Feuerholz_flammen

Wie klimaneutral ist das Heizen mit Holz?

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Verbraucher kombinieren eine Solarthermie-Anlage hierzulande häufig mit einer Holzheizung, die Pellets verfeuert. Doch ist das Verbrennen von Holz überhaupt vertretbar? „Verschmutzt“ es nicht die Bilanz der sauberen Solarenergie? Oder gar die Luft? Fragen, denen ich in dieser Folge meiner kleinen Artikelserie zu Pelletheizungen nachgehe.

Ein lebender Baum, ein Luftballon und jede Menge CO2

Nehmen wir uns zuerst mal einen Baum vor. Der hat Zeit seines Lebens der Atmosphäre Kohlendioxid entnommen und in Sauerstoff und Kohlenstoff zerlegt. Die Kohlenstoffatome hat er zu langen Ketten umgewandelt und in Form energiereicher Stärke oder energiereichen Zuckers gespeichert. Zwei Tonnen Kohlendioxid entzöge ein Baum im Schnitt während seiner Lebenszeit der Atmosphäre, heißt es hier. Zur Veranschaulichung  dieser Menge könnte man das Gas in Luftballons füllen. Ein normaler Luftballon enthält 4,6 Gramm Kohlendioxid. Demnach entsprächen zwei Tonnen Kohlendioxid 434.782 Luftballons. Und um zu verstehen, auf welche Art und Weise wir so einen Luftballon voll CO2 emittieren würden, hier noch ein paar Beispiele aus unserem Alltag, die der Klimakreis nennt:

  • Einen Kilometer Auto zu fahren im Mittelklassewagen, ergäbe rund 160 Gramm Kohlendioxid aus dem Auspuff, je nach Auto und Fahrstil selbstverständlich. Mit einem Luftballon voll CO2 käme man also 29 Meter weit.
  • Alternativ könnte man auch 3,6 Gramm Tiefkühlpizza essen, also ein Hundertstel einer handelsüblichen Pizza aus der Tiefkühltruhe,
  • oder fünf Minuten fernsehen,
  • oder 21,5 Stunden mit dem iPhone 4 telefonieren (hat dann aber den Stromverbrauch in den Bestandteilen des Mobilfunknetzes unterschlagen)
  • oder 1100 Meter Fahrrad fahren,
  • oder 30 Meter mit dem Flugzeug fliegen oder
  • ein durchschnittliches nordfriesisches Wohnzimmer zwei Minuten und 20 Sekunden lang heizen.

Ein toter Baum, jede Menge Kleinvieh und plusminus Null CO2

Zurück zu unserem Baum. Der stirbt eines Tages und Heerscharen von Pilzen, Bakterien, und Insekten machen sich über seinen Leichnam her. Sie zersetzen so schlussendlich das Holz wieder in seine Bestandteile: Wasser und Kohlendioxid. Damit ergibt sich eine saubere Bilanz bezüglich der Klimagase: Das, was der Baum einst an Energie gespeichert hat, ist wieder in der Atmosphäre – unterm Strich steht eine Null. Der Lebenszyklus beginnt von neuem, das Klima bleibt von neuen Klimagasmengen verschont.

Ein toter Baum, ein Mensch und jede Menge CO2

Wenn der Mensch in den natürlichen Kreislauf der Natur eingreift und anstelle von oben genannten Pilzen & Co. das Baumholz in seiner Heizung verfeuert, geht die Rechnung theoretisch auch auf, schließlich kann bei einer Verbrennung nur so viel Energie aus dem Energieholz erzeugt werden, wie es einst während des Wachstums gespeichert hatte. Doch selbst wenn der verfeuerte Baum nachgepflanzt worden wäre, ergäbe sich praktisch keine ausgeglichene Bilanz, wie Forscher nachgewiesen haben:

Laut der Darstellung von Diplom-Forstingenieur Peter Wohlleben hier, habe ein beeindruckender Zusammenschluss von 400 europäischen Forschern … in einem aufwendigen Projekt etwas ganz anderes herausgefunden. Unter der Führung des Max-Planck-Instituts in Jena hätten sich demnach Wissenschaftler durch Wiesen und Felder, vor allem aber europäische Wälder gewühlt. Ihr Ergebnis: Wälder seien keine Kreisläufe von Werden und Vergehen, ganz im Gegenteil. Durchschnittlich 50 Prozent des aufgenommenen Kohlendioxids bleibe dauerhaft im Wald gespeichert und werde nicht wieder freigesetzt. Ob in lebenden Bäumen, vermoderndem Holz oder dem Erdreich, stetig werde in einem intakten Wald CO2 gebunkert, beschreibt Wohlleben anschaulich. Denn die Kleinstorganismen verwerteten nicht alles, so dass die Kohlenstoffvorräte ständig steigen würden. Wälder seien dem Experten zufolge also natürliche Kohlenstoffsenken. Dies gelte allerdings nur, solange sie unberührt seien.

In dem Augenblick, wo der Mensch die Säge ansetze und forsttechnisch den Wald reguliere (sprich: durchforste), verändere sich, so erklärt Peter Wohlleben weiter, das fragile Gefüge. Zunächst einmal müsse man wissen, dass Holzstämme ungefähr 50 Prozent der Biomasse eines Waldes ausmachten. Der große Rest bestünde ihm zufolge aus Wurzeln, Humus, Blättern und Ästen. Forstlich genutzt werde also nur die Hälfte des gespeicherten Kohlenstoffs. Durch das Licht und die Sonnenwärme, die durch die Lücken (bei Durchforstungen) oder gar völlige Freilage (bei Kahlschlägen) den Boden erreiche, liefen die Bodenorganismen zur Höchstform auf und verwerteten selbst die organische Masse, die eigentlich nicht mehr am Kreislauf teilnähme und im Boden „eingefroren“ sei.

Klimabilanz von Holz aus Wirtschaftswald – nicht besser als die Klimabilanz fossiler Rohstoffe?

Wohlleben kommt zu folgendem Resultat: Der CO2-Speicher werde vollständig geleert, und der frühere Kohlenstoffspeicher namens Wald werde nun tatsächlich zu einem Kreislauf. Bäume würden gepflanzt und Jahrzehnte später gefällt, und die künstlichen Forste gäben mit ihrer Nutzung die gespeicherten Klimagase wieder vollständig frei. Berechne man die Differenz genutzter/ungenutzter Wälder, so schneide Holz aus Wirtschaftswäldern in der Klimabilanz nicht besser ab als fossile Rohstoffe.

Was heißt das für die eingangs gestellte Frage? In den Worten von Peter Wohlleben: „Schade. Denn Holz ist natürlich weiterhin ein wichtiger nachwachsender Rohstoff, der, so aus ökologisch bewirtschaftenden Wäldern stammend, bedenkenlos genutzt werden kann. Als Feigenblatt im Kampf gegen den Klimawandel taugt es allerdings nicht, denn hier hilft nur eines: Energie sparen!“

*Grüne Brille aufgesetzt* Jetzt könnte man mit grün verfärbtem Blick in die Wirklichkeit an dieser Stelle sagen: Gut, dann lassen wir das mit dem Verfeuern von Holz, Holzpellets & Co. ab sofort ganz und setzen künftig komplett auf beispielsweise Solarwärme, Erdwärme & Umgebungswärme. Das sind Alternativen zu fossilen wie biogenen Brennstoffen, von denen nachwachsendes Holz ja einer ist. Technische Möglichkeiten zu deren Gewinnung sind ebenfalls da (Stichwort: Solarthermie, Wärmepumpe).

‘Grüne Brille abgesetzt* Der unverfärbte Blick in die Wirklichkeit zeigt, dass gerade Pelletheizungen derzeit ganz oben auf der Beliebtheitsskala bei Verbrauchern sitzen. Wieso wollen die mit Holz heizen? Vielleicht, weil man ihnen teils schwammige Aussagen zu seiner Bedenklichkeit  – und zwar nicht nur der ökologischen – mit auf den Weg gibt:

„Richtig verwendet, ist Holz ein umweltgerechter Brennstoff. Mit gut aufbereitetem Holz aus Ihrer Region, einer modernen Feuerstätte und einer sach-gerechten Handhabung können Sie dazu beitragen, dass Ihr Holzofen oder Holzkessel für behagliche Wärme sorgt und die Umwelt nicht allzu sehr belastet.“ (Quelle: Umweltbundesamt)

„Wer sich für diesen Energieträger (gemeint ist Holz – Anmerkung der Redaktion) entscheidet, tut auch Gutes für die Umwelt. Brennholz gilt als weitgehend CO2-neutral. Außerdem wächst es nach und kommt meist aus heimischen Wäldern.“ ( Quelle: Handelsblatt)

Gesundes Heizen mit Holz braucht neue Heizungen

„Die Lüge vom ökologischen Holzofen“ titelte das Portal klimaretter.info im Frühjahr dagegen klar und unmissverständlich. Im Artikel führt dessen Autorin Messungen und Studien über Schadstoffmengen an, die Holzverbrennung frei setze. Deren Ergebnis zusammengefasst, liest sich so: „Wer zu Hause den Kamin befeuert, verwandelt sein Wohnzimmer quasi in eine Schnellstraße mit Rushhour-Verkehr. Und nicht nur das Wohnzimmer. ‚Auch in der Nachbarschaft werden sehr hohe Schadstoffkonzentrationen gemessen‘, sagt Kare Press-Kristensen vom Danish Ecological Council, das an der Untersuchung beteiligt war. ‚Man muss nicht einmal selbst einen Kamin haben, um einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt zu sein. Es genügt, wenn der Nachbar einen Ofen hat.”

Gesund ist das Ofenheizen demnach nicht und denke ich an die zig alten Heizungen hierzulande, verursacht allein der Gedanke bei mir schon Schnappatmung. Und was ist mit der Umwelt? Auch dazu gibt’s was zu lesen in dem Artikel der klimaretter.info:

Feinstaub sei demnach nicht nur schädlich für die menschliche Gesundheit. Rußpartikel, die zum Feinstaub zählten, gelten als fast genauso klimaschädlich wie CO2. Sie entstünden bei der unvollständigen Verbrennung von Dieselkraftstoffen, aber auch in Kraftwerken oder bei offenen Bränden. Die Partikel, die auch black carbon genannt würden, setzten sich auf Gletschern ab, was dazu führe, dass das Eis mehr Sonnenstrahlen absorbiere, was wiederum das Schmelzen des Eises beschleunige. Zudem lasse Luftverschmutzung Pflanzen langsamer wachsen. Der ökologische Vorteil des nachwachsenden Rohstoffs Holz werde durch Holzöfen kräftig geschmälert.

Zum 1. Januar 2015, so heißt es im selben Beitrag weiter, habe die Bundesregierung die Grenzwerte angehoben, gestaffelt nach dem Alter der Öfen. Ziel: Nach und nach sollten die älteren Anlagen ausgetauscht werden. Für jüngere Öfen gäbe es großzügige Übergangsregelungen. Doch bislang laufe der Austausch nicht gut, wird Axel Friedrich vom Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik (HKI) zitiert.

Das sei nicht das einzige Problem. Damit Öfen weniger Schadstoffe produzierten, müssten sie – was bislang nicht der Fall sei – generell über Filter verfügen, außerdem über Ventilatoren, die die Luftzufuhr permanent regulierten. Damit könnten die Emissionen um 90 Prozent sinken, schätzt Friedrich. Er sagt zu klimaretter.info: “Allerdings sind solche technischen Lösungen teuer. Wenn das nicht vorgeschrieben ist, wird es auch nicht gemacht.”

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Energiewende wie sie nötig ist, nicht zustande kommt, wenn sie nicht tragendes Gerüst allen Handelns ist. Hier ein bisserl an den Grenzwerten gedreht und da ein bisserl schön geredet und dort ein bisserl schön gerechnet, das führt zu nix. Richtung Energiewende geht’s da lang! Und an Gepäck dürfen mit: Solarthermie & Co.! Das wären mal klare Ansagen!

Foto: Björnche / photocase