Wärmewende_Umfrage

Aktuelle Umfrage: Deutschland ist offen für die Wärmewende, aber…

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Die Strategieberatung Oliver Wyman befragte im Februar dieses Jahres Verbraucher aus Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien danach, wie interessiert sie an Lösungen zur Dekarbonisierung im Bereich wohnen sind. Das Ergebnis der Umfrage: Auf Verbraucherseite gebe es demnach ein knapp ausreichendes Nachfragepotenzial fürs Umrüsten auf klimafreundliche Heiztechnik. Aber: Für die Befragten waren sowohl die  ökologische als auch die ökonomische Sinnhaftigkeit wichtigster Kaufgrund – noch vor üppigen staatlichen Zuschüssen. Die Strategieberater bewerten deshalb den von der Bundesregierung forcierten Umstieg auf Wärmepumpen zum Erreichen der Wärmewende als einen Drahtseilakt.

Die Bundesregierung hat die Zwischenziele bis zu deutschen Klimaneutralität 2045 gsteckt: Ab dem kommenden Jahr 2024 soll jedes Jahr eine halbe Million neue Wärmepumpen installiert werden. Damit mache der Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck die privaten Haushalte zu wichtigen Akteuren der Wärmewende, schreiben die Strategen von Oliver Wyman in der zugehörigen Pressemeldung.

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MIt ihrer Umfrage suchten sie Antwort auf die Frage, wie motiviert die Bundesbürger der öffentlich ausgerufenen Dekarbonisierung der eigenen vier Wände gegenüberstehen?

Das Umfrageergebnis zeige demnach ein hohes Potenzial für den Umstieg auf klimafreundliche Heiztechnik: 68 Prozent der Menschen in Deutschland, die noch keine Wärmepumpe besitzen, könnten sich den Kauf einer solchen vorstellen oder planten ihn bereits.

Trotz dessen warte auf die deutsche Bundesregierung noch viel Arbeit. Denn ein Selbstläufer sei das Erreichen des Wärmepumpenziels auch bei diesem hohen Zuspruch seitens der Verbraucher nicht. Das sagt der Oliver-Wyman-Partner und Studienautor Martin Schulte gegenüber der Presse.

Nach seinen Berechnungen müssten jährlich rund 62 Prozent aller neuen und bestehenden Gebäude hierzulande, die eine neue Heizung bekämen, mit Wärmepumpen ausgestattet werden, um die staatliche Vorgabe zu erfüllen. Dabei seien jene Wohnungen nicht berücksichtigt, die aus baulichen Gründen keine Umrüstung zuließen. Das hieße, dass man grob gerechnet höchstens einen von sieben potenziellen Käufern verlieren dürfe, wenn die Dekarbonisierung nicht an der Nachfrageseite scheitern soll, rechnet Thomas Fritz vor. Er ist ebenfalls Partner und zudem Europa-Co-Head Climate & Sustainability bei Oliver Wyman. Ihm zufolge mache der Weg zur Klimaneutralität in Privathaushalten einen fundamentalen Umbau der Wärmeversorgung in Deutschland erforderlich. Es komme entscheidend auf konsequente Aufklärung über den ökologischen und finanziellen Nutzen von Wärmepumpen an.

Martin Schulte sagte, dass deshalb die Perspektive der Debatte verschoben werden müsse: Bislang seien die ambitionierten Installationsziele vor allem mit Blick auf die Angebotsseite diskutiert worden – und dies zuweilen kontrovers. Schulte zählt Fragen auf, die Wärmewende-Akteure derzeit bewegten:

  • Funktioniert der Hochlauf der Produktion von Wärmepumpen?
  • Reichen die Fachkräfte im Handwerk?
  • Zieht die Wohnungswirtschaft mit?

Die Motivation der privaten Wohnungseigentümer unterschätze man laut Schulte als wesentlicher Faktor der Energiewende dagegen stark. Ihm zufolge werde es nicht reichen, die Fördertöpfe zu öffnen.

  • Denn ein Ergebnis der Umfrage sei auch gewesen, dass die staatliche Unterstützung nur für 27 Prozent der Befragten ein zentraler Grund sei, sich für den Kauf einer Wärmepumpe zu entscheiden.
  • 33 Prozent hätten demnach als Kaufmotiv die ökologische Sinnhaftigkeit eines Umstiegs genannt.
  • Und für 32 Prozent sei für den Kauf ausschlaggebend, dass sich die neue Wärmepumpenheizung langfristig rechne.

Für Thomas Fritz steht auch die Wirtschaft in der Pflicht. Die individuellen Pluspunkte der Wärmewende müssten ihm zufolge auch von Versorgern sowie von Industrie und Handwerk gut kommuniziert werden. Hinsichtlich der Skeptiker hält er dabei flankierende Zuschüsse und attraktive Kreditangebote für nötig.

  • Denn immerhin fast ein Drittel der Deutschen (32 Prozent), die noch keine Wärmepumpe betrieben, hätten in der Umfrage angegeben, dass eine Dekarbonisierungs­lösung für sie beim Heizen der Wohnung nicht vorstellbar sei.

Viele Wärmewende-Skeptiker lassen sich mit staatlicher Förderung nicht umstimmen

Innerhalb dieser skeptischen Gruppe sei hierzulande – verglichen mit anderen eurpäischen Ländern – überdurchschnitt­lich viel Überzeugungsarbeit zu leisten, schätzen die Strategen von Oliver Wyman ein: Als Grund dafür führen sie an, dass in der aktuellen Umfrage 36 Prozent derjenigen, die nicht in Klimatechnik investieren wollten, angegeben hätten, dass auch eine Förder­maß­nahme sie nicht umstimmen könne.

Deutschland hat mehr Wärmewende-Verweigerer als Italien, Großbritannien und Spanien

Der Anteil der konsequenten Wärmewendeverweigerer in Deutschland ist der Studie zufolge höher als in Italien (28 Prozent), Großbritannien (23 Prozent) und Spanien (19 Prozent).

Immerhin gut ein Fünftel (21 Prozent) der Skeptiker hierzulande hätten allerdings gesagt, dass staatliche Hilfen sie umstimmen könnten, erläutert Schulte weiter.

Bisher liegen die Zuschüsse für Wärmepumpen in Deutschland auf einem Niveau von 20 bis 40 Prozent der Anschaffungskosten, eine Amortisierung der Investition sei innerhalb von fünf bis zehn Jahren Betriebszeit möglich. In Abhängigkeit davon, wie sich die Gas- und Strompreis entwickeln würden, könne sich die Amortiationszeit beschleunigen, sagt Thomas Fritz abschließend.

Über die Umfrage

Für die Umfrage wurden im Februar 2023 insgesamt 4.000 Verbraucher in Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien zu ihrem Interesse an Dekarbonisierungslösungen im Bereich Wohnen befragt.

Über Oliver Wyman

Oliver Wyman ist nach eigenen Angaben eine international führende Strategieberatung mit weltweit über 6.000 Mitarbeitern in mehr als 70 Städten in 30 Ländern. Oliver Wyman ist ein Unternehmen von Marsh McLennan (NYSE: MMC).

Grafik: Doreen Brumme