Fraunhofer-ISE-solarthermische Jalousie

Fassadenwärme: Forscher entwickeln solarthermische Jalousie

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Solarthermische Jalousie: Die Lamellen dienen als Absorber. Die Wärme wird über Heat-Pipes und einen Aluminiumadapter an den Sammelkanal abgeführt. Foto. Fraunhofer ISE

Angesichts der Wärme, die die Fassaden unserer Gebäude im Sonnenschein speichern, liegt die Idee nicht fern, diese Wärme gezielter zu nutzen. Zum Beispiel zum Erwärmen von Räumen oder Trinkwasser – immerhin gingen laut dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) genau dafür rund 30 Prozent der Endenergie in Deutschland drauf. Demnach könnten unsere Gebäudefassaden zu “Wärmewänden” werden. Ein Forschungskonsortium unter Leitung des ISE habe im Projekt “ArKol” jetzt zwei neuartige solarthermische Fassadenkollektoren entwickelt, die sich architektonisch in die Fassade integrieren ließen: einen Streifenkollektor und eine solarthermische Jalousie. Die stellen wir euch hier vor.

Ziel des Projekts: Architektonisch attraktive Fassadenkollektoren

Dr.-Ing. Michael Hermann, der als Koordinator für Innovationsprozesse im Geschäftsbereich Thermische Systeme und Gebäudetechnik am Fraunhofer ISE arbeitet, erklärt gegenüber der Presse, dass es das Ziel des Projekts gewesen sei, “das große Flächenpotenzial von Fassaden für die Wärmeerzeugung zu nutzen und gleichzeitig Architekten mehr Gestaltungsfreiheit zu geben”, denn ein Hemmnis für den breiten Einsatz von Solarthermie seien bislang die Vorbehalte potenzieller Kunden gegenüber dem Erscheinungsbild der Kollektoren gewesen. Zugleich sollte der Planungsaufwand reduziert und eine vereinfachte Montage und Installation ermöglicht werden.

Solarthermie: Dachkollektoren vs. Fassadenkollektoren

Das Fraunhofer ISE schreibt Fassadenkollektoren im Vergleich zur klassischen Aufdach-Installation von Solarthermie-Kollektoren mehrere Vorteilen zu:

  • So passe das Einstrahlungsprofil bei Anlagen zur Heizungsunterstützung der Innenräume besser zum tatsächlichen Energieverbrauch: Im Winter, wenn die Sonne niedriger stehe, werde die Fassade demnach in einem günstigeren Winkel angestrahlt als das Dach und könne somit einen höheren Solarertrag liefern. Anders im Sommer:  Wenn der Wärmebedarf deutlich geringer sei und sich im Wesentlichen auf die Trinkwassererwärmung im Gebäude beschränke, schiene wegen des hohen Sonnenstandes weniger Sonne auf die Fassadenkollektoren. Diese würden deshalb weniger überschüssige Wärme liefern – das entlaste Material und Solarflüssigkeit und verlängere die Lebensdauer der Anlage.
  • Im urbanen Raum mit hohen Gebäuden stünden darüber hinaus mehr Flächen an Fassaden als auf Dächern zur Verfügung – zumal diese oft auch für Fahrstuhlschächte und andere technische Aufbauten benötigt würden.

 Demonstrator der Solarthermischen Jalousie

Die solarthermische Jalousie ist insbesondere für Gebäude mit großen Glasfassaden geeignet. Der Demonstrator der Solarthermischen Jalousie ist in ein Doppelfassadenelement integriert. Foto: Fraunhofer ISE

Solarthermische Jalousie: ein  Fassadenelement mit vielen Funktionen

In der zugehörigen Pressemitteilung schreiben die Frscher vom ISE, dass das Gewinnen solarer Wärme an transparenten Teilen von Gebäudem mit herkömmlichen Kollektoren bislang nicht oder nur dann möglich sei, wenn man in Kauf genommen hätte, dass die Transparenz eingeschränkt werde. Zugleich würden in verglasten Fassaden von Hochhäusern oft Jalousien zwischen Glasscheiben in sogenannten Doppelfassaden verwendet. Infolge der Sonneneinstrahlung würde sich dieser Scheibenzwischenraum auf Temperaturen bis zu 100 Grad Celsius (°C) aufheizen. Die neu entwickelte Solarthermische Jalousie könne diese überschüssige Wärme wie ein solarthermischer Kollektor abführen und biete gleichzeitig die volle Beweglichkeit und Funktionalität eines Lamellen-Sonnenschutzes. Demnach ließe sich die Solarthermische Jalousie bei Bedarf vollständig raffen und biete dann volle Transparenz. Mit dem Abführen der Wärme könne man im Sommer zudem die Kühllast des Gebäudes senken werden und damit dessen Energiebedarf.

Funktionsweise der solarthermischen Jalousie

Dazu integriere man Wärmerohre (sogenannte Heat-Pipes) in die Lamellen der Solarthermischen Jalousie. Über diese werde die Wärme der als Absorber dienenden Lamellen über eine schaltbare thermische Kopplung an einen seitlichen Sammelkanal übergeben. Dafür sei kein  Flüssigkeitstransfernötig, das Ganze funktioniere “trocken” . Dank dieses Wärmeübertragungskonzepts ließen sich die Lamellen wie herkömmliche Jalousien bewegen, wenn man den Kontakt löse. Die neue solarthermische Jalousie eigne sich insbesondere für den Einsatz in Doppelfassaden, weil deren Zwischenraum einen guten Witterungsschutz biete.

Die solarthermische Jalousie könne laut ISE-Projektleiter Simon Häringer “als multifunktionales Fassadenelement für ein angenehmes Raumklima und guten Blendschutz sorgen und gleichzeitig den Energiebedarf für Warmwasserbereitung und Klimatisierung verringern”.

Streifenkollektor-Elemente
Die Streifenkollektor-Elemente lassen sich hinsichtlich Gestaltung und Ausrichtung flexibel in Fassaden integrieren, hier als schwarze Streifen in Kombination mit dekorativen Fassadenprofilen. Foto: DAW SE/Karim Donath/ Fraunhofer ISE

Streifenkollektor – effizient und flexibel

Im Rahmen des Projekts sei außerdem ein neuer Streifenkollektor entwickelt worden, der im Vergleich zu Solarthermie-Kollektoren in klassischer Bauweise sehr flexibel in Bezug auf Größe, Farbe, Abstand, Anzahl und Ausrichtung sei und somit ein aus gestalterischer Sicht attraktives Bauelement sei. Die streifenförmige Kollektorkonstruktion könne demnach in unterschiedlichen Längen ausgeführt und stufenlos auf der Unterkonstruktion positioniert werden. Die Bereiche zwischen den einzelnen Kollektorstreifen ließen sich mit üblichen Fassadenbekleidungsmaterialien in beliebiger Höhe ergänzen.

Funktionsweise des neuen Streifenkollektors

Technisch möglich werde dies, weil die Wärme, die infolge der Sonneneinstrahlung auf dem spektralselektiv beschichteten Absorber im Kollektor entstehe, durch Wärmerohre zur Seite transportiert und dort “trocken” an den Sammelkanal übergeben werde. Und weil nur der Sammelkanal von einer Solarflüssigkeit durchströmt werde, würden die einzelnen Kollektoren keinen hydraulischen Anschluss benötigen.

Die Kollektoren ließen sich laut FRaunhofer ISE in die Unterkonstruktion einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade (VHF) mit marktüblichen Agraffen einhängen. Dieses Konzept sei

  • an Neubauten
  • und im Rahmen einer Sanierung umsetzbar.

“Diese Plug&Play-Lösung erleichtert die Abstimmung der Gewerke im Bauprozess und schafft klare Schnittstellen für Installation und Haftung. Auch die vereinfachte Hydraulikplanung erleichtert Fassadenbauern, Stuckateuren und Malern die Umsetzung.” Das sagt Katharina Morawietz, ISE-Teilprojektleiterin Streifenkollektor. Das brächte Vorteile während der Montage und  großen Gestaltungsmöglichkeiten.

Über das Forschungsprojekt

Zum Entwickeln der multifunktionalen Gebäudehüllen im Projekt “ArKol –  Entwicklung von architektonisch hoch integrierten Fassadenkollektoren mit Heat-Pipes”, das im Februar dieses Jahres abgeschlossen worden sei, habe das ISE mit den Unternehmen DAW SE und Priedemann Façade-Lab sowie dem Borderstep-Institut für Innovation und Nachhaltigkeit, dem Kompetenzzentrum Ausbau und Fassade und dem Institut für Baukonstruktion der Universität Stuttgart zusammengearbeitet.

Das Projekt sei vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert worden.

Für die erfolgreiche Entwicklung der vom Fraunhofer ISE vorgeschlagenen Fassadenkollektorkonzepte bis hin zur Praxistauglichkeit sei nach eigenen Angaben die interdisziplinäre Zusammenarbeit entscheidend gewesen. Kompetenzen und Erfahrungen aus der Solar- und Baubranche – von der Fassadenplanung über die Komponentenentwicklung bis zur Montage und Installation durch das Handwerk – seien dafür kombiniert worden. Die Schwerpunkte des Fraunhofer ISE hätten dabei neben der Gesamtkoordination insbesondere in der Charakterisierung und Entwicklung von Heat-Pipes, der solarthermischen Auslegung, der konstruktiven Umsetzung, dem Musterbau und der Vermessung gelegen.

Fotos: Fraunhofer ISE, DAW SE/Karim Donath