In Teil 3 unserer neuen Artikelreihe rund um Solares Bauen schauen wir ganz genau auf die Gebeäudeausrichtung gen Sonne, die Dachform und die Dachneigung, die den Solarertrag von Gebäuden maßgeblich beeinflussen. Das heißt, dass wir hier die Erkenntnisse der vorangegangen Teile 1 und 2 unserer Reihe aufgreifen und auf die Solarenergiegewinnung beziehen.
Wie Teil 1 „Solares Bauen (1): Einfluss der geografischen Lage auf den Wärmebedarf von Gebäuden“ und Teil 2 „Solares Bauen (2): Einfluss der Haus- und Dachform auf den Wärmebedarf von Gebäuden“ basiert auch Teil 3 unserer Reihe auf Informationen aus dem „Leitfaden für eine energetisch optimierte Stadtplanung. Planungsgegebenheiten – Städtebaulicher Entwurf – Bebauungsplan – Vertragliche Regelungen“. Den verfasste die Projektgruppe Klimaschutz des Amts für Stadtplanung und Bauordnung und des Amts für Geoinformation, Vermessung und Kataster der Stadt Essen. Ihr könnt den Leitfaden hier als PDF-Datei downloaden.
Solarenergiegewinnung: aktiv und passiv
Solarenergie zu nutzen, also die Solarstrahlung in nutzbare Energie umzuwandeln, das lasse sich dem Leitfaden zufolge
- passiv
- und aktiv
machen.
Passive Solargewinnung
Passive Solarenergiegewinnung sei die, bei der man Wärmegewinne aus Sonnenstrahlung direkt zur Gebäudeheizung nutze. Die Solarwärme (Solarthermie) werde unter anderem von
- Fenstern,
- Innen- und Außenwänden,
- Geschossdecken,
- und Möbeln
absorbiert und gespeichert. Dank der Außendämmung bleibe die Wärme im Gebäudeinnern.
Aktive Solargewinnung
Aktive Sonnenenergiegewinnung sei die Nutzung der Sonnenstrahlung mit Hilfe technischer Geräte, Anlagen und Systeme, die Sonnenlicht
- entweder mit Solarkollektoren in nutzbare Wärme (Solarthermie-Anlagen)
- oder mit Solarzellen in nutzbaren Strom (Photovoltaik-Anlagen)
umwandeln.
Einfluss der Gebäude- und Stadtplanung auf passive und aktive Solarenergienutzung
Planung und Bau von Gebäuden und Siedlungen (städtebaulicher Entwurf, Stadtplanung) beeinflussen laut dem Leitfaden die Möglichkeiten sowohl zur passiven als auch aktiven Sonnenenergienutzung in hohem Maße. Als drei Folgen ungünstiger Vorgaben bezüglich des solaren Potentials nennen die Verfasser:
- einen erhöhten Heizwärmebedarf
- und daraus resultierend höhere Baukosten sowie höhere Betriebskosten
- und eine Verschlechterung der Wohnqualität.
Gut zu wissen: Solarerträge würden beim Bestimmen des Heizwärmebedarfs und des Wärmeschutzes der Gebäudeteile im Rahmen der Anwendung der Energieeinsparverordnung (EnEV) bei der Bauausführung bedacht.
EnEV und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEG) würden die Nutzung erneuerbarer Energien bei Neubauten verstärkt fordern, was der Solarenergienutzung zu mehr Bedeutung bei der Bauausführung verhelfe. Mit solaren und energetischen Optimierungen des städtebaulichen Entwurfes im frühen Entwurfsstadium ließe sich demnach ein erheblicher Anteil des Heizwärmebedarfs sparen, während man zugleich den Anforderungen von EnEV, EEG & Co. nachkomme.
Stadtplanerische Faktoren, die den Solarertrag beeinflussen
Als stadtplanerische Einflussfaktoren auf die verfügbaren Solargewinne und Solarverluste führen die Verfasser des Leitfadens folgende an:
- Ausrichtung der Gebäude (Ausrichtung der Hauptfassaden und Dächer),
- Dachform,
- Dachneigung
- und Verschattung durch Nachbargebäude, Vegetation und Topographie
So beeinflusst die Gebäudeausrichtung
-
den passiven Solartrag
Passive solare Gewinne ergäben sich demnach Großteils aus einer gen Süden gerichteten Hauptfassade, die damit als Solarfassade fungiere. Dies sei die Fassade, hinter der die Wohn-/Aufenthaltsräume mit entsprechenden Fensteranteilen lägen und die die entsprechende Dachflächenausrichtung hätte. Damit komme der Gebäudeausrichtung, insbesondere der Ausrichtung der Solarfassade, große Bedeutung zu.
Gen Süden gerichtete Solarfassaden schnitten im Vergleich zu gen Osten und Westen gerichteten bei der Gesamtbesonnungsdauer in den Wintermonaten deutlich besser ab, heißt es im Leitfaden.
Mit zunehmender Südabweichung der Solarfassade nähmen die Solarerträge ab, insbesondere während der Wintermonate November bis Februar. Die deutlichste Abnahme ergäbe sich zwischen 25 und 90 Grad Südabweichung. Nach Nordwesten/Nordosten ausgerichtete Gebäude würden nur noch minimale Erträge erzielen. Weil eine ungünstige Orientierung Solarverluste von gut einem Drittel (35 Prozent) verursachen könne, sei es ratsam, für alle Gebäude grundsätzlich eine Südorientierung anzustreben. Dies gelte vor allem für Passivhäuser, wobei sich der Toleranzbereich von minus 22,5 Grad Süd bis plus 22,5 Grad Süd bewege. Der Großteil der Gebäude sollte so geplant werden, dass deren Solarfassade nicht mehr als 30 Grad von Süden abweiche. Für Reihenhäuser gelte die Empfehlung, sie stets von Nordwesten-Norden-Nordosten zu erschließen.
-
den aktiven Solarertrag
Bei der aktiven Solarenergiegewinnung sei es ratsam, möglichst viele Gebäude beziehungsweise Dachflächen nach Süden auszurichten, wobei auch hier Abweichungen von minus 30 Grad Süd bis plus 30 Grad Süd tolerierbar wären.
So beeinflussen Dachneigung und Dachform den Solarertrag
Dachform und Dachneigung seien weitere ertragsbeeinflussende Voraussetzungen bei der aktiven Solarenergiegewinnung.
Der Neigungswinkel, mit dem die Solarthermie-Anlage installiert werde, spiele den Verfassern des Leitfadens zufolge eine Hauptrolle für den Ertrag.
Wegen des jahreszeitlich bedingten Sonnenlaufs ergebe sich
- für den Sommer ein flacherer
- und für den Winter ein steilerer Neigungswinkel.
Im Grunde sei das möglichst senkrechte Auftreffen der Sonnenstrahlen auf Photovoltaik-Module und Solarthermie-Kollektoren die günstigste Voraussetzung für hohe Solarerträge. Im Jahresmittel ergäbe sich bei nach Süden ausgerichteten Solarfassaden
- für Photovoltaik-Anlagen ein optimaler Neigungswinkel von 30 Grad
- und für Solarthermie-Anlagen ein optimaler Neigungswinkel von 45 Grad.
Für einen einträglichen Betrieb einer Solaranlage, sowohl bestückt mit Photovoltaik-Modulen als auch mit Solarthermie-Kollektoren, seien demnach jedoch auch flache Dächer geeignet: Bei Flachdächern und flach geneigten Satteldächern könne man die Anlagen mit einem Neigungswinkel von 30 bis 45 Grad zur Horizontalen aufständern. Das verschaffe einem die Möglichkeit, nicht optimale Neigungswinkel auszugleichen.
Die Verfasser des Leitfadens merken an dieser Stelle an, dass die komplexen Wirkungszusammenhänge und die daraus resultierenden Optimierungsanforderungen auch im Widerspruch zueinander stehen könnten. So werde geraten, Wärmeverluste einerseits mit möglichst kompakten Baukörpern auszugleichen, während andererseits Dachform und Neigungswinkel so optimiert werden sollten, dass die Anlagen einen möglichst hohen Solarertrag einfahren würden. Das führe demnach jedoch vor allem bei Flachdach-Installationen zu einer komplett gegensätzlichen Bewertung.
Die exakte Berechnung, welches Kriterium die größte Energieeffizienz bringe, hängt demzufolge von der Summe aller Rahmenbedingungen ab und impliziere komplexe Rechenvorgänge. Sie erfordere dem Leitfaden zufolge prinzipiell eine konkrete energetische Bilanzierung, die aber nur gutachterlich erfolgen könne.
In Teil 4 unserer Reihe „Solares Bauen“ gucken wir etwas genauer auf den Einfluss der Verschattung auf den Solarertrag, wobei es sowohl um die Verschattung durch Nachbargebäude als auch die Verschattung durch Vegetation geht. Bleibt dran!
Fotos: darknightsky/photocase (Titel), Leitfaden für eine energetisch optimierte Stadtplanung. Planungsgegebenheiten – Städtebaulicher Entwurf – Bebauungsplan – Vertragliche Regelungen (Grafiken 2)
Sprachliches Kauderwelsch. Sie sollten den Text mal überarbeiten.
Danke für den Hinweis!
Hallo,
bei uns ist Mitte des Jahres 2023 geplant, eine Pelletsanlage von KWB (mit 2x Wasserspeichern á 916 Liter) mit einer Paradigman Solaranlage (2x Kollektoren Aqua Plasma 19/50 , Bruttofläche 5,01 qm sowie 2x Kollektoren Aqua Plasma 19/34 , Bruttofläche 3,35 ) zu kombinieren und diese auf das Dach eines Mfh (Wohnfläche: ca. 800 qm, z.Z. 19 Bewohnern) von 1936 in Köln zu bringen. Geplant war bisher die Kollektoren auf die Gartenseite (Dachausrichtung: Süd/West, lt. Handy ca.: 234° S/W) zu legen. Außerdem planen wir eine PV-Anlage auf das Dach zu legen. Der PV Berater hat heute vorgeschlagen, die Solarthermieanlage nicht auf die Süd/west-Seite zu legen, sondern auf die gegenüberliegende Seite des Satteldaches (Neigung ca. 45°). Er meint die morgentliche Sonnenkraft, die aufgeheizten Betonziegeln, die effizienten Röhren würden ausreichen, genug Warmwasser mit den Röhrenkollektoren zu gewinnen. Er meint die freiwerde Fläche auf der Süd-west Dachseite wäre aus energetischer Sicht besser für PV zu nutzen.
Reicht die Ausrichtung der Solarthermieanlage auf der Nord-Ost aus, um ausreichend Warmwasser zu erzeugen?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Georg
Hallo Georg, vielen Dank für die detaillierte Frage! Aus der Ferne können wir zwar keine genauen Ertragsprognosen machen, aber eine Nord-Ost-Ausrichtung ist für Solarthermie absolut nicht empfehlenswert. Aus unserer Sicht wurdest Du da leider falsch beraten. Paradigma Vakuumröhrenkollektoren sind sehr effektiv und können auch bei diffuser Lichteinstrahlung noch gute Erträge erzielen, aber gerade in den Übergangszeiten und im Winter reduziert eine Nord-Ost-Ausrichtung die Erträge enorm. Zum Hintergrund: In unseren Röhren fließt reines Wasser – dadurch ist es möglich, schon die ersten Sonnenstrahlen am Morgen viel effizienter zu nutzen als die meisten herkömmlichen Anlagen, weil Wasser im Gegensatz zu Glykolgemischen nicht erst auf eine gewisse Betriebstemperatur kommen muss. Die wenigen Sonnenstunden im Winter können so voll ausgenutzt werden. Auf einer Nord-Ost-Seite wird das jedoch nur sehr eingeschränkt möglich sein, da die ohnehin schon knappen Sonnenstunden noch einmal deutlich reduziert werden. Hinzu kommt, dass Betonziegeln überhaupt keinen Einfluss auf die Leistung der Solarthermieanlage haben. Die Röhren sind nahezu perfekt vakuumisoliert, was auch zwingend notwendig ist für eine hohe Leistungsfähigkeit. Sonnenwärme, die einmal in den Kollektor gelangt, bleibt auch im Kollektor. Dank der guten Isolierung geht also keinerlei Wärme nach außen verloren, was aber auch bedeutet, das keine Umgebungswärme von außen in den Kollektor gelangt. Außerdem gilt natürlich: Dachziegeln sind im Winter kalt, Dachziegeln sind in keiner Weise mit dem Heizkreislauf verbunden und das Wasser im Kollektor wird durch die gute Isolierung und die CPC-Spiegel auf jeden Fall wärmer, als die Dachziegeln. Für uns ist es deshalb nicht nachvollziehbar, wieso die Ziegeln überhaupt Teil der Beratung waren. Abschließend empfehlen wir Dir zwei Dinge: Sprich mit Deinem Paradigma Heizungsbauer darüber, wie Du das Maximum aus Deinen Aqua Plasma Kollektoren herausholen kannst. Ein Fachmann vor Ort kennt alle Details und kann Dir am Ende immer den besten Rat geben. Und zu guter Letzt: In einer Altbauwohnung entfallen wahrscheinlich 80 bis 90 Prozent Deines gesamten Jahresenergiebedarfs auf Wärme, nicht auf Strom. Deshalb ist es aus unserer Sicht absolut sinnvoll, Deine Solarthermieanlage bestmöglich auf der Süd-West-Seite des Daches zu platzieren. Sonnige Grüße – Dein Paradigma Team