Die damals 49-Jährige aus Salvaterra de Mino soll demnach 30 Euro für das Ausstellen ihrer Besitzurkunde und die notarielle Beglaubigung bezahlt haben. Die FTD zitiert die als Gerichtsgutachterin im örtlichen Sozialgericht arbeitende Spanierin: „Jeder hätte der Besitzer der Sonne werden können. Aber mir ist es als Erste eingefallen.“

Und wer jetzt denkt, die Spanierin hätte dies aus purer Freude am Sonnenbesitz gemacht, den belehrt die FTD eines besseren: “Wenn es da eine Möglichkeit gibt, Geld zu verdienen, warum sollte man die nicht ergreifen?” Und weiter wird sie zitiert: “Es geht mir nicht darum, den normalen Bürger, der sich sonnt, zur Kasse zu bitten. Es geht um Firmen, die mit der Sonne Geld verdienen.”

Auch wenn ich das Ganze hier zu Unsinn erkläre, also die Besitzansprüche der Mondbesitzer Hope & Co. und auch der Sonnenbesitzerin Durán, eine rechtliche und dennoch unterhaltsame Begutachtung des Falls Hope kann man übrigens hier nachlesen, bleibt es Tatsache, dass zumindest die Mondmakler mit diesem Unsinn Geld machen. Viel Geld. Kopfschüttel-viel-Geld!

Und das wiederum kollidiert mit meinem Verständnis von Allgemeingut, wonach Sonne, Mond und Sterne uns allen gehören. Auch mir! Und nochmal für alle: Die Sonne gehört auch mir! Da verkauft jemand unser aller Besitz, um sich persönlich zu bereichern. Das gefällt mir nicht! Die Sonne ist unverkäuflich! Der Mond auch! Die Sterne auch!

Zeichnung: Doren Brumme