Einfluss des Einfallswinkels auf Solarkollektoren

Welchen Einfluss hat der Einfallswinkel beim Solarkollektor?

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Wie viel Bruttofläche an Solarkollektoren muss ich installieren, um eine bestimmte Energieeinsparung zu erzielen? In erster Linie hängt das vom eingesetzten Kollektortyp ab, aber natürlich auch von der Lage der Kollektoren auf dem Dach (oder an der Fassade, wie man hier sieht), also vom Einfallswinkel beim Solarkollektor.

Kollektorwirkungsgrad ändert sich mit dem Einfallswinkel beim Solarkollektor

Der Kollektor wird in der Regel mit einem festen Azimut- und Neigungswinkel installiert. Hingegen ändert sich der Einfallswinkel der Sonnenstrahlung mit dem Lauf der Sonne, schwankt also abhängig von der Tages- und Jahreszeit. Damit ändert sich auch der Kollektorwirkungsgrad, über den ich in dem Artikel über Kollektorkennlinien schon einiges geschrieben habe. Dazu möchte ich mir und euch nochmal vergegenwärtigen, wo der Unterschied zwischen verschiedenen Wirkungsgrad-Angaben liegt:

Optischer Wirkungsgrad (= Konversionsfaktor ?0)

Er beschreibt, welchen Anteil des Sonnenlichts der Absorber in Wärme umwandeln kann – der sich daraus ergebende Ertrag ist aber nicht praxisrelevant, weil ein Teil der eingesammelten Wärme gleich wieder verloren geht.

Thermischer Wirkungsgrad (= Kollektorwirkungsgrad ?)

Den Kollektorwirkungsgrad erhält man, wenn man die thermischen Verluste abzieht.

Bis hierher sind wir davon ausgegangen, dass die Sonneneinstrahlung senkrecht, also im rechten Winkel auf den Kollektor fällt – aber wann ist das schon auf das Grad genau der Fall? Je nach Abweichung von diesem “Normfall” ändert sich auch der Kollektorwirkungsgrad.

Der Einfallswinkel-Korrekturfaktor oder Incidence Angle Modifier (IAM)

Deshalb gibt es den Einfallswinkelkorrekturfaktor K? oder Incidence Angle Modifier (IAM). Er verrät, wie sich der Kollektorwirkungsgrad ändert, wenn die direkte Sonnenstrahlung nicht senkrecht in die Kollektorebene einfällt. Diese Werte werden im Rahmen der Solar Keymark Zertifizierung gemessen.

Meßrichtungen für den Einfallswinkel-Korrekturfaktor
Messrichtungen für den Einfallswinkel-Korrekturfaktor

Warum haben Röhrenkollektoren zwei verschiedene Einfallswinkel-Korrekturfaktoren?

Beim Vakuumröhrenkollektor wird die Messung quer (transveral) und längs (longitudinal) zur Röhrenachse vorgenommen; man spricht hier vom bi-axialen IAM. Die Geometrie des Flachkollektors dagegen ist in jeder Richtung gleich, deshalb stimmen die Werte für den Winkelkorrekturfaktor in Längs- und Querrichtung in der Regel überein. Das lässt sich auch in den Solar Keymark Datenblättern verschiedener Kollektoren nachschauen. Dort findet sich bei jedem Kollektor eine Tabelle mit den IAM-Werten: In der Kopfzeile sind die Winkelabweichungen (in 10-Grad-Schritten) eingetragen; darunter die Korrekturfaktoren für die Querrichtung K?(?t) – obere Zeile – und die Längsrichtung K?(?t) – untere Zeile.

Kollektorkennwerte und Einfallswinkel-Korrekturfaktoren aus dem Solar Keymark Datenblatt für die Kollektorbaureihe Aqua Plasma (Paradigma)
Kollektorkennwerte und Einfallswinkel-Korrekturfaktoren aus dem Solar Keymark Datenblatt für die Kollektorbaureihe Aqua Plasma (Paradigma)

Winkelabweichung schmälert nicht immer den Solarertrag!

Beim Flachkollektor gilt: Je größer die Abweichung, desto kleiner der Korrekturfaktor (IAM-Wert), mit dem man den Wirkungsgrad multiplizieren muss; der Energieertrag sinkt also – genauso wie beim Röhrenkollektor in Längsrichtung. Das Erstaunliche aber ist: In Querrichtung bleiben die Korrekturfaktoren von CPC-Kollektoren zunächst relativ konstant, dann steigen sie über 1,0 an. Der Grund dafür liegt in der Geometrie der Röhren – genauer dem CPC-Spiegel und dem zylindrischen Absorber. Damit wird “ungünstig” einfallende Sonnenstrahlung sogar besser genutzt und der Wirkungsgrad steigt an, was besonders in den Morgen- und Abendstunden oder bei nicht optimaler Kollektorausrichtung günstig ist.

Wie wirken sich Winkelabweichungen auf den Kollektorjahresertrag aus?

Das ist einer der Gründe, warum Vakuumröhrenkollektoren mit CPC-Spiegel im Jahresverlauf höhere Jahreserträge als andere Kollektortypen erreichen können. Wie sich Abweichungen von der Süd-Ausrichtung (Azimutwinkel) auf den Kollektorjahresertrag auswirken und welchen Einfluss der Aufstellwinkel des Kollektors auf den Ertrag hat, sieht man auf den beiden folgenden Grafiken für den Standort Würzburg (durchschnittliche Globalstrahlung von ca. 1.100 W/m²*a) bei einer mittleren Kollektortemperatur von 75 Grad. Um die Zusammenhänge zwischen Kollektorerträgen und Ausrichtung bzw. Aufstellwinkel zu erforschen, verändert man jeweils nur einen der beiden Parameter: In der ersten Grafik ist die Kollektorneigung mit 30 Grad konstant und die Ausrichtung wird von Ost nach West über Süd variiert. Die zweite Grafik zeigt die Erträge für Kollektoren mit konstanter Südausrichtung und variierender Neigung (Aufstellwinkel). Gerechnet wurden die Erträge mit der Software ScenoCalc, entwickelt im Rahmen der Solar Keymark II vom schwedischen SP Technical Research Institute.

Kollektorjahreserträge abhängig von der Ausrichtung
Kollektorjahreserträge abhängig von der Ausrichtung

 

Kollektorjahreserträge abhängig vom Neigungswinkel
Kollektorjahreserträge abhängig vom Neigungswinkel

Die Konsequenz daraus? Ertragsmindernde Winkelabweichungen können durch ein Mehr an Kollektorfläche ausgeglichen werden. Bei Flachkollektoren ist damit ein ungleich größerer “Flächenzuwachs” verbunden – frühere Simulationen mit verschiedenen Kollektorentypen am ITW haben gezeigt, dass bei einer Orientierung des Kollektors nach Osten (statt nach Süden) bis zu 90 Prozent mehr Flachkollektorfläche aufgewendet werden muss, um den Minderertrag auszugleichen, aber nur 40 Prozent mehr Vakuumröhrenkollektorfläche.

Daran sieht man mal wieder, dass die Bruttokollektorfläche als Maß für die Solarthermie-Förderung eigentlich ungerecht ist – je ineffizienter der Kollektor, desto mehr Geld gibt es…

 

Fotos: Paradigma; Messrichtungen beim Röhrenkollektor: Hinzufügung der Autorin; Grafiken: ITW