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1,5-Grad-Klimaziel: Wo stehen wir 2024?

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Im  Jahr 2015 unterzeichneten fast alle Staaten der Erde das Übereinkommen von Paris (wir berichteten). Damit sprachen sie sich für das 1,5-Grad-Klimaziel aus. Sie wollen Anstrengungen unternehmen, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius (°C) zu begrenzen. Lest hier, wo wir nach fast neun Jahren mit unseren Bemühungen stehen. Spoiler: Im Juli 2024 teilte Copernicus, der Klimadienst der EU, mit, dass die Erdtemperatur zwölf Monate in Folge bei 1,5 °C über dem vorindustriellen Temperaturniveau oder sogar schon darüber lag. 

Zur Erinnerung: Was ist das 1,5-Grad-Klimaziel?

Das sogenannte 1,5-Grad-Klimaziel ist ein internationales Ziel, das auf der sogenannten COP 21 festgelegt wurde, der 21. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (UN), die im Dezember des Jahres 2015 in Paris stattfand. Es wird deshalb auch das 1,5-Grad-Klimaziel von Paris genannt.

Mit dem 1,5-Grad-Klimaziel beschloss die internationale Staatengemeinschaft, die globale Erderhitzung auf höchstens 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Diese Grenze erkannten die 195 unterzeichnenden Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen als notwendig an, um die gravierendsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden.

Das 1,5-Grad-Klimaziel fußt auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zeigen, dass eine Erderhitzung über 1,5 °C hinaus zu schwerwiegenden und potenziell irreversiblen Schäden für das globale Klima führen würde, darunter:

  • das Abschmelzen von Eisschilden,
  • ein signifikanter Anstieg des Meeresspiegels,
  • häufigere und intensivere Extremwetterereignisse wie Dürren, Hitzewellen und Stürme,
  • das Aussterben von Arten
  • und die Zerstörung von Ökosystemen.

Um die Erderhitzung auf höchstens 1,5 °C zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen weltweit drastisch reduziert werden.

Dazu ist ein rascher Systemwechsel nötig, der weg von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Erdöl und Erdgas und hin zu erneuerbaren Energien wie Solarenergie (Solarwärme und Solarstrom) und Windenergie führt. Außerdem sind umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um den Energieverbrauch generell zu senken (Stichwort: Energieeffizienz) und die Gewässer und Wälder zu schützen. Auch Maßnahmen zur Anpassung an inzwischen unvermeidbare Folgen des Klimawandels sind notwendig.

Das 1,5-Grad-Klimaziel zu erreichen, ist eine große Herausforderung für die Welt: Denn dazu sind tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft erforderlich. Doch es bleibt uns keine Alternative, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden und eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen zu sichern.

Die Zeit zur Erreichung dieses Ziels war schon im Jahr 2015 knapp. Heute, fast neun Jahre später, ist sie knapper denn je.

1,5-Grad-Klimaziel – eine Bilanz: Wo stehen wir im Jahr 2024?

Bereits im Januar dieses Jahres berichteten wir hier auf dem Solarthermie-Blog darüber, dass das vergangene Jahr 2023 das

  • wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen
  • und das erste Jahr war, in dem das 1,5-Grad-Klimaziel von Paris gerissen wurde.

Nur ein halbes Jahr später, im Juli 2024, teilte Copernicus mit, dass der Juni 2024 der zwölfte Monat war, in dem die globale Temperatur 1,5 °C über der vorindustriellen Temperatur lag.

Copernicus 1,5-Grad-Klimaziel monatlich 2024
Monatliche Anomalien der globalen Oberflächentemperatur (in °C) im Vergleich zur Zeitspanne 1850 bis 1900 von Januar 1940 bis Juni 2024, dargestellt als Zeitreihen für alle 12-Monats-Zeiträume von Juli bis Juni des folgenden Jahres. Wichtig: Die 12 Monate von Juli 2023 bis Juni 2024 sind mit einer dicken roten Linie dargestellt, während alle anderen 12-Monats-Zeiträume mit dünnen Linien dargestellt sind, die entsprechend dem Jahrzehnt schattiert sind, von blau (1940er Jahre) bis ziegelrot (2020er Jahre). Grafik: Copernicus

Der Juni 2024 war demnach weltweit wärmer als jeder vorangegangene Juni in den Datenaufzeichnungen. Er lag  mit einer durchschnittlichen ERA5-Oberflächenlufttemperatur von 16,66 °C,

  • um 0,67 °C über dem Juni-Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020
  • und um 0,14 °C über dem bisherigen Höchstwert vom Juni 2023.

Copernicus schreibt in der zugehörigen Pressemeldung, dass der Juni der dreizehnte Monat in Folge war, der der wärmste in der ERA5-Aufzeichnung für den jeweiligen Monat des Jahres was. Das sei demnach zwar ungewöhnlich, aber eine ähnliche Serie von monatlichen globalen Temperaturrekorden habe es bereits 2015/2016 gegeben.

Den ERA5-Daten zufolge lag der Juni 2024 1,5 °C über dem geschätzten Juni-Durchschnitt für die Jahre 1850 bis 1900, dem designierten vorindustriellen Referenzzeitraum, und war damit der zwölfte Monat in Folge, der die 1,5 °C-Schwelle erreichte oder überschritt.

Die globale Durchschnittstemperatur für die letzten 12 Monate (Juli 2023 bis Juni 2024) ist laut Copernicus die höchste seit Beginn der Aufzeichnungen und liegt

  • 0,76 °C über dem Durchschnitt von 1991 bis 2020
  • und 1,64 °C über dem vorindustriellen Durchschnitt von 1850 bis 1900.

Die europäische Durchschnittstemperatur im Juni 2024 lag um 1,57 °C über dem Mittelwert für den Zeitraum 1991 bis 2020, was den Monat zum zweitwärmsten Juni seit Beginn der Aufzeichnungen in Europa macht.

Die europäischen Temperaturen lagen in den südöstlichen Regionen und in der Türkei über dem Durchschnitt, während sie in Westeuropa, Island und Nordwestrussland nahe am oder unter dem Durchschnitt lagen.

Außerhalb Europas waren die Temperaturen im östlichen Kanada, im Westen der Vereinigten Staaten und in Mexiko, in Brasilien, Nordsibirien, im Nahen Osten, in Nordafrika und in der westlichen Antarktis überdurchschnittlich hoch.

Die Temperaturen lagen über dem östlichen Äquatorialpazifik unter dem Durchschnitt, was auf eine sich entwickelnde La Niña hinweist, aber die Lufttemperaturen über dem Ozean blieben in vielen Regionen auf einem ungewöhnlich hohen Niveau.

Die durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur (SST) für Juni 2024 über 60°S-60°N betrug 20,85°C, der höchste für diesen Monat aufgezeichnete Wert. Dies ist der fünfzehnte Monat in Folge, in dem die SST der wärmste Wert im ERA5-Datensatz für den entsprechenden Monat des Jahres war.

Copernicus merkt in seiner Pressemeldung an, dass andere Datensätze als ERA5 die hervorgehobene 12-monatige Serie möglicherweise nicht bestätigen können, weil die Spannen über 1,5 °C der globalen ERA5-Temperaturen für Juli und August 2023, Mai und Juni 2024 relativ gering sind und die verschiedenen Datensätze voneinander abweichen. Außerdem betont Copernicus, dass die im Pariser Abkommen festgelegten 1,5-°C- und 2°C-Grenzen Ziele für die Durchschnittstemperatur des Planeten über einen Zeitraum von zwanzig oder dreißig Jahren sind.

Carlo Buontempo, der Direktor des Copernicus Climate Change Service (C3S), sagte gegenüber der Presse:

„Der Juni markiert den 13. Monat in Folge mit globalen Temperaturrekorden und den 12. in Folge mit Temperaturen über 1,5 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Dies ist mehr als nur eine statistische Kuriosität, sondern verdeutlicht einen großen und anhaltenden Wandel in unserem Klima. Selbst wenn diese besondere Serie von Extremen irgendwann zu Ende geht, werden wir zwangsläufig neue Rekorde erleben, wenn sich das Klima weiter erwärmt. Dies ist unvermeidlich, wenn wir nicht aufhören, Treibhausgase in die Atmosphäre und die Ozeane zu leiten.“

Der Juni 2024 war über Island, Mitteleuropa und dem größten Teil Südwesteuropas feuchter als der Durchschnitt, mit starken Niederschlägen, die zu Überschwemmungen in Regionen Deutschlands, Italiens, Frankreichs und der Schweiz führten.

Über Irland, dem größten Teil des Vereinigten Königreichs, Fennoskandien, Süditalien und weiten Teilen Osteuropas, insbesondere rund um das Schwarze Meer, war der Monat Juni dagegen trockener als im Durchschnitt.

Außerhalb Europas war es im Juni 2024 in Teilen Nordamerikas überdurchschnittlich feucht, mit einer Reihe von Stürmen, darunter der außergewöhnliche Hurrikan Beryl. Auch in Südwest- und Südostasien, im südlichsten Afrika, in Regionen Australiens und Südamerikas war es überdurchschnittlich feucht.

Über Nordamerika, mehreren Regionen Asiens und dem größten Teil Südamerikas herrschten überdurchschnittlich trockene Bedingungen. Schwere Waldbrände traten im Nordosten Russlands und im Zentrum Südamerikas auf.

Die arktische Meereisausdehnung lag 3 Prozent unter dem Durchschnitt und damit nahe an den Werten, die in den meisten Jahren seit 2010 beobachtet wurden.

Die antarktische Meereisausdehnung lag 12 Prozent unter dem Durchschnitt und war damit die zweitniedrigste Ausdehnung für Juni in der Aufzeichnung der Satellitendaten, hinter dem niedrigsten Juni-Wert von minus 16 Prozent, der im Jahr 2023 beobachtet wurde.

Über Copernicus

Der Copernicus Climate Change Service (C3S), der vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage im Auftrag der Europäischen Kommission mit finanzieller Unterstützung der EU durchgeführt wird, veröffentlicht routinemäßig monatliche Klimabulletins, die über die beobachteten Veränderungen der globalen Luft- und Meeresoberflächentemperaturen, der Meereisbedeckung und der hydrologischen Variablen berichten. Darüber hinaus enthält das Bulletin auch Hinweise auf den borealen Frühling (März-April-Mai). Die meisten der berichteten Ergebnisse basieren auf dem ERA5-Reanalysedatensatz, der Milliarden von Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt nutzt.

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Mehr Informationen

Ist Deutschland noch auf dem 1,5-Grad-Kurs?

Einem aktuellen Bericht des Portals Klimareporter.de zufolge ist das nicht mehr der Fall. Das deutsche Klimaschutzgesetz entspreche demnach nicht dem CO2-Budget für das 1,5-Grad-Klimaziel. Vielmehr würden die deutschen Klimaziele, ab 2022 gerechnet, in etwa einem CO2-Budget für ein globales 1,75-Grad-Ziel (mit Zwei-Drittel-Wahrscheinlichkeit), nicht aber einem 1,5-Grad-Budget entsprechen.

Foto: Wolfilser – Adobe.Stock.com