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Heizungs-ABC: Heizen mit Kalk – wie funktioniert das?

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Immer wieder berichten wir euch hier auf dem Solarthermie-Blog von neuen Forschungsergebnissen zum Heizen mit erneuerbaren Energien. Heute geht es ums klimaneutrale Heizen mit Kalk. Hier meldet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) neue Entwicklungen. Es habe der zugehörigen Pressemeldung zufolge eine Pilotanlage eines thermochemischen Kalkspeichers entwickelt. Basis dieses Wärmespeichers sei demnach gebrannter Kalk. Mit diesem ließen sich Gebäude klimaneutral heizen. Gemeinsam wollen das DLR-Institut für Technische Thermodynamik und die Universität Stuttgart die Technologie zum ersten Mal außerhalb eines Labors testen. Das Ziel sei es, bis zum Jahr 2023 Kalkspeicher für den Einsatz im Gebäudesektor weiterzuentwickeln.

Das Besondere an Kalkspeichern sei, dass sie nahezu keine Wärmeverluste hätten. Kalk könne Energie über Monate chemisch speichern. Ein solcher thermochemischer Speicher eigne sich sehr gut als saisonaler Speicher. So ließen sich erneuerbare Energien im Sommer einspeichern und im Winter nutzen.

Energiewende im Wärmesektor

Energiespeicher würden uns in Abhängigkeit von Tages- oder auch Jahreszeiten ermöglichen, auf schwankenden Energiebedarf zu reagieren. Das DLR arbeite intensiv an verschiedenen Speichertechnologien und -medien, die mittel- und langfristig für die Energiewende unverzichtbar seien. Das erklärt Prof. Karsten Lemmer, Mitglied des DLR-Vorstandes für Innovation, Transfer und wissenschaftliche Infrastrukturen.

Deutschland habe es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 80 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Doch um die Netz- und Systemsicherheit zu gewährleisten, müsse die Versorgung effizient und flexibel sein. Energiespeicher würden Lemmer zufolge ein wichtiger Schlüssel sein, um einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu schaffen.

In Deutschland machten demnach Heizen und Warmwasser über 80 Prozent des Energiebedarfs eines durchschnittlichen Haushalts aus. Aktuell decke sich dieser Bedarf vor allem aus fossilen Energieträgern. Bisher gebe es kaum Möglichkeiten, im Winter effektiv mit erneuerbaren Energien zu heizen. Denn im Winter sei der Wärmebedarf besonders hoch. Große Mengen erneuerbarer Energien ließen sich jedoch vor allem im Sommer gewinnen, zum Beispiel mit Hilfe von Solarthermie. Thermochemische Langzeitspeicher könnten hier einen saisonalen Ausgleich schaffen.

Heizen mit Kalk und Wasser

Das DLR-Institut für Technische Thermodynamik forsche seit mehreren Jahren intensiv an der Kalkspeichertechnologie. Im Labor habe man bereits eine Heizleistung von acht Kilowatt (kW) erreichen können. Damit ließe sich ein kleineres Einfamilienhaus beheizen. Da die erzeugte Wärme nahezu vollständig innerhalb des Gebäudes genutzt werde, seien Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent möglich. Das sagt Dr. Matthias Schmidt, DLR-Forscher und Projektleiter für die Entwicklung der Pilotanlage Heizen mit Kalk.

Ein großer Vorteil von Kalkspeichern sei, dass ihre Speicherkapazität sich einfach an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen ließe. Je mehr Kalk eine Anlage enthalte, desto mehr Energie könne sie speichern. Rund sechs Kubikmeter gebrannter Kalk würden ausreichen, um ein modernes Einfamilienhaus im Winter einen Monat lang autark zu versorgen.

Heizen mit Kalk und Wasser – so funktioniert das!

Um Wärme zu erzeugen, nutzten Kalkspeicher eine chemische Reaktion von gebranntem Kalk und Wasser. Zunächst werde Kalkpulver in einem Ofen auf über 450 Grad Celsius (°C) erhitzt. Dadurch entweiche im Kalk gebundenes Wasser. Es entstehe sogenannter gebrannter Kalk. In einer Mischkammer reagiere dieser mit Wasser chemisch zu gelöschtem Kalk. Dabei entstünden Temperaturen von über 100 °C. Je nach Bedarf lasse sich so anhand der Kalk- und Wassermenge die Heizleistung regeln, erklärt Schmidt. Werde der gelöschte Kalk wieder gebrannt, könne er erneut Energie speichern. Dieser Vorgang lasse sich dem Experten zufolge beliebig oft wiederholen.

Heizen mit Kalk: Pilotanlage beheizt erstes adaptives Hochhaus der Welt

Gemeinsam mit der Universität Stuttgart hätten die DLR-Forscher die Pilotanlage in das erste adaptive Hochhaus der Welt eingebaut. Dessen Fassade und flächige Bauteile würden sich beispielsweise an die Sonneneinstrahlung anpassen. Das helfe, Material und Emissionen einzusparen.

Aus dem Betrieb der Pilotanlage in dem Forschungsgebäude könnten die DLR-Wissenschaftler Rückschlüsse für den alltäglichen Einsatz von Kalkspeichern ziehen. „Wir untersuchen unter anderem, wie die Anlage regeln muss, um bei einem kurzen Witterungsumschwung optimal zu reagieren“, erläutert Schmidt.

Wärmespeicher Kalk: kostengünstig und ökologisch

Kalk besitze als Energiespeicher ein enormes Potenzial. Kalkspeicher könnten selbst erzeugte Solarenergie dezentral speichern. Zudem sei Kalk sehr kostengünstig, in großen Mengen verfügbar und ökologisch unbedenklich. Kalkspeicher seien daher auch für Privathaushalte interessant. Ebenso ließen sich damit ganze Wohnviertel versorgen, schreibt die DLR.

Über das Projekt „Kalkstein – Saisonaler Strom-Wärmespeicher für Gebäude“

Der Helmholtz-Validierungsfond und das DLR-Technologiemarketing finanzieren die Entwicklung eines saisonalen thermochemischen Speichers. Erfolgreiche Grundlagenforschung soll dadurch den technologischen Reifegrad einer Demonstrationsanlage erhalten. Dies markiert den Übergang des Technologietransfers in den Markt.

Mit Unterstützung des Sonderforschungsbereichs 1244 „Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen“ der Universität Stuttgart erfolgt die Integration der Pilotanlage.

Foto: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)