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Warum braucht der Mensch Wärme?

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Na, kalte Füße? Oder habt ihr es schön warm? Herrlich, oder? Was Wärme ausmacht! Was sie mit uns macht! Sie berührt unsere Sinne und weckt Gefühle in uns. Denkt mal an einen besonders schönen Augenblick eures Lebens! Habt ihr da gefroren? Sicher nicht! Wärme ist zugleich eine messbare physikalische Größe, die Systeme beeinflusst. Die Frage, die es heute zu beantworten gilt, ist die:

Braucht der Mensch Wärme? Und wenn ja: warum?

Ob und gegebenenfalls warum der Mensch Wärme braucht, auf diese Frage haben Wissenschaftler unterschiedlicher Fachgebiete spannende Antworten:

Wärme ist mehr als nur eine Gradzahl

Wärme als unmittelbare Sinneserfahrung beeinflusse unser körperliches und seelisches Wohlbefinden steht hier.

Wärme sei eine Energieform, die von einem zum anderen Körper oder von einem zum anderen System übertragen werden könne, wobei sie nach der Thermodynamik stets vom Ort höherer Temperatur zum Ort tieferer Temperatur fließe und dadurch die Zustände der Systeme verändere, heißt es dort weiter.

Seelsorgerisch tätige Menschen würden demnach Wärme im Prinzip ähnlich beschreiben: als Lebenskraft, die durch Zuwendung, Vertrauen und den freien Fluss von positiven Emotionen entfacht werde und sich erhöhe, wenn sie zwischenmenschlich gespendet werde – etwa mit Güte, Milde, Sanftmut und Beistand.

Emotionale Wärme fände laut Helmut Wicht, Biologe und Anatomie-Dozent an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main wie andere Emotionen auch im menschlichen Gehirn statt: im Nucleus accumbens, dem Belohnungs- und Verstärkungssystem unseres Gehirns. Dort entstehte Glücksgefühl.

In diesen Zusammenhang gehöre auch die Tatsache, dass wir zur Wahrnehmung unserer Umgebung neben unseren Augen vor allem unser Gehirn brauchen, mit dessen Hilfe wir Farben erkannen und ihnen Attribute wie warm (Rot, Orange, Gelb) und kalt (Blau) zuschreiben.

Wärme als Urerfahrung

Wir würden Wärme bereits im Mutterleib erleben und blieben ein Leben lang auf sie angewiesen. Das sagt Stefanie Höhl, die Leiterin des Arbeitsbereichs für Entwicklungspsychologie an der Uni Wien dem österreichischen Online-Portal Welt der Frauen. Schon im Mutterleib befänden wir uns demnach in einer warmen Umgebung. Die Temperatur des Fruchtwassers, das uns dort umspüle, liege bei wohligen 37,5 Grad Celsius (°C). Dieses laue Klima im Uterus sei existenziell, damit wir wachsen und uns entwickeln könnten. Auch in den Monaten nach der Geburt sei Wärme lebensnotwendig, denn Säuglinge könnten ihre Körpertemperatur noch nicht alleine regulieren. Sie gehören warm eingepackt, sonst kühlen sie aus.

Wobei die Wissenschaftlerin am Beispiel zu früh geborener Kinder (sogenannte Frühchen) die beiden oben bereits angesprochenen Dimensionen von Wärme erläutert: Da die Fettschicht der Frühchen noch nicht ausgebildet sei, halte man ihre Körpertemperatur im Brutkasten aufrecht. Aber mit Inkubator-Wärme sei es nicht getan, sagte Höhl: Mittlerweile setze die Neugeborenen-Medizin die Känguru-Methode ein. So wie Beuteltiere ihren unreifen Nachwuchs am Körper trügen, wüden auch Frühchen Haut auf Haut auf die Brust der Eltern gelegt, sodass sich deren Körperwärme direkt auf das Kind übertragen könne.

Wärme steckt in unseren Genen

Noch weiter zurück als “nur” in den wohlig-warmen Leib unserer Mütter verortet der Evolutionsbiologe Josef Reichholf in diesem Interview mit der Tageszeitung Welt unser Verlangen nach Wärme: Von der Evolutionsbiologie her betrachtet, stamme der Mensch demzufolge aus den Tropen, im Wesentlichen aus Ostafrika, mit einem jahreszeitlich ruhigen Gang der Witterung: zwei Trockenzeiten, zwei Regenzeiten, auf die man sich auch heute noch weitgehend verlassen könne. Dieses Klima stecke uns, Reichholf zufolge, in den Genen, unser Stoffwechsel laufe nach wie vor tropisch. Die Körperoberfläche habe immer noch die neutrale Temperatur von 27 Grad. Alles, was abweiche, werde von uns als störend empfunden. Das führe laut dem Wissenschaftler sogar zu einer krampfhaften, gar zwanghaften Sucht nach Sicherheit, was das Wetter anbelange. Stündlich werde der Wetterbericht gesendet, man baue das Wetter in die Nachrichten ein. So extrem sei unsere Wettersensibilität.

Foto: sally2001/photocase