Berechnung Kosten Solare Fernwärme

Wie Forschungsinstitute die Kosten von Solarthermie berechnen

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Nachdem ich im Artikel “Was Sie über die Kosten von Solarthermie wissen müssen” dieses komplexe Thema schon mal aufgemacht habe und versprochen habe zu erklären wie der Wärmepreis von Solarthermie meistens berechnet wird, habe ich meinen Stromgestehungskostenrechner – der mir bei meinen Berechnungen zu den Kosten der Atomkraft schon gute Dienste geleistet hatte – nun in einen Wärmegestehungskostenrechner umgewandelt und möchte mit euch gemeinsam diese sehr wichtige Diskussion öffentlich weiterführen. Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare beim letzten Artikel. Einer unserer fleissigsten Mitdenker Herr Bergen hat mir einige Zahlen zur Verfügung gestellt, mit denen ich die Wärmegestehungskosten einer CPC-Vakuumröhrenanlage ausrechnen und auch verschiedene Bedingungen annehmen kann. Die hinterlegte Formel, die meines Wissens auch in den Forschungsinstituten verwenden wird, ist die LCOE-Formel (Levelized Cost of Energy).

Hier die Annahmen für die Berechnung der Kosten/kWh:

  • Wärmebedarf: 40.000 kWh Öl-Wärmebedarf
  • Kosten + Installation: 12.000 (Relevante Größe für Berechnung)
  • Kosten Gesamtsystem: € 24.200,- (Mit Bafa Förderung € 21.300,-)
  • Anlagengröße: 15,2 m² CPC-Vakuumröhrenkollektor
  • Ertrag/m²: 475 kWh
  • Solarer Deckungsgrad: 14%
  • Lebensdauer: >40 Jahre; Berechnungen jedoch auf 20 – 30 Jahre
  • Jährliche Ölpreissteigerung: 6%/Jahr

Berechnung nach dem Prinzip der Photovoltaikgestehungskosten

Nachdem die Ergebnisse jeder Gestehungskostenberechnung immer sehr stark von den Annahmen abhängen, starte ich mit einer sehr einfachen Betrachtungsweise, die sehr stark an die Bedingungen in der Photovoltaik angelehnt sind um die Einordnung der Ergebnisse einfacher zu machen.

  • Betrachtung ausschließlich der Kollektorinvestkosten, da auch bei Photovoltaik Speicher und Verteilnetz nicht enthalten sind und “Sowieso-Kosten” für jedes System sind.
  • Betrachtungszeitraum: 25 Jahre
  • Hohe Eigenkapitalquote, da in diesem Leistungsbereich meist mit Erspartem gearbeitet wird, dass sonst von der Inflation aufgefressen würde (wobei ich letztere hier noch nicht verwende)
  • Annahme von 100% Systemnutzungsgrad um danach den Unterschied besser zu erkennen
  • Noch keine Angaben zu laufenden Kosten

7,3 ct/kWh Solarwärmekosten bei 100 % Systemnutzungsgrad

Und hier ist nun wieder das berühmte Berechnungsblatt. Unter oben genannten Bedingungen ergibt sich ein Wärmepreis von 7,3 ct/kWh, wobei eben zu beachten ist, dass im Sommer oft Überschüsse vorhanden sind und deshalb nicht 100% des Ertrages verwertet werden können. Da es aber im ersten Schritt darum geht, wie viel die einzelne Kilowattstunde aus dem Heizwerk Solarthermieanlage kostet und auch bei der Photovoltaik im ersten Schritt die gesamt erzeugte Menge betrachtet wird, starte ich auch hier mit dieser Methode. Wärmegestehungskosten-Solarthermie

Wie Herr Bergen im Kommentarfeld vorgerechnet hat, komme ich auf eine Amortisationszeit von 13 Jahren, wobei eben dieser Punkt sehr stark von den Annahmen über die zukünftige Preisentwicklung abhängt. Die vorliegende Anlage wird mit dem solaren Deckungsgrad von 14% wohl auch nur zur Trinkwassererwärmung beitragen.

9,3 ct/kWh bei 78 % Systemnutzungsgrad

Nun ändere ich eine kleine Stellschraube und stelle ein realistischeres Szenario vor.

Systemnutzungsgrad der Anlage: 78% = 371 kWh/m²

Der Systemnutzungsgrad, also jener Anteil der produzierten Energie, der tatsächlich verbraucht wird und dadurch einen anderen Energieträger ersetzt, wird ebenfalls in die Berechnung mit einbezogen. Der Wärmepreis erhöht sich dadurch um ca. 2 ct/kWh, da nun eben weniger Kilowattstunden durch die Gesamtinvestitionssumme dividiert werden. Ein Wärmepreis von 9ct/kWh wäre aber noch immer sehr in Ordnung und entspricht auch den Berechnungen der Internationalen Energieagentur für solche Anlagen zur Warmwassererwärmung.Bildschirmfoto 2014-06-26 um 18.31.33

Die Amortisationszeit erhöht sich dadurch bereits auf 16 Jahre… Größere Anlagen mit einem hohen Systemnutzungsgrad müssen deshalb eine stärkere Kostendegression aufweisen trotzdem wirtschaftlich zu sein. Das ist meiner Meinung nach nicht gänzlich unmöglich aber dafür müssten die Stückzahlen wohl drastisch steigen.

Was wollt ihr wissen, welche Stellschrauben soll ich drehen?

Ich habe jetzt einige Zeit mit diesem neuen Tool gearbeitet und es ergeben sich nun natürlich Millionen Möglichkeiten an den einzelnen Stellschrauben zu drehen. Ich fände es sehr spannend zu schauen, wie Anlagen mit sehr hohen solaren Deckungsgraden abschneiden. Durch die klare Überdimensionierung müssten auf Kostenseite Einsparungen möglich sein, die dann den geringeren Systemnutzungsgrad wieder wett machen. Nun würde mich interessieren, welche Konfiguration ihr wählen würdet oder ob ich eurer Meinung nach falsche Annahmen getroffen habe, die korrigiert werden sollten. Die benötigten Parameter stehen in der Aufzählung weiter oben.

Wie viel darf Wärme kosten?

Dies bringt mich zur nächsten Frage. Im Artikel Kosten von Wärme in Europa wird klar, dass bei der Vollkostenrechnung fast alle Wärmequellen auf Gestehungskosten von 15-20 ct/kWh kommen. Und das auch, wenn damit noch kein hoher Unabhängigkeitsgrad erreicht ist wie mit Strom-, Gas-, oder Ölheizungen. Letztendlich sollte jeder entscheiden ob Unabhängigkeit ein wichtiger Wert für den oder diejenigen ist. Die Wärmepreise so ziemlich aller Wärmeträger haben sich mittlerweile angenähert und der Kunde steht vor der Qual der Wahl. Will ich geringere Investitionskosten aber dafür höhere Abhängigkeiten, oder ist mir Unabhängigkeit auch etwas wert?

So, nun seid ihr wieder dran. Wie seht ihr diese ersten Gehversuche des Wärmepreisrechners? Brauchbar? Völliger Blödsinn? Sinnvolle Betrachtungsweise um in den nächsten Jahren zu zeigen, dass auch die Solarthermie noch ein Wörtchen in der Wärmewende mitzureden hat? Ich bin gespannt!

Bilder: Rechner (c) Dachgold, Titelbild: kallejipp / photocase.com