Solarthermie Waermepumpe Grubenwasser

Bochumer Pilotprojekt: Solarthermie + Wärmepumpe + Grubenwasser = Quartierswärme

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Mit Besuchern besichtigt Arianna Passamonti (MItte) das Bochumer Pilotprojekt samt Solarthermieanlage, die ihre im Sommer gesammelte Wärme in 64 Meter Tiefe in Grubenwasser speichert. Foto: K. Schinarakis/Fraunhofer IEG

In Bochum testet das Fraunhofer IEG einen neuen technologischen Ansatz, um ein Stadtquartier mit erneuerbarer Wärme zu versorgen: Die Wärmequelle ist die Sonne, die Technologien zur Nutzbarmachung der Sonnenenergie (Solarwärme und Umweltwärme) sind eine Solarthermieanlage und Wärmepumpen. Wir erklären euch, was ihr zu dem Bochumer Pilotprojekt wissen solltet.

Fernwärmenetze seien die effizienteste Art, viele Haushalte mit Wärme zu versorgen. Das sagt Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer IEG gegenüber der Presse. Wenn mehr innovative Ideen umgesetzt und fossile Wärmequellen abgschaltet würden, könne Fernwärme ihm zufolge  auch die nachhaltigste Wärme werden. Das Bochumer Projekt zeige, wie vorhandene fossile Infrastrukturen wie Bergwerke und Fernwärmenetze eine nachhaltige Rolle für die Wärmewende spielen könnten.

Solarthermieanlage + Wärmepumpe  + Grubenwasserwärmespeicher

Der innovative Ansatz des Fraunhofer IEG vereine die Vorteile

  • von Solarthermie,
  • Grubenwärmespeicher
  • und Wärmepumpe

in einer Pilotanlage zur saisonalen Hochtemperatur-Wärmespeicherung.

Und so funktioniere die Pilotanlage laut der Pressemitteilung des Fraunhofer IEG:

Die Rolle der Solarthermieanlage: Grubenwasser erwärmen

Im Sommer erwärme Solarthermie-Anlage das Wasser in einem alten, bereits gefluteten Bergwerk in Bochum auf geplante 60 Grad Celsius. Das Wasser wird damit zum Wärmespeichermedium.

Die Solarthermieanlage habe demnach eine maximale Leistung von 60 KIlowatt (kW) und nutze Wasser als Arbeitsmedium. Im Volllastbetrieb soll sie 165 Megawattstunden (MWh) Wärme pro Jahr ins Grubenwasser einspeisen.

Auch andere Wärmequellen könnten in Zukunft eingebunden werden, erklärt das Fraunhofer IEG in seiner Pressemeldung weiter.

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Die Aggregate der Wärmepumpen nutzen Ammoniak und Butan als Arbeitsmedien und erzeugen Endtemperaturen bis zu 120 Grad Celsius. Foto: K. Schinarakis/Fraunhofer IEG

Die Rolle der Wärmepumpe: Grubenwasser als Wärmequelle anzapfen

Während der Heizperiode diene das solar erwärmte Grubenwasser dann als Wärmequelle für die Hochtemperaturwärmepumpe, die Ende September ihren Betrieb aufgenommen habe. Mit relativ wenig Aufwand könne diese Wärme von bis zu 120 Grad Celsius in das lokale Fernwärmenetz einspeisen, das die Haushalte im Bochumer Süden versorge.

Das Fraunhofer IEG habe die komplexe Pilotanlage schrittweise entwickelt und im Sommer alle Teile erfolgreich zusammengefügt. Das erklärt Arianna Passamonti, die leitende Projekt-Ingenieurin gegenüber der Presse. Sie und ihre Kolleg:innen seien demnach schon sehr gespannt, die Anlage im realen Betrieb der ersten Heizperiode zu sehen, und den Beweis anzutreten, dass Wärmepumpen die hohe Temperatur des Fernwärmenetzes zuverlässig erreichen könnten.

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Die beiden Wärmepumpen nehmen auf dem Campus Bochum des Fraunhofer IEG etwa den Platz einer größeren Garage ein und liefern bis zu 500 kW Wärme. Foto: A. Passamonti/Fraunhofer IEG

Arianna Passamonti und ihr Team hätten die Wärmepumpe auf diese Randbedingungen maßgeschneidert und berücksichtigten, dass in Zukunft auch lokale Abwärme-Quellen in das System integriert werden könnten. Noch sei der Markt für derartige Anlagen nicht entwickelt, erklärt das Fraunhofer IEG. Insbesondere die hohen Temperaturen bis 120 Grad Celsius und die hohe Leistungsklasse bis 500 kW zeichne die Wärmepumpe aus.

Um dies zu erreichen, habe das Entwicklungsteam neue Berechnungsmodelle für die Leistungen von Arbeitsmedien und Komponenten unter den verschiedensten Betriebsbedingungen entwickelt. Alle Ergebnisse hätten demnach zu einer zweistufigen Wärmepumpe geführt, die im Niedertemperaturbereich Ammoniak und im Hochtemperaturbereich Butan als Arbeitsmedien verwende.

Die erfolgreiche Gesamtinstallation zeige dem Fraunhofer IEG zufolge, dass stillgelegte Bergwerke als Wärmespeicher mit Wärmepumpen sinnvoll an bestehende Fernwärmenetze angebunden werden könnten. Als Forschungsinfrastruktur diene das Bochumer PIlotprojekt zudem dazu, Betriebsmodelle für Großwärmepumpen weiterzuentwickeln. In Folgeprojekten sollen in der Region weitere Bergwerke als Wärmespeicher und zudem Abwärme als Wärmequelle erschlossen werden.

Die Rolle des Grubenwassers im Bergwerk: Solarwärme speichern

Das Steinkohlebergwerk sei zwischen 1953 und 1958 in Betrieb gewesen. Aus ihm seien in dieser Zeit rund 37.000 Tonnen (t) Steinkohle gefördert worden. Der verbliebene Hohlraum sei mit rund 20.000 Kubikmetern (m3) Grubenwasser zwischen 23 und 64 Metern Tiefe gefüllt. Die Entnahmebohrung, die das Bohrgerät BO-REX des Fraunhofer IEG abgeteuft habe, erschließe das Bergwerk auf 64 Meter. Computersimulationen hätten dem Fraunhofer IEG zufolge ergeben, dass sich die gefluteten Bereiche als Wärmespeicher für Temperaturen von rund 60 Grad Celsius gut eignen würden.

Über das Fernwärmenetz, das von der Pilotanlage versorgt wird

Das Fernwärmenetz des Bochumer Südens habe laut Fraunhofer IEG eine Leistung von rund 115 Megawatt (MW) und liefere je nach Jahreszeit Wärme mit Temperaturen zwischen 80 und 120 Grad Celsius an die Wärmeverbraucher:innen ab. Zudem führt es rund 60 Grad Celsius warmes Wasser an das lokale Heizkraftwerk zurück. An das Fernwärmenetz im Bochumer Süden sei

  • der Campus der Ruhr-Universität Bochum mit 5.600 Arbeitsplätzen angeschlossen,
  • dazu 4.800 Mietwohnungen,
  • 760 Häuser
  • und 115 weitere Kunden des umliegenden Stadtteils Querenburg.

Über das Bochumer Pilotprojekt

Die Pilotanlage sei laut Fraunhofer IEG im Rahmen zweier EU-Projekte von 2018 bis 2023 entstanden:

  • In “Geothermica HEATSTORE” sei die seit 65 Jahren stillgelegte Zeche mit drei Bohrungen erschlossen und die Solarthermieanlage angeschlossen worden.
  • In “NWE-Interreg DGE-Rollout” habe man die Wärmepumpe und die Teile, die der Wärmeeinspeisung und der Wärmeauskopplung ins Fernwärmenetz dienten, im Detail geplant, projektiert, beschafft, installiert und in Betrieb genommen.

An der Entwicklung mitgewirkt hätten neben dem Team am Fraunhofer IEG auch der Gebäudeausrüster Johnson Controls, der Kraftwerksausrüster Mitsubishi Power Europe, der Wärmenetzbetreiber Stadtwerke Bochum unique Wärme GmbH & Co. KG sowie die Ruhruniversität Bochum als Hausherr:in einiger Infrastrukturteile.

Fotos: A. Passamonti/Fraunhofer IEG, K. Schinarakis/Fraunhofer IEG