Fit for 55 EU Klimapaket

Green Deal – Fit for 55: EU richtet Klimaziele neu aus

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Mitte Juli nahm die Europäische Kommission ein Paket von Vorschlägen – Fit for 55 –  an, um die Politik der Europäischen Union (EU) in den Bereichen Klima, Energie, Landnutzung, Verkehr und Steuern so zu gestalten, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent (daher der Name “Fit for 55”) gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden können. Diese Verringerung der Emissionen im kommenden Jahrzehnt sei ein entscheidender Schritt auf dem Weg Europas, bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt zu werden und den europäischen Grünen Deal zu verwirklichen. Mit den Vorschlägen präsentiere die Kommission die Rechtsinstrumente zur Verwirklichung der im Europäischen Klimagesetz vereinbarten Ziele und die grundlegende Neuausrichtung unserer Wirtschaft und Gesellschaft für eine gerechte, grüne und florierende Zukunft.

Fit for 55 – Welche Vorschläge stecken im Klimapaket?

Die Vorschläge würden, so heißt es in der zugehörigen Pressemitteilung der EU-Kommission, das zum Verringern der Treibhausgasemissionen nötige Tempo in den kommenden zehn Jahren ermöglichen. Die Vorschläge kombinieren demnach folgende Maßnahmen:

  • Emissionshandel für neue Sektoren und strengere Auflagen im Rahmen des bestehenden Emissionshandelssystems der EU
  • verstärktes Nutzen erneuerbarer Energien
  • mehr Energieeffizienz
  • schnelleres Einführen emissionsarmer Verkehrsträger und der entsprechenden Infrastruktur und Kraftstoffe
  • Angleichen der Steuerpolitik an die Ziele des europäischen Grünen Deals
  • Maßnahmen zur Prävention der Verlagerung von CO2-Emissionen
  • Instrumente zum Erhalt und Vergrößern unserer natürlichen CO2-Senken

Obergrenze für CO2-Emissionen weiter senken & jährliche Kürzung erhöhen

Mit dem EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) werde CO2 bepreist. Außerdem würden die Obergrenzen für die Emissionen einzelner Wirtschaftszweige jedes Jahr gesenkt. So habe man die Emissionen aus der Stromerzeugung und energieintensiven Industriezweigen in den vergangenen 16 Jahren um 42,8 Prozent senken können. Nun schlage die Kommission vor, die Obergrenze für alle Emissionen noch weiter zu senken und die jährliche Kürzung zu erhöhen.

Kostenlose Emissionszertifikate für Luftverkehr schrittweise abschaffen

Ein weiterer Fit for 55 Vorschlag der Kommission sei es, die kostenlosen Emissionszertifikate für den Luftverkehr schrittweise abzuschaffen und mit dem internationalen System zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt (CORSIA) gleichzuziehen und Schifffahrtsemissionen erstmals in das EU-EHS einzubeziehen.

Gebäudesektor: Emissionen reduzieren mit extra Emissionshandelssystem

Um die fehlenden Emissionsreduktionen im Straßenverkehr und im Gebäudesektor anzugehen, werde ein separates neues Emissionshandelssystem für die Treib- beziehungswiese Brennstoffversorgung in diesen Sektoren eingeführt. Die Kommission schlage des Weiteren vor, den Innovationsfonds und den Modernisierungsfonds aufzustocken.

Um die erheblichen Klimaausgaben des EU-Haushalts zu ergänzen, sollten die Mitgliedstaaten die Gesamtheit ihrer Einnahmen aus dem Emissionshandel für klima- und energiebezogene Projekte bereitstellen. Ein bestimmter Teil der Einnahmen aus dem neuen Emissionshandelssystem für den Straßenverkehr und den Gebäudesektor sollte zur Abfederung etwaiger sozialer Auswirkungen auf sozial schwächere Privathaushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer vorgesehen werden.

In der Lastenteilungsverordnung würden den Mitgliedstaaten neue strengere Emissionssenkungsziele zugewiesen für Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und kleine Unternehmen. Dabei habe man den unterschiedlichen Ausgangssituationen und Kapazitäten in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung getragen und das jeweilige Pro-Kopf-BIP zugrunde gelegt sowie Anpassungen aus Gründen der Kosteneffizienz vorgenommen.

CO2-Abbau mit natürlichen Senken im Umfang von 310 Millionen Tonnen CO2-Emissionen bis 2030

Die Mitgliedstaaten seien auch gemeinsam für das Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre verantwortlich, scheibt die EU-Kommission weiter. Deshalb sei in der Verordnung über Landnutzung, Forstwirtschaft und Landwirtschaft ein EU-Gesamtziel für den CO2-Abbau mit natürlichen Senken im Umfang von 310 Millionen Tonnen CO2-Emissionen bis 2030 festgelegt worden. Nationale Zielvorgaben würden dafür sorgen , dass die Mitgliedstaaten ihre Senken pflegen und vergrößern würden, damit das Gesamtziel erreicht werde. Ziel der EU sollte sein, bis 2035 Klimaneutralität in den Sektoren Landnutzung, Forstwirtschaft und Landwirtschaft – auch bei den landwirtschaftlichen Nicht-CO2-Emissionen aus zum Beispiel dem Einsatz von Düngemitteln oder der Viehhaltung – zu erreichen. Die EU-Waldstrategie soll die Quantität, Qualität und Resilienz der Wälder in der EU verbessern. Sie unterstütze Forstwirtschaftsbetriebe und die forstbasierte Bioökonomie, sorge gleichzeitig für Nachhaltigkeit bei Holzeinschlag und Nutzen von Biomasse sowie den Erhalt der biologischen Vielfalt und beinhalte einen Plan zum Pflanzen von drei Milliarden Bäumen in ganz Europa bis 2030.

Zielvorgabe zum Erzeugen von Energie aus erneuerbaren Quellen auf 40 Prozent erhöht

75 Prozent der Emissionen in der EU stammten demnach vom Erzeugen und  Verbrauchen von Energie. Deshalb sei ein schnellerer Übergang zu einem umweltfreundlicheren Energiesystem von grundlegender Bedeutung. Daher werde die Zielvorgabe für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen bis 2030 in der Richtlinie über erneuerbare Energien auf 40 Prozent erhöht. Alle Mitgliedstaaten würden zu diesem Ziel beitragen, und es würden spezifische Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien in den Sektoren Verkehr, Heizung und Kühlung, Gebäude und Industrie vorgeschlagen. Im Interesse unserer Klima- und unserer Umweltziele würden die Nachhaltigkeitskriterien für die Nutzung von Bioenergie verstärkt, und die Mitgliedstaaten müssten Förderregelungen für Bioenergie so ausgestalten, dass der Grundsatz der Kaskadennutzung für Holzbiomasse gewahrt werde.

Energieverbrauch senken und Renovierungswelle auslösen: Sanierungsrate bei öffentlichen Gebäuden auf 3 Prozent erhöhen

Um den

  • Energieverbrauch insgesamt zu senken,
  • Emissionen zu verringern
  • und Energiearmut zu bekämpfen,

sehe die Energieeffizienz-Richtlinie ein ehrgeizigeres verbindliches Jahresziel für die Senkung des Energieverbrauchs auf der EU-Ebene vor. Sie diene als Richtschnur für die Festlegung der nationalen Beiträge und erhöht die jährliche Energieeinsparverpflichtung der Mitgliedstaaten auf fast das Doppelte. Der öffentliche Sektor müsse jährlich 3 Prozent seines Gebäudebestands renovieren, damit die Renovierungswelle vorankommt, Arbeitsplätze geschaffen werden und der Energieverbrauch und die Kosten für den Steuerzahler sinken.

Strengere Emissionsnormen im Verkehr

Um gegen die zunehmenden Emissionen aus dem Straßenverkehr vorzugehen, sei eine Kombination von Maßnahmen erforderlich, die den Emissionshandel ergänze. Strengere CO2-Emissionsnormen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge werden den Übergang zur emissionsfreien Mobilität beschleunigen, da die durchschnittlichen jährlichen Emissionen neuer Fahrzeuge ab 2030 55 Prozent und ab 2035 100 Prozent niedriger sein müssten als 2021. Im Ergebnis würden alle ab 2035 zugelassenen Neuwagen emissionsfrei sein. Damit Fahrzeuge in einem verlässlichen EU-weiten Netz aufgeladen oder aufgetankt werden könnten, schreibe die überarbeitete Verordnung über Infrastruktur für alternative Kraftstoffe vor, dass die Mitgliedstaaten die Ladekapazität nach Maßgabe der Absatzmengen emissionsfreier Fahrzeuge ausbauen und entlang der großen Verkehrsstraßen in regelmäßigen Abständen Tank- und Ladestationen installieren, und zwar

  • alle 60 Kilometer (km) fürs Aufladen elektrischer Fahrzeuge
  • und alle 150 km fürs Betanken mit Wasserstoff.

Flug- und Schiffstreibstoffe würden die Umwelt erheblich verschmutzen und müssten ebenfalls gezielt angegangen werden, um den Emissionshandel zu ergänzen. Gemäß der Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe müssten Flugzeuge und Schiffe in großen Häfen und Flughäfen Zugang zu sauberem Strom haben. Im Rahmen der Initiative „ReFuelEU Aviation“ würden Kraftstoffanbieter verpflichtet, dem an Flughäfen in der EU angebotenen Turbinenkraftstoff nach und nach mehr nachhaltige Flugkraftstoffe beizumischen, einschließlich synthetischer CO2-armer Kraftstoffe, die E-Fuels genannt würden. Die Initiative „FuelEU Maritime“ wird ihrerseits die Nutzung nachhaltiger Schiffskraftstoffe und emissionsfreier Technologien fördern im Wege einer Obergrenze für den Treibhausgasgehalt des Energieverbrauchs von Schiffen, die europäische Häfen anlaufen.

Besteuerung von Energieerzeugnissen

Das Besteuerungssystem für Energieerzeugnisse müsse den Binnenmarkt schützen und verbessern und den grünen Wandel fördern, indem die richtigen Anreize gegeben würden. Der Vorschlag für die überarbeitete Energiebesteuerungsrichtlinie sehe vor, dass die Besteuerung von Energieerzeugnissen auf die Energie- und Klimapolitik der EU abgestimmt werde. So könnten saubere Technologien gefördert und überholte Steuerbefreiungen und ermäßigte Steuersätze abgeschafft werden, die zurzeit die Nutzung fossiler Brennstoffe fördern. Dank der neuen Regeln sollten die schädlichen Auswirkungen des Energiesteuerwettbewerbs verringert und den Mitgliedstaaten zu Einnahmen aus Ökosteuern verholfen werden, die dem Wachstum abträglicher seien als Steuern auf den Faktor Arbeit.

Im Wege eines neuen CO2-Grenzausgleichssystems werde ein CO2-Preis für Einfuhren bestimmter Produkte eingeführt, damit die ehrgeizige Klimapolitik in Europa nicht zu einer Verlagerung von CO2-Emissionen führe. Dies werde sicherstellen, dass europäische Emissionssenkungen zu einem weltweiten Emissionsrückgang beitrügen, anstatt dass CO2-intensive Produktionskapazitäten aus Europa abwanderten. Außerdem soll dies Industrieunternehmen in Drittländern und unsere internationalen Partner dazu motivieren, Schritte in dieselbe Richtung zu unternehmen.

Faktenblätter zu den Fit for 55 Vorschlägen der EU-Kommission pro Sektor

Die EU-Kommission stellt euch zu den in den Fit for 55 Vorschlägen zur Neuausrichtugn der Klimaziele der EU genannten Handlungsfeldern Zusammenfassungen in Form von anschaulichen Faktenblättern (PFD-Dateien) bereit:

Foto: BreakingTheWalls/Photocase