Solarthermie in China – Was Europa lernen kann

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… erklärt uns Solar- und Chinaexperte Sven Tetzlaff

Mitte Juni veröffentlichten wir einen Gastartikel von Sven Tetzlaff, der feststellte: Der Solarthermie geht es hundsmiserabel – in Europa, wohlgemerkt. Die Solarthermie in China dagegen steht erheblich besser da. Warum, wollten wir von Herrn Tetzlaff wissen – Seit wann setzt China so massiv auf Solarthermie, wurde sie von Anfang gefördert und warum werden in China überwiegend Vakuumröhrenkollektoren eingesetzt? Und wie viel Solarthermie exportieren die Chinesen ins Ausland? Hier die hoch interessanten Antworten von Sven Tetzlaff. Der Gastbeitrag ist ein bisschen länger als gewohnt, aber er liest sich spannend wie ein Krimi…! Unter anderem enthält er exklusive Grafiken über chinesische Solarthermie-Exporte, die wir mit Genehmigung von Sven Tetzlaff als erste im deutschsprachigen Raum veröffentlichen dürfen (copyright by Charlotte Green Co. Ltd.) Eine Zweitverwertung ist übrigens möglich, dazu einfach Herrn Tetzlaff anschreiben.


Sven Tetzlaff: Die Beantwortung der ersten drei Fragen hängt so eng miteinander zusammen, dass ich sie etwas ausführlicher abhandeln möchte. Ich halte das für essentiell, denn mit dem Verständnis dafür, warum die Röhre in China so erfolgreich ist, es eben genau keine Förderung gibt und wo die historischen Ursachen sind, lässt sich auch fuer die Europäer etwas ableiten.

Kurze Geschichte der Solarthermie in Europa

Sowohl in China als auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz (D-A-CH) begann die ernstzunehmende Entwicklung der Solarthermie Ende der 70er Jahre.

Angetrieben durch den ersten Oelpreisschock, wurde es zunehmend mehr Menschen besonders in den westlichen Ländern klar, dass das Paradigma von den angeblich „unendlichen Ressourcen“ nur eine wirre Idee ist. Plötzlich war klar, dass ein „Weiter so !“ nicht auf Dauer funktionieren würde. So fanden sich in Österreich erste Selbstbaugruppen zusammen, die nach Feierabend in ihrer Freizeit, meist in einer Garage, Kollektoren fuer sich und die Nachbarn, die bereit waren zu bezahlen, zusammenbauten.

Die Parameter fuer derlei Kollektoren sind entsprechend einfach zu definieren:

  • Einfache universelle Komponenten (alle Teile und Produktionsmittel mussten in Baumärkten o.ae. beschaffbar sein)
  • Herstellung ohne nennenswerte Investition in Löhne, Maschinen oder Grundstücke
  • Einfachste Konstruktion mit universellen Werkzeugen

Das Ergebnis waren die ersten Flachkollektoren mit Holzrahmen, Fensterglas und Solarlackabsorbern. Natürlich blieb die Entwicklung nicht in dem Stadium stehen. Das Hauptproblem der aus den Selbstbau-Gruppen entstandenen Firmen war, dass sie keinerlei Möglichkeiten hatten Geld von Banken oder Investoren zu bekommen.

Der erste Wagner-Kollektor (Bild: Wagner & Co. Solartechnik)
Der erste Wagner-Kollektor (Bild: Wagner & Co. Solartechnik)

 

Deutsche Solargründer mit gemeinsamen Wurzeln

In Deutschland entstanden beinahe gleichzeitig drei wichtige Firmen, deren Gründer auch gemeinsame Wurzeln in ihrer Studienzeit hatten. Dies waren Wagner, Paradigma und Solvis. Lediglich Alfred Ritter von Paradigma hatte durch privates Kapital aus der Familie einige Möglichkeiten mehr, doch die Startbedingungen waren insgesamt schlecht und ein reiner Homo Economicus hätte im Gegensatz zu den vom Idealismus angetriebenen Pionieren, die Finger davon gelassen. Es gab verschiedene Strategien, um mit diesen Hürden zu dealen: Wagner trimmte die Firmenstruktur hin zu einer Art genossenschaftliches Beteiligungsmodell; Solvis versuchte den Knoten zu lösen, indem es Händler und Angestellte zu Kommanditisten bewegen wollte, andere Firmen fanden ähnliche Beteiligungsmodelle um das ausbleibende Investitionskapital zu kompensieren.

Mit den Jahren und nach den ersten Erfolgen bekamen die Unternehmen auch endlich Kredite von den Banken, die bis zu diesem Zeitpunkt die Industrie in Österreich und Deutschland schlichtweg nicht ernst genommen hatten. Doch grundsätzlich verbot sich auch dann eine Massenproduktion, da der Absatz nicht planbar war.

Rohstoffpreis frisst Qualität

Erst im neuen Jahrtausend konnten die Unternehmen ernsthaft daran denken, eine Automatisierung voranzutreiben. Doch die gesamte bisherige Entwicklung ging bislang in ein nur schwer zu automatisierendes Produkt wie den Flachkollektor ein. Daher ist die heutige Flachkollektor Fertigung auch eher eine Nestfertigung mit Roboterunterstuetzung, als eine echte Fließfertigung mit ordentlichem Kostensenkungspotential.

Groeßter und wichtigster Vorteil dieser Fertigungsart war bislang die extrem hohe Qualität und Verarbeitung. Doch dem steht der generelle Nachteil der teilautomatisierten Fertigung – naemlich die extrem hohen Kosten – gegenüber. Ein weiterer Nachteil, der sich aber erst in jüngster Zeit herauskristallisierte, ist die Materialabhängigkeit. Der Flachkollektor bzw. Die Flachkollektor-Anlage enthält zu viele, zu energieintensive Materialien. Die Rohstoffeigenschaften zwingen dazu, eigentlich ideale Werkstoffe aus Preisgründen zu substituieren oder einfach zu reduzieren. Auch in Österreich und Deutschland zeigt sich: Rohstoffpreis frisst Qualität.

Kleine Anekdote am Rande: Auch in der DDR machte man sich so seine Gedanken. Das Ergebnis war gar nicht so verkehrt. Man entnahm der laufenden Plattenheizkoerperproduktion unlackierte Heizkörper, lackierte sie mit Schwarzchrom und tat sie in ein fensterrahmenartiges Gebilde. Genaugenommen war dieses Produkt schon bedeutend fortschrittlicher als die Selbstbaugruppenkollektoren. Gescheitert ist das Projekt dann an den notorischen DDR-Problemen selbst.

Chinesische Kollektorgeschichte beginnt mit einer konsequenten Technologieentscheidung für den Vakuumröhrenkollektor

Auch in China begann die wesentliche Entwicklung der Solarthermie Ende der 70iger Jahre. Die wirtschaftliche Situation war zu dieser Zeit alles andere als gut, und die Steigerung der Lebensqualität der Bevölkerung, als vorderstes soziales Problem, war oberstes Ziel der noch auf wackligen Füßen stehenden neuen Regierung.

Yin mit Sydneyröhre 1980 (Bild: Yin Zhiqiang)
Yin mit Sydneyröhre 1980 (Bild: Yin Zhiqiang)

Doch um das zu erreichen, hatte die Regierung eine prall gefüllte Agenda. Bezüglich der Formulierung der Parameter fuer die chinesische Solarthermie kann man die Regierung von damals nur um ihre Weitsicht beglueckwuenschen. Das Pflichtenheft des chinesischen Kollektors las sich so:

  • Massenproduktionstauglich für einen Massenmarkt
  • Einfache Konstruktion und damit maximale Haltbarkeit
  • Guenstiger Preis und keine staatliche Endkundenfoerderung

Man experimentierte dann auch gleich mit dem, was man aus Europa kannte – dem Flachkollektor. Allerdings waren die Kollektoren viel zu teuer, zu anfällig gegenüber niedrigen Temperaturen und insgesamt nur wenig haltbar. Durch einen glücklichen Umstand und dank der richtigen Idee zur rechten Zeit, gelangte man an die Patente eines Vorläufers der Vakuumröhre. Das Ergebnis weiterer Überlegung war naheliegenderweise die Entwicklung einer praxistauglichen Vakuumröhre, welche wie eine Glühbirne in beliebig skalierbaren Mengen hergestellt werden konnte.

Yin und Harding 1982 in Sydney (Bild: Yin Zhiqiang)
Yin und Harding 1982 in Sydney (Bild: Yin Zhiqiang)

Den Protagonisten dieser Zeit, wie Prof. Yin Zhiqiang, die eben genau in dieser Glühlampenindustrie beheimatet waren, war klar, dass die zukünftige Röhre wegen der Haltbarkeit auf Altlasten, wie sie in der Glühlampen- oder Radioröhren- Fertigung existierten, also vor allem dem Glas-Metall-Übergang verzichten mussten. Ebenso war klar, dass der Erfolg neben der Haltbarkeit, vor allem an der Effizienz festgemacht werden würde.

Das Ergebnis ist jedermann bekannt und hat als “Sydney-Röhre”, also Doppelglas-Vakuumröhre, den Siegeszug um die Welt angetreten. Nicht verschweigen sollte man in diesem Zusammenhang, dass die Regierung zu jener Zeit das finanzielle Backup gewärleistet hat. Ein Backup, über das die vergleichsweise kleinen Firmen in Europa nie verfügten.

Erste Installation in Beijing 1983 (Bild: Yin Zhiqiang)
Erste Installation in Beijing 1983 (Bild: Yin Zhiqiang)

Dass KEINE Endkundenfoerderung ein Vorteil sein kann, sieht man besonders an Deutschland, in der es eine solche gibt (manchmal). Jedoch nicht kontinuierlich und immer mal wieder von Ministerien aus undurchsichtigen Gründen gestoppt. Irrationalerweise insistieren die Endkunden auf die Staatshilfe und bestellen solange nicht, bis die Förderung wieder angeschaltet wird. Das Aussetzen dieser Förderung ist oft maßgeblich für einen signifikanten Umsatzeinbruch.

China hat mit den Solarobligationen und der gezielten Industrieförderung meines Erachtens die ideale Methode gefunden, wenn man sich auch ueber die Einzelheiten und die Förderhöhe trefflich streiten kann. Ich persönlich halte das europäische Modell der Förderung von Einzelhaushalten für verfehlt, wogegen ich die gezielte Förderung des industriellen Einsatzes, an einer Mindestgröße oder CO2-Einsparung festgemacht, schon ob des finanzierungserheblichen Return on Investment durchaus als sinnvoll erachte.

Importiert China auch ausländische Kollektoren, bzw. exportiert China seine Kollektoren ins Ausland?

Es werden Kollektoren nach China exportiert, aber die Mengen sind so gering, dass sie in keiner Statistik auftauchen und letztlich auch nicht wichtig sind. Ausländische Hersteller können nicht mit den Inlands-Preisen konkurrieren. Ich persönlich kenne sogar einen Fall, wo selbst eine Schwimmbad-Solaranlage allein aus Kostengründen mit Röhren statt mit Absorbermatten ausgeführt wurde.

Allerdings gibt es Hersteller von Komponenten, die sehr wohl einen Fuß in die Tür bekommen haben. So z.B. der bekannte Beschichter Alanod aus Deutschland oder Ultrasonic Steckmann. Tatsächlich gäbe es eine Menge an Komponenten, Design und Know How, das europäische Unternehmen in China umsetzen könnten. Und umgekehrt würde auch der europäische Markt von der Verschmelzung dieser beiden Kernkompetenzen aus Ost und West profitieren. Doch der Weg dahin ist stachelig und sowohl Chinesen in Europa als auch Europäer in China haben sich schon reichlich blutige Füße bei dessen Beschreitung geholt. (Die Agentur Charlotte Green Co. Ltd. hat genau diese Aufgabe, Firmen der Erneuerbaren Energien aus D-A-CH mit Firmen in China zusammenzubringen.)

Wie schon in der Polemik Hipp Hipp Hurra [der bereits oben genannte Gastartikel von Sven Tetzlaff, Anm.] geschrieben, sind die Chinesen allein nicht in der Lage, in den deutschsprachigen Märkten Fuß zu fassen. Und dies wird meiner Ansicht nach auch noch eine Weile so bleiben. Was sie aber tun, das ist das massenhafte Exportieren in alle übrigen Märkte. Die Gefahr für europäische Hersteller, die daraus erwächst, liegt auf der Hand. Europa bzw. speziell der Raum D-A-CH verinselt sich und schneidet sich letztlich vom technischen Fortschritt ab.

Europa schneidet sich vom technischen Fortschritt ab: Ein Déjà-vu

Da ich auch für Fotomagazine und Foto-Blogs schreibe, drängt sich mir dazu immer wieder der frappierend ähnliche Niedergang der deutschen Kameraindustrie auf: Ende der 50er Jahre gab es zwei grundsätzlich verschiedene Kamera-Verschluss-Technologien. Der Zentralverschluss, der in Deutschland favorisiert wurde und der Schlitzverschluss, der sich überall sonst und besonders im damals noch Schlecht & Billig-Japan verbreitete. Nicht wenige Protagonisten verstiegen sich zu Aussagen wie dieser hier: “Es bliebe schließlich noch die Frage zu klären, ob der Tausch “Schlitzverschluß gegen Zentralverschluß” durch den damit verbundenen Verlust der 1/1000 s eine Einbuße bedeutet. Man kann wohl kaum annehmen, dass viele so stark an der 1/1000 s hängen; eher wird diese “Supergeschwindigkeit” bei den meisten Kamerabesitzern verkümmern. Die 1/500 s ist eine ausreichend kurze Zeit für alle denkbaren Geschehnisse, die sich vor unserem Objektiv abspielen.“(Walter Dreizner 1959)

Um die Aussage etwas anschaulicher zu machen: “Es bliebe schließlich noch die Frage zu klären, ob der Tausch “Röhre gegen Flachkollektor” durch den damit verbundenen Verlust der höheren Temperatur eine Einbuße bedeutet. Man kann wohl kaum annehmen, dass viele so stark an der höheren Temperatur hängen; eher wird diese “Supertemperatur” bei den meisten im Speicher verkümmern. Die Flachkollektor-Leistung ist ausreichend für alle denkbaren Geschehnisse, die sich in bei uns abspielen.“

Heute gibt es nur noch eine Kamerafirma in Deutschland und das ist ausgerechnet Leica, die von Anfang an auf den Schlitzverschluss gesetzt und vor der Zentralverschlusssackgasse gewarnt haben (Der Spiegel schrieb 1971 einen Nachruf). Die Billighuber von damals hießen Nikon, Canon, Olympus … und kommen heute mit knackigen 1/8000s daher.

Tatsächlich hat diese Verinselung auch schon eingesetzt. Abgesehen von der Mena-Region (-1%) nimmt die Nutzung der Röhre in allen Regionen weiter zu. Im suedlicheren Afrika und in Asien sogar je um ca. 25%. Insgesamt wuchs der Roehrenanteil 2012 zum Durchschnitt 2011 um +19.3%, der Flachkollektoranteil sank um -13.1 % und die unverglasten Kollektoren (bzw. Absorbermatten) nahmen um -6% ab.

Entwicklung des Kollektorzubaus verschiedener Regionen der Welt; Quellen: ESTIF, Charlotte Green Co. Ltd.
Entwicklung des Kollektorzubaus verschiedener Regionen der Welt; Quellen: ESTIF, Charlotte Green Co. Ltd.

Man bekommt in China ganz schön viel Kollektor für sein Geld

Noch interessanter ist es natürlich, sich halbwegs die aktuellen Zahlen mal etwas genauer anzuschauen. Von Januar bis September 2013 wurden von China Solaranlagen im Wert von 173 Millionen US-Dollar in 50 verschiedene Länder verkauft. Nun mag der eine oder andere über 173 Millionen die Nase rümpfen, aber vergleicht man mal den Warenkorb, also wie viel Kollektor bekomme ich in China für wie viel Geld, dann wird die Zahl plötzlich doch bedeutend. Der Containerpreis für eine typische Solarthermie-Anlage mit 12 Röhren (ca. 2 qm) und einem 120-Liter-Speicher für den südafrikanischen Markt kostet im Einkauf ca. 120 US-Dollar. Dagegen kostet z.B. ein klassischer 18-Röhren-Druck-Kollektor (ca. 2.5qm) mit Heatpipe für den europäischen Markt ca. 245 US-Dollar. Schaut man sich die Zielländer an, kann man den Wert der Währung, also Kollektor/US-Dollar, leicht abschätzen.
Richtig einordnen kann man den Preis erst dann, wenn man bedenkt, dass sich z.B. in EU die Preise nach Import, Ausrüstung, Komplettierung und Installation gelegentlich auf das 10-fache pro Kollektor aufschaukeln. Im Gegensatz dazu, werden die Anlagen für Mauritius beinahe vom Container herunter verkauft – mit entsprechend knapp kalkulierten Margen. Kalkuliert man diese beiden Extreme, dann wird klar, wie viel da tatsächlich “in Kollektor gemessen” umgesetzt wird. Oder etwas salopper gesagt, “Man bekommt in China ganz schön viel Kollektor für sein Geld.”

Exklusives Grafikmaterial zu chinesischen Solarthermie Exporten

Hier einige aufschlussreiche Grafiken zu chinesischen Solarthermieexporten von Januar bis September 2013 (copyright by Charlotte Green Ltd.):

Chinesische Solarthermie Exporte 1-9/2013 nach Ländern (Top 20)
Chinesische Solarthermie Exporte 1-9/2013 nach Ländern (Top 20)

Ein weiterer interessanter Punkt der Statistik ist, dass zwar 150 Firmen einen Umsatz von insgesamt ca. 150 Millionen machten, aber für 173 Millionen in 50 Länder geliefert wird. Natürlich wird in mehr als 50 Länder geliefert, aber dies erklärt nicht die ganzen 23 Millionen. Offensichtlich gibt es eine große Anzahl von Firmen mit so genannten One-Shot-Deliveries. Das Szenario ist bekannt: ein “ambitionierter Heizungsbauer” oder ein Händler aus X denkt sich, “der Preis allein zählt”, findet ein Schnäppchen auf Alibaba oder in einer kruden Mail in seiner Mailbox und ordert mal eben einen 20” Container mit ca. 150 Sets. Dann bekommt er mit, dass die Qualität doch eher $@#*^$$* ist und vertickt den Sondermüll dann mit großem Verlust, aber vielen Erfahrungen reicher, auf eBay. Leider ist da noch nicht Schluss, denn irgendjemand kauft den Unsinn und sieht als erstes “Made in China” draufstehen. Und an diese Mär (China = schlechte Qualität) klammert sich dann eine ganze Branche.

Chinesische Solarthermie Exporte 1-9/2013 nach Firmen (Top 20)
Chinesische Solarthermie Exporte 1-9/2013 nach Firmen (Top 20)

Die Daten zeigen auch, dass die Branche selbst in China noch nicht “Mature” ist. Es ist noch viel zu viel Unsicherheit und Volatilitaet im Geschäft. Noch klarer wird dieses Bild, wenn man die Ländertabelle mit der Firmentabelle kreuzt. Dann fällt auf, dass keineswegs die Platzhirsche überall gleich stark sind. Im Gegenteil, die Verteilung ueber die verschiedenen Märkte ist sogar relativ entspannt. “Man kommt sich nichts gegenseitig ins Gehege”, ist ein Satz, den mir ein Manager einer etwas größeren Firma sagte. Bei der Analyse fällt ebenfalls auf, das gerade die Megafirmen wie Sunrain, Himin oder Haier eigentlich nicht wesentlich über die Umsätze von kleineren Mittelständlern wie Shentai, Jiadele oder Sunpower hinauskommen. Dies ist ein weiterer Nachteil der chinesischen ST-Wirtschaft. Unternehmen wie Sunrain erstarren behördengleich ab einer bestimmten Größe. Sunda, Shentai, Apricus usw. sind in China im Gegensatz zu Sunrain, Haier oder Himin Zwerge, dennoch haben sie die nötige Flexibilität, gemeinsam mit Unternehmen anderer Länder signifikante Umsätze bzw. Gewinne zu überschaubaren Kosten zu erzielen. Um den Vergleich etwas anschaulicher zu machen, Shentai hat ca. 100 Mitarbeiter im Gegensatz zu Sunrain mit ca. 5,000. Entsprechend kommt bei dieser Betrachtung die Umsätze bei Sunrain auf ca. 2,530.40 US-Dollar/ Mitarbeiter im Gegensatz zu 50,205.28 US-Dollar/ Mitarbeiter bei Shentai. Natuerlich ist dies eine Milchmädchenrechnung, denn Sunrain sieht seinen Markt vor allem in China, während Shentai zu 80% exportiert. Dennoch, oder gerade deswegen, die in Europa umgehende Ängste vor den chinesischen Kolossen ist völlig substanzlos.

Dazu die Grafiken mit den Top 10 der wichtigsten zehn Länder:

Chinesische Solarthermie Exporte nach Mexiko 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Mexiko 1-9/2013

 

Chinesische Solarthermie Exporte nach Deutschland 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Deutschland 1-9/2013
3-india
Chinesische Solarthermie Exporte nach Indien 1-9/2013

 

Chinesische Solarthermie Exporte nach Südafrika 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Südafrika 1-9/2013
5-australia
Chinesische Solarthermie Exporte nach Australien 1-9/2013
6-usa
Chinesische Solarthermie Exporte in die USA 1-9/2013
7-korea
Chinesische Solarthermie Exporte nach Korea 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Mauritius 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Mauritius 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Vietnam 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Vietnam 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Polen 1-9/2013
Chinesische Solarthermie Exporte nach Polen 1-9/2013

 

Hier drängt sich natürlich auch ein Vergleich mit den Trums der PV Industrie auf. Sunrain als einziges börsennotiertes Unternehmen der Solarthermie in China zeigt dann auch das zu erwartende unschöne Bild. Falsch wäre es allerdings, das Schicksal Sunrains mit dem der chinesischen Solarthermie Industrie gleichzusetzen. Im Gegenteil, der Weg, den die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in China einschlagen und der sich auch in der PV abzeichnet, nämlich mit kleineren Einheiten flexibler am Markt verschiedene Services – ueber den reinen Verkauf hinaus – bereitzustellen, der zeichnet sich auch in der Thermie ab. Immer mehr KMU suchen sich ihre EPC-Contractors auf den entsprechenden Märkten und beginnen nun auch – nachdem sie lange Zeit nur produzierten – diese Märkte aktiv zu entwickeln, wie z.B. Mauritius zeigt. Das ist etwas, was man ganz aktuell besonders in Südostasien beobachten kann. Tatsächlich gibt es dort Regionen, die auf niedrigem Niveau beginnen und entsprechend typisch, Wachstumsraten von bis zu 90% vorlegen. Auch hier wieder der Vergleich zwischen den unbeweglichen Riesen und den flexiblen Machern: während Sunrain zu fast 100% OEM nach Deutschland liefert, promotet Shentai die eigenen Marke Suntask zunehmend erfolgreicher.

Pragmatisch: Flachkollektoren aus China für den europäischen Markt

Gelegentlich werde ich gefragt, wenn denn die Produktionszahlen für Flachkollektoren in China steigen, und das tun sie tatsächlich, dann müssten doch auch mehr Flachkollektoren in China zugebaut werden? Dem ist nicht so – dazu mehr im Kapitel Markt China in einem Folgeartikel. Tatsaechlich ist die Produktion der Flachkollektoren lediglich eine Reaktion auf die Akzeptanz in den entsprechenden Märkten. Anders ausgedrückt, “Wenn ihr keine Röhrenkollektoren in D-A-CH wollt, auch gut, bau ich eben Flachkollektoren und verkauf euch die.” Das führt dann zu der absurden Situation, dass Alanod an diverse Flachkollektor-Hersteller in China verkauft. Die Chinesen bauen dann auf Steckmann Anlagen Kollektoren, die der Qualität europäischen Produkte in nichts nachstehen, und exportieren diese dann in die klassischen Flachkollektor-Länder wie Türkei, Griechenland, Deutschland und Österreich. In China dagegen lassen sich die Preisvorstellungen für Flachkollektoren ob der schlechten Preis/Leistungs-Performance nicht kommunizieren.

Wie gesagt, die Grafiken repräsentieren den Zeitraum von Januar 2013 bis September 2013. In diesem Zeitraum wurden ca. 180 Millionen US-Dollar umgesetzt. Im Vergleichszeitraum im Jahr 2012 kamen nur 89 Millionen US-Dollar zusammen. Dies ist eine Exportverdoppelung! Gleichzeitig sank der Umsatz in Europa um -11%.


An dieser Stelle sagt Ecoquent Positions herzlichen Dank an Sven Tetzlaff für die unglaubliche Insider-Darstellung – und es gibt sogar noch mehr davon! Im zweiten Teil des Gastbeitrags über die Solarthermie in China wird es um die aktuellen Entwicklungen am chinesischen Solarthermiemarkt gehen. Bis dahin darf hier gerne diskutiert werden, ob ihr die Meinung von Herrn Tetzlaff teilt.

Titelbild: (c) Sven Tetzlaff

Fotos: Wagner & Co. Solartechnik, Yin Zhiqiang; Tabelle Kollektorzubau Regionen: ESTIF, Charlotte Green Ltd.; Grafiken Solarthermie Export China: (c) Charlotte Green Ltd.