Die Solarthermiebranche ist in Bewegung. Neben dem von der EU verordneten Energielabel soll nun auch ein freiwilliges Kollektorlabel eingeführt werden, damit Kollektoren für die Endkunden vergleichbarer werden. Bis jetzt ist man als Endkunde ja immer auf den Installateur angewiesen und weiß nicht wirklich was einem verkauft wird. Der Softwarehersteller Vela Solaris, bekannt durch das Simulationsprogramm Polysun, über das wir hier schon öfter berichtet haben, beschäftigt sich seit einiger Zeit auch mit dem Thema. Wir sprechen mit Andreas Witzig, dem Geschäftsführer der Vela Solaris AG.
Herr Dr. Witzig, wenn Sie sich und ihre Arbeit unseren Lesern kurz vorstellen könnten? Was macht die Vela Solaris AG?
Wir sind die Entwickler des Planungstools Polysun. Die Software wird dazu verwendet, Solarerträge im Voraus zu berechnen und Solarsysteme zu optimieren. Die Optimierung kann sowohl in der Planungsphase geschehen – es ist natürlich der beste Zeitpunkt und kann den Investitionsentscheid noch beeinflussen – oder es können Bestandsanlagen untersucht werden: anhand von Simulationen findet man Verbesserungsmöglichkeiten in der Systemauslegung und kann Reglereinstellungen optimieren. Ein wichtiger Anteil unserer Arbeit ist auch die Pflege der Komponentendatenbanken: Die Software wird mit einer umfassenden Liste von auf dem Markt erhältlichen Geräten ausgeliefert und diese Liste wird laufend über Updates aktualisiert.
Könnten Sie auch kurz erklären was es mit dem neuen Kollektorlabel in der Branche auf sich hat? Was ist es und warum ist es wichtig?
Nachdem sich das Energie-Label bei den Haushaltgeräten schon länger etabliert hat, wird es jetzt auch in der Heizungsbranche eingeführt. Vom Gesetzgeber ist eigentlich nur für die Geräte ein Label vorgesehen, die Energie verbrauchen. Solaranlagen als Gesamtsysteme erfüllen diese Bedingung, dafür ist das Verbundlabel vorgesehen. Es ist natürlich anspruchsvoller, solche Anlagen zu beurteilen, als Einzelgeräte wie zum Beispiel Wärmepumpen oder Küchengeräte. In unserer Software Polysun kann das entsprechende Verbundlabel einfach ausgegeben werden, da im Polysun Komponenten-Katalog alle nötigen Informationen enthalten sind und wir das Regelwerk für das Verbundlabel implementiert haben.
Im Gegensatz zum Verbundlabel oder zu den komponentenbezogenen Labels sind Solarkollektoren jedoch vom Gesetzgeber nicht erfasst – sie verbrauchen ja selber keine Energie. Da sich das Label für den Vertrieb bewährt hat, möchte man für Solarkollektoren eine ähnliche Dokumentation anbieten. In Anlehnung an das Energie-Label wurde ein Kollektorertragslabel vorgeschlagen. Wir von Vela Solaris unterstützen diesen Vorschlag und bieten über unsere Kataloge ein universelles Instrument zur Darstellung des Kollektorertragslabels.
Das Label ist keine Pflicht, sondern eine freiwillige Kennzeichnung der Hersteller. Wie wird es Ihrer Meinung nach angenommen werden und wie wird es bei Ihnen verankert sein?
In Polysun kann das Kollektorertragslabel mit nur zwei Klicks für jeden Kollektor angezeigt werden. Als verkaufsfördernde Massnahme steht somit ein überzeugendes und Vertrauen schaffendes Werkzeug bereit. In diesem Sinne wird es bestimmt den Vertrieb bereichern.
Wie wird es aussehen und welche Informationen enthält es?
Wir haben den an der Otti-Konferenz präsentierten Entwurf studiert und unterstützen ihn vollumfänglich. Es ist in der jetzigen Phase aber sehr wichtig, möglichst viele Kollektorhersteller mit einzubeziehen und sich auf deren Vorschläge und Kommentare einzulassen.
Der Vorschlag mit einer graphischen Aufarbeitung in Anlehnung an das bekannte ErP-Label und den Ertragsklassen gefällt uns gut. Die farbigen Balken erscheinen dabei nicht wie beim Energielabel in verschiedenen Farben sondern sind immer in grün gehalten und bilden in verschiedener Sättigung die Qualität des Kollektors ab. Die Botschaft dahinter: mit jedem Kollektor kann man Energie ernten.
Die relativ grobe Abstufung sehen wir übrigens als Vorteil an und wir halten wenig davon, den Jahreswirkungsgrad ?a auch als Zahl mit zwei Nachkommastellen auszuweisen.
Ich persönlich würde mir wünschen, dass sich auch eine vergleichbare Zahl durchsetzt, die die Kollektoren ähnlich vergleichbar macht wie in der Photovoltaik die kWp Nennleistung. Wird das durch dieses Label möglicher? zB. Mit einer wirklich sichtbaren Aufbringung des normierten Jahresertrages von Würzburg 50°?
Man muss in diesem Punkt unterscheiden zwischen dem vertrieblichen Nutzen und der technische Aussagekraft einer entsprechenden Vergleichsgröße. Ich bin überzeugt, dass in der Solarwärme ein Vergleich verschiedener Kollektoren anhand von einem einzelnen Parameter mehr Verwirrung als Klarheit schaffen würde. Gerade für die Optimierung der Anlagen oder die Detailplanung ist die Wahl eines guten hydraulischen Systems, die Abstimmung der verschiedenen Komponenten und Fragen der Regelung und Steuerung der Anlage viel wichtiger als der Kollektorjahreswirkungsgrad ?a. Die echte technische Beurteilung der Solarsysteme ist weiterhin die Aufgabe der Systemanbieter und Planer und übersteigt die Komplexität, die man in einem Kundengespräch mit einem Laien besprechen sollte. Die grobe Abstufung des Kollektorertragslabels ist deshalb für die Kommunikation gegenüber den Kunden genau das Richtige. Fallen zwei verschiedene Kollektoren in dieselbe Kategorie, können sie nicht mehr weiter gegeneinander ausgespielt werden. Zu schnell verfällt man sonst dem Irrtum, aufgrund von Unterschieden in der letzten Kommastelle den einen Kollektor schlecht zu reden und den anderen hochzujubeln.
Es gibt zu dem Label Befürworter und auch Bedenkenträger. Eine Angst besteht darin, dass Kunden verunsichert würden, wenn sie einen B-Kollektor kaufen, weil bei Elektrogeräten B wirklich sehr schlecht ist, ein B-Kollektor aber nicht unbedingt schlecht sein muss und nicht mehr Primärenergie verbraucht als ein A+++ Kollektor.
Ja, diese Fälle muss sich jetzt die Solarthermiebranche in der Spezifikationsphase des Kollektorertragslabels gut anschauen. Es wäre tatsächlich schön, wenn viele Kollektoren in den Kategorien A und höher zu liegen kommen und man damit gegenüber den Kunden ein entsprechend positives Signal sendet. Zur Diskussion stand auch einmal eine Abstufung nur zwischen A, A+ und A-Mehrfachplus, um den von Ihnen beschriebenen möglichen Nachteil von B-Kollektoren zu vermeiden. Darüber muss allerdings die Branche selber befinden, als Polysun-Entwickler haben wir da keine Meinung. Sobald der Vorschlag steht, werden wir in übernehmen und über das Internet-Update und unser Kundennetzwerk verbreiten.
Was sind die nächsten Schritte in Sachen Kollektorlabel?
Die Branche wird sich im nächsten Schritt auf eine definitive Zuordnung der Ertragsklassen und die graphische Darstellung einigen. Sie wird wohl auch eine Empfehlung über die Verwendung des Labels herausgeben. Von Seiten von Polysun begleiten wir diesen Prozess. Simulation spielt dabei eine gewisse Rolle, da man ja letztlich möchte, dass gute Solaranlagen gebaut werden und man die Solarerträge mit unserem Planungstool berechnen kann.
Denken Sie dass dieses Label bald verpflichtend wird?
Die Abläufe in der Gesetzgebung sind langsam und es besteht diesbezüglich eigentlich kein Druck. Es gibt wahrscheinlich andere mögliche Anpassungen in den öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen – wie beispielsweise das Marktanreizprogramm MAP oder die Innovationsförderung thermischer Solaranlagen – die mehr bewirken. Die entsprechenden Stellen die das BAFA werden jetzt richtigerweise prioritär das MAP und die Innovationsförderung bekannt machen und müssen für das Kollektorertragslabel gar nichts mehr tun. In den anderen europäischen Ländern ist es ähnlich: Das Kollektorertragslabel kann ohne Aufwand eingesetzt werden, während der Gesetzgeber noch andere Möglichkeiten zur Unterstützung zur Erreichung der CO2-Ziele treffen sollte. Es ist auf jeden Fall gut, dass mit dem Kollektorertragslabel die Solarthermie-Branche sich wieder ins Gespräch bringt und damit ein unverzichtbarer Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leistet.
Vielen Dank für dieses interessante Interview. Ich würde sagen: Ring frei für eine konstruktive Diskussion um die Feinheiten.
Guten Morgen,
interessante Idee und zugleich nützlich für den Verbraucher. Hier macht sich die Industrie oftmals überhaupt nicht die Gedanken, wie Produkte gegenüber dem Verbraucher an Unterscheidungskraft gewinnen. Die Realität sieht doch meines Erachtens ganz anders aus. Die Industrie bekämpft sich gegenseitig mit Kennzahlen und wirft mit Werten herum, die ein Nichtfachmann nicht verstehen kann. Deshalb glaube ich wäre so ein Kollektorlabel nicht verkehrt. Gab es vor ein paar Jahren nicht auch im Photovoltaikbereich den Versuch, ein solches Label einzuführen? Hat ein Herr Zigler nicht dasselbe erfunden? Was ist daraus geworden? Eventuell sollte man mal Kontakt mit diesem Herrn aufnehmen.
Es grüßt ganz herzlich,
Wilhelm
Dankeschön! Wo gibt es was ähnliches aus dem PV-Bereich? Dort ist die Transparenz halt schon alleine wegen der ausgewiesenen kWp Nennleistung sehr viel einfacher.
Hallo Frau Daniel,
ich kannte die Quelle nicht mehr, habe jedoch ein wenig recherchiert. Gefunden habe ich folgendes: http://www.oekologischbauen.net/2013/01/neues-label-fuer-solarmodule/
Ein Michael Ziegler hat wohl im Jahr 2013 ein solches Label für Solarmodule entwickelt.
Es grüßt ganz herzlich,
Wilhelm
Ah super! Michael kenn ich ja sogar! Hat sich aber offensichtlich nicht durchgesetzt. Bin gespannt wie es hier weitergeht.
Meines Erachtens führt das Kollektorlabel in seiner jetztigen Form in die Irre – es setzt keinerlei Anreize für höhere Kollektorerträge und stellt ausgerechnet Kollektoren mit tendenziell höheren Wärmegestehungskosten als erstrebenswert dar.
Warum das so ist, habe ich anhand von einigen Beispielen und Diagrammen in der Sonne Wind & Wärme 07-08/2015 (S.44f) gezeigt. Man kann den Artikel derzeit hier lesen/herunterladen: http://www.sonnewindwaerme.de/sites/default/files/sww_070815_teaser.pdf
Ich finde wirklich nicht, dass ein höheres Kollektorlabel ein Produkt als “erstrebenswerter” darstellt. Ich finde du unterschätzt in deiner Kritik ein wenig den Hausverstand des Endkunden und der Vergleich eines 7-fach größeren Kollektors ist schon etwas gewagt. Die Hocheffizienzkollektoren in der PV sind eben auch nur Flächenbezogen “besser” aber nicht immer in den Gestehungskosten.
Ich kann vorab einfach die Systemkosten nicht ausrechnen, aber ich kann schon den Ertrag berechnen. Da diese völlig normale Ertragsbezeichnung mehr als überfällig in der Branche ist (siehe PV) – über die Details darf man ruhig noch diskutieren, finde ich die Entwicklung wichtig. Ich finde auch, dass der Gesamtertrag VIEL, VIEL prominenter sein sollte im Label als die Balken, aber prinzipiell ist die Entwicklung mehr als überfällig.
Ad Gestehungskosten – diese Rechnung müssen und werden die Endkunden in Zukunft selbst machen, aber eben auf den Einzelfall bezogen. Da wir hier aber noch MEILENWEIT von der Erkenntnis der Solarteure entfernt sind, ist zumindest das Ertragslabel schon mal wichtig, dann ist der Schritt zu den Gestehungskosten nicht mehr so weit – wie du richtig sagt, müsste ich das nur durch den Listenpreis dividieren. Ich fürchte du bist in deinem Denken einfach zu weit voraus, weil du dich schon so lang damit beschäftigst und gerne die Versäumnisse der letzten Jahre schneller aufholen möchtest, als das derzeit möglich ist. One Step at a time würd ich sagen 😉
Danke für Deine Antwort, Cornelia.
Du schreibst “Ich finde wirklich nicht, dass ein höheres Kollektorlabel ein Produkt als ‘erstrebenswerter’ darstellt.” Aber: Was genau wäre der Sinn, wenn die Effizienz-Klassen nicht genau das signalisieren würden?
Jeder weiß, dass ein A++ Kühlschrank “besser” ist als ein A Kühlschrank. Und ein B Gerät lässt sich schon gar nicht mehr verkaufen… Die Klasse ist ganz klar eine Bewertung, ähnlich einer Schulnote und wird von den Konsumenten auch genauso verstanden. Die Balken untermauern das noch einmal visuell. Das Kleingedruckte darunter, z.B. der tatsächlichen Ertrag, wird doch kaum wahrgenommen.
Mein Beispiel war absichtlich sehr extrem – aber das im Artikel gezeigte Diagramm zeigt sehr deutlich, dass es einfach keine gute Korrelation zwischen Effizienz-Klasse und Ertrag gibt. Und ich bleibe dabei, dass Effizienz hier schlicht der falsche Parameter ist. Wenn man das weiter denkt, könnte vermutlich auch der Hersteller eines dicken SUV zeigen, dass er – zum Beispiel auf das (Leer-)Gewicht bezogen – eigentlich viel effizienter ist als ein Auto der Mikrokompakt-Klasse. Und trotzdem pustet er viel mehr CO2 in die Atmosphäre als der Kleinwagen. Wer an CO2 interessiert ist, wird bei der derzeitigen Kennzeichnung für PKWs bleiben wollen. Und wer an Solarerträgen interessiert ist, kann einem Kollektor-Effizienzlabel nicht viel abgewinnen.
Und das hat nichts mit der Zeit “zu weit voraus” sein zu tun: Wenn wir jetzt ein Kollektorlabel einführen, dann soll das die Kunden für eine lange Zeit in ihrer Kaufentscheidung leiten. Ich finde, wir sollten sie zu hohen Erträgen leiten und nicht mit “Effizienz” genau davon ablenken.
Irgendwie scheinen wir aneinander vorbei zu reden… und vielleicht haben wir auch noch andere Sichtweisen. Also ich kaufe zB. keinen A+++ Kühlschrank, sondern einen A++ weil der A+++ einfach viel zu teuer ist und nicht der Einsparung entspricht, der er mehr kostet, aber vielleicht bin ich da eigen. Ich glaube aber eben schon, dass die Endkunden rechnen können. Da ist es ja auch ganz einfach kWh/Jahr verglichen mit dem Kaufpreis. Das Problem sind hier wie in der ganzen Energiewirtschaft die niedrigen Energiekosten. Wenn Energie so wenig kostet wie jetzt, sind 10% mehr Ersparnis eben nur ein paar wenige Euros.
Dadurch, dass nur As eingeführt werden, soll eben vermieden werden, dass jemand ein B-Gerät kaufen muss. A ist bereit mit einer positiven Wertung versehen. Oder hab ich da was verpasst?
Vielleicht könnten wir uns darauf einigen, dass es wirklich wichtig wäre, den tatsächlichen Ertrag wirklich prominent im Label zu positionieren? Das ist ja alles noch nicht gegessen, oder?