Falls ihr euch fragt, was es mit dem Bild auf sich hat, gleich vorweg die Aufklärung. Dies sind alle Energielabel, die es im Heizungsbereich zukünftig geben wird. Unglaublich aber wahr, deshalb haben wir uns des Themas angenommen und werden eine ganze Serie dazu starten.
Meine Bloggerkolleginnen haben sich hier schon mal mit dem EU-Energielabel für Heizungen auseinandergesetzt; zuletzt führte Cornelia dazu ein Interview mit Uwe Trenkner. Jetzt ist es an mir, euch das neue Label (oder Etikett, wie es in den deutschsprachigen EU-Verordnungen heißt) in einer Artikelserie zu erklären: Welche Etiketten gibt es, wie schauen sie aus und was lässt sich aus dem EU-Energielabel herauslesen – und vor allem, wie?
Etikette(n) für die Heizungsbranche
Mit dem EU-Energielabel werden, vereinfacht gesagt, die Wirkungsgrade der einzelnen Heizkomponenten und -systeme verglichen – also das Verhältnis zwischen Nutzwärme und der benötigten Gesamtenergiezufuhr. Wobei ein Heizkessel noch relativ einfach vom Hersteller gelabelt werden kann, ein ganzes Heizsystem aus verschiedenen Komponenten aber individuell berechnet werden muss und je nach Haus und Umgebung unter Umständen auch in der Praxis unterschiedliche Ergebnisse bringt. Einheitliche Mess- und Berechnungsmethoden sollen die Energieeffizienz verschiedener Systeme für den Endnutzer – also zum Beispiel Bauherren, die vor der Auswahl ihres Heizsystems stehen – vergleichbar machen.
Da sich natürlich nicht alle Heizsysteme und –komponenten ein einziges Etikett überstülpen lassen, hat sich die EU-Kommission ein ganzes Etikettensystem ausgedacht. So gibt es verschiedene Gruppen von Labels:
– nach der EU-Verordnung Nr. 811/2013 im Hinblick auf die Energiekennzeichnung von
- Raumheizgeräten (Raumheizung)
- Kombiheizgeräten (Raumheizung + Warmwasserbereitung)
- Verbundanlagen aus Raumheizgeräten, Temperaturreglern und Solareinrichtungen
- Verbundanlagen aus Kombiheizgeräten, Temperaturreglern und Solareinrichtungen
– und nach der EU-Verordnung 812/2013 im Hinblick auf die Energieeffizienzkennzeichnung von
- Warmwasserbereitern
- Warmwasserspeichern
- Verbundanlagen aus Warmwasserbereitern und Solareinrichtungen
Mit “Heizgerät” ist ein Wärmeerzeuger wie zum Beispiel der gute (?) alte Ölheizkessel gemeint. Und ein “Warmwasserbereiter” im Sinne der Verordnung dient zur Erwärmung von Trink- und Sanitärwasser und benötigt dazu auch einen Wärmeerzeuger – der Haushaltswasserkocher ist in der Verordnung namentlich ausgenommen 🙂
Warum die Verordnungsmacher und –macherinnen übrigens im Titel einmal das Wort Energiekennzeichnung und einmal Energieeffizienzkennzeichnung verwendet haben, erschließt sich mir nicht so ganz – vielleicht einfach nur eine Unschärfe in der Formulierung, die zeigt, dass ganz normale Menschen hinter dem Text stehen? Irgendwie tröstlich. Vielleicht liegt’s auch an der Übersetzung.
Für wen und was gilt das EU-Energielabel?
Das Label kennzeichnet Geräte und Anlagen mit folgenden Komponenten:
- konventionelle Heizgeräte
- Kraft-Wärme-Kopplung (d.h. es wird gleichzeitig Wärme und Strom erzeugt)
- Wärmepumpen
- Niedertemperatur-Wärmepumpen
- Solarthermie
- Temperaturregler
- Wasserspeicher
Die Verordnungen gelten für
- Geräte und Anlagen mit einer Nennleistung von höchstens 70 kW und
- Wasserspeicher bis zu 500 l Speicherinhalt.
Außerdem bleiben unter anderem feste Brennstoffe und Biomasse außen vor. Für letztere will die EU noch eigene Kriterien für die Energieeffizienz nachlegen.
Wann tritt die neue Kennzeichnung in Kraft?
Das neue Label und weitere Dokumentations- und Kennzeichungspflichten (z.B. für Produktdatenblätter und Werbung) treten ab 2015 in Kraft:
- 26. September 2015: Beginn der Kennzeichnungspflicht; natürlich darf das Label vorher schon freiwillig verwendet werden
- 26. September 2017: Verschärfung der Kriterien für Warmwasserbereiter und Warmwasserspeicher
- 26. September 2019: Verschärfung der Kriterien für Raumheizgeräte und Kombiheizgeräte
Ecoquent Positions verschafft euch einen Überblick über 23 Energielabel!
Insgesamt habe ich 23 Label-Varianten gezählt: Zum einen ist das den unterschiedlichen Technologien geschuldet, zum anderen sind die zehn Etiketten, die ab 2017 bzw. 2019 ihre Vorgänger ablösen werden, sind auch schon in den Verordnungen enthalten. So kommen zu keinem Zeitpunkt mehr als 13 unterschiedliche Etiketten zum Einsatz. Ich habe mich für euch mal durch die Verordnungen gewühlt und das Ganze in zwei, wie ich hoffe, übersichtlichen Tabellen zusammengestellt:
EU-Verordnung 811/2013: Energiekennzeichnung von Raumheizgeräten, Kombiheizgeräten, Verbundanlagen aus Raumheizgeräten, Temperaturreglern und Solareinrichtungen sowie von Verbundanlagen aus Kombiheizgeräten, Temperaturreglern und Solareinrichtungen
gültig ab 26. September 2015 | gültig ab 26. September 2019 |
1. Raumheizgeräte | |
1.1 Etikett 1: A++ bis G für die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz | 1.2 Etikett 2: A+++ bis D für die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz |
1.1.1 Raumheizgeräte mit Heizkessel | 1.2.1 Raumheizgeräte mit Heizkessel |
1.1.2 Raumheizgeräte mit Kraft-Wärme-Kopplung | 1.2.2 Raumheizgeräte mit Kraft-Wärme-Kopplung |
1.1.3 Raumheizgeräte mit Wärmepumpe, ausgenommen Niedertemperatur-Wärmepumpen | 1.2.3 Raumheizgeräte mit Wärmepumpe, ausgenommen Niedertemperatur-Wärmepumpen |
1.1.4 Niedertemperatur-Wärmepumpen | 1.2.4 Niedertemperatur-Wärmepumpen |
2. Kombiheizgeräte | |
2.1 Etikett 1: Klassen A++ bis G für die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz und Klassen A bis G für die Warmwasserbereitungs-Energieeffizienz | 2.2 Etikett 2: Klassen A+++ bis D für die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz und Klassen A+ bis F für die Warmwasserbereitungs-Energieeffizienz |
2.1.1 Kombiheizgeräte mit Heizkessel | 2.2.1 Kombiheizgeräte mit Heizkessel |
2.1.2 Kombiheizgeräte mit Wärmepumpe | 2.2.2 Kombiheizgeräte mit Wärmepumpe |
3. Verbundanlagen aus Raumheizgeräten, Temperaturreglern und Solareinrichtungen | |
Etikett: Klassen A+++ bis G für die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz | Etikett von 2015 gilt weiter |
4. Verbundanlagen aus Kombiheizgeräten, Temperaturreglern und Solareinrichtungen | |
Etikett: Klassen A+++ bis G für die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz und die Warmwasserbereitungs-Energieeffizienz | Etikett von 2015 gilt weiter |
EU-Verordnung 812/2013: Energieeffizienzkennzeichnung von Warmwasserbereitern, Warmwasserspeichern und Verbundanlagen aus Warmwasserbereitern und Solareinrichtungen
gültig ab 26. September 2015 | gültig ab 26. September 2017 |
1. Warmwasserbereiter | |
1.1 Etikett 1: Klassen A bis G für Warmwasserbereitungs-Energieeffizienz | 1.2 Etikett 2: Klassen A+ bis F für Warmwasserbereitungs-Energieeffizienz |
1.1.1 Konventionelle Warmwasserbereiter | 1.2.1 Konventionelle Warmwasserbereiter |
1.1.2 Solarbetriebene Warmwasserbereiter | 1.2.2 Solarbetriebene Warmwasserbereiter |
1.1.3 Warmwasserbereiter mit Wärmepumpe | 1.2.3 Warmwasserbereiter mit Wärmepumpe |
2. Warmwasserspeicher | |
2.1 Etikett 1: Klassen A bis G | 2.2 Etikett 2: Klassen A+ bis F |
3. Verbundanlagen aus Warmwasserbereitern und Solareinrichtungen | |
Etikett 3: Klassen A+++ bis G für Warmwasserbereitungs-Energieffizienz | Etikett von 2015 gilt weiter |
Verbundanlagen aus Warmwasserbereitern und Solareinrichtungen
Was bedeuten die Elemente auf dem Etikett?
Das Etikett 1.1.1 aus für Raumheizgeräte mit Heizkessel, das ab 26. September 2015 verpflichtend wird:
Weitere Labelvarianten und Informationen rund um das EU-Energielabel bekommt ihr dann in den Folgeartikeln. Wir freuen uns auch auf eure Fragen zum Thema, das selbst für die Heizungsfachleute sicherlich (noch) nicht einfach zu durchschauen ist.
- Titelbild, Energielabel-Abbildung: unter Verwendung der Abbildungen in den EU-Verordnungen 811/2013 und 812/2013
- Tabellen unter Verwendung der EU-Verordnungen 811/2013 und 812/2013.
- © Europäische Union, http://eur-lex.europa.eu/, Amtsblatt der Europäischen Union, Ausgabe in deutscher Sprache, L 239, 56. Jahrgang, 6. September 2013
- Nur die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Fassung von Dokumenten der Europäischen Union ist verbindlich.
Vielen Dank für die ausführliche und sehr verständliche Erklärung! Toller Artikel 🙂
Hallo Frau Rädisch,
laut Tagesschaubericht vom 03.12.14 sollen alle mehr als 15 Jahre alten Heizungsanlagen ein Energielabel erhalten. Wie soll das gehen und wer darf die Labels vergeben?
Gruß Andreas Fuhrken
Hallo Herr Fuhrken,
stimmt, der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz der Bundesregierung (NAPE) – brandneu in der Version vom Dezember 2014 – sieht das vor. Die Vergabe soll z.B. durch die Schornsteinfeger im Rahmen der regelmäßigen Überwachung geschehen. Dabei soll die Effizienzklasse der Heizungsanlage über Modelllisten oder eine Softwarelösung einfach ermittelt werden können, ohne dass der Schornsteinfeger eigene Messungen oder Berechnungen anstellen muss. Die Labelpflicht soll ab 2016 kommen und über sieben Jahre gestreckt werden und für Heizungsaltanlagen bis 400 kW (Ein- bis Zweifamilienhäuser bis großer Mehrgeschosswohnungsbau) gelten. Das Ausstellen des Energielabels für Altanlagen soll auch finanziell gefördert werden. Das Ziel ist, den Besitzern und Besitzerinnen dieser Altanlagen bewusst zu machen, wie (in)effizent ihre Anlage arbeitet, und dass sie sich beraten und die Anlage ggfs. austauschen lassen. Einen Zwang zum Austausch lese ich aus dem NAPE nicht heraus. Es liest sich so, als müssten die Vorgaben zum Energielabel für Altanlagen noch genauer herausgearbeitet und festgelegt werden (z.B. wer sonst noch das Label vergeben kann, außer dem Schornsteinfeger) – spätenstens die Praxis wird es zeigen. Interessant in dem Zusammenhang dürfte auch der Heizungscheck sein: Ein standardisiertes Verfahren, um Schwächen der aktuellen Heizung festzustellen und Abhilfemaßnahmen festzulegen, das bereits von der Wirtschaft entwickelt und laut NAPE noch weiterentwickelt werden soll.
Die Tagesschau-Meldung gibt die Labelpflicht für alte Heizungen stark verkürzt wieder…
Schöne Grüße
Sabine
Hallo Frau Rädisch,
prima erläutert!
Eine Zusatzfrage: Wie mag wohl die Zertifizierung für meine Anlage nach 2.1.1 erfolgen, die 90% des Jahresbedarfs vom Feststoff-Heizkessel gedeckt wird und bei der der Öl-Heizkessel die beiden Funktionen Heizen und Brauchwasser-Erwärmung nur in den 3 1/2 Sommer-
monaten übernimmt.
Beste Grüße
Walter
Hallo Walter,
so weit ich weiß, sind Feststoff-Heizkessel (noch) von der EU-Energieeffizienzkennzeichnung ausgenommen. Ihr Öl-Heizkessel sollte (unabhängig vom konkreten Einsatz) vom Hersteller als Kombiheizgerät mit Heizkessel nach Punkt 2.1.1 “gelabelt” werden – Genaueres hier: https://blog.paradigma.de/das-eu-energielabel-fuer-kombisysteme-heizung/
Die Europäische Kommission hat auf ihrer Website einen praktischen Energy Label Generator bereitgestellt, mit dessen Hilfe man gemäß der aktuellen EU-Verordnungen Energie-Label für Produkte herstellen kann: https://blog.paradigma.de/der-energy-label-generator-ist-da/
Eine Kennzeichnung der Gesamtanlage durch einen Heizungsfachbetrieb oder -planer käme erst ins Spiel, wenn Solarthermie beteiligt ist (Verbundanlage).
Viele Grüße
Sabine Eva Rädisch