Solarfassade – Solarthermie für die Hauswand

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Solarthermie-Anlagen auf Dächern? Sieht man, kennt man. Aber Kollektoren an der Wand? Kaum zu sehen, kaum bekannt. Wer sich dem Thema Solarfassade nähert, lernt sie zunächst als Alternative zum Solardach kennen? Doch ist das schon alles? Oder steckt da mehr dahinter? Ein Versuch, die Solarfassade zu fassen zu kriegen …

Wenn das Dach nicht das Zeug zum Solardach hat

Dass man Solarthermie-Anlagen prima auf dem Dach installieren kann oder sogar in die Dachhaut selbst, das ist klar. Beispiele gibt’s dafür inzwischen zur Genüge, offline wie online. Doch nicht jedes Dach hat das Zeug für eine Solarthermie-Anlage: Das eine bringt nicht die nötige Tragfähigkeit (Stichwort: zu geringe Dachlastreserve) mit, das andere ist schlichtweg zu klein dafür (Stichwort: zu geringe Fläche). Oder das Dach ist nicht gen Sonne ausgerichtet, so dass der zu erwartende Ertrag (zu) wenig versprechend klingt. Und ganz sicher will auch so mancher Hausherr aus optischen Gründen kein so großes Bauteil auf seinem schönen Dach haben. Oder er darf das Dach aus irgendwelchen Gründen nicht mit einer Solaranlage bestücken (Stichwort: Denkmalschutz, Optiken der Nachbardächer müssen einheitlich sein usw.). Wenn das Dach aber als Installationsort ausfällt, was dann?

Solarfassade nur eine Alternative zum Solardach?

Dann kann man auf die Fassade des Hauses ausweichen. Eine Solarthermie-Anlage an der Außenwand gilt als Alternative zur Dachanlage. Auch für die Außenwand trifft zu: Die Solarthermie-Anlage lässt sich auf die Fassade auf-  oder in die Fassade einbauen. Beide Montagearten haben ihre Vor- und Nachteile: Eine Aufmontage bedeutet, dass man die Solarthermie-Anlage gut im Nachhinein anbringen kann. Zwischen Fassade und Kollektoren bleibt ein Abstand, so dass Luft dazwischen steht. Deshalb nennt man auf diese Weise angebrachte Solaranlagen auch hinterlüftete Anlagen. Ist die Fassade gedämmt, muss man bei der Aufmontage allerdings darauf achten, beim Installieren der Kollektoren die Dämmschicht nicht zu zerstören. Eine integrierte Montage ist dagegen beim Neubau von vornherein gut planbar und spart das Fassadenmaterial an der Stelle, wo die Anlage sitzt. Außerdem wirkt die Solaranlage dort als Dämmung. Die in-die-Wand-Montage ist aber auch dann machbar, wenn man eh die Fassade dämmen und / oder renovieren will. Wer alles in einem Aufwasch erledigt, spart oft an den fixen Kosten (Gerüst u.ä.).

Doch ist die Solarfassade, die eine Außenwand plus Solarthermie letztlich bildet, nur eine Alternative zum Solardach? Was bringt eine quasi senkrechte Montage von Kollektoren eigentlich? Zunächst einmal muss geschrieben werden, dass auch eine Solarfassade nicht zwingend im Lot stehen muss, also tatsächlich senkrecht. Vielmehr gibt’s auch für die Fassade spezielle Vorrichtungen, um die Kollektoren von der senkrechten in eine leicht geneigte Position zu bringen. Das kann helfen, den verglichen mit einer Dachanlage im Sommer montagebedingt wohl eher niedrigeren und im Winter wohl eher höheren Ertrag der Fassadenkollektoren zu steigern.

Ein Vorteil: Die senkrechte Montage ermöglicht den Kollektoren, auch die Strahlen einer tiefer stehenden Sonne einzufangen. Eine Fassade, die gen Südosten (Morgensonne) oder Südwesten (Abendsonne) ausgerichtet ist, wäre hier also entsprechend ertragreich(er). Wichtig: Bei uns steht die Sonne im Winter grundsätzlich recht tief. Damit fällt die tiefstehende Sonne in die Heizperiode – also genau in die Zeit, in der Solarthermie vor allem als Heizungsunterstützung und klar, auch als Warmwasserbereitung, direkt verbraucht wird. Ein Nachteil der Sache mit der tiefstehenden Sonne ist der: Sie wirft zugleich lange Schatten. Deshalb muss man die mögliche Verschattung einer Solarfassade durch Büsche, Bäume, Nachbargebäude oder Vorsprünge des eigenen Dachs unbedingt ausschließen, andernfalls drohen spürbare Ertragseinbußen.

Auch nicht unerwähnt soll bleiben, dass eine Solarfassade montagebedingt weniger unter der Witterung leidet, als eine Dachanlage. Schnee zum Beispiel ist kein Problem, der bleibt darauf nicht liegen.

Viele Solardächer, kaum Solarfassaden – warum?

Die bisherigen Ausführungen reichen noch nicht, um zu erklären, warum deutlich seltener Solarfassaden zu sehen sind als Solardächer. Die genannten Vorteile sprächen ja eher für eine Parität, oder? Auf der Suche nach Gründen für die Solarfassaden in der Unterzahl stieß ich auf den Artikel hier: Das Portal Solarserver.de hat darin Fakten zusammengetragen, die die Unterzahl der Solarfassaden begründen könnten:

Zum einen wird dort eine Unwissenheit beziehungsweise Uninformiertheit seitens der Architekten konstatiert, die demnach nur selten in der Lage seien, ihre Auftraggeber davon zu überzeugen, dass die Investition in Solarwärme via Solarfassade wirtschaftlich Sinn mache. Grundsätzlich hätten Architekten und Bauherren demnach zu wenige Informationen „zu den Kosten und Erträgen einer Anlage sowie über deren Mehrkosten im Vergleich zu einer traditionellen Fassade“. Das Internetportal zieht unter anderem Studienergebnisse heran, die belegen,

  • „dass Bauherren während der einzelnen Bauphasen derartig viele Entscheidungen treffen müssen, dass sie sich im Zweifelsfall gegen eine Solaranlage entscheiden“ (Lawrence Berkeley National Laboratory, USA).
  • dass „die Umsetzung einer Solarfassade … als zu vielschichtig bewertet wird, insbesondere weil hierbei unterschiedliche Gewerke zusammenarbeiten müssen“.
  • dass „zu hohe Kosten vermutet werden: Architekten und Ingenieure halten Solarfassaden für sehr aufwändig und überschätzen deren Kosten“ (Economic Forum und Ingenieurbüro Arup, Großbritannien).

Spannend ist das Fazit, das Andreas Karweger, der Autor des Artikels zieht, nachdem er einen Rundschau zu Finanzierungsmöglichkeiten von Solarfassaden gegeben hat:

„Die … Erfahrungen mit Energieeffizienzprogrammen haben gezeigt, dass trotz massiver ökonomischer Vorteile ein Haushalt im Regelfall nicht an einem derartigen Programm teilnimmt, sogar auch dann nicht, wenn für ihn die Anschaffungskosten komplett entfallen und er vom ersten Monat an eine Nettoersparnis hat. Da Haushalte nicht rational entscheiden, werden sie ihr Verhalten nicht aufgrund von Förderprogrammen ändern, die derzeit vorwiegend auf finanzielle Anreize setzen. Wenn hingegen Entscheider in ihrem unmittelbaren sozialen Umfeld eine starke Unterstützung für Energieeffizienzinvestitionen oder erneuerbare Energien wahrnehmen, erhöht sich ihre Bereitschaft, in diese zu investieren. Denn Meinungen und Informationen aus dem Bekanntenkreis einer Person beeinflussen Entscheidungen stärker als die Höhe der Anschaffungskosten.“

Das hätte demnach auch die Studie „Consumer Resistance to Green Innovations“ des Dublin Institute of Technology gezeigt, schreibt Karweger. Und weiter:

„Förderprogramme führen eher zu Mitnahmeeffekten weniger Haushalte als zu Verhaltensänderungen vieler Haushalte.“

Der Erfolg beruhe darauf, dass eine persönliche Ansprache der Haushalte durch die örtlichen Installationsbetriebe erfolgt sei. In einem konkreten Fall seien es die Freiwilligen gewesen, die in ihrer Nachbarschaft erfolgreich kommuniziert und vermittelt hätten. Karweger schließt das Fazit mit den Worten: „Für eine stärkere Verbreitung von Solarfassaden müssen Architekten, Heizungs- und Elektroinstallateure sowie Fassadenbauer gezielt angesprochen werden, denn auf sie verlässt sich der Bauherr bei seinen Entscheidungen. Erst wenn zufriedene Bauherren zu Multiplikatoren werden und ihr Wissen begeistert weitergeben, werden Solarfassaden zum Selbstläufer.“

Was kostet eine Solarfassade?

Tja, meine Lieben, das wüsste ich auch gerne. Grundsätzlich wird es mit einer Fassadenanlage wohl teurer, als bei einer Dachanlage, zumindest ist das bei Photovoltaik-Solarfassaden so. Wer hat denn Preise für Solarthermie-Fassaden für mich? Was kostet eine Anlage für die Hauswand? Schreibt Euer Wissen über Preise bitte gerne unten ins Kommentarfeld! Danke dafür!

Solarfassaden, Fassadenkollektor – was ist das Besondere?

Das Besondere an einer Solarfassade ist, dass die Solarthermie-Anlage nicht nur auf den undurchsichtigen Teil derselben beschränkt sein muss. Das heißt, auch eine Solarthermie-Anlage kann in Form eines Fensters funktionieren und Licht einlassen, so dass der Raum dahinter ausreichend mit Tageslicht erhellt wird. Das ist auch der Grund, warum man Solarthermie-Fassaden gerne in großem Stil an Bürohäuser & Co. verbaut, die vergleichsweise wenig Dach- aber viel Fassadenfläche haben. Dem Energieffizienzkonzept moderner Bürogtürme kommt entgegen, dass so manche Solarfassade nicht nur dämmt und Licht einlässt, nein, sie dient sogar als „Sonnenschutzmittel“. Kurz: Diverse technische Lösungen sind als Solarfassade bereits auf dem Markt,- wenn auch eher im großflächigen Stil, wie geschrieben – sowohl in Form von Flach- als auch Röhrenkollektoren. Letztere sind teilweise sogar quer verbaubar, habe ich gelesen. Ein, zwei Beispiele für Solarthermie-Fassaden gefällig? Bitteschön!

Hausgemachter Fassadenkollektor

Das Unternehmen Ritter Energie- und Umwelttechnik, ein Unternehmen der Ritter Energie, die auch hinter unserem Blog steht, hat vor einigen Jahren einen Fassadenkollektor mit entwickelt: Im Rahmen des vom BMU geförderten Projektes „Weiterentwicklung von solarthermischen Fassadenkollektoren mit Vakuumröhren in Bürogebäuden (FKZ 0325956A)“entstand der CPC-Fassadenkollektor “Offica Wicona” unter der Leitung des Instituts für Baukonstruktion L 2 der Universität Stuttgart und in Kooperation mit der Firma  Hydro Building Systems GmbH.

Röhren-Kollektoren an der Hauswand. Foto: Ritter Energie
Röhren-Kollektoren an der Hauswand. Foto: Ritter Energie

In der kurzen Beschreibung zu ihm heißt es: Der wesentliche Unterschied zwischen einem Vakuum-Röhrenkollektor, welche in aller Regel auf dem Dach montiert wird, und dem Fassadenkollektor liege in der Perforation: Sie ermögliche es, dass ausreichend Sonnenlicht in das Gebäude-Innere eindringe und den Arbeitsplatz erhelle. Die Absorberfläche des Solarkollektors abseits der Perforation liefere aufgrund … des Vakuums hinsichtlich der Wärmeisolierung durch das Thermoskannenprinzip hohe Solarerträge bei hohen Arbeitstemperaturen des Wärmeträgermediums zwischen 60 und 100 Grad Celsius. Die somit gewonnene Solarwärme eigne sich neben der Warmwasser-Bereitung auch für die Einsatzzwecke als Solarheizung und zur solaren Kühlung von Bürogebäuden durch solare Prozesswärme. Genannt wird dort auch die Stadt Sankt Wendel im Saarland, wo viele Häuser und Gewerbebetriebe mit einer vertikalen Kollektoranordnung an der Fassade durch lokale Handwerksbetriebe ausgerüstet worden seien.

Mehr dazu hier als PDF-Datei.

Solarfassade aus Altpapier und Luft

Das Portal Energie-Experten.org berichtet hier von einer Solarfassade, die Solarthermie nutzbar macht – mit einem verglasten Wabenluftkollektor aus Zellulose, recyelt aus Altpapier und Karton. Entwickelt habe den Kollektor die Linzer “ESA-Energiesysteme Aschauer GmbH”, sein Funktionsprinzip sei demnach das: “Dringt das Licht der tief stehenden Wintersonne durch eine Glasscheibe in die Zellulosewabe ein, werde es in Wärme umgewandelt: Die Temperatur an der Außenseite der Wand steige kräftig. Die absorbierte Wärme führe zeitverzögert zu einem Anstieg der Temperatur der Wand, die als Wärmespeicher diene. Die Solarfassade kehre demnach den Wärmefluss des Gebäudes um: Verliere ein konventionelles Haus Wärme, die über die Heizung ersetzt werden müsste, so gewinnt die Solarfassade Energie aus Sonnenlicht und entlastet die Heizung. Sie schafft im Bereich der Außenwände eine warme Zone und versetzt das Haus sozusagen in eine wärmere Klimazone.”

Viel habe ich dem nicht mehr hinzuzufügen: Ich rate nur jedem Möchte-gern-Solarthermie-Anlagen-Betreiber sich schlau zu machen! Fragt Freunde, Bekannte, Verwandte, Planer, Architekten, Handwerker und Hersteller! Holt Euch die Infos, um alle Pros und Kontras vor Augen zu haben, wenn Ihr Eure Entscheidung für oder wider die Solaranlage auf dem Dach oder an der Fassade treffen wollt.

Fotos: Ritter Energie