Fuhl: "Solarthermie und BHKW / KWK dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden"

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Wie hier schon berichtet, gibt es eine neue Diskussion über die KWK-Novelle. Nachdem das die Massenmedien wie immer nicht interessiert, fragen wir selber nach um unseren Lesern die aktuellsten Informationen zu bringen. Es geht um die Idee KWK’s im Sommer zumindest teilweise in Sommerpause zu schicken.

Heute sprechen wir mit Hagen Fuhl, dem Produktmanager und Prokurist von Senertec, einem Hersteller von Mini-Blockheizkraftwerken. Herr Fuhl ist außerdem Vize-Präsident des BKWK (Bundesverband für Kraft-Wärme-Kopplung) und deshalb perfekter Ansprechpartner für unser Anliegen. Ich war überrascht darüber auf wie wenig Gegenliebe der Vorschlag in der KWK-Branche anscheinend stößt, ich hätte erwartet, dass der BSW hier schon vorab die Weichen etwas besser gestellt hätte, sodass alle profiteren, aber wir werden dazu natürlich auch noch mit dem BSW sprechen.

Herr Fuhl, könnten Sie kurz ausführen was derzeit die Probleme der KWK-Branche sind, und warum deshalb eine Novelle der KWK-Förderung geplant ist?

Der Ausbau der KWK und damit das Ziel bis 2020 25 Prozent des Stroms mit KWK zu erzeugen, wurde im Koalitionsvertrag bekräftigt. Momentan liegen wir aber erst bei rund 16 Prozent Stromanteil der KWK an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland.

Private, gewerbliche, industrielle und kommunale Nutzer benötigen deshalb planbare und langfristige gesetzliche Rahmenbedingungen. Ständige Gesetzesänderungen und unstete Fördersituationen führen ansonsten zu einer Verunsicherung und einer daraus resultierenden Kaufzurückhaltung bei potentiellen Kunden.

Auch trägt anteilmäßige Belastung der hocheffizienten KWK mit der EEG-Umlage für den Stromeigenverbrauch nicht zu einem weiteren Ausbau der KWK und damit zum Erreichen der Klimaschutzziele der Bundesregierung bei.

Unsere Forderung an die Politik lautet daher:

  • Das 25%ige KWK-Ausbauziel für die Stromerzeugung aus KWK unverändert beibehalten
  • Den Neubau, die Modernisierung und die Nachrüstung von KWK-Analgen in allen Größenklassen fördern
  • Beibehaltung der bisherigen Unterstützung für die Eigenerzeugungsanlagen in Dauer und Höhe.
  • Temporäre Maßnahmen zum Bestandserhalt aller existenzbedrohter KWK-Anlagen

Das Interesse ist enorm, dennoch ist die KWK längst nicht so verbreitet, wie wir es uns wünschen würden. Noch dominieren klassische Heizungen. Steigende Strom- und Brennstoffkosten machen es jedoch immer notwendiger, die eingesetzte Primärenergie möglichst effizient zu verwenden, so entdecken immer mehr Planer und Fachhandwerker die KWK als ideale Lösung, um dauerhaft die Energiekosten in den Griff zu bekommen. Nur sie erzeugt gleichzeitig kostengünstig Wärme und Strom, das kann weder die Photovoltaik noch eine Wärmepumpe für sich allein betrachtet leisten. Deshalb nutzen auch immer mehr Immobilienbesitzer, Gewerbetreibende, Industriebetriebe und Kommunen die Vorteile der KWK. Bei Energieversorgern, die die KWK-Technologie schon seit Jahren erfolgreich einsetzen, finden zunehmend die Systemdienstleistungen der Kraft-Wärme-Kopplung, was ihre hohe Flexibilität, die Bereitstellung von Regelenergie sowie die Stabilisierung von Verteilnetzen betrifft, hohe Aufmerksamkeit.

Was sind die wichtigen Eckpunkte dieser Novelle?

Auch in Zukunft soll die hocheffiziente und klimafreundliche Kraft-Wärme-Kopplung eine wichtige Rolle im Rahmen der Energiewende spielen.

Laut des dem BMWi-Arbeitspapiers mit dem Titel „Weiterentwicklung des Klimabeitrages” vom Mai 2015 soll ein verstärkter KWK-Ausbau mindestens 4 Millionen Jahrestonnen Kohlendioxid zusätzlich einsparen. Eine Anhebung der jährlichen KWK-Fördersumme auf 1,5 Milliarden Euro ist geplant.

Die Ziele der Novelle laut BMWi sind:

  • KWK als effiziente, CO2-arme Technologie weiter fördern
  • Kohärenz zu Strommarktdebatte und Energiewendezielen
  • Aufzeigen einer moderaten Ausbauperspektive für KWK
  • ABER: Anstieg der Kosten und der Umlage begrenzen

Der BSW (Bundesverband Solarwirtschaft) hat einen Vorschlag eingebracht, welcher darauf abzielt die Produktion der KWKs eher in die Wintermonate zu verlegen und im Sommer die Sonne arbeiten zu lassen. Wie wird dieser Vorschlag in Ihrem Verband aufgenommen?

An dieser Stelle verweise ich auf die Stellungnahme in der E&M Powernews seitens Hr. Brosziewski (ebenfalls ein Vizepräsident B.KWK) zu dieser Forderung des BSW:

Ich zitiere daraus:

„Der B.KWK ist sehr verwundert darüber, dass ein Verband, der sich der Förderung erneuerbarer Energien verschrieben hat, genau dem idealen Partner der Erneuerbaren, nämlich der hocheffizienten dezentralen KWK, nun zusätzlich Steine in den sowieso schon holprigen Weg zur Energiewende legen will in Zukunft soll die hocheffiziente und klimafreundliche KWK eine wichtige Rolle im Rahmen der Energiewende spielen.

Die Argumentation des BSW Solar, das die Wärme aus KWK-Anlagen gerade in Schwachlastzeiten die Einbindung der Solarwärme behindere, geht nach Ansicht des B.KWK „völlig an der Realität vorbei. Denn in sonnenstarken Zeiten ist der Strompreis an der Börse derartig niedrig, dass sich der Betrieb einer KWK-Anlage nicht lohnt“. Hingegen steige der Strompreis aufgrund des Preisbildungsmechanismus, wenn die Solarstromerzeugung wegen mangelnder Sonneneinstrahlung gering ist. „Und genau dann wird KWK-Strom als Kompensation gebraucht“. Einen Systemwettbewerb zwischen der Kraft-Wärme-Kopplung und der Solarthermie auszurufen, sei daher völlig kontraproduktiv.“

 

Falls Sie den Vorschlag im Detail kennen, wie kann man sich diese Verschiebung in den Winter vorstellen? Wie könnte das funktionieren? 

In der Objektversorgung z.B. Mehrfamilienhäuser gibt es ja schon praktische Ansätze, dass im Sommer die Sonne hauptsächlich die Energie liefert (Wärme und Strom) und nur an kühlen und bedeckten Tagen sowie im Winter die Mikro- bzw. Mini-KWK die notwendige Energie bereitstellt.

Jedoch im Fernwärmebereich, im Gewerbe und in der Industrie muss sich die Solarthermie ganz anderen Herausforderungen stellen:

  1. Gibt es ausreichend Dach- und Freiflächen in verdichteten Ballungsgebieten, die selbst in Schwachlastzeiten genügend Solarwärme in ein Fernwärmenetz einspeisen können unter Berücksichtigung der dazu notwendigen technologischen Struktur ?
  2. Kann die Solarthermie unabhängig von der Heizperiode und unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen an Temperaturniveaus Prozesswärme, Prozessdampf für Gewerbe und Industrie bereitstellen

Wie schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass Deutschland diese mMn sehr innovative Form der Vergütung einführt und so vielleicht wieder Maßstäbe für den weltweiten KWK-Markt setzt, ähnlich wie das EEG? Könnte das ein weiterer Exportschlager werden?

Wenn man dies für die Kraft-Wärme-Kopplung fordert, dann muss man dies auch konsequent auf die Erneuerbaren übertragen. Nach dem Gleichheitsprinzip müssten dann auch die überwiegend festen Einspeisevergütungen für Solar- und Windstrom abgeschafft werden und sich ausschließlich nur nach dem Bedarf richten. Dies wollen wir alle nicht.

Welche Möglichkeiten sehen Sie sonst das derzeitige „Gegeneinander“ von KWK vs. Solarer Fernwärme zu beenden?

Der B.KWK wendet sich entschieden gegen jeden Versuch, klimafreundliche Energiebeschaffungsformen gegeneinander auszuspielen. Der B.KWK tritt vielmehr für ein Miteinander ein, um klimaschädliche Energiewandlungstechnologien aus dem Markt zu drängen. Wir sehen uns daher als Partner – nicht als Gegner der Solarthermie!

Am Schluss wie immer meine übliche Frage. Wenn Sie sich für die Wärmewende in Deutschland etwas wünschen könnten, was wäre das?

Leider wird in Deutschland nur über den Strommarkt diskutiert, der Wärmemarkt wird dabei ausgeblendet, obwohl wir mehr als 54% unserer Endenergie für Wärmeerzeugung aufwenden und nur 21% für Strom. Hier fehlt ein ganzheitlicher Ansatz, der Strom, Wärme und Mobilität berücksichtigt und in Einklang bringt. Wir haben in Deutschland einen Bestand von über 17 Mio. Gebäuden, eine Sanierungsrate lediglich unter 1% und ¾ aller Heizungsanlagen gelten als veraltet und bedürfen einer dringenden Sanierung. Bis 2050 will die Bundesregierung einen klimaneutralen Gebäudebestand (sprich mindestens 80% Primärenergieeinsparung gegenüber 1990) erreichen, d.h. hier liegt der größte Hebel um CO2 einzusparen und somit das Klima und damit auch Ressourcen auch nachhaltig zu schonen.

Es wird Zeit, dass der Wärme genauso die Aufmerksamkeit und Bedeutung zukommt wie dem Strom, dann gibt es genügend Spielraum für die Solarthermie und die Kraft-Wärme-Kopplung.

Vielen Dank für dieses Interview. Wir werden dazu auch noch mit dem BSW sprechen, da ich eigentlich dachte, dass das Konzept schon so ausgerichtet ist, dass beide Technologien davon profitieren aber auch Kilian Rüfer hat hier seine Bedenken geäußert, ob die Idee vielleicht noch nicht ganz ausgegoren ist. Es gibt hier also Kommunikationsprobleme, oder eine Seite weiß mehr als die andere. Wir bleiben jedenfalls dran.