Ratgeber richtig Heizen für Behaglichkeit und niedrige Heizkosten

Ratgeber „Richtig heizen“, Teil 2: Thermische Behaglichkeit – wie viel Grad sind behaglich?

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Thermische Behaglichkeit ist das Ziel jeglichen Heizens im Winter. Doch was heißt „behaglich“ in Gradzahlen ausgedrückt? Wie viel Grad Celsius sind optimal für den Wohnbereich? Und was bewirkt eine zu kalte beziehungsweise zu warme Stube? Fragen, denen ich im vorliegenden zweiten Teil meines Ratgebers „Richtig heizen“ nachgehe.

Definitionen: Thermische Behaglichkeit

Der Terminus technicus thermische Behaglichkeit ist ein Aspekt, der die klimatischen Verhältnisse in einem Raum charakterisiert. Das Raumklima ist insbesondere abhängig von den thermischen und hygrischen (sich auf Feuchtigkeit beziehenden) Bedingungen, die im Raum herrschen. Hinzu kommen optische (Licht und Farben) und akustische Aspekte. Daher kann man von

  • thermischer Behaglichkeit
  • olfaktorischer Behaglichkeit
  • visueller Behaglichkeit
  • und akustischer Behaglichkeit

sprechen, die insgesamt eine Wohnbehaglichkeit ergeben. Ich greife mir für die folgende Betrachtung die thermische Behaglichkeit heraus. Sie lässt sich im klassischen Verständnis in Bezug auf die (Heiz)Situation Winter so definieren: Thermische Behaglichkeit meint die Abwesenheit negativer Empfindungen die Temperatur betreffend. Wem es weder zu warm, noch zu kalt ist, dem ist demnach thermisch behaglich zumute.

Zwei Richtlinien beziehungsweise Normen definieren die thermische Behaglichkeit:

  • DIN 1946-2:1994-01:

Thermische Behaglichkeit sei demnach dann gegeben, wenn der Mensch Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftbewegung und Wärmestrahlung in seiner Umgebung als optimal empfinde und weder wärmere noch kältere, weder trockenere noch feuchtere Raumluft wünsche.

  • DIN EN ISO 7730:2003

Thermische Behaglichkeit sei das Gefühl, das Zufriedenheit mit dem Umgebungsklima ausdrücke.

Thermische Behaglichkeit und Leistungsfähigkeit des Menschen

Warum ist es aber nun von Bedeutung, dass wir uns unter der Überschrift „richtig heizen“ mit der thermischen Behaglichkeit auseinandersetzen? Ganz einfach: Die thermische Behaglichkeit ist für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Bedeutung. Gleichwohl sie nicht notwendigerweise mit der höchsten Leistungsfähigkeit identisch sein muss. Anders ausgedrückt: Wer sich thermisch behaglich fühlt, muss nicht in Höchst(leistungs)form sein – oder umgekehrt: Wer in Höchst(leistungs)form ist, kann dies auch sein, wenn er es nicht behaglich warm hat. Um die Theorie mit konkreten Gradzahlen zu belegen, hier ein paar wissenschaftliche Erkenntnisse:

  • Mit steigender Raumtemperatur nehme sowohl die körperliche als auch die geistige Leistungsfähigkeit stark ab, bei 28 Grad Celsius bereits um 50 Prozent (körperliche Leistungsfähigkeit) beziehungsweise 20 Prozent (geistige Leistungsfähigkeit).
  • Zwischen dem Temperaturanstieg und der Leistungsabnahme (geistige Tätigkeit) bestehe kein linearer Zusammenhang. So nehme die Leistungsfähigkeit bei einer Temperaturerhöhung von 23 auf 26 Grad Celsius um 50 Prozent zu. Erst bei 29 Grad Celsius nehme sie wieder den Wert von 23 Grad Celsius an.
  • Zudem bestehe ein Zusammenhang von Temperatur und geistiger Erregung. Demnach gebe es für jede Aufgabe eine optimale geistige Erregung. Bei zu hoher oder zu niedriger Erregung (was auch die Temperaturänderung sein könne) falle die Leistungsfähigkeit ab.

Wovon hängt die thermische Behaglichkeit ab?

Die thermische Behaglichkeit hängt nach heutigem Erkenntnisstand von folgenden Faktoren ab:

  • Luft (Temperatur, Geschwindigkeit und Feuchte),
  • Strahlung (Oberflächentemperaturen, Wärmestrahlung, kurzwellige Strahlung),
  • Bekleidung,
  • Aktivität,
  • sowie Außenklima und dessen Vorgeschichte.

Da der Mensch durchaus in der Lage ist, sich sowohl kurzfristig auf thermische Reize einzustellen (Adaption) als auch langfristig (Akklimatisation), ist die Thermische Behaglichkeit in Abhängigkeit von den vorgenannten Faktoren eine Sache, die von Person zu Person unterschiedlich empfunden wird. Es gibt also nicht das eine Raumklima, das allen als behaglich erscheint. Man hat daher sogenannte Behaglichkeitsfelder ermittelt, in denen sich mehrere Personen wohl fühlen.

Schauen wir uns im Folgenden die einzelnen Faktoren einmal näher an!

Faktoren, die die thermische Behaglichkeit beeinflussen – ein Überblick

Lufttemperatur

Damit ist die Temperatur der Raumluft gemeint. Hier ist auch von Bedeutung, dass es im Raum ein Temperaturgefälle gibt: Die oben bereits erwähnte Norm DIN 1946-2:1994-01 schreibt für den sogenannten vertikalen Temperaturgradienten vor, dass dieser höchstens zwei Kelvin pro Meter Raumhöhe betragen dürfe. In zehn Zentimeter Höhe über dem Fußboden (hier: null Zentimeter Höhe)  sollte die Lufttemperatur 21 Grad Celsius nicht unterschreiten. Es gibt zudem die Empfehlung, dass der Temperaturunterschied zwischen Kopf und Füßen höchstens drei Kelvin betragen sollte.

Wobei bei einer Betrachtung der thermischen Behaglichkeit auch die sogenannte Strahlungstemperatur berücksichtigt werden sollte. Denn auch sie beeinflusst den Wärmehaushalt der Personen im Raum.

Strahlungstemperatur

Die Strahlungstemperatur ergibt sich aus den Temperaturen der Oberflächen von Wänden, Decke und Boden (sogenannte Umschließungsflächen), die gemäß den lokalen Einstrahlzahlen (geometrisches Sichtverhältnis zwischen Bauteil und Person) gewichtet werden. Sind alle Oberflächentemperaturen entsprechend gewichtet worden, hat man eine mittlere Strahlungstemperatur: die sogenannte Ganzraumstrahlungstemperatur.

Empfundene Temperatur

Laut der oben ebenfalls schon erwähnten Norm DIN EN ISO 7730:2003 lasse sich die empfundene Temperatur als Mittelwert zwischen der örtlichen Strahlungstemperatur und der Lufttemperatur beschreiben. Daraus hieße, dass sich eine unbehagliche Raumtemperatur mit einer entsprechenden Änderung der Oberflächentemperatur kompensieren lasse.

Die DIN 1946-2:1994-01 empfiehlt für die empfundene Temperatur in Abhängigkeit der Außentemperatur folgende Gradzahlen: Wer heize und dazu sogenannte Quellluftsysteme nutze, für den seien demnach im bodennahen Bereich Temperaturen zwischen 20 und 22 Grad Celsius zulässig.  Sommers (ohne Heizung) seien Temperaturen von 25, 26 Grad Celsius zugelassen, die bei großer Hitze auch mal höhere Werte annehmen dürfen. Das Maximum der empfundenen Temperatur ist der Norm nach mit 27 Grad Celsius bei 32 Grad Celsius Außentemperatur definiert worden.

Luftgeschwindigkeit

Ob es in der beheizten Stube zieht oder nicht – das nimmt direkten Einfluss auf die thermische Behaglichkeit, die wir darin empfinden. Dabei gibt es eine direkte Abhängigkeit zwischen der Lufttemperatur (siehe oben) und dem Turbulenzgrad, der ausdrückt, wie die Luftgeschwindigkeit schwankt und wie intensiv Luftströmungen sind. Es gelte hier: Bei niedrigerer Turbulenz seien höhere Luftgeschwindigkeiten und Lufttemperaturen zulässig. Das hieße konkret beispielsweise, dass bei einem Turbulenzgrad von 40 Prozent und Lufttemperatur von 26 Grad Celsius eine Luftgeschwindigkeit von ca. 0,20 Meter pro Sekunde noch als behaglich empfunden werde.

Luftfeuchte

Für die relative Luftfeuchte werden Werte von wenigstens 30 Prozent bis höchstens 65 Prozent empfohlen. Grundsätzlich sollte gemäß DIN 1946-2:1994-01 ein absoluter Feuchtegehalt von 11,5 g Wasserdampf pro Kilogramm trockener Luft (entspricht einer absoluten Luftfeuchte von 15 Gramm pro Kubikmeter) nicht überschritten werden. Steige die Luftfeuchte, so wird die sogenannte Schwülegrenze überschritten. Man empfinde das Klima im Raum dann als unbehaglich feucht (so wie subtropisches / tropisches Klima). Folgt man der DIN EN ISO 7730:2003-10 spiele die relative Feuchte eine untergeordnete Rolle hinsichtlich thermischer Behaglichkeit – vorausgesetzt, die Temperaturen und zugehörigen Feuchten liegen in der Nähe des Behaglichkeitsfeldes.

Bekleidung

Ganz klar, was man als Bekleidung auf dem Körper trägt, hat Einfluss auf den Wärmehaushalt desselben. Unsere Kleidung bildet die Grenzschicht zwischen Körper (Haut) und Raumklima – sie hat demnach direkten Einfluss auf unsere thermische Behaglichkeit. Rein physikalisch betrachtet, besitzt jedes Kleidungsstück einen materialspezifischen Wärmedurchlasswiderstand. Es gilt: Der relative Wärmeleitwiderstand einer nackten Person liegt bei Null clo, wobei clo für clothing steht. Ein clo ist gleich 0,155 m²K/W. Eine typische Innenraumbekleidung liegt sommers bei 0,5 clo und winters bei 1,0 clo. Das heißt, die Bekleidung mit ihrem Wärmedurchlasswiderstand ist ein Maß für den Wärmeaustausch des Körpers mit der Umgebung.

Aktivität

Der Grad an Aktivität gibt als Maßzahl an, wie viel Energie der Mensch umsetzt. In Ruhe beträgt der Grundumsatz 0,8 metabolische Einheiten (met), wobei ein met gleich 58 Watt pro Quadratmeter Körperfläche sind.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Mensch in Abhängigkeit von der Aktivität und im Raum herrschenden Raumlufttemperatur unterschiedlich viel Wärme an den Raum abgibt – und zwar:

  • als sogenannte trockene Wärmeabgabe: Wärmeabgabe via Konvektion, Leitung und Strahlung, die zu einer Erhöhung der Temperatur im Raum führt,
  • und als sogenannte feuchte Wärmeabgabe: Wärmeabgabe via Atmung und Verdunstung, die zu einer Erhöhung der Luftfeuchte im Raum führt.

Außenklima

Schließlich beeinflusst auch das Klima außer Haus, wie behaglich wir uns im Haus fühlen: Gemäß des Außenklimas kleiden wir uns sommers eher leicht, winters eher warm. Das verändert den Behaglichkeitsbereich. Aus aktuellen Untersuchungen weiß man heute, dass wir uns zudem auf unsere Umgebung (hier das Innenraumklima beeinflusst vom Außenklima) einstellen. So passe sich der Bewohner eines Gebäudes an höhere Innentemperaturen innerhalb von zwei, drei Tagen an, wenn er diese, gemäß der Jahreszeit, auch erwarte.

Richtig heizen: Weiter-Lesetipp

Wer mehr zum Thema lesen will, dem empfehle ich die Abhandlung, die meinem Artikel zugrunde liegt. Darin findet ihr auch eine ganze Reihe Grafiken, die das Thema thermische Behaglichkeit veranschaulichen.

Damit will ich diese eher theoretische Betrachtung der thermischen Behaglichkeit für heute beenden. Im kommenden Teil 3 der Reihe „Richtig heizen“ geht es um die von Mann und Frau unterschiedlich empfundene thermische Behaglichkeit und mehr am Arbeitsplatz. Immerhin der Ort, wo wir etwa ein Drittel des Werktags verbringen – und Bestleistungen abliefern sollen.

Weitere Artikel aus der Reihe “Richtig heizen”:

  • Teil 1: Raumtemperatur und ihre Wirkung auf Herz, Gewicht und Harndrang
  • Teil 3: Thermische Behaglichkeit: Warum Frauen eher frieren als Männer
  • Teil 4: Thermische Behaglichkeit: 4 Grad zwischen Theorie und Praxis

Foto: napri / Photocase