Guido Bröer: "Die Kommunikation macht den Unterschied aus"

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Engagierten Energiejournalismus gab es schon lange, bevor Blogs wie unserer an den Start gingen. So feiert die Zeitschrift Solarthemen heuer ihr 20jähriges Bestehen, und vor nicht allzu langer Zeit kam noch ein Infodienst für kommunale Entscheider hinzu. Grund genug, diejenigen, die sonst Redaktionsarbeit leisten, einmal selbst in den Fokus zu rücken: Guido Bröer vom Solarthemen-Verlag Witt & Bröer GbR lässt uns hinter die Kulissen schauen.

Inhaltsverzeichnis

Wer steht hinter dem Infodienst Energiekommune und wie sind Sie auf die Idee gekommen, neben den Solarthemen ein “Extrablatt” für kommunale Energiethemen zu gründen?

Sorry, dass ich da jetzt ein bisschen ausholen muss. Vor 20 Jahren habe ich mit meinem Journalistenkollegen Andreas Witt die Fachzeitschrift Solarthemen gegründet. Aus unserem Redaktionsbüro wurde damit ein kleiner, unabhängiger Fachverlag. Dass dieser von Journalisten geführt wird, während gerade im Bereich der Fachmedien sonst oft Betriebswirte und Marketingstrategen das Sagen haben, bemerken vielleicht auch unsere Leserinnen und Leser.

Unsere Medien sind jedenfalls stets entstanden, nachdem wir die Wichtigkeit von Themen erkannt und einen Kommunikations- und Informationsbedarf bei einer bestimmten Gruppe von Menschen gesehen haben. So schreiben wir in den Solarthemen in erster Linie über und für Menschen, die sich professionell mit erneuerbaren Energien befassen, vor allem in kleinen und großen Unternehmen, aber auch in Forschungseinrichtungen, Verbänden oder Ministerien. Wir bemühen uns für diese Kunden um kurze, unabhängig und sauber recherchierte Information.

Während wir uns als Journalisten viel in der Kommunikationssphäre von Politikern, größeren Unternehmen, Ministeriumsbeamten, Lobbyisten und Wissenschaftlern bewegen, sehen wir zugleich, dass die reale Energiewende von unten gemacht wird, von Menschen in den Kommunen, in den Nachbarschaften – dort, wo direkte Kommunikation stattfindet und Überzeugungen wachsen. Dort werden auch die wesentlichen Investitionen getätigt – aufgrund individueller oder gemeinschaftlicher Entscheidungen von Bürgerinnen und Bürgern. Um dies zu zeigen und den engagierten Leuten vor Ort ein Kommunikationsinstrument an die Hand zu geben, haben wir im Jahr 2001 die deutsche Solarbundesliga ins Leben gerufen. Mittlerweile machen 2400 Kommunen in dem Wettbewerb um die höchste pro Kopf-Dichte von Solarwärme- und Photovoltaikanlagen mit. Und man kann dort wunderbar beobachten, wie unglaublich unterschiedlich der solare Entwicklungsstand in den einzelnen Kommunen ist. Glaubt jemand, dass dies an der Sonne liegt? – Ganz sicher nicht! Unsere These: Vor allem die Kommunikation macht den Unterschied aus, ob die Dächer in einer Gemeinde blau werden oder rot bleiben.

Auf die Idee, eine Zeitschrift speziell für die Energie-Kommunikatoren vor Ort zu machen, muss man als Journalist mit dieser Vorgeschichte dann irgendwann fast automatisch kommen.

Übrigens haben Sie zum Teil Recht: Gestartet haben wir 2009 tatsächlich quartalsweise mit einer Art Extrablatt unter dem Titel “Solarthemen:kom”. Anfang 2013 haben wir die eigenständige “Energiekommune” daraus gemacht und die Zeitschrift auf eine monatliche Erscheinungsweise umgestellt.

An wen richtet sich die Energiekommune, und wird sie gut angenommen?

Da haben wir einen wichtigen Unterschied zu den Solarthemen. Die Motivatoren der lokalen Energiewende sind oft keine Energieprofis. Die gibt es zwar auch – beispielsweise in den Stadtwerken, in Handwerksbetrieben oder auf der Stelle eines kommunalen Energiebeauftragten. Aber ebenso wichtig als Energie-Entscheider sind beispielsweise auch ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Initiatoren von Energiegenossenschaften und Mitglieder von Kommunalparlamenten. Mit nur einer Zeitschrift diesem breiten Spektrum von Leuten etwas zu bieten, ist durchaus ein sportlicher Anspruch.

Angenommen und genutzt wird die Zeitschrift offenbar gern und rege, wenn man dem Echo glauben darf, das bei uns ankommt. Die Selbstverständlichkeit, dass ein Journalismus der Art, für die wir mit den Solarthemen und der Energiekommune stehen, einen finanziellen Beitrag von seinen Nutzern verlangen muss, ist allerdings in Zeiten des kostenlosen medialen Overkills per Internet, Facebook & Co. nicht mehr jedem Interessenten zu vermitteln.

Das Netzwerk Energiekommune ist fester Bestandteil von Energiekommune. Was ist dieses Netzwerk und wie läuft der Austausch zwischen den Partnern? Gibt es schon sichtbare Erfolge?

Die Kooperation im “Netzwerk Energiekommune” bieten wir Organisationen an, die sich mit ihren jeweiligen Schwerpunkten in gemeinnütziger Absicht um die Energiewende in Kommunen bemühen. Die meisten dieser Gruppierungen und Institutionen haben zwar eigene Online-Newsletter, verfügen aber aus Kostengründen über kein eigenes periodisches Printmedium mit seinen spezifischen Möglichkeiten. Deshalb stellen wir in der Energiekommune einen speziellen Bereich für Themen und Beiträge dieser Kooperationspartner zur Verfügung. Damit zeigen wir auch, wie vielfältig inzwischen die Informations- und Aktionsangebote sind, die Kommunen zur Unterstützung ihrer lokalen Energiewende nutzen können.

Das Netzwerk Energiekommune läuft ganz informell und bislang auf kleiner Flamme. Mit etwas Muße könnte man da vielleicht künftig noch mehr draus machen und die Energiekommune noch stärker als Forum nutzen.

Was beobachten Sie derzeit beim Thema Solare Fernwärme?

Ein zunehmendes Interesse. Doch machen wir uns nichts vor: Das Thema ist in Deutschland noch fast unbekannt. Dänemark ist da viel und Österreich ein bisschen weiter. Aber dass man mit Biogasanlagen oder Hackschnitzeln ganze Dörfer beheizen kann, war vor zehn Jahren hierzulande auch kaum jemandem bewusst. Innerhalb weniger Jahre sind dann hunderte Bioenergiedörfer entstanden.

Ich glaube, dass sich die Solarthermie als selbstverständlicher Bestandteil von Wärmenetzen sehr schnell durchsetzen kann, sobald sie als realistische Option in den Köpfen der lokalen Entscheider angekommen ist. Die Technik ist verfügbar und vergleichsweise simpel. Ökologisch ist die Solarwärme ohnehin unschlagbar. Und auch den Wirtschaftlichkeitsvergleich müssen große Kollektorfelder heute nicht mehr scheuen – zumal bei den aktuell günstigen Förderbedingungen.

Wenn man sich die Bestplatzierten der Solarbundesliga anschaut, punkten diese auf den ersten Blick vor allem im Bereich Solarstrom und nicht Solarwärme. Was müsste sich für die Kommunen ändern, damit die Solare Fernwärme vorankommt?

Da ist die Solarbundesliga ein Spiegelbild der Energiewende-Realität in Deutschland. Es hat sich seit dem Jahr 2000 bei der Photovoltaik – und beim Strom allgemein – viel mehr getan als bei der Wärme. Im Wärmesektor fehlt ein Investitions-Anreiz, der eine Dynamik bewirken würde, wie sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland angeschoben hat. Es gibt aufgrund des EEG inzwischen etliche Kommunen, auf deren Dächern mehr Solarstrom erzeugt wird als im Ort übers Jahr verbraucht wird. Einen auch nur annähernd vergleichbaren Versorgungsgrad mit Solarthermie gibt es bislang in keiner Stadt und keinem Dorf. Insofern kann und sollte die Solarbundesliga da auch kein anderes Bild zeichnen.

Aber schauen Sie sich die Tabellen der Solarbundesliga mal ein bisschen genauer an. Die Gemeinde Büsingen beispielsweise steht unter mehr als 500 teilnehmenden baden-württembergischen Kommunen im Wärmebereich auf Platz 1. Die Büsinger haben vor zwei Jahren ein Wärmenetz verlegt, und der Wärmebedarf der Gemeinde wird seitdem zu 13 Prozent durch eine einzige große Solarthermieanlage gedeckt (Anm. d. Red: Eins unserer Lieblingsprojekte über das wir hier schon viel berichtet haben). Büsingen hat sich als Newcomer der Liga in seiner Disziplin damals direkt an die Spitze gesetzt. Heuer werden in Deutschland aber mehrere solare Wärmenetze für ganze Kommunen in Betrieb gehen, die auf 20 Prozent solare Deckung ausgelegt sind.

Dass mit Hilfe der Solarthermie durchaus noch viel mehr machbar ist, zeigen erste Gemeinden in Dänemark, die sich mit großen Kollektorfeldern und saisonalen Speichern zu beinahe 50 Prozent mit Solarwärme versorgen. Den Rest liefern wahlweise flexible Gas-Blockheizkraftwerke, Biomasse-Kessel und in zunehmendem Maße Windkraftwerke, deren zeitweilige Überschussproduktion mithilfe von Großwärmepumpen als Wärme in die Speicherbecken geschickt wird.

Wenn ich mir die Trends auf den Energiemärkten anschaue, gehört gar nicht so viel Phantasie dazu, sich solche Modelle auch in hiesigen Kommunen vorzustellen. Das würde die Tabellen der Solarbundesliga dann ganz schön aufmischen.

Vielen Dank für diese spannenden Einblicke!

© Foto: Malte Jenkes