AEE-Metastudie_Atomenergie_Energieverbrauch

Atomenergie? Nein, danke!

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Atomenergie ist im zukünftigen Energiesystem weder notwendig noch rentabel. Das ist das Ergebnis einer neuen Metaanalyse, das die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) Ende Juni veröffentlichte . In der zugehörigen Pressemitteilung schreibt die AEE, dass das Jahr 2022 planmäßig zwar den deutschen Atomausstieg besiegele – schließlich habe der Bundestag im Jahr 2011 nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima (Japan) mit großer Mehrheit den Ausstieg aus der Atomkraft bis Ende 2022 beschlossen – doch dass vor dem Hintergrund des völkerrechtswidrigen Angriffes Russlands gegen die Ukraine-Krieges wieder Rufe nach einer Laufzeitverlängerung für die letzten drei AKW laut würden. Aus diesem Anlass habe die AEE die Metaanalyse erstellt.

Die aktuelle weltpolitische Situation habe neue Dynamiken in unserer Gesellschaft ausgelöst. Besonders hinsichtlich der Energieunabhängigkeit würden neue Wege beschritten und „alte“ wie Atomenergie vor dem aktuellen Hintergrund erneut bewertet. So solle die Atomkraft zur Versorgungssicherheit sowie zum
Klimaschutz und zu niedrigen Strompreisen beitragen. Diese Versprechungen könne sie laut der AEE aber gar nicht
erfüllen.

Die AEE habe dies der Pressemeldung zufolge zum Anlass genommen – insbesondere vor dem Hintergrund des diesjährigen Atomausstiegs – eine Metaanalyse im Rahmen der laufenden Kampagne „Erneuerbar statt atomar“ zu erstellen.

Der deutsche Atomausstieg 2022 sei längst überfällig und markiere das Ende eines langen Aushandlungsprozesses, sagte der AEE-Geschäftsführer Dr. Robert Brandt gegenüber der Presse. Die neue AEE-Metaanalyse liefere demnach zum richtigen Zeitpunkt einen kompakten Überblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft, wie das Energiesystem von morgen gestaltet werden könne.

AEE-Metastudie_Atomenergie

Die 26-seitige AEE-Metastudie “Ein erneuerbares Energiesystem für Deutschland ohne Atomkraft.
Studienvergleich zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2045” könnt ihr euch hier kostenlos aus dem Internet downloaden (PFD-Datei).

Laut der AEE beinhalte sie einen Szenarien-Vergleich für die Jahre 2030 und 2045 basierend auf den meistdiskutierten Studien der aktuellen Energiewende-Debatte, die ein breites politisches und inhaltliches Spektrum abdecken würden, darunter

  • die „Klimapfade 2.0“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI),
  • die Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität“ der Deutschen Energie-Agentur (dena)
  • sowie die Langfristszenarien des deutschen Wirtschaftsministeriums (BMWK).

Die AEE-Metastudie beschäftige sich mit den Kernaussagen der genannten Szenarien, wie Energiewende und Klimaschutz auch ohne Atomkraft funktionieren würden. Sie zeige, dass bereits eine Vielzahl an Studien untersucht hätten, wie eine Vollversorgung aus Erneuerbaren Energien aussehen könne.

Die Metaanalyse komme aufgrund dieses Studienvergleichs unter anderem zu diesen Ergebnissen:

Energiewende und Klimaschutz – das geht auch ohne Atomenergie

Es existieren verschiedene Pfade zum Erreichen der Klimaziele – der deutsche Atomausstieg 2022 werde laut der AEE-Metastudie in keiner analysierten Studie in Frage gestellt. Auch würden keine alternativen „Atom-Szenarien“ durchgespielt (siehe Titelbild).

Klimaschutzziele erreichen? Das steht und fällt mit Erneuerbaren Energien

Vor allem die kostengünstigen und potenzialreichen Technologien Windenergie und Photovoltaik müssten laut der Metstudie der AEE dynamisch ausgebaut werden. Bis 2045 müsse die installierte Leistung aus Wind und Solar laut den verglichenen Szenarien auf 433 bis 704 Gigawatt (GW) anwachsen.

Wasserstoff spielt wichtige Rolle im zukünftigen Energiesystem

Es müssten geeignete Rahmenbedingungen für die Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff und anderen synthetischen, strombasierten Energieträgern aufgebaut werden, damit diese rechtzeitig in ausreichender Menge und zu vertretbaren Kosten zur Verfügung stünden, schreibt die AEE in ihrer Pressemeldung weiter.

Auch wenn europäische Nachbarstaaten angekündigt hätten, verstärkt in Atomkraft zu investieren und aktuell im deutschen Parteiensystem vereinzelte Stimmen nach einer nuklearen Renaissance verlangen würden, bestehe im Rahmen der ausgewerteten Studien ein klarer Konsens darüber, dass Klimaschutz und Versorgungssicherheit nur mit den Erneuerbaren Energien sichergestellt werden könnten.

Angesichts des furchtbaren Krieges in der Ukraine müssten wir energiewirtschaftlich stärker umdenken denn je, forderte Brandt. Ihm zufolge seien sich sämtliche führenden Institutionen darin einig, dass nicht die Atomkraft, sondern ausschließlich die Erneuerbaren Energien hierfür der richtige Weg seien.

Viele gute Gründe sprechen gegen Atomenergie

Aktuelle Analysen hätten darüber hinaus gezeigt, dass die Atomenergie auch kurzfristig keine Abhilfe bei Energieknappheit schaffen könne. Der Grund: Es fehle an Brennelementen, Personal und Sicherheitsvorkehrungen, die sich gar nicht schnell genug beschaffen beziehungsweise umsetzen ließen, um die noch bestehenden AKWs einfach weiterlaufen lassen zu können. Nicht zuletzt blockiere die Atomenergie mit ihrer mangelnden Flexibilität und ihren hohen Kosten eine echte Energiewende.

Ausführlicher begründet die AEE das so:

  • Die drei hierzulande verbliebenen Atomkraftwerke müssten Sicherheitsprüfungen durchlaufen, die schon seit drei Jahren überfällig seien. Diese Tests müssten eigentlich alle zehn Jahre stattfinden. Der letzte wäre
    turnusgemäß 2019 gewesen. Da die Anlagen eh Ende 2022 vom Netz gehen sollen, sei eine Ausnahmeregelung erteilt worden. Unerkannte Defizite seien angesichts der überfälligen Sicherheitschecks nicht auszuschließen.
  • Die Brennelemente seien fast aufgebraucht. Die Beschaffung neuer Brennelemente dauere mindestens 12 bis 15 Monate, normalerweise bis zu 2 Jahren. Die drei Kraftwerke würden also frühestens im Herbst 2023 wieder voll in Betrieb gehen können.
  • Ein Weiterbetrieb würde nur im sogenannten „Streckbetrieb“ funktionieren, mit dem die Kraftwerke zwar länger, dafür aber mit geringerer Leistung laufen könnten. Das heißt, die Stromerzeugung müsste jetzt gedrosselt und der dadurch fehlende Strom aus Atomkraftwerken müsste mit mehr fossilem Kohlestrom gedeckt werden.
  • Für den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke fehle es Deutschland zudem an Personal. Neues Personal müsste erst ausgebildet werden.
  • Zudem würden fehlen Ersatzteile fehlen, da die Bevorratung im Hinblick auf den beschlossenen Atomausstieg abgebaut worden sei.
  • Für den anfallenden Atommüll müssten die Betreiber zusätzlich 2,5 Milliarden Euro als Deckungsvorsorge aufbringen. Die Atomkonzerne würden einen Weiterbetrieb deshalb ablehnen.

Grafiken: AEE