unterirdische Wärmespeicherung Angus II Schaubild

Forscher untersuchen Möglichkeiten für unterirdische Wärmespeicher in Schleswig-Holstein

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Solarwärme ernten, das können hochleistungsfähige Vakuum-Röhrenkollektoren sehr gut. Das Angebot von Solarthermie und Nachfrage nach Wärme klaffen auseinander. Im Sommer gibt’s genug, im Winter mangelt es daran. Solarwärme langfristig in einem Wärmespeicher zu sichern ist somit Gebot der Stunde. Forscher der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel haben sich längst auf die Suche nach großen Energiespeichern gemacht: unterirdisch. Das Forschungsprojekt Angus II geht jetzt in eine zweite Phase.

Das Titelbild zeigt unterirdische Varianten von Energiespeichern in natürlichen geologischen Formationen. Oben sind verschieden Schutzgüter und Sektoren des Energiemarktes aufgeführt.

Gesucht: Unterirdische Energiespeicher für Schleswig-Holstein

„Wir wissen, dass es in Schleswig-Holstein viele gute Speichermöglichkeiten im Untergrund gibt. Wasserstoff, synthetisches Methan aus Windkraft und Druckluft können in Salzkavernen und in tieferliegenden porösen Gesteinsschichten gelagert werden. Wärme kann auch oberflächennah im Untergrund eingespeichert werden. Beides geht in Schleswig-Holstein theoretisch im großen Maßstab. Der wöchentliche Strombedarf unseres Landes ließe sich beispielsweise theoretisch mit einem großen Wasserstoffspeicher in einer geologischen Formation abdecken“, erläutert Professor Sebastian Bauer ein Ergebnis der bisherigen Forschungen auf dem Gebiet der Wärmespeicher.

Im Vorgängerprojekt ANGUS+ hatte das Forschungsteam, zu dem Mitglieder der CAU, der Helmholtz-Zentren Leipzig und Potsdam sowie der Ruhr-Universität Bochum gehören, die Speichermöglichkeiten im schleswig-holsteinischen Untergrund untersucht. Im nun folgenden Projekt „Angus II“ sollen diese Speicherpotenziale und ihre mögliche Einbindung in das Energienetz weiter erforscht werden.

Doch bevor die Grundlagenforschung konkret in eine praktische Anwendung umgesetzt werden könne, müssten die Wissenschaftler zunächst noch viele Fragen beantworten, schreibt die CAU in ihrer Pressemitteilung. Zum Beispiel Fragen wie:

  • Welche Energiemenge muss eigentlich wann und für welchen Zeitraum gespeichert werden?
  • Wie viel Energie brauchen wir heute und wie viel in den nächsten 20 Jahren?
  • Wie kann sich zum Beispiel ein Druckluftspeicherkraftwerk über diesen Zeitraum rentieren?
  • Wie viel Wärme kann im städtischen Raum durch erneuerbare Energien erzeugt und wo kann diese in einem Wärmespeicher gelagert werden?
  • Welche langfristigen Effekte ergeben sich aufgrund des Speicherbetriebes in den geologischen Schichten für die Umwelt?

Für eine dauerhafte Nutzung einer geologischen Formation unter variabler Zuführung und Entnahme von Gasen oder Wärme müsste demnach nicht nur der Speicherbetrieb gesichert, sondern auch die hydraulischen, chemischen, thermischen oder mechanischen Auswirkungen dieser Nutzung vorhersagbar, überwachbar und ohne schädliche Nebenwirkungen sein.

ANGUS II – die einzelnen Aufgaben des Forschungsvorhabens

Die Forscher werden sich der CAU zufolge zunächst mit der Entwicklung neuer Methoden zur Quantifizierung und der mathematischen Beschreibung der relevanten Prozesse befassen, die der Dimensionierung und Auslegung der Speicher zugrunde liegen würden. „Die Erkenntnisse aus den Prozessstudien werden dann in großtechnischen Laboruntersuchungen für Wärmespeicher überprüft. Mit circa fünf Tonnen Sediment bauen wir die Natur nach und erforschen unter kontrollierten Bedingungen, welche Detailprozesse mit verschiedenen Arten der Wärmespeicherung genau verbunden sind. Dabei achten wir darauf, welche unmittelbaren Auswirkungen für den Speicher selbst, aber auch für seine umgebende Schicht und oberflächennahe unterirdische Schutzgüter wie Grundwasser entstehen“, erklärt Professor Bauer das Forschungsvorhaben.

Parallel dazu erfolge die Erforschung der Markteinbindung. Dazu würden unter Anderem numerische Modelle zu Energiespeichern, Kraftwerkseinzelanlagen und Energienetzen erstellt. Die Ergebnisse dieser realistischen und auf Schleswig-Holstein als Modellregion fokussierten Simulationen würden anschließend in einer Datenbasis für den Datentransfer zusammengeführt. „Das erlaubt uns die gemeinsame Nutzung der Modelle unter wirtschaftlichen Aspekten und stellt eine konsistente Methodik zur Integration von geotechnischen Speichern in die Energienetze dar“, so Professor Andreas Dahmke.

Um den Anteil an erneuerbarer Energie nicht nur im Strom- sondern auch im Wärmesektor zu erhöhen, könne mithilfe dieser Grundlagenforschung künftig zum Beispiel überschüssige erneuerbare Energie aus Solarthermie, die saisonal und wetterabhängig produziert wird, als Wärme in einem Wärmespeicher bevorratet werden.

Energiewende geht nicht ohne Wärmewende

„Energiewende geht nicht ohne Wärmewende“, betont der Geowissenschaftler Dahmke den Beitrag, den urbane Wärmespeicher in Zukunft spielen können. Mit dem Forschungsprojekt ANGUS II soll daher auch die Wärmewende vorangetrieben werden. Dieser Beitrag sei naturgemäß nicht auf Schleswig-Holstein beschränkt, sondern von nationaler Bedeutung. Auch international sei dieses Projekt aufgrund der geowissenschaftlichen Grundlagenforschung kombiniert mit anwendungsnahen Aspekten der Systemintegration maßgebend und von hoher Relevanz bei der Transformation der Energiesysteme.

Über ANGUS II – Hintergrundinfos über unterirdische Wärmespeicherung

Das Forschungsprojekt ANGUS II „Auswirkungen der Nutzung des geologischen Untergrundes als thermischer, elektrischer oder stofflicher Speicher“ untersucht, welche geotechnischen Speicherarten für Schleswig-Holstein in Frage kommen und wie diese effizient mit dem Energie- und Wärmemarkt gekoppelt werden können. Das Projekt wird für vier Jahre bis Ende 2020 mit insgesamt 6,7 Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert und von Professor Andreas Dahmke und Professor Sebastian Bauer von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel koordiniert.

ANGUS II das Forscherteam über Wärmespeicher
Anfang April trafen sich die beteiligten Wissenschaftler zum Projektstart von ANGUS II in Kiel. Foto: Alina Kabuth, ANGUS

Weitere Mitglieder des Forschungsteams ANGUS II

Weitere Partner an der Kieler Universität sind Professor Wolfgang Rabbel, Professor Frank Wuttke und Professor Rainer Duttmann. Darüber hinaus konnten Professor Olaf Hohmeyer von der Europa-Universität Flensburg, Professor Ilja Tuschy von der Hochschule Flensburg, Professor Frank Sirocko von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz sowie Professor Olaf Kolditz und Dr. Hans-Hermann Richnow vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig als Partner gewonnen werden.

Fotos: Alina Kabuth, ANGUS (Teamfoto), ANGUS-Projekt (AG Bauer) (Grafik)