COP25 verkackt

Weltklimagipfel COP25 – verkackt, oder?

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Trotz seiner 43 Stunden Überlänge endete der diesjährige Weltklimagipfel COP25 nicht wie erhofft mit einem Plan, zu dessen Verwirklichung sich die Staatengemeinschaft tatkräftig vereint. Stattdessen sei die Konferenz ein  “gruseliger Fehlstart in das für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens so entscheidende Jahr 2020”. So zumindest schätzte es Michael Schäfer, der Leiter der Klimapolitik des WWF, kritisch gegenüber der Presse ein.

Was ist passiert? Nun, die Teilnehmer der Klimakonferenz von Madrid haben es trotz tage- und nächtelanger Sitzungen in vielen Punkten nicht geschafft, sich zu einigen. Und so konnte der längste Klimagipfel, den es bislang gab, nur mit einem Minimalkompromiss enden.

Als hätten wir dafür die Zeit!

Laut dem Pariser Abkommen soll die Staatengemeinschaft, die das Abkommen unterzeichnete, ab 2020 (zur Erinnerung: das ist in wenigen Tagen) alles daran setzen, um die Erderwärmung im Vergleich zum sogenannten vorindustriellen Wert deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Auch auf die Gefahr hin, für die Schwarzweiß-Schreiberei hier belächelt zu werden, sind genau das die beiden Farben unserer Zeit: In Sachen Klima gibt es keine Grauzonen mehr. Entweder entscheiden wir uns alle gemeinsam dafür, das menschenmögliche gegen die aufziehende Klimakatastrophe zu tun (weiß) – oder wir lassen es und schaffen uns ab (schwarz).

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Grau, also irgendwas zwischen gemeinsamen Tun und Lassen ist nicht!

Und was hat der Klimagipfel in Madrid diesbezüglich gebracht? Nicht viel: Eigentlich sollten die letzten Regeln aufgestellt werden, damit alle Staaten das Pariser Abkommen ab sofort umsetzen können.

Außerdem sollte die seit Paris noch offene Frage endlich beantwortet werden, wie Industrieländer Klimaschutz auch im Ausland betreiben können, schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ) – hier geht es vor allem um eine Einigung zu Artikel 6 der Pariser Klimaerklärung, also einer Verpflichtung darüber, dass Reiche (Länder) Armen (Ländern) in Sachen klimawandelbedingtem „Loss and Damage“ (Verlust und Schaden) helfen. Ein entsprechender Marktmechanismus sollte denach entstehen, mit dem Investoren mit grünen Projekte in Entwicklungsländern Klimaschutz-Zertifikate generieren könnten, die dann wiederum andere Länder oder auch Unternehmen auf ihre Klimaziele anrechnen könnten. Das Paris-Abkommen sieht das vor; nur die Funktionsweise war unklar. Doch wie schon vergangenes Jahr im polnischen Kattowice scheiterte das Thema auch jetzt im spanischen Madrid – nicht zuletzt an den  Maximal-Forderungen Brasiliens. Die SZ zitiert Carolina Schmidt, die Umweltministerin Chiles und offensichtlich frustrierte Präsidentin der Konferenz mit den Worten: “Bedauerlicherweise konnten wir nicht zu einer Einigung in dieser wichtigen Frage kommen.” Jetzt steht Artikel 6 auf dem kommenden Klimagipfel in Glasgow 2020 erneut auf dem Plan.

Bedauerlicherweise.

Erreicht hat Madrid, dass die Absichtserklärung der Staaten in Bezug auf die 2-Grad-Begrenzung schärfer formuliert worden ist: Laut der Online-Ausgabe der Welt “ermuntere” der Text jetzt die Länder, “2020 die Gelegenheit für ‘größtmöglichen Ehrgeiz’ zu nutzen, um dem Klimawandel zu begegnen.”

Das klingt nach Grauer als Grau. Und irgendwie nach verkackt.

Der UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich auf Twitter enttäuscht zu den Ergebnissen der COP25. Ihm zufolge habe die internationale Staatengemeinschaft eine wichtige Gelegenheit verpasst, mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Klimakrise zu zeigen. Aber, so twitterte Guterres auch, wir dürften nicht aufgeben. Und er werde nicht aufgeben. Er sei entschlossener denn je dafür zu arbeiten, dass sich 2020 alle Staaten dazu bekennen, das von der Wissenschaft als notwendig Erachtete zu tun: den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen und bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen.

Gegenüber der Presse sagte der Greenpeace-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaiser dann auch: “Diese Klimaschutzkonferenz war ein Angriff auf das Herz des Pariser Abkommens. Sie verrät all jene Menschen, die weltweit längst unter den Folgen der Klimakrise leiden und nach schnellen Fortschritten rufen.” Und weiter: “Länder wie Australien, Brasilien und die USA haben den UN-Klimaschutzprozess in Madrid blockiert und verschleppt. Der in vielen Staaten wachsende Wille, die Erderhitzung mit entschlossenem Handeln zu stoppen, konnte sich wegen des Einstimmigkeitsprinzips hier nicht durchsetzen.”

Hoffnungsvoll und fordernd blickt Kaiser auf die Bundesregierung Deutschlands, die mit der “kommenden EU-Ratspräsidentschaft” eine besondere Verantwortung trüge und Antworten finden könnte. Immerhin wird der Green Deal, den Ursula von der Leyen als EU-Kommisisionspräsidentin der Staatengemeinschaft auf der COP25 präsentierte (wir berichteten), als positives Zeichen gesehen. Der politische Geschäftsführer der Umweltorganisation Germanwatch, Christoph Bals, sagte der Redaktion der Welt online, dass die große Mehrheit der Staaten deutlich gemacht hätte, dass sie fest entschlossen am Pariser Abkommen festhalten und im kommenden Jahr ihre Klimaziele nachbessern wolle: Der European Green Deal sei Bals zufolge eine gute Grundlage dafür, dass die EU hier vorangehe und internationale Partnerschaften zum Beispiel mit China, Indien und Südafrika organisiere.

Greta Thunberg soll an dieser Stelle auch noch zu Wort kommen. Sie sagte auf der #Fridays4Future-Demo im italienischen Turin: „Erwachsene verhalten sich, als gäbe es kein Morgen.“ Und rief dazu auf, das Jahr 2020 zu einem “Jahr des Handelns” gegen den Klimawandel zu machen. Da sind wir dabei.

Mit großer Hoffnung schauen wir jetzt auf Glasgow  denn nach der COP25 ist die COP26. Dort soll es nicht mehr nur “um Ehrgeiz und Absichten gehen, sondern um konkrete, schärfere Klimaziele – und darum, wie diese umgesetzt werden”, schließt die Welt online ihren Bericht.

Wie gerne würden wir jetzt schreiben: Abwarten! Doch die Zeit, zu warten, ist nicht.

Solarthermie auf der COP25

Übrigens, das Thema Solarthermie spielte auf der COP25 eine konkrete Rolle: Energieforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hätten nach eigenen Angaben  in Madrid ihre Expertise dazu eingebracht. Im Fokus zweier Veranstaltungen hatten demnach die Themen “Umbau von Kohlekraftwerken” sowie “Solarthermie” gestanden, organisiert von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kooperation mit dem Chilenischen Energieministerium.

Grafik: Doreen Brumme