Im vorliegenden Beitrag unserer kleinen Serie zur solarthermischen Lage der österreichischen Nation – betrachtet auf Grundlage von Daten aus der aktuellen „Roadmap Solarwärme 2025“, die geschrieben wurde von Experten des AEE/Institut für nachhaltige Technologien – geht es um die Wettbewerbsfähigkeit derselben. Die solarthermische Wettbewerbsfähigkeit wiederum wird maßgeblich mitbestimmt von den Preisen der Solarthermie-Technik. Wie die sich in Österreich entwickelten und ob sie das Zeug für eine erfolgreiche Wärmewende haben, erfahrt Ihr hier.
Schauen wir uns als Erstes einmal an, wie sich die Preise für Solarkollektoren und Solaranlagen in Österreich in den vergangenen Jahren entwickelten:
Preise für Sollarkollektoren und Anlagen in Österreich 1997 bis 2012 nur minimal gesunken
Die folgende Abbildung die Preise für Solarkollektoren und Solaranlagen bezogen auf die installierte thermische Leistung von 1997 bis 2012. Die hier dargestellten “am Markt angebotenen Preise” sind laut den Autoren der Roadmap “Mittelwerte der Angaben der fünf führenden österreichischen Solartechnikfirmen für Solaranlagen zur Warmwasserbereitung von Einfamilienhäusern. Die angegebenen Preise sind Listenpreise und auf das Jahr 2012 inflationsbereinigt, sowie exklusive Mehrwertsteuer und Montage”.
Senkung würde bedeuten, die weinrote und die blaue Fahne gehen mit der Waagerechten deutlich nach unten, je weiter wir nach rechts gucken. Fehlananzeige! Wie man sieht, haben sich die Preise kaum gesenkt, obwohl, so die Roadmap-Autoren Fink und Preiß, “die Produktionskosten bei Kollektoren im selben Zeitraum von der Industrie signifikant gesenkt werden konnten“. Dazu muss man wissen, dass die Österreicher ihre Produktion von Flachkollektoren innerhalb des ersten Jahrzehnts dieses Jahrtausends, also von 2000 bis 2010, fast verfünffacht haben. Gleichzeitig, so liest man weiter, reduzierten sich die reinen Preise für Kollektoren für Endkunden im Schnitte um 1,9 Prozent pro Jahr und die für Systeme um 1,3 Prozent (inflationsbereinigte Angaben).
Produktionskosten sind stark gesunken
Die nächste Grafik zeigt die Entwicklung der Kollektor-Produktionskosten der führenden Unternehmen in Europa, zu denen laut den beiden Roadmap-Autoren vom AEE auch die wesentlichen österreichischen Branchenvertreter zählen.
Hier werde deutlich, “dass sich die Produktionskosten zwischen 1995 und dem Jahr 2010 nahezu halbiert haben; oder anders ausgedrückt: Bei jeder Verdoppelung des Marktes in Europa konnten die Produktionskosten um 23 Prozent gesenkt werden (ETP RHC, 2013).” Und weiter geht’s im Roadmaptext so: “Obwohl der Lernkurvenfaktor von 23 Prozent etwas höher ist als jener, der für die Photovoltaik veröffentlicht wird, wurde diese deutliche Produktionskostensenkung durch den Handel und Installationsunternehmen nicht an die Endkunden weitergegeben, wie aus Abbildung 26 (das ist die heute hier zuerst gezeigte – Anmerkung der Redaktion) hervorgeht.”
Warum werden sinkende Produktionskosten nicht an den Verbraucher weiter gegeben?
Die Frage ist könnte sogar noch erweitert werden. Nämlich um diesen Zusatz: … und damit die Wärmewende von Haus aus gefährdet?
Fink und Preiß sagen dazu: “Dieses Faktum hängt unmittelbar mit dem in Österreich bzw. in vielen europäischen Ländern üblichen mehrstufigen Vertriebsweg für Heiz- und Haustechnik (bis zu vier Stufen) zusammen. Ein zentraler Faktor dabei ist, dass es aktuell bei Solarthermieanlagen auf der Ebene der Installationsbetriebe keinen Wettbewerb gibt, sprich im Gegensatz zur Photovoltaik kaum Preisdruck auf dem Ausführungsbetrieb lastet. Muss man sich als Ausführender in der Photovoltaikbranche mit einer Marge von 4 bis 8 Prozent zufrieden geben, sind bei Solarthermieanlagen 25 Prozent und mehr der Standard. Dies ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Problem der Solarthermie geworden.”
Meine lieben Leser! Hier ist eine wichtige Bremse der Wärmewende identifiziert worden. Und zwar eine, die hausgemacht ist. In der Solarthermie-Branche. Sämtliche Vertriebsstufen zwischen Hersteller und Verbraucher sind deshalb angesprochen, wenn ich hier und jetzt mal LAUT fordere: Wenn Ihr Euch nicht vorwerfen lassen wollt, dass hinter der offensichtlich nicht an die Endkunden weitergegebenen sinkenden Produktionspreise Preisabsprachen stecken, dann müsst Ihr jetzt handeln!
Wie konkurrenzfähig ist Österreichs Solarthermie? Fakten zu den Wärmegestehungskosten
Für die nächste Grafik hat man in der Roadmap die zuvor bestimmten Referenzkosten für fossile Energieträger (aufgeteilt in zwei Kategorien nach Energiebezugsmenge: Haushalte, Industrie) und die solaren Wärmegestehungskosten für ebenfalls zuvor definierte Größenkategorien verglichen.
- Deutlich könne erkannt werden, so heißt e sin der Roadmap, dass “im Bereich von Kleinanlagen die Solarthermie mit Wärme aus Öl und Strom durchaus sehr konkurrenzfähig” sei.
- “Im Vergleich mit Gas” dagegen sei die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit der Solarthermie den Analysten des AEE zufolge “nur mehr bedingt gegeben“.
- “Im Segment von Großanlagen, wo überwiegend die Wärmekosten aus Gas die Referenz bilden, fällt der Vergleich der Wärmegestehungskosten zwar günstiger aus, ohne Förderung ist es aktuell aber auch hier schwierig, Investitionen in Solarenergie zu argumentieren“, schreiben Fink und Preiß weiter.
Denn ihrer Analyse nach seien “auch konkurrenzfähige Wärmegestehungskosten alleine als Investitionsgrund häufig nicht Anreiz genug”, sondern das Erreichen bestimmter Renditen stehe im Vordergrund. Und weiter heißt es: “Für die Bemessung von Förderungen (Einspeisevergütungen) bei photovoltaischen Großprojekten wurde für Österreich eine Rendite von zumindest 6 Prozent (bis 8 prozent) als Investitionsanreiz definiert (Zahner, 2013). In Deutschland waren PV-Finanzprodukte mit Renditeerwartungen im deutlich zweistelligen Bereich verfügbar und dadurch sogar noch deutlich rentabler. Diese lukrativen und langfristig kalkulierbaren Einspeisevergütungen bildeten somit die Basis für die erzielten Markterfolge der Photovoltaik.”
Gestehungskosten österreichischer Solathermie bei verschiedenen Anlagegrößen:
Folgende Beispiel-Rechnungen stellen die Roadmap-Macher für die Gestehungskosten unterschiedlicher Anlagen auf:
- “Bei einer solarthermischen Anlage in der Größenkategorie 5 bis 10 m² würden beispielsweise … die durchschnittlichen Wärmegestehungskosten bei € 125/MWh liegen. Das würde eine statische Amortisationszeit im Vergleich mit dem Energieträger Öl (kommt in bestehenden Einfamilienhäusern häufig vor) von 20,1 Jahren bedeuten … der Geldfluss bzw. die Rendite über die Lebensdauer von 25 Jahren würde 1,3 Prozent ausmachen. Im Vergleich mit dem Energieträger Gas würde die Amortisationszeit über 25 Jahren liegen und somit die Rendite negativ werden. Obwohl im Bereich der Kleinanlagen bei privaten Einfamilienhäusern die Rendite nicht alleine investitionsentscheidend ist, zeigt dieses Beispiel deutlich den aktuellen Förderbedarf von solarthermischen Anlagen auf.
- Bei einer solarthermischen Anlage in der Größenkategorie 500 bis 5.000 m² beispielsweise würden … die durchschnittlichen Wärmegestehungskosten bei € 71/MWh liegen. Das würde eine statische Amortisationszeit im Vergleich mit dem Energieträger Gas (kommt in Industrie und Gewerbe häufig vor) von 20,1 Jahren bedeuten sowie der Geldfluss bzw. die Rendite über die Lebensdauer von 25 Jahren würde 1,7 Prozent ausmachen. Das bedeutet, dass es trotz konkurrenzfähiger solarer Wärmegestehungskosten für einen potenziellen Investor aus heutiger Sicht entsprechender Förderungen für eine positive Investitionsentscheidung bedarf.
- Wie zahlreiche Beispiele aus Dänemark zeigen, können durch Skaleneffekte die solaren Systempreise bei Anlagen zwischen 5.000 und 50.000 m² noch deutlich gesenkt werden. Gelänge es auch diese Systempreise in Österreich zu erzielen, würde das einen solaren Wärmepreis von € 36/MWh bedeuten. Bei Substitution von Erdgas, liegt die statische Amortisationszeit bei 9,6 Jahren und die Rendite bei 9,3 Prozent. Eine Förderung für derartige Anlagengrößen wäre in diesem Fall somit bereits aus heutiger Sicht nicht mehr notwendig.”
Mir reicht das für heute. Euch auch? Immerhin haben mir die Roadmap-Autoren einen triftigen und vor allem: hausgemachten Grund für die zögerliche Wärmewende geliefert. Und zwar Schwarz auf Weiß. Danke dafür! Und das Beste daran: hausgemacht ist hausgemacht! Will sagen: Ein internes Problem lässt sich womöglich schneller lösen, als eins, das extern gelöst werden muss, oder? Mein Vorschlag: Runder Tisch. Und außerdem hat man der österreichischen Solathermie eine gar nicht so schlechte Wettbewerbsfähigkeit bescheinigt. Die mit geringeren Preisen für Verbraucher natürlich noch besser würde.
Fotos: knallgrün / photocase.de, bearbeitet von: Doreen Brumme (Titel), AEE (3 Grafiken)
Danke für diese schöne Zusammenfassung!
Eine Frage: Inwieweit halten die gewährten Förderungen den Preis künstlich oben?
Beispiel Burgenland:
30% der Investitionssumme wird gefördert, max. EUR 1.400 für eine thermische Solaranlage für Warmwasserbereitung. Daraus ergibt sich eine Investitionssumme von € 4.667. (Richtlinien für dieses Beispiel:eabgld.at/index.php?id=1603
Nun wird jeder Installateur um mindestens diese Summe anbieten: „Man möchte ja nichts von der Förderung verschenken, schließlich zahlt von diesem Betrag 30% das Land.“ Da ist dann gar keine Preisabsprache zwischen den Anbietern mehr erforderlich.
Genau das ist leider die Krux von Investförderungen, deshalb halte ich sie für eine echte Marktentwicklung eben nur mäßig geeignet. Womit wir wieder bei der ertragsbezogenen Förderung wären. Gar keine Förderung geht bei der Solarthermie eben noch nicht, wie die Berechnungen zeigen, vor allem wenn billiges Gas im Spiel ist. Wie immer wäre eine Möglichkeit die alles entscheidende CO2-Steuer, aber dazu fehlt in der Politik der Mut und die Unterstützung aus der Bevölkerung.
Möglich wäre eben auch Förderng nach solarem Deckungsgrad… Möglichkeiten gibt es viele, aber zu wenige, die sich wirklich damit auseinandersetzen und eine langfristige Strategie entwickeln.
Das Thema im obigen Kommentar, wie die Förderungen den Preis künstlich hoch treiben, hatten wir in Deutschland mit der Eigenheimförderung (der Name ist mir schon entfallen). Nach der Abschaffung dieser Förderung sind, wenn ich es richtig weiß, die Anzahl der neu gebauten EFH nicht wesentlich gesunken, wobei die günstigenn Zinsen dies unterstützt haben.
Wie aber kommt man da raus? Keine Förderung oder eine steuerliche Förderung, wie sie in D schon seit vielen Jahren diskutiert wird? Die kommt übrigens noch,da bin ich mir sehr sicher.
Wie weit trifft der Inhalt des Beitrags auch für Deutschland zu?
Ich denke, dass sehr vieles auch auf Deutschland zutrifft. Dass die Kostensenkungen der Kollektoren beim Endkunden nicht ankommen ist schon lange bekannt. Ein Rezept dagegen hat aber noch keiner gefunden, weil dazu die Stückzahlen fehlen. Wirklich helfen würde eben nur ein großer Wurf.
Steuerliche Lenkung halte ich prinzipiell für sehr sinnvoll. Aber eben nicht nur ein bissl, sondern richtig, sonst bewegt sich keiner. Ökologische Steuerreform wäre ganz, ganz wichtig, um eben auch steuerliche Vorteile bei den Fossilen zu beenden. Sonst wird das nix.
Was ich dann nicht verstehe ist, warum so viele Solarfirmen zurzeit pleitegehen?
Ich glaube, ein nicht unwesentlicher Faktor ist der hohe Aufwand für die Zulassungen etc. auf der anderen Seite und die hohen Vertriebskosten auf der anderen Seite. Aufgrund der schlechten Presse und der Tatsache, dass kaum einer mehr zwischen Solarthermie und Fotovoltaik unterscheidet ist auch die Beratung zu diesem Thema (ich bin Energieberater und plane solare Großanlagen) unglaublich aufwendig geworden. Dem Handwerk geht es zu gut. Hier werden thermische Solaranlagen nicht proaktiv angeboten, sondern nur die Anlagen eingebaut, die Vertriebler von Solaranlagen bereits akquiriert haben. Zum Teil reden die Betreibe dem Kunden das Thema sogar noch aus und verkaufen lieber eine Wärmepumpe, weil dann ja keiner aufs Dach muss.
Das produziert Kosten, sie irgendjemand bezahlen muss.
Große Herstellerfirmen bewerben mit großem Werbebudget alles andere, nur keine Solarthermie an. Die Kunden, die sich dann mit dem Thema beschäftig haben und eine Solaranlage haben wollen, werden dann einfach nur mitgenommen. Mit anderen Worten, die, die wenig dafür tun verdienen daran. Die, die sich mit viel Engagement für das Thema einsetzen habe es schwierig auf einen grünen Zweig zu kommen.
Vielleicht ist die vorliegende Analyse richtig. Vielleicht sind die Schlussfolgerungen hieraus falsch. Möglicherweise wäre es sinnvoller, mehr Fördermittel in die Öffentlichkeitsarbeit als in Anlagen zu stecken.
Vielen Dank Herr Linnig für Ihre Analyse. Ja, das Kommunikationsproblem ist ganz sicher auch ein ganz großes Thema und die Problematik, dass man sich viel zu sehr auf die technischen Komponenten als auf Kommunikation, die man auch versteht, versteift. Wir sind ja hier auch nur die einsamen Rufer in der Wüste. Es bräuchte viel mehr Plattformen wie diese, damit das Thema wieder gehört wird…