Woran denkt ihr bei dem Stichwort blaue Energie? An Wasserkraft, Blue Chips oder den Blauen Umweltengel? Oder könnt ihr euch darunter gar nichts vorstellen?
Blaue Energie = Energieerzeugung ohne Brennstoffe
Ich jedenfalls war überrascht, als ich in einem Fachartikel die Definition entdeckte:
“Blue energy is considered to be any energy form that can be transformed in electric energy without material consumption.”
Also Sonne, Wasser, Wind und Geothermie – Methoden der Stromerzeugung, die ohne Verbrennungsprozesse auskommen. Einer der beiden Autoren des Artikels, Prof.-Dr. Jovan Mitrovic, bestätigte mir, dass er die Definition erweitert hat. Denn ursprünglich bezieht sich der Begriff auf Energiegewinnung mittels Wasser; dem Element, nach dem auch unser Blauer Planet benannt ist.
Energie aus dem Meer und Wasserkraft
Eine entsprechende Internetrecherche führt mich dann zügig zum Aktionsplan Blaue Energie der Europäischen Union, der die Nutzung von Meeresenergie voranbringen soll: Energie aus Wellen und Gezeiten, aber auch andere Technologien wie Osmosekraftwerke und Meereswärmekraftwerke. Die Nutzung der Ozeane für die Energiegewinnung ist noch eine relativ junge Disziplin, während Wasserkraft aus Bächen und Flüssen zur ältesten Form der “blauen” Energieerzeugung zählt – von der Mühle bis zum modernen Laufwasserkraftwerk.
Warum nicht alles Blaue grün ist…
Wasserkraft und Ozeanenergie vernichten langfristig kaum fossile Rohstoffe und helfen, die CO2-Emissionen zu senken. Doch so mancher sieht eher Rot, wenn ein neues Großkraftwerk entstehen soll: Wasser- und Meereskraftwerke verändern Landschaften und beeinflussen die Lebensräume von Tieren, Pflanzen und Menschen nicht immer nur positiv; Ähnliches gilt für Windräder und solare Großanlagen.
… und nicht alles Grüne blau:
Aber zurück zum erweiterten Begriff von Blue Energy. Die einzige Energie, die wirklich “grün” ist, fehlt hier ausgerechnet: Die Biomasse. Warum? Bei ihrer Umwandlung in Strom (und/oder Wärme) sind Verbrennungsprozesse beteiligt. Trotzdem schneiden sie im Vergleich zu den Fossilen besser ab. Biomasse wird aus nachwachsenden Rohstoffen gemacht – aus Pflanzen. Und Pflanzen sind der Inbegriff von Grün, das nahezu zum Synonym geworden ist für alles, was nachhaltig, umweltfreundlich, klimaschonend und am besten auch noch sozial und ethisch positiv besetzt ist. Oder sein soll – denn dass der Begriff häufig missbraucht wird, ist uns allen klar.
Brauchen wir deshalb Blau als neues Grün?
Vielleicht hat Grün sich schon abgenutzt, weil manche Unternehmen zwar gerne ein “grünes” Image von sich verbreiten, sich ansonsten aber nicht weiter darum bemühen, ihren ökologischen Fußabdruck in der Welt zu verringern – Aktivitäten, die auch als Greenwashing bekannt sind. Blau im Zusammenhang mit Energie ist hingegen relativ neu und sorgt für einen Aufmerksamkeitseffekt; außerdem weckt Blau tolle Assoziationen: Ein endloser blauer Himmel, der unendliche Ozean; ein Gefühl von Weite, Klarheit, Sauberkeit. Daher ist es wohl kein Wunder, dass manche Unternehmen mit dieser Farbe ihre ökologische Ausrichtung unterstreichen wollen.
Wenn ich die Wahl zwischen Grün und Blau habe, nehme ich ecoquent – und ihr?
Aus technischer Sicht fände ich die Unterscheidung in Blaue Energie (für Erneuerbare Energien ohne Brennstoffverbrauch) und Grüne Energie (für nachwachsende Rohstoffe) gar nicht so schlecht. Darüber hinaus ist es mir ziemlich egal, ob eine Energie als blau, grün oder bunt bezeichnet wird – so lange sie ecoquent ist. Wie geht es euch damit?
en.wikipedia | Ewok Slayer
Danke dir! Also ich finde eine Unterscheidung jener Energieformen, die eben wirklich keinen Materialeinsatz brauchen von jenen, die einen brauchen schon auch hilfreich. Eine Welt mit 100% Biomasseenergie wäre schwer nachhaltig zu gestalten, auch wenn sie richtig eingesetzt natürlich grandios ist.
Blau, grün, gelb oder vielleicht sogar rot. Was sagt das schon aus? Blau wäre also Energie aus Wasserkraft und damit ohne Emissionen, grün soll für Biomasse stehen und damit die Energie aus nachwachsenden Rohstoffen darstellen und gelb steht dann wohl für die Sonnenenergie?
Ehrlich betrachtet ist diese Sichtweise engstirnig sehr einseitig und nicht zielführend. Man kann die Farben nämlich auch anders interpretieren.
Die Farbe blau steht z.B. auch oft für Gas. Blau kennt man aber auch als blaues Leuchten im Wasser in Schwimmbadreaktoren und in Abklingbecken von Kernkraftwerken. Nämlich als Tscherenkow-Strahlung. Grund dafür sind schnelle Elektronen die teils aus Betastrahlung, teils durch Stöße von Gammaquanten aus Atomhüllen freigesetzt wurden. Beim Gas beschreibt es Erdgas. Also nichts ohne Emissionen, ganz im Gegenteil
Biomasse als die einzige “grüne Energie” zu bezeichnen führt auch in zu Ziel. Schließlich ist das was z.B. durch Vergärung von Biomasse jeder Art in einer Biogasanlage entseht am Ende garnicht mehr so grün. Auch während des Prozesses ist die Farbe eher braun und doch ist das braune Restprodukt (Kompost) sehr wertvoll, auch wenn wir die Farbe braun politisch verabscheuen und andere braune Dinge ins Klo (oder die Biogasanlage) gehören. Also schon wieder nix mit der farblichen Zuordnung.
Ja und gelb? Ja klar, gelb ist die Sonne; und obwohl die Sonne doch die einzige Energiequelle ist die bei ihrer Nutzung durch uns keine Emissionen erzeugt, könnte man bei der Farbe gelb auch an etwas anderes denken. Zu nennen wäre da z.B. ein großer Stromanbieter der nun wirklich nichts mit solarer oder regeneraliver Energie am Hut hat. Oder an Yellowcake, ein pulverförmiges Gemisch von Uranverbindungen, dass eben dieser Anbieter gerne in umgewandelter Form zur Energiegewinnung verwendet.
Ist den gelb dann eigentlich wirklich noch grün? Oder sehen wir nun langsam alle rot?
Was soll die Schwarzweißmalerei? Zwischen Schwarz und weiß gibt es doch auch viele Grautöne und die machen das Leben erst bunt. Darum würde ich die Sache auf eine andere Ebene bringen und einfach mal behaupten, dass entscheidend ist, was hinten rauskommt.
Maximale Energie, am Besten mit Null Emission. Alles andere ist farblos!
Danke Tom, dein Kommentar beweist, dass man mit Farben eben so allerhand assoziieren kann. Stellt sich die Frage: Wofür sind solche Unterscheidungen gut? Wenn man die Farben ganz farblos als Fachbegriffe einführt, finde ich sie nützlich – zum Beispiel zur Unterscheidung zwischen Wärmequellen, die keinen Verbrennungsprozess brauchen, von anderen Erneuerbaren Energien. Da bin ich ganz bei Conny.