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Das Klima ist noch immer zu selten Thema!

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Eine aktuelle Inhaltsanalyse der Nachrichtensendung “Tagesschau” und des Gesamtprogramms von Das Erste, ZDF und WDR ging der Frage nach, welchen Anteil Beiträge zum Klima hätten und welcher Trend sich in der Berichterstattung zum Klima aufzeige. Das Ergebnis überrascht uns nicht: Die Analyse zeigt, dass das Klima mittlerweile zwar durchaus als politisch relevantes Thema behandelt wird, insgesamt aber noch zu wenig Gewicht hat.

Inhaltsanalyse zum Thema Klima in der Tagessschau und den Gesamtprogrammen von Das Erste, ZDF und WDR

In der Fachzeitschrift Media Perspektiven schreiben die Verfasser der “Inhaltsanalyse der ‘Tagesschau’ und des Gesamtprogramms von Das Erste, ZDF und WDR 2007 bis 2022. Der Klimawandel im öffentlich-rechtlichen Fernsehen”. die ihr hier als 8-seitiges PFD-Dokument kostenlos aus dem Internet downloaden könnt, Robin Tschötschel, Norman Schumann, Rahel Roloff und Michael Brüggemann, dass die Erderwärmung und damit einhergehende Fragen und Probleme  gesellschaftspolitisch immer wichtiger würden – entsprechend tauche das Thema Klima auch auf der Agenda der Massenmedien auf. Mit ihrer Inhaltsanalyse hätten die Klimakommunikations- und Wissenschaftskommunikationsforscher an der Fakultät für Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften der Universität Hamburg untersucht, welchen Anteil Beiträge zum Klima

  • in der „Tagesschau“ (November 2007 bis Oktober 2022)
  • und im Gesamtprogramm von Das Erste, ZDF und WDR (Juli 2021 bis September 2022) haben.

Die wichtigsten Ergebnisse der Inhaltsanalyse auf einen Blick

  • Seit dem Jahr 2018 habe die Klima-Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen
    Fernsehen insgesamt zugenommen.
  • In den Jahren 2009 bis 2018 sei in der Summe der Tage 8,2
    Jahre lang in der „Tagesschau“ nicht über das Klima berichtet worden.
  • Das Thema Klima habe in den Jahren 2021 und 2022 je nach Sendezeit
    zwischen 1 und 2,4 Prozent des Gesamtprogramms von Das Erste, ZDF
    und WDR eingenommen.
  • Insgesamt bleibe das Klima gegenüber Themen wie der Corona-Pandemie und der Wirtschaft zurück.

Die Inhaltsanalyse der „Tagesschau“ zeige, dass nationale und internationale Großereignisse wie die Reaktorkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011 für Peaks in der Berichterstattung zum Klima gesorgt hätten. Maßgeblich hätten aber die jährlich stattfindenden UN-Klimakonferenzen die Dynamik der Berichterstattung bis zum Sommer 2018 bestimmt. Im Zusammenhang mit Fridays for Future, Klimakonferenz und Dürresommer habe die Berichterstattung zum Klima ab 2018 zugenommen. Es scheine hier einen dauerhaften Schritt zu mehr Klima-Berichterstattung gegeben zu haben, denn auch im Jahr 2022 sei das Thema trotz anderer weltweiter Krisen präsenter als in den Jahren vor 2019 gewesen. Allerdings habe das Klima weiterhin nicht die allgegenwärtige Präsenz in der „Tagesschau“ wie das Thema Wirtschaft – und der Anteil der Sendeminuten mit Bezug zum Klima sei bislang gering.

In Sendungen der Programme Das Erste, WDR und ZDF ergäbe sich demnach ein ähnliches Bild in Bezug auf die Intensität der Berichterstattung zum Klima: In Wirtschaftssendungen von Das Erste hätten beispielsweise rund 5 bis 6 Prozent der Sendeminuten einen Bezug zum Klima gehabt. In Verbrauchermagazinen, Comedy- und Satiresendungen sei das Klima ebenfalls erwähnt worden, auch wenn es vor allem in Wissenschaftssendungen beleuchtet werde. Auch die Präsenz in Polittalkshows und Nachrichtensendungen sei ausgeprägter, jedoch sei der prozentuale Anteil der Sendeminuten zum Thema im Großteil des Programms sehr gering. Außerdem zeige die Analyse, dass vor allem Das Erste, aber auch die anderen beiden Programme in Morgen-, Vorabend-, und Hauptabendsendungen spürbar vermehrt über das Klima berichten würden. Das sei zwar aus Reichweitenperspektive positiv, trüge aber auch dazu bei, dass Publikumssegmente, die hauptsächlich tagsüber fernsähen, weniger wahrscheinlich mit Inhalten zum Klima erreicht würden.

Reicht die bisherige Klimaberichterstattung aus?

Abschließend merken die Kommunikationswissenschaftler an, dass die Frage, ob die in ihrer Inhaltsanlayse dargestellte Häufigkeit der Berichterstattung zum Klima ausreiche beziehungsweise dem Thema angemessen sei, eine Frage der Bewertung sei, die die Gesellschaft insgesamt treffen müsse. Die vorliegenden Längsschnittdaten der „Tagesschau“ wiesen jedoch darauf hin, dass das Thema Klimawandel jahrelang vernachlässigt worden sei und dass sich jetzt ein Wandel abzeichne.

“Aber ist dieser ausreichend?”, fragen die Wissenschaftler. Sie raten, dass diese Frage zumindest für die Arbeit der Redaktionen und Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an Relevanz gewinnen sollte. Die objektive Bedeutung des Problems Klimawandel für viele Gesellschaftsbereiche jedenfalls könne weiterhin kaum in Abrede gestellt werden. In diesem Kontext könne die
Entwicklung der letzten Jahre auf Seiten der „Tagesschau“ und die Behandlung des Themas in politischen Formaten positiv bewertet werden, es müsse aber gleichzeitig darauf hingewiesen werden, dass noch „viel Luft nach oben“ bestehe, wenn man bedenke, dass es sich um ein Problem handele, dessen
Bearbeitung über die zukünftige Lebensqualität der Menschheit entscheide.

Foto: knallgrün / Photocase