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Brennstoff-Check (7): Heizen mit Gras – was ist Heizgras?

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Heizen mit Gras? Geht das? Und ob das geht! Im neuen Kapitel unseres Brennstoff-Check schauen wir uns den Brennstoff Gras einmal etwas genauer an. Wir erklären euch, welches Gras sich zum Heizen verfeuern lässt, was dabei zu beachten ist und wie sich Gras als Brennstoff macht. Das Ganze zeigen wir anhand von Beispielen aus Deutschland. Also, ab auf die Wiese mit euch!

Inhaltsverzeichnis

Heizen mit Heu

Schon vor mehr als zehn Jahren (2007, um genau zu sein – Anmerkung von Doreen) berichtetedie Wochenzeitschrift „Stern“ unter dem Titel „Wie man Heu zu Geld macht“ über Erich Renz, einen Landwirt, der mit Heu heize. Die Heizungsanlage, in der Renz seit 2004 Futterheu verfeuere (zuvor nutzte der Mann Heizöl als Brennstoff), stehe auf dem Hof des Bauern in Sonnenbühl in der Schwäbischen Alb. Sie sei damals, so ist im Stern zu lesen, als „Bundesmodell“ wissenschaftlich von der Universität Stuttgart-Hohenheim begleitet worden und hätte das Zeug, wegweisend für viele Landwirte zu sein. Denn allein in Baden-Württemberg habe es zum Zeitpunkt der Berichterstattung über 100.000 Hektar Wiesen und Grünland gegeben, für die keiner mehr Verwendung hätte, weil immer weniger Kühe gehalten würden.

Renz sagte dem Stern damals, er könne selbst Heu verfeuern, dass verregnet sei, vorausgesetzt, es sei getrocknet worden. Außerdem wies er darauf hin, dass seine Heuheizung mit Stroh als Brennstoff bereits seit 15 Jahren in Dänemark erprobt worden sei. Bauer Renz besitze dem Stern zufolge 120 Hektar Grünland, von denen er 20 Jahre zuvor ein Drittel zu einem Golfplatz gemacht habe. Auf den übrigen 88 Hektar produziere er Futterheu: Ein Dutzend Ballen Heu verfeuere Renz an Wintertagen, die Wärme für das Clubhaus seiner Golfanlage, das Restaurant, den Shop, die Büros, die Werkstatt und zwei Wohnungen lieferten. Fünf brauche er an Sommertagen zur Warmwasserbereitung. Das Heu aus den Ballen gelange via Förderband zum Ofen, vor dem Verbrennen häcksle ein Häcksler es noch klein. Die Verbrennung fände bei 900 Grad Celsius (°C) statt, die Asche komme als Dünger zum Einsatz. Pro Jahr verheize Renz 85 Tonnen (t) Heu, jeder 24 Kilogramm (kg) schwere Ballen Heu ersetze sieben bis neun Liter Heizöl. Der Bauer spare somit 15.000 Euro Heizkosten jährlich. Als Nachteil seiner Heuheizung benennt Bauer Renz die Notwendigkeit, den Brennstoff zu lagern, denn das Heu brauche Platz. Damals hoffte der Mann auf eine Maschine, die sein Heu zu Heupellets presse, so dass er den Brennstoff Heu platzsparend im Keller seines Hauses lagern könne.

Drehen wir die Zeit weiter: Die Nordwestzeitung (NWZ) veröffentlichte im vergangenen November einen Beitrag über Manfred Schröder aus Ihausen. Der habe demnach im Jahr 2013 seine Heizungsanlage, die drei Haushalte und seine Baumschule mit Wärme zur Warmwasserbereitung versorge, von Öl zunächst auf Holzhackschnitzel und dann auf Gras, genauer: Elefantengras, umgestellt. Diese Umstellung von Öl auf Gras als Heizungsbrennstoff erspare ihm Heizkosten in Höhe von 5.300 Euro jährlich,rechnet Schröder der Zeitung vor. Vorausgesetzt, er müsse keine Hackschnitzel zukaufen, weil das auf seinem Land angebaute Gras den Brennstoffbedarf decke.

Gras zum Heizen

Laut der Freien Enzyklopädie werde die Pflanze Chinaschilf, die zu den sogenannten Süßgräsern gehört, häufig irrtümlicherweise als Elefantengras bezeichnet. Das als Brennstoff verfeuerte Süßgras Chinaschilf sei in Asien zu Hause und werde in Ländern wie China, Japan und Korea seit Langem kultiviert: Zum Beispiel flechte man wegen seiner Widerstandsfähigkeit daraus Matten, die als Sicht- und Windschutz dienten. Außerdem sei Chinaschilf eine Futterpflanze. Seit den 1950er-Jahren sei Chinaschilf in Europa als Zierpflanze am Wachsen. Und seit dem Ende der 1970er baue man eine spezielle, starkwüchsige Sorte des Chinaschilfs, das sogenannte Riesen-Chinaschilf, hier vermehrt als nachwachsenden Rohstoff an, der energetisch wie stofflich genutzt werde.

Der enorme Massenzuwachs, den das Chinaschilf im Vergleichzu Getreide, anderen Energiepflanzen und Biomasselieferanten vorweise, mache es zu einem vielversprechenden Brennstoff: Hier ist zu lesen, dass der Heizwert eines Kubikmeters pelletierten Chinaschilfs mehr als viermal so hoch wie der von Weichholzhackschnitzeln und genauso hoch wie der Heizwert von Holzpellets sei.

Als Nachteil werde Chinaschilf demnach angekreidet, dass es viel Schlacke- und Asche abwerfe. Dafür sei der hohe Siliciumgehalt verantwortlich und deshalb werde Chinaschilf bislang nur in größeren Anlagen eingesetzt.

Pellets aus Gras und Laub zum Heizen

Das Online-Portal IWR stellte Anfang 2017 eine Forschungsarbeit zum Heizen mit Pellets aus Laub und Gras vor: Demnach hätten Forscher des Bremerhavener Technologie-Transfer-Zentrums (ttz) zeigen können, dass sich diese Bioreststoffe energetisch sinnvoll nutzen ließen.

Wissen müsse man demnach, dass der Einsatz von Laub, Gras und sogenanntem Gewässerpflegematerial zur Energiegewinnung in Verbrennungs- oder Vergasungsanlagen bislang schwierig sei. Der Grund: Ein hoher Anteil von Asche, Kalium oder Chlor verhindere die umfangreiche energetische Nutzung.

Den Forschern des ttz sei es dem Bericht zufolge im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) geförderten Projektes „IbeKET“ (Innovatives bedarfsangepasstes Kommunal-Energieträger-Konzept) allerdings gelungen, die Reststoffe in Kleinfeuerungsanlagen regelbrennstoffkonform zu verfeuern: Sie hätten demnach Laub und Gras zu regelbrennstoffkonform nutzbaren Pellets umgewandelt. Dazu seien verschiedene Aufbereitungsoptionen für die Biomasse untersucht und anschließend die Brennstoffeigenschaften sowie das Verhalten der Materialien in Kleinfeuerungsanlagen mit einer thermischen Leistung zwischen 30 und 50 Kilowattstunden (kWh) ausgewertet worden. Zum Beispiel Daten zu Feinstaub, NOx, CO sowie zum Lagerverhalten der Pellets, anhand derer man Aussagen zur ganzjährigen Verarbeitbarkeit der saisonal anfallenden Stoffe treffen könne.

Die Wissenschaftler haben nachweisen können, dass die Pelletherstellung dank optimierter Entwässerung und Materialzufuhr effizienter gestaltet werden könne und sich so alle relevanten normativen Parameter signifikant verbessern ließen. Die Ergebnisse der Verbrennungsversuche hätten dies bestätigt. Additive (also Zusätze) oder die ein Mix aus Brennstoffen sei für die Einhaltung der Grenzwerte nicht erforderlich gewesen.

Die Forscher haben laut dem Bericht in einem Konzept zur dezentralen Strom-und Wärmeversorgung aufzeigen können, dass zur Auslastung einer Heizungsanlage mit derart feuchter Reststoffbiomasse ein Radius von etwa 30 Kilometern (km) genüge. Das Projekt zeige erstmals die energetische Einsetzbarkeit von Gras und Laub in repräsentativem und praktischem Maßstab auf, teilte das ttz demzufolge mit.

Heizen mit Gras: Infos zur Verfügbarkeit von Gras

Noch werde ein Großteil des Grasschnitts (auch Grünschnitt genannt), der hierzulande unter anderem bei Arbeiten zur Garten- und Landschaftspflege und in der Landwirtschaft anfällt und vielerorts überschüssig sei, kompostiert. Dabei komme das Gras – zu Pellets verarbeitet – auf eine ähnliche Energiedichte wie Holz und sei somit eine echte Alternative zu Holzpellets und zu Energiepflanzen, die in Reinkultur auf Äckern angebaut würden: Denn Grünschnitt, der auch anderePflanzenreste enthalte und ungeeignet zum Verfüttern sei, stehe damit in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion.

Heizen mit Gras – nur mit speziellen Graspelletheizungen

Das Verfeuern von Graspellets braucht eine spezielle Pelletanlage. Verfeuerte man sie in einer herkömmlichen Holzpelletanlage, die auf den Brennstoff Holz optimiert ist, könnten Fehlfunktionen und Verschlackung die Folge sein. Damit die Graspellets sauber und sicher abbrennen und dabei die Anlage nicht übermäßig verschleißen, muss eine spezielle Steuer- und Regeltechnik für geringe Verschlackung und optimierte Emissionen sorgen.

Gras selbst zu Graspellets machen

Wer eine Internetsuchmaschine beauftragt, das Netz anhand der Vorgaben „Graspellets kaufen“ oder „Graspellets zum Heizen kaufen“ nach Adressen zum Kauf von Heizgras in Form von Graspellets zu durchforsten, wird schnell merken, dass es die noch nicht von der Stange gibt. Vielmehr werden einem Graspellets als Futtermittel für Pferde, Schafe und Nager angeboten.

Dafür gibt es Maschinen zu kaufen, mit denen sich Gras zu Pellets machen lässt. Kleinere Modelle werden mit Strom betrieben, größere besitzen einen eigenen Generator. Hier wäre zu prüfen, inwieweit sich die Investition in eine solche Pelletiermaschine lohnt, wenn man ein kleinerer landwirtschaftlicher Betrieb, Gartenbau- beziehungsweise Landschaftsbaubetrieb, ein größerer Landwirtschaftsbetrieb oder gar eine ladwirtschaftliche Genossenschaft ist. Von Vorteil dürfte auf jeden Fall sein, dass eine Pelletiermaschine dort betrieben werden kann, wo der Grasschnitt anfällt, denn damit mindert man das Transportvolumen um Einiges.

Und, hättet ihr dem Gras auf eurer Wiese zugetraut, dass es das Zeug zum Brennstoff hat? Wer sich in unserem Brennstoff-Check über weitere Brennstoffe informieren möchte, dem empfehlen wir die vorhergehenden Teile als Lektüre:

Foto: tinieder/photocase