Für wen rechnet sich der Wärmenetzbonus? (Fotot: momosu / photocase.de)

Für wen rechnet sich der Wärmenetzbonus?

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Seit dem Marktanreizprogramm 2012 kann bei der BAFA der Wärmenetzbonus als Zusatzförderung beantragt werden. Ein Bonus von 500 Euro klingt toll. Aber was muss man dafür tun? Und für wen ist der Bonus interessant? Und vor allem: wieso redet niemand darüber?

Warum gibt es den Wärmenetzbonus

Förderprogramme werden nie aus reiner Wohltätigkeit aufgelegt. Sie dienen dazu, Ziele zu erreichen. Am besten mehrere auf einen Schlag.

Der Wärmenetzbonus zum Beispiel stammt aus dem Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien. Wie der Name schon sagt, soll dieses Programm zum Kauf reizen und den Absatzmarkt für Energietechnik beleben. Davon profitieren Anlageproduzenten, Handwerksbetriebe und Energieberater.

Gleichzeitig profitiert die Bundesregierung selbst, dient das Programm doch dem Erreichen einer nachhaltigen und emmissionsarmen Versorgungsstruktur. Schließlich soll der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch für Wärme und Kälte bis zum Jahr 2020 auf 14% erhöht werden (Quelle und mehr Info in der Förderdatenbank).

Mit der Basisförderungen, dem Wärmenetzbonus und diversen anderen Boni setzt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) die Richtlinien des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) um.

Doch schafft der Wärmenetzbonus tatsächlich Anreize?

Wie erfolgt die Antragstellung?

Je nachdem, ob Sie die Solarthermieanlage als Privatperson oder als Unternehmer/Contractor betreiben, müssen Sie sich bei der BAFA-Förderung an unterschiedliche Antragsfristen halten.

Privatpersonen haben Zeit: Sie müssen die Anträge 9 Monate nach Inbetriebnahme einreichen (Tipp: Probelauf gilt nicht als Inbetriebnahme)
Unternehmen müssen planen: Ihr Antrag muss schon vor Vorhabensbeginn eingereicht werden.

Wer den Wärmenetzbonus beantragen will, braucht erfrischend wenig Formulare und Nachweise. Ein Grund ist, dass sich der Antragsteller zuvor durch die Unterlagen für Basisförderung oder Innovationsbonus nagen muss. Die halten allerlei fiese Kleinigkeiten bereit.

Für Vakuumröhren und Vakuumflachkollektoren gilt:

  • Die Bruttokollektorfläche muss mindestens 7,0 m² betragen. Damit sind wir mit unserer West-Gaube schon mal raus.
  • Der Pufferspeicher muss mindestens 50 Liter pro Quadratmeter Bruttokollektorfläche betragen (also mindestens 7*50 = 350 Liter).

Flachkollektoren müssen folgende Werte erfüllen:

  • Bruttokollektorfläche mindestens 9,0 m²
  • Pufferspeicher mindestens 40 Liter pro Quadratmeter Bruttokollektorfläche (mindestens 9*40 = 360 Liter).

Für alle gilt: Gefördert werden nur Solarthermie-Kollektoren, die in der Liste der förderfähigen Anlagen stehen.

Die Basisförderung gibt es nur für Gebäude im Bestand. Neu-Bauherren können stattdessen den Innovationsbonus beantragen. Der Wärmenetzbonus ist mit beiden kombinierbar.

Die Anforderungen an den solaren Deckungsgrad und die Wärmeisolierung sind für Ein- und Zweifamilienhäuser besonders streng. Wer ein Hotel oder eine Kombination von Gewerbebetrieb und Wohnhaus errichtet, hat geringere Auflagen zu erfüllen.

Den Innovationsbonus darf beantragen, wer folgendes neu erbaut:

  • ein Wohngebäude mit mindestens 3 Wohneinheiten, oder
  • ein Mischgebäude mit Wohn- und Gewerbenutzung, oder
  • Gemeinschaftseinrichtungen zur sanitären Versorgung, oder
  • Beherbergungsbetriebe mit mindestens 6 Zimmern, oder
  • ein Ein- oder Zweifamilienhaus mit einem solaren Deckungsgrad von mindestens 50% in dem der Transmissionswärmeverlust das 0,7-fache des entsprechenden Wertes des jeweiligen Referenzgebäudes nicht überschreitet.

In allen Fällen gilt: der Pufferspeicher muss mindestens 40 Liter pro Quadratmeter Bruttokollektorfläche fassen. Und, ganz wichtig: Nur der Einbau durch ein Fachunternehmen wird gefördert. Eigenleistung gilt nicht.

Sind alle baulichen Hürden überwunden, folgt endlich der Antrag für den Wärmenetzbonus. Der Antragsteller und das beauftragte Fachunternehmen müssen erklären, dass die Solaranlage hydraulisch an ein Wärmenetz angeschlossen wurde. Belegt wird dies durch eine Fachunternehmererkärung und die Rechnung für die Übergabestation an das Wärmenetz.

Um den Bonus zu erlangen, ist ein früher Antragszeitpunkt vorteilhaft. Denn der Wärmebonus wird aus einem Fördermitteltopf bezahlt, nach dem Prinzip first-come-first-served. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Förderung. Die aus den letzten Jahren bekannte Förderampel gibt es leider nicht mehr. Dafür ist die BAFA-Förderung für Erneuerbar Energien inzwischen auf Twitter.

Eine Frage bleibt offen: „Wo finde ich ein BAFA-gemäßes Wärmenetz?“

Nicht jedes Wärmenetz ist multifunktional

Der Anteil traditioneller Fernwärme liegt in den östlichen Bundesländern bei ca. 32%, in den westlichen bei ca. 9% (Quelle: Wikipedia).

Innerdeutsche Fernwärmeinseln sind zum Beispiel Flensburg und Kiel, deren Stadtwerke Fernwärme anbieten. Die Fernwärmenetze von Hamburg und Berlin sind privatwirtschaftlich, sie werden (noch) von Vattenfall betrieben. Der Hamburger Volksentscheid von 2013 hat daran bisher nichts geändert.

Basel hat ein besonderes Fernwärmenetz: Eine Heißwasseranlage. Im Unteren Aaretal werden etwa 15.000 Bewohner mit der Wärmeauskopplung des Kernkraftwerks Breznau versorgt.

In Österreich beziehen 22% der Wohnungen Fernwärme. Aber auch hier handelt es sich um regionale Lösungen mit vielfältigen Technologien.

Dänemark gilt als Vorreiter in. Seit 2013 dürfen dort keine Neubauten mit Gas- oder Ölheizungen ausgestattet werden. Für den Bestand gilt das Verbot ab 2016. Aktuell wird etwa die Hälfte aller dänischen Haushalte mit Fernwärme versorgt.

Eines haben diese Fernwärmenetze jedoch gemeinsam: Sie sind nicht auf dezentrales Einspeisen vorbereitet. Betrachten wir mal die innerdeutschen Nahwärmenetze. Im Zuge des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ist die Zahl der Nahwärmenetze inzwischen angestiegen. Auch an meinem Wohnort gibt es seit ein paar Jahren ein Nahwärmenetz, angeblich das teuerste Deutschlands. Aber auch dieses Netz ist auf das Verteilen zentral erzeugter Wärme ausgelegt, nicht jedoch für das Management dezentral eingespeister Wärme aus Solarthermieanlagen.

Hemmschuh: Noch sind dezentral gespeiste Wärmenetze Mangelware

Ecoquent-Positions plädiert schon lange für die Öffnung von Wärmenetzen für die solare Einspeisung. Bisher wurden jedoch fast nur Modellprojekte realisiert.

Hier eine Liste bekannte Wärmenetze, in die Wärme aus Solarthermieanlagen dezentral eingespeist werden kann. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und darf gerne ergänzt werden:

  1. Modellprojekt Neckarsulm: Dezentrale Einspeisung in Nah- und Fernwärmesysteme unter besonderer Berücksichtigung der Solarthermie (mehr Infos auf eneff-stadt.de).
  2. Modellprojekt 2011 in Hamburg: Hier arbeitet das System erst ab 100 m² Kollektorfläche pro Einspeisendem effizient. Also nichts für Häuslebauer und Renovierer. Für das Einspeisen wird eine Gebühr entrichtet, die als Speichergebühr funktioniert. Die Kunden speisen ein und dürfen die Wärme innerhalb der folgenden 8 Monate zu einem vergünstigten Tarif wieder beziehen.
  3. Modellprojekt Campus Berlin Adlershof (noch in Planung): Eine eigentlich nicht fernwärmewürdige Siedlung anschließen, inklusive Einbindung in den Fernwärmerücklauf. Das klingt nach einem praxisnahen Test. Mehr auf eneff-stadt.de.
  4. Das kalte Netz von Dollnstein: Der kleine Ort Dollnstein hat mit der Unterstützung eines dort ansässigen Schichtspeicherherstellers ein innovatives Wärmekonzept entwickelt.

Die Öffnung bestehender Wärmenetze wird durch folgende Faktoren gebremst:

  • Unterschiedliche Druck- und Temperaturverhältnisse: Bestehende Netze werden ab 140 °C und 15 bar betrieben.
  • Fehlendes Netzwerkmanagement: Bestehende Netze müssten aufgerüstet werden
  • 3. Keine Standards: Jedes Projekt ist eine Insellösung. Der Hersteller Viessmann und die Technische Universität Dresden erarbeiten aktuell Vorschläge für eine künftige Standardisierung.
  • Unbewegliche Big Player: Die alteingesessenen Energieversorger fühlen sich wohl und möchten am liebsten alles so lassen wie es ist.

Wärmenetz selbst errichten?

Angesichts der fehlenden Bereitschaft, bestehende Wärmenetze zu öffnen, greifen einige Bauherren, Gemeinden und Initiativen zur Selbsthilfe und errichten ihr eigenes Wärmenetz mit Wärmeeinspeisung.

Kritische Stimmen bezeichneten dies noch vor einiger Zeit als Missbrauch: Die kleinen Wärmenetze seien nur aufgebohrte Heizanlagen, errichtet, um Fördergelder zu erschleichen. Man forderte eine Mindestabnehmerzahl von mindestens 10 Teilnehmern, die nicht mit dem Bauherrn und dem Betreiber identisch sind. Von diesem Vorschlag nahm man letztendlich wieder Abstand. Aktuell muss nur ein einziger unabhängiger Teilnehmer angeschlossen sein.

Denn schließlich ist der Marktanreiz auch gegeben, wenn ein Unternehmer ein Wärmenetz errichtet, an das nur sein Büro und sein Wohnhaus angeschlossen sind. Ob ein Wärmenetzbonus von 500 Euro als Anreiz ausreicht, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Fazit

Tatsächlich ist der Wärmenetzbonus kein zu unrecht vernachlässigtes Fördermittel, sondern ein Besucher aus der Zukunft.

Kennen Sie Wärmenetze mit dezentraler Einspeisung? Haben Sie selbst den Wärmenetzbonus schon beantragt, oder einen Antragsteller unterstützt? Ich freue mich auf Ihre Meinung und Ihre Geschichte!

Foto: momosu / photocase.de