Greenpeace-Studie Potential Solarenergie

Greenpeace-Studie: Solarenergie könnte Wirtschaft boomen lassen

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Im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE gerade die Kurzstudie “Solaroffensive – Wie wir mit Sonnenenergie einen Wirtschaftsboom entfesseln und das Klima schützen” veröffentlicht. Die Greenpeace-Studie klärt zu Bedarf und Potenzialen der Photovoltaik (Solarstromerzeugungstechnologie) und Solarthermie (Solarwärmeerzeugungstechnologie) in Deutschland auf. In der Studie 
werden unter anderem Daten zum künftigen Energiebedarf, zur Verfügbarkeit von Flächen sowie Preis- und Arbeitsplatzentwicklung ausgewertet.

Soviel steht laut den Forschern vom ISE, die die Studie für Greenpeace verfassten, fest:  Auf dem Weg zur Klimaneutralität werde der Strombedarf aufgrund der zunehmenden
Elektrifizierung des Energie-, Gebäude- Verkehrs- und Industriesektors in Deutschland
deutlich ansteigen: Bis 2030 um den Faktor 1,2 bis 1,4 im Vergleich zu heute, bis zur
Vollendung der Energiewende 2045 um Faktor 2 bis 2,5. Um dem neuen
Klimaschutzgesetz vom 24. Juni 2021 gerecht zu werden, müssten daher

  • sowohl die Photovoltaik
  • als auch die Solarthermie,

neben der Windenergie, stark ausgebaut werden.

Ausbauziele für Solarstrom und Solarwärme

Im Jahr 2020 seien demnach rund 45 Prozent des Bruttostromverbrauchs seitens erneuerbarer Energieerzeugungstechnologien wie Photovoltaik, Wind, Biomasse und Wasserkraft bereitgestellt worden. Der Rest sei aus fossil und nuklear betriebenen Kraftwerken gekommen.

Greenpeace-Studie – Ausbauziel Photovoltaik: 54 Gigawatt —> 303 bis 446 Gigawatt

Damit wir 100 Prozent unseres, bis dahin noch einmal stark gestiegenen, Strombedarfs mit Erneuerbaren decken können, müssten wir im Vergleich zu heute das sechs bis achtfache an Photovoltaik-Leistung installieren. Das erklärt Dr. Christoph Kost. Er ist der
Leiter der Gruppe Energiesysteme und Energiewirtschaft am Fraunhofer ISE. Das seien
303 bis 446 Gigawatt (GW) im Vergleich zu den 54 Gigawatt installierter PV-Leistung Ende 2020.

Greenpeace-Studie – Ausbauziel Solarthermie: 15 Gigawatt —> 45 bis 49 Gigawatt

Solarthermie könne demnach Brauchwarmwasser und Heizwärme bereitstellen und lasse sich leicht in bestehende Wärmeversorgungsanlagen integrieren. In Deutschland seien aktuell Solarthermie-Anlagen mit einer Gesamtleistung von circa 15 Gigawatt installiert. Neben anderen Maßnahmen sei laut der Greenpeace-Studie für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in Deutschland ein Ausbau auf insgesamt circa 45 bis 49 Gigawatt an Solarthermie-Leistung erforderlich.

Photovoltaik: Flächenpotenziale, Arbeitsplatz- und Preisentwicklung

Um Photovoltaik-Anlagen mit sechs- bis achtfachem Leistungsumfang installieren zu können, müsste der Greenpeace-Studie zufolge viel Fläche bereitgestellt werden. Deren Verfasser hätten nach eigenen Angaben daher einen Schwerpunkt auf das Potenzial der sogenannten Integrierten Photovoltaik gelegt.

Was ist Integrierte Photovoltaik?

Dr. Harry Wirth leitet das zugehörige Forschungsfeld am Fraunhofer ISE: Photovoltaik verbinde sich ihm zufolge hier

  • mit der Landwirtschaft,
  • schwimme auf gefluteten Tagebauen,
  • passe in Gebäude- und Fahrzeugaufbauten,
  • folge Verkehrswegen
  • oder bedecke bereits versiegelte Flächen wie
    Parkplätze.

Das Integrieren von Photovoltaik-Anlagen in solche bereits genutzten Flächen erschließe demnach ein riesiges Potenzial zur erneuerbaren Solarstromerzeugung – und schaffe eine Fülle weiterer Synergien.

Eine vertikal integrierte Photovoltaik-Produktion in Europa schüfe nicht nur Import-Unabhängigkeit für den systemkritischen Energiesektor, sondern auch circa 750
Arbeitsplätze für jedes Gigawatt an PV-Modulproduktionskapazität. Weitere 3.500
Arbeitsplätze pro Gigawatt würden mit der Installation von PV-Kraftwerken entstehen. Auch die berechnete Treibhausgas-Bilanz des erzeugten PV-Stroms fiele für Module aus
heimischer, integrierter Produktion mit circa 23 Gramm Treibhausgasemission (CO2
Äquivalente) pro Kilowattstunde (kWh) deutlich besser aus als für Importmodule aus China.

Bemerkenswert sei, dass die Produktionskosten für solaren Strom seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) um circa 80 bis 90 Prozent gesunken seien.

Für große Freiflächen-Solarkraftwerke lägen diese Kosten heute zwischen 3 und 5,5 Cent pro Kilowattstunde, für kleine Dachanlagen bis 30 Kilowatt zwischen 6 und 11 Cent pro Kilowattstunde.

Solarthermie: Sofort einsatzbereite Technologie für die Wärmewende

Die Stärke der Solarthermie läge der Greenpeace-Studie zufolge darin, dass sie keinen Brennstoff verbrauche und sich sowohl mit erneuerbaren wie auch konventionellen Wärmeerzeugern leicht kombinieren lasse. In Kombination mit Gas und Öl spare sie dann sofort Brennstoff ein. Zusammen mit Umweltheizungen (Wärmepumpen), Pellets oder Biogas erhöhe sie die Effizienz der Wärmebereitstellung.

Sie sei leichter skalierbar und könne damit dezentral in kleineren
Anlagen sowie in Fernwärmenetzte mit größeren Anlagen sehr gut eingebunden
werden.

Dr. Korbinian Kramer, Koordinator für Solarthermie am Fraunhofer ISE erklärt dazu, dass Solarthermie Wärme weitestgehend CO2-frei zur Verfügung stelle. Die Technologie
könne in vielen Anwendungsfeldern heute direkt eingesetzt werden und sei damit eine
zielführende, schnell verfügbare Option für die Wärmewende.

Über das Fraunhofer ISE

Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist nach eigener Beschreibung die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer
Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Verwertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spiele sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Als Wegweiser und Impulsgeber für innovative Entwicklungen und wissenschaftliche Exzellenz wirke sie mit an der Gestaltung unserer Gesellschaft und unserer Zukunft. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 75 Institute und Forschungseinrichtungen. Rund 29.000 Mitarbeiter, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, würden demnach das jährliche Forschungsvolumen von 2,8 Milliarden Euro erarbeiten. Davon fielen 2,4 Milliarden Euro auf den Leistungsbereich Vertragsforschung.

Foto: Doreen Brumme