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Heizungs-ABC: Was heißt temperaturbereinigter / witterungsbereinigter Verbrauch?

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In den kürzlich hier bei uns auf dem Blog vorgestellten Studien zum Energieverbrauch der Deutschen fürs Wohnen und zum Wärmeverbrauch der Deutschen 2017 (Wärmemonitor) fiel der Ausdruck temperaturbereinigter Verbrauch beziehungsweise witterungsbereinigter Verbrauch. Wir erklären hier was ein temperaturbereinigter / witterungsbereinigter Wärmeverbrauch / Energieverbrauch ist.

So beeinflusst die Witterung den Raumwärmebedarf

Wer den Energieverbrauch zum Heizen / Wärmeverbrauch zweier oder mehrerer Jahre miteinander vergleichen möchte, steht vor einem Problem: Der Verbrauch an Heizwärme richtet sich nach dem Bedarf daran – und der wiederum wird maßgeblich von den Witterungsbedingungen beeinflusst. Die Witterung allerdings ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich.

So waren die Winter von 1995/1996, 2005/2006, 2009/2010 und 2010/2011 nach Wetterstatistiken sehr kalte Winter. Der vergangene Winter 2017/2018 dagegen war ein eher milder. Entsprechend wurden die Heizungen mal stärker mal weniger stark befeuert, um die gewünschte Raumtemperatur zu erzielen, so dass der Verbrauch an Energie mal höher und mal niedriger ausfiel, was sich auch in den entsprechenden Heizkosten niederschlägt.

Studien, unter anderem vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), belegen mit sogenannten Längsschnittanalysen für Deutschland, dass und wie sich Schwankungen des Energieverbrauchs direkt auf Temperatureinflüsse zurückführen lassen.

Lesetipp: Wer dazu mehr lesen will, kann sich die Diplomarbeit „Einflussgrößen des Energieverbrauchs – Eine empirische Analyse für Deutschland“ von Volker Banschbach, 2003 eingereicht bei der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Heidelberg ab Seite 32 (Kapitel 4.7 Temperatureinflüsse) näher anschauen.

Insbesondere der sogenannte Endenergieverbrauch (EEV) sei demnach von der Außentemperatur abhängig, demzufolge beeinflussen Schwankungen der Außentemperatur die Energienachfrage maßgeblich. Anders ausgedrückt: Das Wetter beeinflusst den Raumwärmebedarf direkt. Ein milder Winter führt gegenüber einem kalten buchstäblich von Natur aus zur Energieeinsparung, ohne dass man weitere Energiesparmaßnahmen ergreift.

Energieverbrauch witterungsbedingt bereinigen – was heißt das?

Was sind Heiztage?

Zum Vergleichen des Energieverbrauchs über mehrere Jahre hinweg kann man daher eine Variable nutzen, die dem Energiebedarf für Wärme gerecht wird: die Zahl der Heiztage (HT).

Ein Heiztag wird als ein Tag definiert, an dem die gemessene mittlere Außentemperatur unterhalb der sogenannten Heizgrenze liegt. Die deutsche VDI-Richtlinie 2067/DIN 4108 T6 legt die Heizgrenze bei 15 Grad Celsius (°C) fest und die Innentemperatur bei 20 °C. Angegeben werden Heiztage als HT20/15.

Die Zeitspanne vom ersten bis zum letzten Heiztag eines Winters beziehungsweise fünf aufeinander folgende Heiztage werden als Heizperiode bezeichnet. Es ist ganz klar, dass eine lange Heizperiode die Energienachfrage erhöht.

Was sind Gradtagzahlen?

Allerdings ist der Raumwärmebedarf auch davon abhängig, wie sehr sich Außentemperatur und gewünschte Innentemperatur voneinander unterscheiden. Ein Zusammenhang, dem die sogenannte Gradtagzahl (GTZ) eher gerecht wird als die Heiztagzahl.

Für ihre Darstellung wird angenommen, dass die gewünschte Innenraumtemperatur 20 °C betragen soll. Dann wird das Tagesmittel der Außentemperatur ermittelt, indem Werte von drei Klimabeobachtungsterminen (7 Uhr, 14 Uhr und 21 Uhr) hinzugezogen werden, wobei man den Wert von 21 Uhr doppelt gewichtet.

Die zugehörige Formel lautet:

tm = t7+ t14+2x t21/4

Laut Erfahrungen stimmt die hiermit berechnete mittlere Tagestemperatur der Luft tm meist ziemlich gut mit dem Mittelwert überein, der aus 24 stündlich erfassten Temperaturen berechnet wird.

Die Gradtagzahl ergibt sich laut der VDI-Vorschrift 2067 Blatt 1 als Summe der Differenzen der angenommenen mittleren Rauminnentemperatur von 20 °C und dem jeweiligen Tagesmittelwert der Außentemperatur über alle Tage eines Zeitraums, an denen dieser unter der Heizgrenztemperatur des Gebäudes liegt (Heiztage mit mittlerer Außentemperatur unter 15 °C).

Wichtig: Die GTZ ist ortsabhängig, denn sie spiegelt örtliche Witterungsbedingungen wider.

Die Einheit für die Gradtagzahl ist Kelvin (K) beziehungsweise Grad Celsius (°C). Damit hat die GTZ dieselbe Dimension wie die Temperatur, die sich als Wärmesumme auch in Kelvintagen (Kelvindays = Kd) beziehungsweise Grad-Celsius-Tagen / Gradtagen / °C-Tagen (°Cd = °Cdays) angeben lässt.

Das Institut für Wohnen in Darmstadt stellt in einer stets aktualisierten xls-Tabelle die Gradtagzahlen für Deutschland dar, die ihr kostenlos downloaden könnt. Auch der Deutsche Wetterdienst DWD ermittelt für viele deutsche Orte Gradtagzahlen, die ihr mit dem Gradtagzahlen-Tool hier kostenlos abrufen könnt.

Die GTZ hilft demnach, zu berechnen, was man bei normaler Witterung an Energie verbraucht hätte. Es gilt: Je größer die Gradtagzahl ist, desto stärker wich die Witterung im betrachteten Zeitraum von der für diesen normalen Witterung ab. Und: Je größer der Wert der Gradtage ist, desto kälter war es im betreffendem Zeitraum und desto höher ist der daraus resultierende Heizenergiebedarf.

Rechenbeispiele: witterungsbereinigter Verbrauch

Witterungsbereinigter Verbrauch in einem milden Heizmonat – im Vergleich mit dem Durchschnitt

Hier gibt es ein erstes schönes Rechenbeispiel zur Berechnung des witterungsbereinigten Energieverbrauchs in einem ungewöhnlich milden Monat. Angenommen in einem milden Juni wurden nur 1.000 Kilowattstunden (kWh) Wärme verbraucht. Die GTZ für diesen Juni betrug 48. Das langjährige Mittel der GTZ für den Juni entspricht dagegen 84.

Dann berechnet man den witterungsbereinigten Energieverbrauch so:

Verbrauchaktuell/GTZaktuell = Verbrauchbereinigt/GTZmittel

beziehungsweise so:

Verbrauchbereinigt = Verbrauchaktuell x GTZmittel/ GTZaktuell

also:

1.000 kWh x 84/48 = 1.750 kWh

Wäre der Juni demnach nicht überdurchschnittlich mild gewesen, hätte man bei gewohntem energetischen Verhalten 1.750 kWh verbraucht.

Witterungsbereinigter Verbrauch vor und nach einer energetischen Sanierung – ein Vergleich

Das zweite Rechenbeispiel rechnet die Wiki vor: Darin geht es um den Vergleich von Energieverbräuchen vor und nach einer energetischen Sanierung. Angenommen der Heizenergieverbrauch nach der energetischen Sanierung betrage nur noch drei Viertel des Vorjahresverbrauchs.

Die Gradtagzahl fürs Jahr vor der Sanierung habe demnach 3.200 Kd/a betragen und nach der Sanierung 3.000 Kd/a. Aus der Division von 3.200 Kd/a durch 3.000 Kd/a ergebe sich der Korrekturfaktor mit 1,066. Die Wiki vermutet, dass der tatsächliche Energieverbrauch nach der energetischen Sanierung etwas höher ausfalle und berechnet diesen, indem die drei Viertel des Vorjahresverbrauchs mit dem Korrekturfaktor multipliziert werden: 75 Prozent mal 1,066 = 80 Prozent. Demzufolge sei der witterungsbereinigte Energieverbrauch nach der Sanierung nur um 20 Prozent niedriger als der Vorjahresverbrauch.