Aqua-Plasma-Kollektor auf dem Dach

Wir reden Klartext: Her mit der Solarwärmepflicht!

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Der Klimawandel ist da. Das steht außer Frage. Ihn aufzuhalten, dafür ist es leider zu spät. Ihn zu bremsen, ist machbar. Noch. Unter anderem mit der Energiewende, die als Strom- und Wärmewende realisiert werden muss. Die Wärmewende geht ans Eingemachte. Buchstäblich: Denn Wärme darf künftig nicht mehr aus fossilen Energiequellen wie Kohle (Deutschland ist Braunkohleförderer Nr. 1 weltweit), Erdöl oder Erdgas erzeugt werden, wenn wir die CO2-Emissionen minimieren wollen – was wir wollen müssen. Eine Verpflichtung zum Erzeugen von erneuerbarer Solarwärme (Solarthermie) kann helfen, dieses Ziel zu erreichen. Wir diskutieren hier die Solarwärmepflicht.

Was ist eine Solarpflicht?

Ist von Solarpflicht die Rede, dann geht es um Energieerzeugung. Mit der Solarpflicht werden Energieerzeuger im Kleinen wie im Großen dazu verpflichtet, Energie aus Solarenergie (Sonnenenergie) zu erzeugen.

Was ist Solarenergie?

Aus der Sonnenenergie, die die Sonne auf die Erde herab strahlt, können wir mit Hilfe verschiedener Solartechnologien

  • Strom (Solarstrom)
  • und Wärme (Solarwärme, Solarthermie)

erzeugen. Für Solarstrom nutzen wir die Technologie Photovoltaik und entsprechende Photovoltaik-Anlagen, für Solarwärme die Technologie Solarthermie und entsprechende Solarthermie-Anlagen. Solarstrom und Solarwärme lassen sich wie anders erzeugte Energien nutzen.

Warum ist Solarpflicht nicht gleich Solarstrompflicht nicht gleich Solarwärmepflicht?

Hierzulande ist der Begriff Solarpflicht inzwischen sehr gebräuchlich. Dabei ist damit meist eine Solarstrompflicht gemeint. Also die Pflicht, Strom aus Solarenergie (Sonnenenergie) zu erzeugen.  Wer mit Solarpflicht aber Solarstrompflicht meint, schließt die direkte Erzeugung von Solarwärme aus. Er könnte höchstens noch an den “Umweg” denken, Wärme mit Solarstrom zu erzeugen, wie es zum Beispiel mit einer Infrarotheizung machbar ist. Der begriffliche Ausschluss führt bei uns Menschen leider dazu dazu, dass Solarwärme und ihr Potential als Motor der Wärmewende nicht besprochen (“verschwiegen”) und damit oft nicht bedacht wird.

Wie schade!

Denn allein private Haushalte verbrauchen bis zu 70 Prozent ihrer Energie zum Erzeugen von Wärme:

  • fürs Beheizen ihrer Wohnräume
  • und fürs Erwärmen ihres Brauchwassers, also des warmen Trinkwassers, das in Bad und Küche aus den Wasserhähnen und Duschköpfen gezapft wird.

Nicht zu vergessen: Auch in Gewerbe, Industrie und öffentlichen Gebäuden werden zum einen jede Menge Raumwärme und Warmwasser benötigt. Zum anderen laufen viele Prozesse nicht ohne Wärme ab.

Solarthermie kann einen Anteil dieser

liefern.

Warum reden wir Klartext und meinen mit Solarpflicht sowohl Solarstrompflicht als auch  Solarwärmepflicht?

Die Energiewende ist ein komplexes Vorhaben, das mehrere Sektoren betrifft, die wichtigsten sind

  • Stromsektor,
  • Wärmesektor,
  • Mobilitätssektor
  • und Wertstoffsektor.

Die Energiewende muss in allen Sektoren stattfinden. Wird einer vernachlässigt, gelingt das Wendemanöver nicht. Angesichts der Menge an Energie, die der Wärmesektor aktuell verbraucht und künftig verbrauchen wird, sowie des Potentials der Solarthermie muss diese eine Rolle spielen, wenn wir die Segel für die Wärmewende setzen. Immerhin ist Solarthermie bislang die einzige erneuerbare Wärmequelle, die wir emissionsfrei nutzen können! Für mehr Sichtbarkeit und Hörbarkeit der Solarthermie sprechen wir daher künftig explizit von Solarwärmepflicht und differenzieren sie von Solarstrompflicht.

Welche Chance bietet eine Solarpflicht?

Der Mensch ist ein geselliges Wesen. Für eine friedlich, respektvoll, einander und die Natur wertschätzend zusammen lebende Gesellschaft braucht eben diese Gemeinschaft einzelner Individuen aber auch Regeln. Die Regeln müssen das Zusammenleben organisieren, zum Wohle aller. So wie eine Straßenverkehrsordnung den sicheren Verkehr landauf landab vorschreibt, muss auch die Wärmeerzeugung geregelt werden. Eine Verpflichtung, möglichst viel Wärme mit der bisher am nachhaltigsten machbaren Wärmeerzeugung bereitzustellen, kann ein durchaus wirksames Instrument sein, um (mehr) Solarthermie auf die Dächer von Wohnhäusern, Betrieben & Co. zu bringen. In der Übergangsphase sollte die Solarwärmepflicht das unbedingt als Ergänzung zu bestehenden, auch fossil befeuerten Heizungen erlauben, denn es kommt auf jede Kilowattstunde (kWh) Wärme an, die nicht fossil erzeugt wird. Öl plus Solar und Gas plus Solar (Stichwort: teilsolares Heizen) sind auf jeden Fall besser als rein fossile Öl- oder Gasheizungen.

Gibt es bereits eine bestehende Solarwärmepflicht in Deutschland?

Nein.

Aber: Einzelne Kommunen (zum Beispiel Waiblingen im Jahr 2006, Tübingen im Jahr 2018) und mittlerweile Bundesländer (Baden-Württemberg und Berlin ab 2022, Hamburg ab 2023) haben bereits eine Solarstrompflicht eingeführt. Die führt, das zeigen die Zahlen, zum Ausbau von Photovoltaik-Anlagen. In Tübingen gilt eine Solarthermie-Anlage als Ersatz, wenn sie mehr als 15 Prozent Anteil an Wärme oder Kälte bereitstellt, auch in Hamburg kann PV Solarthermie ersetzen.

Für Berlin forderten Umweltverbände Ende August lautstark die Wärmewende ein und legten dazu ein Forderungspapier vor. Die Klimareporter berichten, dass bislang “gerade mal vier Prozent erneuerbare Energien in dem Sektor zum Einsatz” kämen – mit verheerenden Folgen für die Atmosphäre. Die Hälfte der Emissionen Berlins entfalle demnach auf den Gebäude- und Wärmesektor. Um den Treibhausgasausstoß der Hauptstadt zu reduzieren, sei die Wärmeversorgung laut den Umweltverbänden ein wichtiger Hebel.

Deshalb soll, so wollen es die Verbände, ein kommunales Wärmekataster entwickelt werden. Denn noch würden zwei Drittel der Wärmeversorgung in Berlin mit fossilen Gas- und Ölkesseln bestritten. Für Neubauten und nach einer bestimmten Laufzeit – zum Beispiel 30 Jahre – sollten diese unverzüglich verboten und der Einsatz von Wärmepumpen, Photovoltaik und Solarthermie vorgeschrieben werden, schreiben die Klimareporter in ihrem Bericht weiter. Zudem soll das Wärmekataster die Entwicklung dezentraler Wärmequartiere ermöglichen.

Rund ein Drittel der Wärmeversorgung erfolge laut den Klimareportern “über das bestehende Fernwärmenetz – das laut Vorschlag der Umweltverbände in zehn Jahren dekarbonisiert sein soll.

Ein zügiger Ausbau von erneuerbaren Energien im Fernwärmenetz könne mit einem CO2-Grenzwert und einer Quote für erneuerbare Energien ermöglicht werden. Das sagt Julia Epp vom BUND Berlin gegenüber den Klimareportern. Beide Maßnahmen seien ein einfacher Hebel, um die Erneuerbaren voranzubringen. Berlin solle seine Möglichkeiten ausschöpfen und dies gesetzlich verankern.

Außerdem soll der Wärmebedarf der Hauptstadt sinken. Erreichen wollen das die Umweltschutzverbände mit dem Dämmen von Gebäuden. Neubauten sollen zudem nur noch im sogenannten Passivhausstandard errichtet werden, also keine Energie mehr verbrauchen. Aktuell soll der Berliner Müll noch bis zum Jahr 2050 im Heizkraftwerk Reuter West verbrannt werden. So gehe Dekarbonisierung nicht, kritisierten die Umweltverbände der Stadt.

Bestandsbauten sollten nach Sanierungen mindestens den KfW-Standard 55 einhalten. “Für bestehende Gebäude brauchen wir individuelle Sanierungsfahrpläne, warmmietenneutrale energetische Sanierungen und ein Monitoring der Energieeinsparungen”, sagt Saskia Machel vom Verein Bürgerbegehren Klimaschutz.

Damit die Sanierungskosten nicht an den Mietern hängenblieben, sollen mehr Fördermittel vergeben und die Vergabe vereinfacht werden. Die Einsparungen nach Sanierungen sollen verpflichtend überwacht werden.

Abwarten ist in dieser Situation fatal. Denn der Klimawandel hält nicht inne, bis sich der Mensch endlich entschließt, klimafreundlich Wärme zu erzeugen. Deshalb: Wir brauchen eine Solarwärmepflicht. Flächendeckend.

Foto: Paradigma