Niedrigstenergiehaus

Was ist ein Niedrigstenergiehaus?

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Ab dem kommenden Jahr 2021 stehen sämtliche Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) in der Pflicht, ihre Neubauten als sogenannte Niedrigstenergiehäuser zu bauen. So will es die EU-Gebäuderichtlinie. Gebäude, die gemäß Niedrigstenergiehaus-Standard errichtet wurden und bewirtschaftet werden, sollen deutlich weniger Energie verbrauchen. Dazu müsst ihr wissen, dass in der EU etwa 40 Prozent der Gesamtenergie fürs Heizen und Kühlen von Gebäuden draufgehen, Tendenz steigend. Wir erklären euch heute, was ein Niedrigstenergiehaus ist. Los geht’s!

Niedrigstenergiehaus – was das Gesetz vorschreibt

Die Europäische Gebäuderichtlinie EPBD (das steht für “Energy Performance of Buildings Directive”) 2010/31/EU, die am 19. Mai vom Europäischen Parlament in einer überarbeiteten Fassung verabschiedet worden ist, erklärt in Artikel 2 die wichtigsten Begriffsbestimmungen.

Was bedeuten die Begriffe Niedrigstenergiehaus und Niedrigstenergiegebäude?

Der Richtlinie zufolge ist ein Niedrigstenergiegebäude “ein Gebäude, das eine sehr hohe, nach Anhang I bestimmte Gesamtenergieeffizienz aufweist. Der fast bei Null liegende oder sehr geringe Energiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen – einschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen, die am Standort oder in der Nähe erzeugt wird – gedeckt werden”.

Was heißt in diesem Zusammenhang Gesamzenergieeffizienz?

Die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes ist demnach “die berechnete oder gemessene Energiemenge, die benötigt wird, um den Energiebedarf im Rahmen der üblichen Nutzung des Gebäudes (unter anderem Heizung, Kühlung, Lüftung, Warmwasser und Beleuchtung) zu decken“.

Was ist laut Gesetz Energie aus erneuerbaren Quellen?

Die EU-Gebäuderichtlinie versteht unter Energie aus erneuerbaren Quellen “Energie aus erneuerbaren, nichtfossilen Energiequellen, das heißt Wind, Sonne, aerothermische, geothermische, hydrothermische Energie, Meeresenergie, Wasserkraft, Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Biogas“.

Wann wird der Niedrigstenergiegebäude-Standard Pflicht?

In Artikel 9 der Gebäuderichtlinie steht in Absatz (1), dass die MItgliedstaaten der EU zu gewährleisten hätten, dass

  • a. bis 31. Dezember 2020 alle neuen Gebäude Niedrigstenergiegebäude seien und
  • b. nach dem 31. Dezember 2018 neue Gebäude, die von Behörden als Eigentümer genutzt würden, Niedrigstenergiegebäude seien.

Was sind die Kriterien, die ein Niedrigstenergiehaus erfüllen muss?

Grundsätzlich obliegt/oblag es den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten detaillierte Kriterien für das Niedrigstenergiehaus auszuarbeiten und in ihren nationalen Gesetzen festzulegen. Die vergleichweise schwammige Formulierung, Gebäude mit fast bei Null oder bei Null liegendem Energieverbrauch, sogenannte Nearly Zero Energy Buildings, zu bauen (siehe oben), sei Absicht, um den EU-Mitgliedsstaaten Gestaltungsspielraum beim Definieren ihres nationalen Standards fürs Niedrigstenergiehaus zu lassen. Dabei nehme man Rücksicht auf die klimatisch unterschiedlichen Standorte der Gebäude innerhalb der EU: Schließlich komme es in einem Gebäude im südlichen Zipfel von Portugal eher auf eine Klimatisierung (vor allem Kühlung) der Räumlichkeiten an, während hoch oben im Norden Skandinaviens wohl eher die Wärmedämmung und Beheizung der Räume wichtig sei.

Gemäß der Definition der COHERNO, der Collaboration for Housing nearly zero-energy renovation, habe ein Niedrigstenergiehaus einen

  • Jahresprimärenergiebedarf unter 40 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m²•a))
  • und einen spezifischen Transmissionswärmeverlust (der Gebäudehülle) von unter 0,28 Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/(m²•K)).

Wobei die Gebäudehülle “die integrierten Komponenten eines Gebäudes, die dessen Innenbereich von der Außenumgebung trennen” meint.

Der Niedrigstenergiestandard liege damit noch unter den Anforderungen eines Passivhauses mit einem Heizenergiebedarf von 15 kWh/(m²•a).

Während Österreich laut Medienberichten sein Niedrigstenergiegebäude mit einem Jahresprimärenergiebedarf von höchstens 25 kWh/(m²•a) definiere, gelte es nach deutscher  Definition eines Niedrigstenergiegebäudes dann als solches, wenn es mindestens dem aktuellen KfW-Effizienzhaus Standard der Klasse 55 entspreche. Demnach dürfe der Jahresprimärenergiebedarf nicht über 40 kWh/(m²•a) liegen.

Neues Gebäudeenergiegesetz (GEG) legt deutschen  Niedrigstenergiehaus-Standard fest

In Paragraf 10 regelt das neue Gebäudeenergiegesetz, das gerade in Kraft getreten ist (wir berichteten), “Grundsatz und Niedrigstenergiegebäude”: Darin heißt es in Absatz (1), das, wer ein Gebäude errichte, dieses als Niedrigstenergiegebäude nach Maßgabe von Absatz 2 zu errichten habe. Und in Absatz (2) steht, dass das Gebäude so zu errichten sei, dass

  • der Gesamtenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Kühlung, bei Nichtwohngebäuden auch für eingebaute Beleuchtung, den jeweiligen Höchstwert nicht überschreitee, der sich nach § 15 GEG oder § 18 GEG ergebe,
  • Energieverluste beim Heizen und Kühlen durch baulichen Wärmeschutz nach Maßgabe von § 16 GEG oder § 19 GEG vermieden würden und
  • der Wärme- und Kälteenergiebedarf zumindest anteilig durch die Nutzung erneuerbarer Energien nach Maßgabe der Paragrafen 34 bis 45 GEG gedeckt werde.

Titelbild: Doreen Brumme