Langzeitstudie zu Großanlagen (Teil 2): Funktionskontrolle garantiert Erträge

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Im zweiten Teil unserer kleinen Reihe zu der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten „Langzeitstudie zum Betrieb und zur Leistungsfähigkeit großer Solaranlagen aus dem Solarthermie2000- und Solarthermie2000plus-Programm“ der Hochschule Düsseldorf (HSD) stellen wir euch die wichtigsten Schlussfolgerungen vor, die die Studienautoren aus den Ergebnissen ihrer Untersuchung ziehen, die wir euch hier präsentiert haben.  Dabei geht es unter anderem darum, welche Rolle die qualitative Ausführung der Installation, die regelmäßige Wartung und die Funktionskontrolle für die gute Funktion der Solarthermie-Anlage spielen.

Laut den Autoren der Langzeitstudie Mario Adam, Jonas Gottschald, Fabian Ille und Hans Peter Wirth von der HSD zeige diese, „dass für eine gute Funktion der Solaranlage die qualitative Ausführung der Installation und eine regelmäßige sorgfältige Wartung sowie Funktionskontrolle einen entscheidenden Einfluss“ hätten. Wobei sie zugleich anmerken, dass vor allem „die Funktionskontrolle der Solaranlage“ in der Realität kaum oder nur ungenügend stattfinde.

Funktionskontrolle der Solaranlage – gar nicht oder nur rudimentär?

Dies liege demnach unter anderem daran, dass es zum Zeitpunkt der Errichtung der 76 untersuchten Großanlagen, deren Bau und Monitoring im Rahmen der Förderprogramme Solarthermie2000 und Solarthermie2000plus ab 1993 vom Bund gefördert wurden, „keine für die Betreiber praktikablen und mit geringen Kosten verbundenen automatisierten Anlagenüberwachungen“ gegeben habe.

Die Forscher der Hochschule Düsseldorf kommen nach Auswertung der Studie zu dem Schluss, dass die für die projektbegleitende wissenschaftliche Betreuung zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage eingebaute Monitoring-Messtechnik von den Betreibern kaum genutzt werde. Ein Grund dafür sei demnach, dass die Bedienung der Messtechnik nicht mehr up-to-date sei. Hinzu käme, dass das damals verwendete Monitoring und die manuellen Auswerteverfahren Funktionsstörungen nicht automatisch anzeigen würden. Die Forscher stellen zudem fest, dass auch die eingebauten Wärmezähler zur Messung des Solarertrags (pro Anlage sei demnach ein Wärmezähler zusätzlich zur vorhandenen Monitoring-Messtechnik vorhanden) nur selten abgelesen würden oder gar nicht mehr in Betrieb seien.

Es sei deshalb nicht verwunderlich, so schreiben die Studienautoren weiter, dass die aktuelle Langzeitstudie frühere Studienergebnisse (siehe Peuser, F. A., Remmers, K.-H., Schnauss, M.: Langzeiterfahrung Solarthermie – Wegweiser für das erfolgreiche Planen und Bauen von Solaranlagen Herausgeber: Solarpraxis Supernova AG, Berlin, 2001; ISBN 3-934595-07-3) nur bestätigen könnten, die da lauteten:

  • Mängel in der Regelung wie falsch angebrachte Regelfühler, alternde Fühler mit nicht mehr korrektem Steuersignal, fehlerhafte Elektronik würden vom Betreiber meist erst dann registriert, wenn wirklich gar nichts mehr gehe.
  • Fehler, die lediglich die Effizienz des Systems negativ beeinflussen, würden überwiegend nicht erkannt, da das nachgeschaltete konventionelle System die Wärmeversorgung unabhängig von der Solaranlage sicherstelle.

Die Autoren der Langzeitstudie merken an, dass gleichwohl diese Problematik offensichtlich seit Langem bekannt sei, „die Funktions- und Ertragskontrolltechnologie insbesondere für große und teilweise komplexe Solarthermie-Anlagen noch nicht allgemein verbreitet“ sei. Zugleich begrüßen die Autoren die neue Initiative „Solar Check“ des Forschungskonsortiums Uni Kassel, ITW, INES, die einen neuartigen Standard der Leistungskontrolle für Solarthermie-Anlagen entwickeln möchte. Das Konsortium wolle demnach unter Einbeziehung möglichst vieler Solarthermie-Unternehmen ein branchenweit einheitliches Verfahren entwickeln, das im laufenden Betrieb die Leistungs- und Funktionsfähigkeit von Solaranlagen als anschauliche Kennzahl darstelle. Nicht unerwähnt lassen die Studienautoren, dass „einige wenige Hersteller, die große Solaranlagen als Komplettsystem verkaufen, herstellereigene Anlagenüberwachungen oder Ertragsgarantien“ anbieten würden.

Außerdem wird vermutet, dass „eine leicht bedienbare und funktionale Leistungskontrolle“ vielleicht auch „das Betriebspersonal stärker motivieren würde, die Solaranlage zu überwachen“. Dies begründen die Studienautoren mit ihrer Erfahrung, „dass die Solartechnik oft nur als vernachlässigbares Zusatzprodukt wahrgenommen und dementsprechend stiefmütterlich betrieben werde“. Selbst bei bekannten Mängeln würden Reparaturen demnach oft nicht durchgeführt oder lange aufgeschoben. Die im Monitoring-Pool der Langzeitstudie einzige völlig makellos funktionierende Anlage würde demnach von einem Stadtwerk betrieben, das die solare Nutzwärme verkaufe.

Als weitere Gründe für die „teils mangelhafte Betriebsführung“ führen die Studienautoren folgende an:

  • fehlende Zuständigkeit,
  • Zeitmangel,
  • und fachliche Überforderung

Sie schreiben dazu, dass bei alten Solaranlagen oft das Betriebspersonal gewechselt hätte, womit das benötigte Wissen oft verloren gehe. Hinzu komme, dass in vielen Fällen die technischen Unterlagen nicht mehr oder nur noch unvollständig vorhanden gewesen seien.

Dies könne demnach auch für die Wartungsfirma zu unkalkulierbaren Hürden bei der Instandhaltung oder Reparatur führen. Und dass auch bei Umbaumaßnahmen oder Austausch von Komponenten der Anlage die technischen Unterlagen nicht immer aktualisiert würden, erschwere einen zuverlässigen Anlagenbetrieb auf Dauer.

Ein weiteres und laut den Studienautoren nicht nur in der Solarthermie-Branche anzutreffendes Hindernis stelle die „zunehmende Zahl von Black-Box-Systemen dar“, wo bestimmte Funktionsweisen oder auch Teile der Regelstrategie und -einstellung (oft aus Konkurrenzgründen) nicht dokumentiert seien. Die Studienautoren fragen hier: Wer beziehungsweise welche Fachfirma könne die Solaranlage noch überprüfen und im Fehlerfall reparieren? Wird der Hersteller die Funktion, Überwachungs- und Reparaturmöglichkeit für 20 Jahre und mehr garantieren können? Wenn ja, zu welchen Kosten?

Stellenwert der Solarthermie – nur nebensächlich?

In ihren Ausführungen zum 26. Symposium „Thermische Solarenergie 2016“ fragen die Studienautoren auch, wie man wohl den „Stellenwert großer Solarthermie-Anlagen … erhöhen“ könne. Als grundlegendes Problem der Relevanz thermischer Solartechnik machen sie die Tatsache aus, dass es auch ohne sie gehe. Die belegen sie damit, dass eine Wärmeversorgung unabhängig vom Zustand der Solaranlage gewährleistet sei. Damit sei die Funktion der Solarthermie von untergeordneter Dringlichkeit und auch deren Nutzen wie Heizkostensenkung und Umweltschutz von untergeordneter Wichtigkeit.

Die anfängliche Begeisterung für die umweltfreundliche Energiequelle trete den Studienautoren zufolge im Alltag sehr schnell in den Hintergrund. So wüssten nur die wenigsten der in diesem Projekt involvierten Betreiber, wie groß die jährliche Energiekosteneinsparung durch ihre Solaranlage sei. Dafür bringen die Studienautoren sogar Verständnis auf, schließlich seine „bei den meisten in ST2000(plus) gebauten Solaranlagen (in der Mehrzahl reine TWW-Vorwärmanlagen) die Deckungsraten am Gesamtwärmebedarf so gering …, dass die Energiekosteneinsparung innerhalb des Finanzhaushalts offensichtlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle“ liege.

Im Mietwohnungsbereich hingegen machen die Studienautoren allerdings noch ein „Investor-Nutzer Dilemma“ aus. Das beschreiben sie so: Der Vermieter habe unmittelbar nichts von einer gut funktionierenden Solarthermie-Anlage, da die Heizkosten der Mieter trage. Hier müsste den Studienautoren nach die Heizkostenverordnung für eine entsprechende Transparenz sorgen, indem zumindest der solare Nutzertrag in der Abrechnung angegeben werde. Letztlich seien es die Mieter, die an einer gut funktionierenden Solaranlage interessiert sein sollten. Derzeit hätten sie demnach jedoch keine rechtlichen Möglichkeiten ein solches Interesse durchzusetzen. Schlimmstenfalls sei die Kaltmiete aufgrund der Modernisierungsumlage gestiegen, die Heizkostenentlastung aber marginal, weil die Solaranlage ineffizient arbeite.

Es gebe demzufolge jedoch auch Anlagenbetreiber, die sehr an einer dauerhaft effektiven Solaranlage interessiert seien: die gewerblichen Wärmelieferanten, darunter die Stadtwerke, die zunehmend thermische Solaranlagen betreiben würden. In ihrer Aktivität gehöre die Solaranlage zum Kerngeschäft und habe somit eine hohe Relevanz, denn sie würden die solare Nutzwärme schließlich verkaufen. Gerade diese wirtschaftlichen Aspekte seine laut den Studienautoren Grüne genug, weshalb sich im vergangenen Jahr (gemeint ist 2015) Stadtwerke zunehmend für Solarthermie interessiert hätten, denn der hohe Anteil an Solarstrom mache im Sommer den wirtschaftlichen Betrieb von KWK-Anlagen zunehmend schwieriger. Den Strom könne man demnach nicht mehr gewinnbringend an der Strombörse verkaufen, habe die Anlage aber nicht abschalten können, da das Wärmenetz weiterhin mit Wärme versorgt werden müsse. Die Solarthermie biete in diesem Fall die Möglichkeit, das BHKW abzuschalten.

Förderung – nicht wirklich ertragsabhängig?

Zu guter Letzt führten die Studienergebnisse auch dazu, so schreiben die Studienautoren, dass man „eine pauschale Förderung, die auf der installierten Kollektorfläche“ basiere, hinterfragen müsse.

Vielmehr sollte ihnen zufolge stattdessen eine Förderung auf der tatsächlichen solaren Nutzenergie basieren, analog zur Photovoltaik (kurz: PV). Die Studienautoren kritisieren unter anderem die seit April 2015 alternativ zur Bruttokollektorflächenförderung für mittelgroße (20 bis 100m² Kollektorfläche) Solarthermie-Anlagen ertragsabhängige Förderung im MAP, weil dabei nicht reale solare Erträge vergütet würden. Vielmehr würde nach einem standardisierten Verfahren von einem Testinstitut der Kollektorjahresertrag für einen definierten Standort ermittelt. Dabei handele es sich um eine theoretische Rechnung, in der der Kollektorertrag in einem „perfekt funktionierenden“ Solarsystem berechnet werde. Dieser Ertrag werde auf dem Solar-Keymark-Kollektorzertifikat ausgewiesen und als Berechnungsgrundlage für die Förderhöhe herangezogen. Vergütet werde somit bei der ertragsabhängigen Förderung die Effizienz des eingesetzten Kollektors und nicht der reale Ertrag der Solaranlage, der sich im Laufe der Zeit ändern könne.

Auch wenn dies durchaus sinnvoll sei, so schreiben die Studienautoren, weil damit leistungsfähigere, meist auch teurere Kollektoren entsprechend besser als leistungsschwache Kollektoren bezuschusst würden, sollte dies nur ein Förderbaustein sein. Viele bisherige Förderprogramme hätten demnach nur den Anreiz zur Investition in eine Solaranlage im Blick gehabt. Es hätte der Anreiz gefehlt, die Solaranlage auch langfristig optimal zu nutzen.

Neben Investitionsanreizen sei es den Studienautoren nach energetisch aber in jedem Falle sinnvoll, eine „echte“ ertragsabhängige Förderung, die die real genutzte Solarwärme vergüte (ähnlich wie in der PV üblich), einzurichten.

Fazit der Autoren der Langzeitstudie zum Betrieb solarthermischer Großanlagen

Solarthermie-Technik  habe den Autoren der Studie zufolge „das Potential, über viele Jahre umweltfreundlich Wärme zu liefern“. Es liege demnach aber an den Anlagenbetreibern, dass dieses Potential auch optimal genutzt werde.

Wie jedes technische System brauche die Solaranlage eine regelmäßigen Wartung und Kontrolle. Nur so werde gewährleistet, dass die prognostizierten Erträge auch eingefahren würden. Da die Funktion der Solaranlage keine Komforteinbußen auf die Wärmeversorgung habe, bleibe ihre Funktion oft unbeachtet und manche Anlage laufe eher schlecht als recht.

Entsprechende Kontrollverfahren zur Funktions- und Ertragsüberwachung sollten diesbezüglich weiterentwickelt werden und künftig zur Standardausrüstung jeder Solarwärmeanlage gehören. In der Förderpolitik sei es energetisch sinnvoll, nicht nur reine Investitionszuschüsse zu vergeben, sondern finanzielle Anreize oder auch rechtliche Verpflichtungen zu schaffen, damit die Eigentümer ihre Solaranlage auch langfristig effektiv betreiben.

Foto: Ritter XL Solar