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Der Mensch als Heizung – so viel Körperwärme erzeugst du!

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Teil 1 dieser kleinen Artikel-Reihe, in der wir den Mensch als Heizung betrachten, zeigte, wie unser Körper Wärme erzeugt. Heute geht es darum, genau zu beziffern, wie viel Körperwärme der Mensch überhaupt produziert. Die Antwort darauf führt uns dann weiter zu der Frage, ob sich die vom Körper abgegebene Körperwärme zum Heizen von Räumen eignet. Seid gespannt!

Eins kurz vorweg: Die spannende Abhandlung “Der Mensch als wärmetechnisches System (Mess- und Regelungsmechanismus der Betriebstemperatur, Wärmeabgabe, Energieerhaltung, Gewichtsänderung, Behaglichkeit)” von Prof. Ing. E. Specht vom Institut für Strömungstechnik und Thermodynamik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, die ihr hier online als PDF-Datei findet,dient für einen Großteil des folgenden Beitrags erneut als faktische Grundlage.

Faktoren, die die Menge an Körperwärme beeinflussen, die der Mensch als Heizung erzeugt

Prof. Specht schreibt, dass zwei Faktoren maßgeblich bestimmen würden, wie viel Körperwärme von unserem Körper biologisch notwendigerweise abgegeben werden müsse:

  1. die Schwere der körperlichen Tätigkeit und
  2. die Größe der Körperfläche, die aus der Körpergröße resultiere

So gebe ein Mensch mit Normgröße (Gewicht: 75 Kilogramm (kg)), der ruhig in einer Umgebungstemperatur von mehr als 16 Grad Celsius (°C) sitze, einen Wärmestrom von 120 Watt (W) ab.

Einfluss der Umgebungstemperatur auf Wärmeabgabe des Körpers

Laut dem Professor nehme der Wärmestrom unterhalb 16 °C mit sinkender Umgebungstemperatur etwas zu. Interessant: Die Wärmeabgabe des Körpers über Strahlung und Konvektion sinke demnach mit der Umgebungstemperatur bis zum Wert null bei 36 °C ab. Der Grund dafür sei der: Wenn die Umgebung die Körpertemperatur erreicht habe, könne nach dem thermodynamischen Prinzip der Wärmeübertragung von kal nach warm keine Wärme mehr via Stahlung und Konvektion an die Umgebung abgeführt werden. Das heißt: Bei Temperaturen, die höher als die Körpertemperatur sind, würde Wärme nur mit Schwitzen abgegeben.

Einfluss der Tätigkeit auf Wärmeabgabe des Körpers

Nach Aussage von Prof. Specht verdoppele sichdie Wärmeabgabe eines  Menschen bei mittelschwerer Arbeit  in etwa im Vergleich zu einem Menschen, der ruhig sitze. Das begründet Specht damit, dass die Muskeln zu 80 Prozent Abwärme erzeugen würden (siehe Teil 1). Bei schwerer Arbeit steige die Wärmeabgabe auf rund 300 W an. Trainierte Sportler kämen demnach auf noch höhere Werte.

Eigens erzeugte Körperwärme berechnen

Mit folgender Formel ließe sich der Wärmestrom Q des menschlichen Körpers erfassen und berechnen:

Q = k mal A (?Haut minus ?Umgebung)

wobei gelte:

Laut der Formel sei die Wärmeabgabe des Menschen proportional zu seiner Oberfläche, was zu dem Schluss führe, dass die Wärmeabgabe von der Körpergröße abhänge. Wissen müsse man, dass die Oberfläche eines normalen Menschen etwa zwei Quadratmeter (m2) betrage. Das heiße, dass große Menschen  mehr Wärme abgeben  und deshalb auch mehr Energie über die Nahrung aufnähmen als kleine.

Die Formel lasse zudem den Schluss zu, dass der Mensch desto mehr Wärme abgeben würde, je kälter seine Umgebung sei.

Der Mensch, so schreibt Prof. Specht, gleiche diesen Effekt aus, indem er den Wärmedurchgangskoeffizienten entsprechend verringere. Der sogenannte k-Wert sei demnach ein Maß für die Wärmeisolierung. Ein nackter Mensch zum Beispiel habe einen k-Wert von ungefähr 10 Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/(m2 K)). Damit ergebe sich nach der Formel ein Wärmestrom von 120 W für eine Umgebungstemperatur von 26 °C.

Bei dieser Temperatur fühle sich der Mensch laut Specht im Mittel am wohlsten. Bei höheren Temperaturen setze vermehrtes Schwitzen ein. Unterhalb dieser Temperatur müsse der Mensch seinen k-Wert verringern, um der erhöhten Wärmeabgabe entgegen zu wirken. Das gelänge mit der Art der Kleidung, die man trage: Mit normaler Kleidung halbiere man den k-Wert, während man ihn mit warmer Kleidung um zwei Drittel senke.

Lasst uns den Ausführungen von Prof. Specht noch ein wenig weiter folgen! Denn als Nächstes beschäftigt sich der Wissenschaftler mit der Energiebilanz des menschlichen Körpers.

Energiebilanz des Menschen – so viel Körperwärme erzeugst du

Um den täglichen Energiebedarf zu beziffern, multipliziert Specht den oben genannten Wärmestrom von rund 120 Watt (normaler Körperbau: 75 kg, leichte Tätigkeit) mit 24 Stunden (h). So erhält er die über den Tag abgegebene Wärmemenge von rund 2,9 Kilowattstunden (kWh). In Kilokalorien (kcal) angegeben wären das 2.500 kcal, die der Körper verbauche und die ihm über Nahrung wieder zugeführt werden müssten. Mit jedem Kilogramm mehr oder weniger ändere sich der Energieverbrauch um etwa 30 kcal erklärt Prof. Specht.

Energieverbrennung und -speicherung – Gründe fürs Abnehmen und Zunehmen

Und schon sind wir beim Gewicht abnehmen und Gewicht zunehmen! Denn, weil der Körper die 2.500 kcal unbedingt zur Verbrennung und damit zur Aufrechterhaltung seiner Temperatur brauche, müsse er die Differenz zwischen benötigter und zugeführter Energie aus seiner gespeicherten Energiemenge decken. Dieses entspreche der Energieerhaltung, die ein Naturgesetz sei und als 1. Hauptsatz der Thermodynamik bezeichnet werde.

Prof. Specht schreibt, dass das Gesetz besage, dass die Differenz aus zu- und abgeführter Energie gleich der Zu- oder Abnahme der gespeicherten Energie sein müsse – die dieser in Form von Fettpolstern speichere. Fett sei demnach ein Stoff überaus hohen Energiegehalts und besitze eine Verbrennungswärme von rund 8.000 kcal pro Kilogramm. Anders gesagt: Bei einer Nulldiät, also ohne Energiezufuhr, baue der Körper während eines Tages 300 Gramm Fett ab. Dies sei Specht zufolge übrigens die maximale Gewichtsabnahme, die sich an einem Tag erreichen ließe – mehr ginge aus rein physikalischen Gründen (Energieerhaltung) nicht.

Anders herum gelte entsprechend der Energieerhaltung, dass bei erhöhter Energieaufnahme das Mehr an zugeführter Energie gespeichert werde  – nicht überraschend: als Fett. Wer permanent mehr Energie als 2.500 kcal pro Tag zuführe, werde solange Fett ansetzen, bis ein neuer Gleichgewichtszustand erreicht sei. Das sei dann der Fall, wenn sich nach der Formel oben die Oberfläche des Körpers so vergrößert habe, daß die zugeführte Energie wieder an die Umgebung abgeführt werden könne. Nähme man beispielsweise durchschnittlich 3.000 kcal pro Tag (also plus ein Fünftel) zu sich, stellt sich der neue Gleichgewichtszustand auch bei einer um ein Fünftel  vergrößerten Körperoberfläche ein. Wozu der Professor anführt, dass bei Übergewicht mehr Körperwärme abgeführt werden müsse, was einen entsprechenden Blutkreislauf brauche, damit die Wärme aus dem Inneren des Körpers an die Hautoberfläche transportiert werden kann. Folglich werde das Herz stärker als im Normalfall belaste und Grund für Herz-Kreislauf-Probleme und andere übergewichtsbedingte Beschwerden sei.

Wirkungsgrad der Heizung Mensch

Prof. Specht schreibt weiter, dass der Wirkungsgrad der Verbrennung der Heizung Mensch 100 Prozent betrag, denn der menschliche Körper verwerte zugeführte Energie komplett.
Der Grundbedarf an Körperwärme des Einzelnen könne sich aufgrund  des individuellen Wärmeempfindens des Menschen geringfügig verändern. Demnach hätten Menschen,

  • die ihre Räume stark heizen
  • oder die sich regelmäßig warm anziehen und sich somit besser isolieren,

kleinere Wärmeverluste und brauchten daher weniger Energiezufuhr. Umgekehrt gelte, dass diejenigen,

  • die eine kältere Umgebung
  • bevorzugten und sich weniger war anzögen,

entsprechend mehr Energie bräuchten.

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Der Mensch als Heizung – heizen mit Körperwärme

Unser Thema – der Mensch als Heizung – führt uns unweigerlich zur Frage: Was wäre, wenn wir die Körperwärme nutzen würden, um zu heizen? Also nicht nur uns selbst einzuheizen, sondern auch den Raum, in dem wir uns aufhalten?

Nach der oben bezifferten Körperwärme, die ein Mensch abgibt,  würden 250.000 Menschen in einem Raum gut 25 Megawatt Wärme erzeugen.

Diese Zahl Menschen sind täglich am Stockholmer Bahnhof unterwegs. Und ihre Körperwärme wird seit Jahren genutzt (siehe Video): Die Zugpendler beheizen mit ihrer Körperwärme das 13-stöckige und 27.000 Quadratmeter große Bürogebäude “Kungsbrohuset”, das sich unmittelbar neben dem Stockholmer Hauptbahnhof befindet. So ist es in diversen Medienberichten, unter anderem hier, zu lesen.

Die mit der Körperwärme aufgewärmte Luft der Bahnhofshallen werde demnach über Ventilatoren zu großen unterirdischen Wassertanks geleitet. Das so gewärmte Wasser fließe dann bis ins Heizsystem des 100 Meter entfernten Bürogebäudes und helfe dort, Heizkosten zu sparen.

Der Wärmeverlust bei der zu überwindenden Übertragungsdistanz von 100 Metern sei eine spezielle Herausforderung gewesen. Schlussendlich habe man nur mit Standard-Isolierung gearbeitet. Jährlich könnte so ein Fünftel der Heizkosten eingespart werden.

Foto: rclassen/photocase