In der gängigen Energieberaterausbildung lernt man von Solaranlagen zur Heizungsunterstützung oder Anlagen zur Warmwasseraufbereitung. Zumindest war das 2010 noch der Fall und ich frage mich ob das heute noch so ist und ob das überhaupt noch zeitgemäß ist? Ein Leser aus dem letzten Beitrag hat mich auf diesen Misszustand hingewiesen, dass allerorts von solarer Heizungsunterstützung gesprochen wird, statt von Systemen, die als Backup für Solarheizungen eingesetzt werden. Der Branche fehlt die Vollversorgungsidentät wenn es darum geht, das Haus “solar” zu denken und nicht nur ein “Beiwagerl” wie wir in Österreich so schön sagen. Oft wird zudem ein Riesenkessel installiert, der dann im Notfall auch noch alleine das ganze Haus heizen kann. Dass das nicht wirtschaftlich sein kann, leuchtet wohl ein. Ich hab jetzt nochmal in meinen Ordner von meiner Energieberaterausbildung geschaut und folgendes gefunden:
- Dimensionierung von Anlagen für Warmwasserbereitung in einem 3-4 Personenhaushalt und 500 L Speicher: 6-8 m² Flachkollektor. Diese Anlage soll dann 60-70% des Warmwasserbedarfes decken können. Zusätzlich braucht man dabei natürlich eine komplette Heizung.
- Für die Dimensionierung für Heizungsunterstützung mit Fußboden oder Wandheizung lernten wir 10-15% der Wohnfläche und 60-80 L/m² Kollektorfläche (Flachkollektoren). Bei einem 100m² Haus, wären das dann etwa 15m² und damit sind je nach Technologie mickrige10-40% solare Deckung möglich.
Wir haben damals interessanterweise nur von Flachkollektoren gelernt. Vakuumröhren wurden nur für Prozesswärme erwähnt. Auch kein Hinweis auf die Dimensionierung für 70-90 % solare Deckung und das war vor nur zwei Jahren, was bedeutet, dass auch die meisten derzeitigen Energieberater mit diesen Informationen die Menschen beraten werden. Wie sind eure Erfahrungen, ist das so?
Ich werde mich nun auf den Weg machen und Faustformeln für Backup-Systeme von Solarheizungen zu finden. Falls ihr dazu schon Infos habt, her damit. Ich werd mich auch bei Ritter schlau machen. Letztendlich müssen ja alle Komponenten der Solaranlage und der Heizung aufeinander abgestimmt sein und damit ein Haus mit nahezu keiner Fremdenergie mehr auskommt, müssen die Zusatzkomponenten kleiner dimensioniert sein, damit die Gesamtkosten für das System im Rahmen bleiben. Wichtig sind natürlich Kollektoren, die auch im Winter Leistung bringen und im Sommer nicht kaputt gehen durch die überschüssige Energie. Das Sonnenhaus ist hier ein erster guter Ansatz. Aber dazu gibt’s später mehr.
Was sind eurer Meinung nach die besten Komponenten für solarunterstützende Heizungen? Wärmepumpe mit oder ohne Speicher? Pelletsofen? Scheitholz? Gas oder gar Öl? Freuen uns auch über Hinweise über bereits bestehende Solarheizungen mit Backup Systemen.
Foto: (c) Ritter Solar by Killig
Hallo zusammen,
hier mein Hinweis auf ein bereits existierendes und funktionierendes System zu 100% CO2-freien Gebäudetemperierung, das eTank-System. Mehr dazu unter http://www.etank.de
Der Vorteil des eTanks besteht darin, dass dieses offene, fast unbegrenzt befüllbare Pufferspeichersystem alle solaren Erträge, wie auch Erträge von anderen regenerativen Energiequellen unterschiedlichster Temperaturniveaus aufnehmen kann.
Sehr geehrte Frau Daniel,
zu Ihrer Frage, was die beste solare Heizungsunterstützung sei, ist die Infrarotheizung, gerade bei sehr guter Dämmung ist auch das Licht bei trüben Tagen ausreichend, um die Infrarotheizelemente zu versorgen. Sicher haben Sie bei schneebedeckten Modulen immer Fremdbezug, um zu heizen, aber dieses Heizen ist im Vergleich zu den Kosten von Pellets, Scheitholz und anderen bei sehr guter Dämmung in Kombination mit der Photovoltaik sehr günstig. Ich biete einen Solarstromspeicher an, der sich sogar mit günstigem Nachtstrom lädt, hier wird die Sache dann wirklich interessant. Zudem die Infrarotheizung keinerlei Platzbedarf, Arbeit, Kosten für den Kaminkehrer und Wartung der Heizanlage bedarf. Auch die Kombination Photovotlaik, Solarstromspeicher und Wärmepumpeist bei den aktuellen Förderungen in Österreich eine Überlegung wert.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Gogl
Die besten Komponenten für eine Solarheizung mit hohem solarem Deckungsgrad hängen immer vom Einzelfall ab. Eine Stromheizung mit Photovoltaikstrom antreiben zu wollen ist nicht sinnvoll, ja sogar widersinnig. Das hat verschiedene Ursachen. Zum Beispiel überlappen Angebot und Nachfrage kaum. Etwa 80 Prozent des Solarstroms wird im Sommerhalbjahr erzeugt, über 80 Prozent des Heizstromes wird im Winterhalbjahr gebraucht. Photovoltaikstrom zum Heizen zu speichern ist extrem unwirtschaftlich: Investition etwa 300 – 1000 Euro/kWh je nachdem welcher Akkutyp. Das geht im Langzeitwärmespeicher (Wasser) wesentlich günstiger mit 10-30 Euro/kWh. Im Winterhalbjahr, also dann wenn die Heizenergie gebraucht wird, ist die Effizienz der Solarthermie etwa 2-3 mal höher als die der Photovoltaik.
Wenn Sie ein typisches effizientes Einfamilienhaus KfW 55 zum Beispiel bei -10°C Außentemperatur beheizen, liegt der Tagesheizwärmeverbrauch etwa bei plus minus 100 kWh für Heizung und Warmwasser (in Ihrem Beispiel also elektrische Energie). Dazu noch etwa 10 kWh/d für den Haushaltsstrom. Wie groß soll der mit billigem Nachtstrom aufgeladene Akku sein, um damit die Stromheizung zu versorgen? Zumal die Zeit des preiswerten Nacht- und Wärmepumpenstromes im Winterhalbjahr auf Grund der TEMPERATURSENSIBILITÄT DES STROMMARKTES bald vorbei sein dürfte. Der Leistungsbedarf im Winter steigt mit jedem Grad Celsius tieferer Außentemperatur, gleichzeitig haben wir viel weniger erneuerbaren Strom. Wird in Zukunft noch mehr mit Strom geheizt, müssen fossile Spitzenlastkraftwerke nur für die kalte Heizzeit gebaut/angefahren werden, die den Rest des Jahres also über 9 Monate still stehen. Das gibt dann in der kalten Heizperiode Spitzenpreise für den erzeugten Strom, der dann dank der intelligenten Zähler auch den Stromheizern zugeordnet und einkassiert werden kann.
Der solare Deckungsgrad solcher PV-Stromheizlösungen, also die Frage wie viel von meinem Energieverbrauch kann ich tatsächlich durch die selbst erzeugte Solarenergie abdecken, liegt in der Praxis in neuen Einfamilienhäusern (außer Passivhaus) je nach Gebäude und Nutzungsart bei Luftwärmepumpen mit Arbeitszahl von 3 bei etwa 20-35 Prozent bei Stromdirektheizungen noch weit darunter. Das bedeutet man muss den überwiegenden Teil der elektrischen Energie aus dem Netz holen, mit allen Abhängigkeiten und enormen Preissteigerungen der Zukunft. Allein Ende nächsten Jahres liegt der Strompreis nach neuesten Angaben dann etwa bei 29 Cent/kWh. Stromheizungen könnten somit zur teuersten Art der Gebäudebeheizung werden.
Wer sich also mit Solarstrom hochgradig selbst versorgen möchte, der muss vor allem den Stromverbrauch senken und nicht erhöhen!!!! Ein solches sehr bekanntes Beispiel für das Heizen mit Solarstrom wurde von Spiegel TV kritisch begleitet:
Ein sinnvollerer Heizansatz ist das sogenannte Sonnenhaus vom Sonnenhaus Institut e.V.
Das Sonnenhaus ist ein sehr gut gedämmtes Gebäude mit einem Primärenergieverbrauch von unter 15 kWh/m² a (nicht zu verwechseln mit dem Heizwärmebedarf), einer solaren Deckungsrate für Heizung und Warmwasser von MINDESTENS 50 Prozent. Es gibt sogar immer mehr solcher Häuser, die sich bis zu 100 Prozent des Jahres nur mit Solarthermie beheizen! Realisiert wird das durch Solarthermie mit Langzeitwärmespeicherung. Meist wird bei dem geringen Restwärmebedarf mit Stückholz oder Pellets nachgeheizt. Ein solches typisches Einfamilienhaus hat dann maximale Kosten für Heizung, Warmwasser und Lüftung von 300 Euro pro Jahr. Sonnenhäuser sind aktuell die sparsamsten und unabhängigsten Gebäude Europas und im Primärenergieverbrauch, im CO2 Ausstoß und in den jährlichen Heizkosten – es weiß nur kaum jemand…
Dieses Hauskonzept mit etwas PV und etwas Akku ergänzt bringt dann solare Deckungen im Wärme und Strombereich von weit über 50 Prozent.
Der Weg zur solaren hochgradigen Eigenstromversorgung führt – allem Rummel in den Medien zum Trotz, nicht über die Photovoltaik ANSTELLE von irgendetwas, sondern über die Solarthermie, die man um Photovoltaik ergänzt. Besonders auf dem Weg zu energieautarken Gebäuden ist das zu beherzigen.
Sonnenerwärmte Grüße aus Freiberg von
Timo Leukefeld
He, das freut mich ja riesig, das meine Anregung aufgegriffen wurde. Ich habe meine Gedanken bezueglich unterschiedlicher Wortwahl und speziell “Heizungsunterstuetzung” usw. in dem Greenwash Artikel auf meinem Blog noch etwas mehr ausgebreitet. ( http://www.sventetzlaff.com/index.php/home/erneuerbare-energien/18-neusprech-greenwash-co )
Vielleicht gelingt es wirklich auf Schulungen, Kongressen etc. pp. eine Sensibilisierung fuer die unterscheidichen Begrifflichkeiten herzustellen. Denn wie ganz richtig ausgefuehrt, ein Energieberater, der Solar nur als Wurmfortsatz kennengelernt hat tut sich evtl. schwer mit radikaler klingenden, aber am Ende naeherliegenden und ueberhaupt nicht so “radikalen” Loesungen.
Eine dieser wirklich naheliegenden Loesungen ist die Umstellung der prvaten Haushalte auf 100%EE.
Wie gesagt, Schulungen, Konferenzen …. die naechste SMEThermal steht vor der Tuer und bietet ideale Gelegenheiten den “Usual Dampfplauderern” mal so richtig ins Wort zu fallen … 😉
Schoen Gruesse … Sven
Vielen Dank für die zahlreichen Anregungen und Hinweise. Wichtig wären vor allem spezialisierte Installateure, die mit all diesen neuen Systemen umgehen können. Die können sich gerne auch hier melden. Wir werden ständig gefragt, an welche Handwerker man sich wenden könnte.
@Sven: Natürlich nehmen wir Anregungen der Leser auf und sind sogar dankbar dafür! Immer her damit!
Der Forderung von Herrn Leukefeld den Stromverbrauch zu reduzieren, kann ich nur zustimmen. Insgesamt gilt es der Solarwärme einen zu Recht höheren Stellenwert einzuräumen. Mit intelligenten Gesamtkonzepten kann eine Phasenverschiebung der thermischen Solarerträge erreicht werden. Einzelne Komponenten stur mit einander zu vergleichen ist sinnlos.
In Summe sind aber ja nicht nur die jährlichen Betriebskosten, sondern auch die dafür notwendigen Investitionskosten zu betrachten. Je besser die Anlagenaufwandszahl (ep-Zahl), desto schneller die Amortisation eventueller Mehraufwendungen.
Wir holen mit dem eTank System nachweislich mehr als 700 kWh (direkt und indirekt) aus einem m² Solarthermieflachkollektor. Dann ist Solarthermie definitiv wirtschaftlich.
Ich freue mich, wenn sich mehr Menschen mit dem Thema thermische Langzeitenergiespeicherung beschäftigen.
Gruß aus Berlin
Axel Popp
Hallo, super Artikel! Ich will hier auf Axel Popp zurückkommen. Du hast gesagt, das die Amortisation hoch sein muss. Bei einer Solaranlage muss man doch aber den RoI ansetzen oder? Oder ist das unter Umständen bei Solar das gleiche? Aber mit 8-10 Liter durch den Wassererwärmer bereitgestelltes Wasser kann ich nicht so viel anfangen.
Gruss
Bin mir nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstehe. Etwas wenig Platz hier für ein komplexes Thema. Zuerst muss meiner Meinung nach sowohl bei Neubau wie bei Modernisierung mit den Bauherren geklärt werden, was das Haus und das Heizungssystem “können” soll. Danach geht es darum die richtige Verteilung von Investment in Gebäudehülle und Haustechnik zu finden. Dämmung ist wichtig, hat aber bekanntermaßen abnehmenden Grenznutzen. Also doppelte Dämmung ist ja nicht gleichbedeutend mit verdoppelter Einsparung. Uns geht es um die Wirtschaftlichkeit und CO2-Emissionen des gesamten Haustechniksystems also der ep-Zahl. Wirtschaftlichkeitsberechnungen bedingen die Kosten für die Alternativen und die entsprechenden Annahmen zu den Preissteigerungen im Betrachtungszeitraum, sowie Finanzierungskonditionen.Gruss