Deutsche Wärmekonferenz Strategiepapier

Heizen: Wie kriegen wir die Bude künftig warm?

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Die uns mit brachialer Gewalt drohende Klimakatastrophe macht die Transformation unserer Gesellschaft dringender denn je. Wir müssen all unser Handeln auf den Klimaprüfstand stellen und Klimaschädigendes schleunigst lassen. Die Veränderungsprozesse, die hinter den Schlagworten 

  • Rohstoffwende,
  • Ressourcenwende, 
  • Wertstoffwende
  • und Energiewende 

stehen, sind groß. Und ein Krieg, wie ihn Russland derzeit völkerrechtswidrig gegen die Ukraine führt, bei dem fossile Rohstoffe wie Erdgas und Erdöl sowie Weizen und Sonnenblumenöl als politisches und wirtschaftliches Druckmittel, um nicht zu sagen Waffe, eingesetzt werden, führt uns einmal mehr vor Augen, wie abhängig wir von Besitzern solcher Ressourcen sind und welche Dringlichkeit die Transformation der Energiewelt in Richtung erneuerbare und dezentral erzeugte Energien hat. Als Heizungsland steht die Frage in der noch warmen Bude: Wie heizen wir uns künftig ein? Die Deutsche Wärmekonferenz 2022, die Ende März in Berlin stattfand, gab darauf Antworten.

Der zugehörigen Pressemitteilung des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) zufolge habe dieser gemeinsam mit dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) sowie dem Deutschen Großhandelsverband Haustechnik (DG Haustechnik) im Dialog mit der Bundespolitik Strategien und Lösungsansätze diskutiert, die das Erreichen ambitionierter Klimaziele im Wärmesektor ermöglichen.

Strategiepapier “Zielbild Wärmemarkt 2045”

Im Rahmen der Deutschen Wärmekonferenz habe der BDH auch sein Strategiepapier „Zielbild Wärmemarkt 2045“ vorgelegt. Unter dem Motto „alle Register ziehen“ stünden dabei vier Punkte im Mittelpunkt:

  • die Beschleunigung der Heizungsmodernisierung,
  • der Ausbau und die Einbindung erneuerbarer Energien,
  • die Dekarbonisierung der Energieträger im Wärmemarkt
  • und die Steigerung der energetischen Sanierungsrate.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien inklusive Biomethan und Holzenergie sowie der Markthochlauf von Wasserstoff noch schneller organisiert werden als bisher geplant. Das forderte der BDH-Präsident Uwe Glock. Dabei gelte es, alle technologischen Lösungen einzubeziehen, die zum Erreichen der klimapolitischen Ziele im Wärme- und Gebäudesektor beitrügen. Nur so werde die Wärmewende unter Berücksichtigung der Heterogenität der Gebäude und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einem Realitätscheck standhalten. Die Verengung des Lösungsraums auf nur wenige Technologien drohe den gerade realisierten Marktaufschwung bei den Wärmeerzeugern auszubremsen.

Das Strategiepapier “Zielbild Wärmemarkt 2045” umfasst 11 Seiten. Ihr könnt es euch hier als PDF-Datei kostenlos aus dem Internet herunterladen. Es liefert euch jede Menge spannende Zahlen und Fakten zum deutschen Heizungsmarkt – sowohl in Wort als auch in Grafik, beispielsweise diese:

Deutsche Wärmekonferenz Beheizungsstruktur Wohnungsbestand 2020

Deutsche Wärmekonferenz 2022: Für die Wärmewende bis 2030 fehlen zehntausende Klimahandwerker

Eine entscheidende Rolle für das Gelingen der Wärmewende nehme das Fachhandwerk ein, heißt es in der Pressemitteilung des BDH weiter.

Doch genau das sei ein Problem: Denn in den nächsten zehn Jahren würden demnach rund 30 Prozent der heute dort Beschäftigten ruhestandsbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Davon würden die rund 49.000 SHK-Betriebe aufgrund der demografischen Entwicklung aber nur etwa die Hälfte mit Neueinstellungen ersetzen können.

Um die ehrgeizigen Klimaschutzziele im Wärmemarkt zu erreichen, müsse aber zwangsläufig die Modernisierungsrate der Heizungen weiter gesteigert werden. Ohne genügend Handwerkerhände im Heizungsbauerhandwerk sei das in dem angestrebten knappen Zeitraum bis 2030 nicht zu schaffen. Darauf verwies in Berlin der Präsident des ZVSHK, Michael Hilpert. Entscheidend sei für die Branche der Faktor Zeit. Man unterstütze die Klimaziele der Bundesregierung. Man  schaffe auch deren Umsetzung im Wärmemarkt. Aber die zeitlichen Fristen hierfür müssten sich Hilpert zufolge am Machbaren orientieren: an den verfügbaren Fachkräften.

Der ZVSHK rechne allein mit rund 60.000 zusätzlich benötigten Monteuren, um – wie von der Politik gefordert – bis 2030 sechs Millionen Wärmepumpen in Deutschland zu installieren. Das Heizungsbauerhandwerk sei hochqualifiziert und in der Lage, die zunehmend komplexer werdenden heiztechnischen Systeme kompetent einzubauen und zu warten, erklärte Hilpert weiter. Doch bei den gesteigerten Anforderungen seitens der Politik brauche das  Klimahandwerk auch konkrete Hilfe der Politik, um den gesteigerten Fachkräftebedarf zu decken.

Der ZVSHK erwarte hierzu analog zu der seit Jahren stattfindenden Hochschulförderung Unterstützung der Politik bei der Ausbildungsförderung und Weiterqualifizierung von Fachkräften – etwa mit einem neu zu schaffenden Kompetenzzentrum für Klimahandwerke.

2021 wurden in Deutschland 930.000 neue Heizungen installiert

Gegenüber der Presse erklärten die Verbände weiter, dass die Förderkulisse zu einer dynamischen Marktentwicklung bei der Heizungsmodernisierung in den vergangenen zwei Jahren geführt habe. Nach über zwei Dekaden ohne signifikantes Wachstum seien im vergangenen Jahr 2021 knapp 930.000 neue Anlagen installiert worden. Damit komme Deutschland erstmalig in den Bereich von einer Million Anlagen, die man zur Erreichung der Klimaziele im Gebäude benötige. Diese Entwicklung müsse mit dem Verstetigen der Rahmenbedingungen noch weiter ausgebaut werden. Deshalb forderten die Verbände die Politik auf, die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) finanziell abzusichern und verlässlich fortzusetzen. Diese sei ein Erfolgsmodell und die deutschen Wärmeverbraucher seien bei stimmigen Rahmenbedingungen bereit, in moderne Heizungstechnik und damit in Klimaschutz zu investieren.

Deutscher Wärmemarkt und europäischer Wärmemarkt

Im Rahmen eines EU-Panels habe die Deutsche Wärmekonferenz auch die europäische Wärmesituation diskutiert. Denn was für den deutschen Wärmemarkt gelte, müsse sich auch in Europa spiegeln! Das forderte MdEP Dr. Markus Pieper. Nicht nur Deutschland, auch die EU als Gesamtes müsse demnach die Modernisierung veralteter Wärmeerzeuger zur Reduktion der Emissionen im Gebäudesektor beschleunigen. Dies gelänge laut dem Politiker unter anderem mit der verstärkten Nutzung der erneuerbaren Energien im Wärmemarkt.

Über die Deutsche Wärmekonferenz 2022

An der Deutschen Wärmekonferenz #connectingheat nahmen rund 200 Vertreter aus Politik, Verbänden, Medien und Industrie teil. Die Konferenzteilnehmer sendeten ein positives Signal aus: Die innovationsgetriebene Heizungsindustrie biete demnach bereits heute alle technologischen Lösungen, um die Klimaziele im Wärmesektor umzusetzen. Dazu gehören unter anderem Wärmepumpen, Brennstoffzellen, Brennwerttechnik für den Betrieb mit grünen Gasen und E-Fuels in Verbindung mit Solarthermie, hybride Systeme, Holzzentralheizungen und Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung.

Foto: 2 Grafiken Strategiepapier Zielbild Wärmemarkt 2045, BDH