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Düstere Aussichten im World Energy Outlook 2012

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Vor gut einer Woche wurde der World Energy Outlook 2012 vorgestellt, der Weltenergieausblick der Internationalen Energieagentur (IAE). Er zeigt die weltweiten energiewirtschaftlichen Tendenzen bis 2035 auf und zeichnet dabei ein erschreckend düsteres Bild.

Die fossilen Brennstoffe kommen zurück

Ich habe hier ein paar Daten aus dem Hauptszenario New Policies für Euch zusammengestellt:

  • Energiebedarf steigt bis 2035 weltweit um ein Drittel, 60 % davon entfallen auf China, Indien und den Nahen Osten
  • Comeback der fossilen Brennstoffe durch unkonventionelle Förderung von Gas und Öl
  • Massive Subventionen für fossile Energien, analog zum Ölpreis steigend
  • Energieeinsparpotentiale liegen weitgehend brach
  • Erwartete mittlere globale Erwärmung langfristig 3,6 ° C
  • Irak könnte zweitgrößter Erdölexporteur der Welt werden
  • Kernkraft in einigen Ländern rückläufig

Unter “unkonventioneller Förderung” versteht man übrigens die Ausbeutung von Öl- und Gasvorkommen, die bisher als unerreichbar galten. Mit aggressiven Techniken wie dem umstrittenen Fracking wollen vor allem die USA ihr Ölfördermaximum erhöhen und zum Selbstversorger werden.

Da ist es nur ein schwacher Trost, dass zumindest in einigen Ländern die Kernenergienutzung unter dem Eindruck der Katastrophe von Fukushima Daiichi rückläufig ist und dass die Erneuerbaren Energien zulegen – allerdings nicht nur zugunsten von Sonne und Wind, sondern auch mit Wasserkraft und Biomasse. Massive Umwelteingriffe und erhöhter Wasser- und Landverbrauch für den Anbau von “Energiepflanzen” sind die Folge.

Energieeffizenz verschiebt den Point of no return nach hinten

Ein bisschen Energie sparen wir ja schon: Die USA haben neue Spritspar-Regeln für Autos eingeführt, und Europa will seinen Energieverbrauch bis 2020 um 20 % senken; Chinas Ziel heißt 16 % Einsparung bis 2015 (also gar eine steilere Abnahme als in Europa). Doch laut Efficient World Scenario ist noch viel mehr drin. Bei konsequentem Sparkurs würde der Ölverbrauch bis zum Jahr 2035 um gut 13 Millionen Barrel pro Tag sinken, das enspricht der heutigen Fördermenge von Norwegen und Russland. Der globale Temperaturanstieg würde gegenüber dem New Policies Scenario um sage und schreibe 0,6 ° C auf 3 ° C sinken und den Zeitpunkt, ab dem wir die Möglichkeit zur Umkehr verpassen (also die langfristige Erderwärmung um maximal 2 ° C), von 2017 auf 2022 verschieben.

Komplexe Zusammenhänge erschweren den Blick in die Zukunft

Vor allem, da die wirtschaftlichen und politischen Wechselbeziehungen komplex und globale Entwicklungen schwer vorhersagbar sind. So wurde der World Energy Outlook schon öfter von der Realität überholt, Georg Guensberg hat das hier recht gut veranschaulicht. Vielleicht muss die unkonventionelle Förderung bald eingestellt werden, weil sie zu teuer und zu risikoreich für Mensch und Umwelt ist. Und was, wenn der Irak sich nicht stabilisiert und daher auch seine Ölvorkommen nicht auf den Markt bringen kann? Engültig unverständlich wird der World Energy Outlook für mich, wenn von Speichertechnologien für CO2 die Rede ist. Wie der deutsche Bundesumweltminister Altmaier sehe ich in CCS keine Zukunft.

Außerdem hat die Menschheit noch mehr Probleme zu bewältigen: Derzeit haben fast 1,3 Milliarden Menschen nicht einmal Zugang zu Elektrizität, und doppelt so viele keine sauberen Kochgelegenheiten; ungelöste bewaffnete Konflikte machen uns zu schaffen. Für die Zukunft ist nur eines sicher: Wir stehen vor großen Herausforderungen, und die Energiewirtschaft ist ein Teil davon.

Bild: World Energy Outlook 2012 (Cover), © OECD/IAEA, 2012