Wie schön es ist, wenn man bei Energiewirtschaftsveranstaltungen noch neue Wörter lernen kann. So geschehen bei der Präsentation des “Rechtsrahmen für die Energiewende in Österreich” letzte Woche. Abgesehen davon wie frustrierend es ist zu sehen, wie sehr sogar unser Rechtssystem der fossilen Energiewirtschaft in die Hände spielt und noch so unglaublich viel zu ändern ist, ist ein Wort bei mir ganz stark hängen geblieben: Der Lock-in-Effekt. Und da ich denke, dass es sehr wichtig ist zu verstehen, was der Lock-in Effekt für die Energiewirtschaft bedeutet möchte ich ihn heute erklären.
Die Definition des Lock-in-Effektes
In den Wirtschaftwissenschaften wird als Lock-in-Effekt, was auf Deutsch so viel bedeutet wie “Einloch-Effekt”, die Auswirkung bezeichnet, wenn eine Änderung der aktuellen Lage mit hohen Wechselkosten unwirtschaftlich gemacht wird. Volkswirtschaftlich werden Lock-in-Effekte in der Regel als wohlfahrtsschädigend eingestuft.
Als ich das Wort gehört habe, ist für mich eine Reihe von Lock-in oder wortwörtlichen golferischen Einloch-Effekten vor dem geistigen Auge abgelaufen. Bei euch auch?
Lock-in Effekt bei Ölheizungen
Ich habe hier ja schon einiges über Ölheizungen berichtet. Begonnen mit dem mutigen Vorstoß der Dänen, die eine Neuinstallation von Ölheizungen seit 2013 verbieten über die traurige Geschichte der Österreicher, die sich von einem Industrieverband einreden lassen, dass Ölheizungen in unserem Land “gefördert” würden. Hätte ich damals schon das schöne Wort “Lock-in-Effekt” gekannt, hätte ich das damals schon beschrieben, denn keine Wort beschriebt diese Aktion wohl besser. Ich habe es damals noch harmlos als “Kundenbindungsmaßnahme” bezeichnet, dabei wird dieses Wort dieser Aktion nicht wirklich gerecht. Im Unterschied zu Kundenbindungsmaßnahmen, die ja manchmal den Kundennutzen erhöhen, richtet der Lock-in Effekt tatsächlich gesamtvolkswirtschaftliche Schäden an.
Ein sprichwörtliches Hole-in-One für die Ölwirtschaft
Jede einzelne Ölheizung, die jetzt noch neu installiert wird, verhindert weitere 20 Jahre den Umstieg auf eine erneuerbare Heizung, die uns als Land abhänger hinterlassen und dem Kunden teure Zukunftskosten auferlegen. Beim Golf wäre dieses Einlochen auf eine so lange Zeit vermutlich eine Hole-in-One Prämie wert. Der Kunde ist leider auch sehr anfällig, weil gerade im Heizungsbau die Wechselkosten für den Kunden oft sehr hoch sind. Es ist einfach viel einfacher den alten Kessel gegen den Neuen zu tauschen. Zu allem Überfluss auch noch billiger, als ein erneuerbares System. Da der Mensch auch eher schlecht darin ist, zukünftige Kosten richtig aufzusummieren, geht die Entscheidung oft in Richtung neue Ölheizung. Wir haben deshalb übrigens den Heizkostenrechner entwickelt, hier werden die zukünftig zu erwartenden Kosten sehr schön aufaddiert und die Entscheidung fällt deutlich leichter.
Hier wäre wie so oft die Politik gefragt, die als lenkende Instanz eingreift. In Dänemark hat man eben entschieden, dass der Wohlfahrtsgewinn der Bevölkerung höher ist, als die Gewinnerwartungen der Ölunternehmen und sich für das Verbot entschieden. In Österreich und Deutschland ist das nach wie vor ein riesiges Tabuthema.
Lock-in Effekt bei Kohlekraftwerken
Selbiges gilt natürlich auch für neue Kohlekraftwerke. Mit jedem neuen fossilen Kraftwerk, verzögern wir den Systemwechsel, weil das Kraftwerk jene Kosten, die es im Bau verursacht hat wieder zurückverdienen muss, die Mitarbeiter die darin arbeiten und dafür ausgebildet wurden beschäftigen muss und nach Ende der Abschreibungszeit natürlich noch so lange wie möglich laufen muss, um den Investoren noch einiges Geld in die Kassen zu spülen. Auch die Wechselkosten und dadurch enstehenden volkswirtschaftlichen Schäden sind vorhanden und verhindern einen raschen Wechsel.
Ihr seht also, der Lock-in Effekt ist hochrelevant in der Energiewirtschaft und es wundert mich sehr, dass er noch nicht öfter in der Literatur verwendet wurde. Was meint ihr? Wie könnte man dem entgegenwirken? Die Kunden, die sich heute für eine Ölheizung entscheiden, verursachen langfristig volkswirtschaftliche Schäden und werden von der Industrie aber in diese Richtung gedrängt. Wer müsste mit den externen Kosten belegt werden, die Industrie oder der Kunde?
elnineo / photocase.com
Ein sehr schwieriges Thema, wie schafft man den Umstieg im Heizungssektor. Bei Verboten bin ich mittlerweile skeptisch, denn durch die Preisunterschiede in der Investition wird die Sanierungsrate – ohne weitere unterstützende Maßnahmen – noch weiter sinken. Das kann auch nicht unser Ziel sein.
Bin auch kein Fan des Verbotes, aber es gibt ja politisch noch viel mehr Möglichkeiten. Theoretisch müsste man dem Kunden aber die in Zukunft verursachten CO2 Kosten in Rechnung stellen. So würde der Lock-In Effekt verringert, weil die Wechselkosten im Vergleich dann nicht so hoch sind. Ich versuche gerade auszurechnen, wie viel externe Kosten eine Ölheizung im Betrieb verursacht. Hat da jemand Daten?
In D soll es künftig einen Heizöltank-TÜV geben der weitere hohe Kosten verursacht. Ein Grund mehr nicht mehr auf Heizöl zu setzen.
ja, da bringen wir bald was. Ich sehe die Gefahr aber gerade bei dieser Plakette, dass es zu wahnsinnig vielen Lock-In Ölheizungen kommen wird, weil es von dem Überprüfenden abhängt welches System er empfiehlt.