Die Medaillen sind verteilt, die letzte Feuerwerksrakete der Abschlussparty ist am Himmel verglüht und die Sportler kehren heim, um sich feiern zu lassen: Zeit, Erfolge und Misserfolge zu analysieren. Waren es Nachhaltige Olympische Spiele? Unsere Bilanz der Spiele, die als “Grünste Spiele aller Zeiten” in die Geschichte eingehen sollen.
Nachhaltige Olympische Spiele: Versprechen an Umwelt und Bevölkerung
So jedenfalls versprachen es das Organisationskomitee LOCOG und die Olympic Delivery Authority (ODA) in ihrem Nachhaltigkeitskonzept . Als Standort wurde bewusst eine Industriebrache aus dem viktorianischen Zeitalter ausgewählt, um die angrenzenden sozial schwachen Stadtteile Londons aufzuwerten. Dabei sollten nicht nur Bevölkerung und Ausführungsverantwortliche an einen Tisch geholt, sondern auch nach strengen Umweltkriterien vorgegangen werden.
Nachhaltige Olympische Spiele mit alternativen Energien?
Der CO2-Ausstoß der olympischen Gebäude bleibt unter dem in Großbritannien geltenden Referenzwert für Neubauten, der Trinkwasserverbrauch wurde minimiert. Die geplante Windkraftanlage baute man leider nicht; stattdessen versorgten nun Gas-Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung einen Teil der Sportstätten mit Strom und Wärme; in geringem Umfang soll auch Photovoltaik zum Einsatz gekommen sein. Gimmicks wie die Brücke, die beim Darübergehen Strom erzeugt, sind ein netter Hingucker, dürften die Gesamt-CO2-Bilanz aber kaum beeinflussen.
Nachhaltige Olympische Spiele im Jahr 2012, das war vor allem auch ein riesiges Bau- und Infrastrukturprojekt. Für die Sportstätten kamen möglichst viele recycelte und wiederverwendbare Materialien zum Einsatz. So besteht ein Teil der Tragkonstruktion des Olympiastadions aus überschüssigen Rohrprofilen von anderen Bauvorhaben, und etliche standardisiert gebaute Brücken werden nach den Spielen demontiert und andernorts weiterverwendet.
Kritik an Groß-Konzernen
Nun könnte ich mich noch lange mit den Feinheiten der Baukonstruktionen, dem Abfall- und Abwasserkonzept und den Auswirkungen auf die Stadtentwicklung beschäftigen; allein die Dekontamination von rund 1,5 Millionen Kubikmetern Boden beeindruckt mich. Sponsoren und Partner wie McDonald’s oder Coca-Cola verbinde ich dagegen eher mit fettigen Pommes und überzuckerten Getränken. Damit kann man beim Thema “Gesundes Leben” des Nachhaltigkeitskonzeptes nicht gerade punkten. Und auch Konzerne wie die Ölfirma BP oder Dow Chemicals können kaum als Aushängeschilder für Nachhaltigkeit gelten. Sogar die indische Regierung meldete ihren Protest gegen das Engagement von Dow Chemicals an Olympia an – wegen der Folgen der Giftgaskatastrophe von Bhopal 1984; die Leidtragenden der Region warten bis heute auf eine Dekontaminierung des Fabrikgeländes durch Dow Chemicals.
Dabei sein ist alles?
Folgt man dem olympischen Gedanke der Antike, Dabei sein ist alles, so ist London 2012 sicherlich “grün” zu nennen. Welchen Nutzen Umwelt und Bevölkerung langfristig ziehen, werden wir in Zukunft beobachten müssen. Dabei kann es nicht schaden, sich hier eher an das Motto der Neuzeit zu halten: Schneller, höher, weiter! Doch vorerst wird in London noch nichts zurückgebaut oder recycelt, denn der Wettkampf geht in die zweite Runde: Mit den Paralympics ab 29. August.
Quellen: Offizielle Internetseite der Olympischen Spiele und der Paralympics 2012; Nachhaltigkeitskonzept der ODA (Zusammenfassung);Vortragsskript Planung der Olympischen Spiele 2012 in London, Klaus Grewe, Projektverantwortlicher für die Gesamtkoordination aller Projekte der Olympischen Spiele; Die Ökobilanz der olympischen Spiele, Architekturzeitschrift Detail ; Magazin Utopia
Foto: pixelio.de | (c) Klaus Steves
Sehr geehrter Frau Raedisch,
bitte erlauben Sie mir eine Nachfrage. Zugebenerweise habe ich ein wenig Muehe die Aussage Ihres Artikels zu verstehen.
Loben Sie die Nachhaltigkeitsmassnahmen und kritisieren Sie das Auftreten der Grosspsonsoren?
Wenn ja, waere es vielleicht wert, die Relationen zwischen den einzelnen Beteiligten zu beschreiben.
– Die Stadt London ist Ausrichter der Spiele und hat das Konzept der Nachhaltigkeit wie von Ihnen beschrieben durchgefuehrt, aber noch viel wichtiger wir hinterlassen ein Erbe (Legacy). Die von Ihnen erwaehnte Rueckbau hat zum Ziel den Olympischen Park bewohnbar zu machen. Grosse Fluchtwege und Flaechen, Stadien mit Olympischen Zuschauerbedarf sind nach den Spielen nicht mehr nutzbar, unterhaltbar und verhindern ein weitere Nutzung. Nach den Paralympics erfolgt nicht umbedingt ein Rueckbau (das Wort suggeriert Abriss) sondern um die Fortsetzung des Umbaues in einen lebenswerten Stadtteiles.
– Die Sponsoren, auch wenn hier Ihre Krititik berechtigt ist, sind ausschliesslich mit dem IOC verbunden und die Auflagen und Wuensche dieser Sponsoren ein Anhang zum IOC Pflichtenheft das jede Stadt erfuellen muss. In der Regel , Bereitstellung von Verkaufsflaechen, Garantie der Exklusivitaet, Eintrittskarten.
Das hoert sich zugebenermasssen nicht korrekt an, und wir hatten auch anfangs unsere Schwierigkeiyen dies zu verstehen, allerdings haben wir ueber die Jahre auch Verstaendniss fuer das IOC bekommen.
Der Deal zwischen Coca Cola, Samsung, Mc Donalds und dem IOC ist ganz einfach. Das IOc Bekommt eine Menge Geld, dafuer habe diese Firmen besondere Rechte mit dem Logo zu werben und auf dem Olympiagelaende praesent zu sein.
Das Geld ( und bitte beachten Sie das das IOC 12 Festangestellte hat) und seit Jaques Rogge anders agiert als die in zwielichtigen LIcht stehenenden Vorgaenger) wird vom IOV zu 100% dafuer eingesetzt 2 und dritte WElt Laender zu unterstuetzen ueberhaupt an den Spielen teilzunehmen- ein Sponsoring was die “reichen” IOC Mitgliedsverbaende nicht bereit waren , oder selbst nicht die Gelder haben – dies durch zu fuehren.
Das ist natuerlich ein gewisser Tanz mit dem Teufel – aber wenn Sie die Begeisterung betrachten mit der gerade 3 Welt Laender an den Spielen teilnehmen – ist das vielleicht ein Weg der gegangen werfen koennte.
Sehr geehrter Herr Grewe,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Ihr Skript zur Planung der Olympischen Spiele habe ich mit großem Interesse gelesen – und mit Respekt vor dem Großprojekt, das Sie hier erfolgreich koordiniert haben. Gerade als Bauingenieurin bewundere ich die Leistung, die dahintersteckt.
Ja, so sehe ich das. Mit den Olympischen Spiele 2012 wurde eine große stadtplanerische Chance genutzt, und die Legacy-Maßnahmen werden weit über die Spiele hinaus weiterwirken (dies zu begleiten und zu beobachten ist sicherlich ein spannender Prozess) und sind damit im besten Sinne als nachhaltig zu bezeichnen. Mit dem Begriff “Rückbau” verbinde ich nicht unbedingt die Abrissbirne, sondern das Entfernen von nicht mehr Benötigtem zugunsten des Umbaus, den Sie beschreiben. Doch zugegebenermaßen klingt es nicht so positiv, wie es ist. Zum Beispiel beschreiben Sie in Ihrem Bericht, dass ca. 60 Brücken auf Grund ihrer standardisierten Konstruktion abgebaut und andernorts weiterverwendet werden können – eine ebenso einfache wie wirkungsvolle Maßnahme.
Dass einige Großkonzerne, die nachweislich nicht zu den ethisch und ökologisch korrektesten dieser Welt gehören, vom positiven Image der Spiele profitieren (wollen), sehe ich nach wie vor kritisch.
Allerdings kann ich Ihre Sichtweise nachvollziehen. Ohne Sponsoren wäre so ein Großereignis schwer zu finanzieren, und damit würde es auch all die positiven Aspekte nicht geben, die im Umfeld der Spiele bewirkt wurden. Wie fast alle Dinge des Lebens ist die Sache auch hier viel differenzierter, als sich in einem auf 400 Wörter verdichteten Blogpost beschreiben lässt.
“Unterm Strich” ist das Ganze wohl ein guter Kompromiss mit mehr positiven Effekten als negativen. Und vielleicht haben wir ja eines Tages genügend finanzstarke “grüne” Sponsoren…
Heute ist es modisch sich ein grünes Mäntel umzuhängen, also auch für das IOC ganz normal. Und wie alles was Geld kostet und Publicity bringt, ist eine Geldmaschine dahinter. Das grüne Mäntelchen wird zum Feigenblatt. Da der Konsument aber mittlerweile danach fragt, was ein großer Fortschritt ist, sind die großen Sponsoren mit beim grünen Mäntelchen dabei, damit sie nicht den Strudel von Negativ-Campainign kommen. OK – das kann man kritisieren, oder auch positiv sehen, denn immerhin findet eine Auseinandersetzung mit dem Thema statt. Das Beispiel Bhopal zeigt aber wieder, wie unausgegelichen und eng in vielen Firmen der Umagnag mit der Umwelt ist. CSR ist eben doch nicht mehr als eine Feigenblatt und verdeckt nicht ganze düstere Kapitel. Die Quartalszahlen sind halt wichtiger als die Umwelt.
Die Stadt London ist ein Komune und die darf nicht in Quartalsberichten denken. Somit ist hier der Spielraum kleiner und die Verantwortung größer. Und wie ich dem Artikel aber auch Kommentar von Herrn Grewe entnehme, ist da einiges gemacht worden, das ist meiner Meinung die wichtiger und länger anhaltende Komponente und hat auch was mit Stadtentwicklung zu tun. Da liegen die Betrachtungsweisen eben anders. Gut so!
Auf jeden Fall vielen Dank für die Auseinandersetzung mit dem Thema, denn bei all den Siegen und Niederlagen, wird gerne das drumherum ausgeblendet. Das hat nun eine Bühne bekommen. 😉