Wärme aus Abwasser – wie funktioniert das?

Wärme aus Abwasser – wie funktioniert das?

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Auf der Jagd nach neuen Wärmequellen sollten wir so gut wie alles nutzen, was uns in die Quere kommt. Also auch Wärme aus Abwasser? Immerhin hat das Wasser, das durch städtische Kanäle fließt, Temperaturen zwischen 10 und 20 Grad Celsius – ist also teilweise wärmer als Grundwasser, Boden oder Außenluft, die oft als Energiequelle für die Wärmepumpe benutzt werden. Einige denken jetzt vielleicht: Igitt, Schmutzwasser aus Klo und Spülbecken, damit heize ich doch nicht!

Saubere Lösungen für Wärme aus Abwasser

Dabei gibt es bei näherem Hinsehen eine ganze Fülle von sauberen Lösungen – das Abwasser blubbert ja nicht durch die Heizkörper, sondern fließt nach wie vor in geschlossenen Rohren ohne direkten Kontakt zur Heizanlage. Denn fast immer, wenn ich Wärme aus Luft, Boden oder Wasser nutzen will, brauche ich einen Wärmetauscher und je nach Ausgangstemperatur auch eine Wärmepumpe, die das Ganze auf ein höheres Temperaturniveau bringt. Und je höher die Ausgangstemperatur, desto effizienter die Wärmepumpe. Deren Stromverbrauch ist entscheidend dafür, ob sie sich auch lohnt.

Wärmetausch auf ganzer Linie: Kanal als Wärmenetz

Der Wärmetauscher kann nachträglich in den Kanal eingebaut oder beim Neubau gleich mitverlegt werden. Das Abwasser überströmt dann die Oberfläche des Wärmetauschers; im Wärmetauscher fließt Wasser als Wärmeträger. Das Wasser entzieht dem Abwasser einen Teil seiner Wärme und fließt dann der Wärmepumpe zu, die es auf die gewünschte Temperatur bringt; die gewonnene Energie kann dann z.B. in ein Wärmenetz eingespeist werden und eine ganze Siedlung mit Energie versorgen. Im Neckarpark Stuttgart wird dieses Konzept im großen Stil umgesetzt; benutzt wird hier ein System aus Metallprofilen für den Wärmetauscher. Ab 2017 sollen in dem 22 ha großen Quartier 450 Wohnungen, Hotels, Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe mit hauptsächlich mit Wärme aus dem Kanal versorgt werden. Auch eine Kühlung wird möglich sein – die überschüssige Wärme geht dann in den Kanal. Eine andere Möglichkeit sind Betonrohre mit integrierten Kunststoffrohren als Wärmetauscher.

Kanalrohre aus Beton mit integriertem Wärmetauscher (blaue Rohre in der Rohrwandung), Fa. Rabtherm AG
Kanalrohre aus Beton mit integriertem Wärmetauscher, Rabtherm AG

Heizen mit Umleitung: Punktuelle Wärmeentnahme aus Abwasser

Es gibt aber auch Anlagenkonzepte für einzelne Objekte. Dabei wird warmes Abwasser möglichst nah an dem Gebäude aus dem Kanal “abgezapft”, durch einen Wärmetauscher geleitet und in den Kanal zurückgeführt. Geheizt wird dann wieder mittels Wärmepumpe.

Prinzip der Gewinnung von Wärme aus Abwasser (Verfahren HUBER ThermWin®) - im Detail der Wärmetauscher
Prinzip der Gewinnung von Wärme aus Abwasser (Verfahren HUBER ThermWin®) – im Detail der Wärmetauscher

Die punktuelle Entnahme von Abwasser ermöglicht individuelle Lösungen, zum Beispiel auch bei Industrieanlagen, die vielleicht ihre eigenen Abwässer nutzen möchten, um Prozesswärme zurückzugewinnen. Dazu muss nicht unbedingt der öffentliche Kanal angezapft werden: Auch so genannte “In-House”-Lösungen sind denkbar, wie z.B. das Altersheim Hofmatt in der Schweiz. Überhaupt scheinen die Schweizer in Sachen Wärme aus Abwasser schon etwas weiter zu sein. Oder besser: Klimatisierung. Denn auch Kühlen mit Energie aus Abwasser ist möglich, indem der Prozess der Wärmepumpe umgekehrt wird.

Nicht nur heiße Luft: Pfiffige Lösung für Wohnhaus

Der Erfinder und Unternehmer Siegfried Müller hat seine eigene Lösung gewählt: Er nutzt die warme Luft aus dem öffentlichen Kanal, der in seinem Garten verläuft. Damit beheizt er das gesamte Haus. Das System ist einfach: Er saugt die Außenluft zum Erwärmen durch den Kanal und benutzt eine handelsübliche Wärmepumpe, um daraus Heizwärme zu machen. Auf diese Weise könnten auch mehrere Häuser in Reihe von der Wärme im Kanal profitieren – mehr darüber erfahrt ihr in einem weiteren Artikel.

Foto: frau.L. / photocase.de
Grafiken: © HUBER SE, © Rabtherm AG

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