Während Klimawissenschaftler und Klimawandelskeptiker noch um die öffentliche Meinung konkurrieren, haben Fachleute die Suche nach Lösungen zur Anpassung längst begonnen – denn die Auswirkungen des Klimawandels sind schon vielfach spür- und messbar.
Deutscher Wetterdienst fordert Anpassung an die Folgen des Klimawandels
Nach dem Juni-Hochwasser von 2013, bei dem innerhalb von 4 Tagen 22,75 Billionen Liter Wasser auf Deutschland fielen, forderte der Deutsche Wetterdienst in einer Pressemitteilung die Anpassung an den Klimawandel. So könne man zwar bisher keinen eindeutigen Trend zu vermehrten extremen Niederschlagsereignissen ableiten, wohl aber einen Trend zu mehr Ereignissen mit Tagesniederschlägen von mehr als 30 l/m² – vor allem im Winter. DWD-Niederschlagsexperte Dr. Andreas Becker stellt die Frage, ob die Berechnungsgrundlage für die Wiederkehrzeiten von Extremereignissen noch stimmt.
Wann verklagen die ersten Bürger ihre Kommunen auf Klimawandelanpassung?
Manche Wasserwirtschaftsexperten empfehlen bereits, die statistischen Annahmen über die Häufigkeit von Regen- und Hochwasserereignissen anzupassen, die Grundlage für jede Planung von Kanalnetzen und Hochwasserschutzmaßnahmen sind. Und auch die Gerichte könnten Arbeit bekommen: Ich bin gespannt, wann die ersten durch Hochwasser und Kanalrückstau Geschädigten ihre Gemeinden und Städten vorwerfen, dass sie ihre Kanalnetze und den Hochwasserschutz nicht genügend an den Klimawandel angepasst haben.
Dabei genügt es nicht, einfach pauschal größer und höher zu bauen – das ist kostenmäßig nicht zu bewältigen und auch nicht sinnvoll, da die Extremereignisse nicht gleichmäßig zunehmen, sondern an lokalen Hot Spots auftreten. Vielmehr muss auch an anderen Stellschrauben gedreht werden, zum Beispiel bei der Entsiegelung von Flächen und der Ausweisung von Baugebieten.
Dramatische Änderungen im Wasserhaushalt
Die unabhängige Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) beschäftigt sich detailliert mit Strategien zur Anpassungen an den Klimawandel im wasserwirtschaftlichen Bereich. In ihrem Themenband Klimawandel – Herausforderungen und Lösungsansätze für die deutsche Wasserwirtschaft (2010) hat die DWA Daten und Szenarien zum Klimawandel ausgewertet und kommt zu dem Ergebnis:
“Regional stark variierend werden teilweise dramatische Änderungen aller Komponenten des Wasserhaushalts mit erheblichen Konsequenzen in allen Bereichen der Wasserbewirtschaftung und der Gewässernutzung abgeleitet.”
Auch Pflanzenschädlinge lieben mediterrane Temperaturen
Eng mit dem Temperatur- und Wasserhaushalt verknüpft ist natürlich die Landwirtschaft. Experten erwarten die Zunahme von Dürreschäden sowie Ernteausfälle durch Überschwemmungen, Hagel und Sturm, unregelmäßige Wasserversorgung und neue Pflanzenkrankheiten. Zudem gedeihen im milderen Klima auch die Schädlinge – auch solche, die bisher nicht bei uns heimisch waren. Und auch Kühe und Schweine können künftig vermehrt unter Hitzestress leiden. Der Verband der Landwirtschaftskammern beschäftigt sich daher in seinen Fachinformationen auch mit den Anpassungsstrategien für den Pflanzenbau und die Tierhaltung. Fruchtartenwahl und Fruchtfolgegestaltung, Bodenbearbeitung, Düngung, Pflanzenschutz und Bewässerung bieten dabei Handlungsansätze.
Versicherungswirtschaft stellt sich auf Klimawandel ein
Und auch Versicherer melden steigende Schäden durch Unwetter. Die Bayerische Versicherungskammer veranstaltet sogar ein jährliches Klimasymposium. So ließen sich noch viele weitere Bereiche aufzählen – zum Beispiel der Tourismus und der Küstenschutz. Die Fachleute arbeiten bereits an der Klimawandelanpassung. Einfach aus Erfahrung und der praktischen Notwendigkeit heraus.
Sogar die Amis wachen langsam auf
Wer die US-Amerikanischen Medien verfolgt, wird auch merken, dass sogar im Land der Klimawandelskeptiker langsam ein Umdenken im Gang ist. Am Montag blieben 28 Senatoren in der Aktion #Up4Climate wach und diskutierten über das Thema. Leider hauptsächlich Demokraten, aber lange wurde dieses Thema im Senat einfach nicht erwähnt.
Foto: Jivee Blau / de.wikipedia.org
Hallo Sabine!
Nichts gegen sinnvolle Bemühungen. Dies bedeutet aber auch, Rückbau von Grundstücken und Einsicht der so anspruchsvollen Bürger. Übrigens, hatten Thüringen und Sachsen nicht den niederschlagsärmsten Winter seit gefühlten Millionen Jahren?!
Herzliche Grüße
Ralf
Hallo Ralf!
Ja, ohne Einschnitte geht es nicht. Allerdings kann man zum Beispiel schon bei der Ausweisung von Baugebieten gegensteuern, bzw. die Siedlungen so gestalten, dass sich bei Überflutungen die Schäden in Grenzen halten. Und vor allem geht es darum, den Klimawandel nicht noch zusätzlich anzuheizen. Nicht nur in Thüringen und Sachsen ist der Schnee ausgeblieben, sodass viele Regionen zumindest von Frühjahrshochwässern durch Schneeschmelze nicht so gefährdet sind wie in anderen Jahren. Auch das kann eine Auswirkung des Klimawandels sein. Wie gesagt: Die Extreme nehmen zu.
Herzliche Grüße
Sabine
Klimawandel-Anpassung auch in Österreich ein Thema. Gerade erst ein Handbuch für Gemeinden und Regionen veröffentlicht.
Klimawandel trifft Österreich: Regionen müssen handeln
http://www.klimafonds.gv.at/presse/presseinformationen/klimawandel-trifft-oesterreich-regionen-muessen-handeln/
Danke für die Information – die Deutsche Anpassungsstrategie (DAS) von 2008 bzw. der Aktionsplan von 2012 sind ja nicht mehr ganz so taufrisch wie das Österreichische Handbuch, aber ich habe gerade die Strategische Behördenallianz “Anpassung an den Klimawandel” beim dt. Bundesumweltamt entdeckt. Schritte in die richtige Richtung.