Konzentrierende Solarthermie

Bringt konzentrierende Solarthermie auch in Deutschland was?

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Diese Frage beantwortet Robert Pitz-Paal, der Direktor des Instituts für Solarforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in einem Presse-Interview

Bevor wir euch gleich sagen, ob konzentrierende Solarthermie auch in Deutschland etwas bringen würde, erklären wir euch aber erst einmal, was das überhaupt ist:

Was ist konzentrierende Solarthermie?

Von konzentrierender Solarthermie ist immer dann die Rede, wenn Kollektoren zum Einsatz kommen, die in der Lage sind, die auftreffende Sonnenstrahlung zu bündeln und somit fokussiert auf den Solarabsorber zu reflektieren. Das gelingt mit Hilfe speziell gekrümmter Spiegel. Der Absorber übergibt die Wärmeenergie anschließend an ein Wärmeträgermedium.

Auf diese fokussierte Weise erhöht  ein konzentrierender Solarkollektor die Menge an Solarstrahlung, die auf den Absorber trifft. Das steigert den Wirkungsgrad der Anlage, die auch solarthermisches Kraftwerk genannt wird. Wobei der Begriff Kraft in der Bezeichnung Programm ist: Denn die vom konzentrierenden Kollektor erzeugte Wärme wird von einer Turbine in Strom umgewandelt. Man unterscheidet solarthermische Kraftwerke in Solarturmkraftwerke, Parabolrinnenkraftwerke oder Dish-Stirling-Kraftwerke. Den Unterschied macht, wie die Solarstrahlung gebündelt wird: entweder punktkonzentrierend oder linienkonzentrierend. Bei ersteren bündeln die Solarkollektoren die Solarstrahlung in einem Brennpunkt, der in einem sogenannten Receiver sitzt (Solarturmkraftwerke und Dish-Stirling-Kraftwerke). Bei linienkonzentrierende Solarkollektoren wird die Solarstrahlung in einer Brennlinie fokussiert, die in einem Absorberrohr ist (Parabolrinnenkraftwerke.

Im Unterschied zu unseren CPC-Vakuumröhrenkollektoren, die sowohl direkte als auch diffuse Sonnenstrahlung sammeln, können konzentrierende Solarkollektoren nur den direkten Strahlungsanteil zur Wärme- und dann Stromerzeugung verwenden. Das heißt, sie sind abhängig von der am Anlagenstandort herrschenden Globalstrahlung. Diese genügt an manchen Orten nicht für die solarthermische Stromerzeugung aus.

Macht konzentrierende solarthermische Technologie auch in Deutschland Sinn?

Prof. Robert Pitz-Paal sagt in dem Experten-Interview, dass man lange Zeit davon ausgegangen sei, dass die Anwendung konzentrierender Solarkollektoren in Mitteleuropa keinen Sinn mache. Denn man bräuchte eigentlich möglichst viel direktes Sonnenlicht und wenig Bewölkung. Neue Untersuchungen und Vergleiche unterschiedlicher Kollektoren hätten ihm zufolge aber gezeigt, dass das so nicht stimme. Für industrielle Prozesswärme zwischen 80 und 400 Grad Celsius (° C) könnten sie eine kostengünstige, effiziente und CO2-freie Lösung sein – auch in Zentraleuropa. Dieser Temperaturbereich decke rund die Hälfte der benötigten Industriewärme ab. Selbst in Deutschland wäre so eine Wärmeproduktion zu einem Preis von deutlich unter zehn Cent pro Kilowattstunde (kWh) möglich.

Welche Voraussetzungen müssten dafür erfüllt sein? Und für welche Anwendungen könnten davon profitieren?

Voraussetzung dafür sei Pitz-Paal zufolge ein entsprechend großes Kollektorfeld von mindestens 10.000 Quadratmetern (m2). Erste solche Anlagen gibt es bereits: zum Beispiel in Belgien, um industrielle Prozesswärme herzustellen oder in Dänemark, um ein Nahwärmenetz zu versorgen. Aktuell tragen der hohe Gaspreis und staatliche Förderprogramme im Bereich der Prozesswärme dazu bei, diese Technologie auch in Deutschland wirtschaftlich einsetzen zu können. Wir haben damit eine ähnlich gute Ausgangssituation wie in der Vergangenheit in südeuropäischen Ländern. Dort gibt es schon etliche solcher Anlagen. Zu den Branchen, die in Deutschland von konzentrierenden Solaranlagen profitieren könnten, zählen unter anderem die chemische und Lebensmittelindustrie sowie der Bereich der Nahwärmenetze.

Das klingt fast nach einem Allheilmittel für die Energiesorgen speziell der Industrie …

Wir müssten uns vom Gedanken verabschieden, dass wir mit einer einzigen Technologie den ganzen industriellen Wärmesektor dekarbonisieren könnten, sagt Prof. Pitz-Paal. Stattdessen bräuchten wir eine geschickte Kombination unterschiedlicher Ansätze. Konzentrierende Solarsysteme könnten dazu gehören – ebenso wie „grüner“ Wasserstoff oder spezielle Wärmepumpen für besonders hohe Temperaturen, die Strom aus erneuerbaren Ressourcen nutzen würden. Forschung und Industrie müssten gemeinsam herausfinden, welcher Mix für den jeweiligen Anwendungsfall am besten funktioniere.

Wie gelingt hierzulande der Durchstart der konzentrierenden Solarthermie auch beim Erzeugen von Prozesswärme ?

Aktuell würden Subventionen für fossile Energien wie der Gaspreisdeckel zu einer gewissen Zögerlichkeit der Industrie führen, auf erneuerbare Technologien umzustellen, berichtet Prof. Pitz-Paal. Langfristig sei demnach aber allen klar, dass dieser Schritt erfolgen müsse. Dass konzentrierende Solarsysteme dabei auch in Deutschland ein technologisch wie wirtschaftlich sinnvoller Ansatz sein könnten, sei laut dem Experten allerdings noch weitgehend unbekannt. Was wir jetzt bräuchten, seien eine Handvoll Demonstrationsprojekte und Pilotanlagen. So könnten wir zeigen, dass diese Technologie funktioniere und veranschaulichen, welche Möglichkeiten sie biete.

Die Politik habe den Forschern dazu schon gute Werkzeuge an die Hand gegeben und unterstütze diesen Schritt mit Fördermaßnahmenm erklärt Prof. Pitz-Paal weiter. Das DLR bringe technisches Know-how, Ideen und Kontakte zu Herstellern mit. Gemeinsam habe man jetzt die Möglichkeit, Wissen, Technologie und hochwertige Arbeitsplätze Made in Germany zu schaffen. Deutschland stünde da natürlich auch global im Wettbewerb – zum Beispiel mit China, dem zurzeit größten Markt für konzentrierende solarthermische Großkraftwerke zur Stromerzeugung – und müsse daher Gas geben.

Wie trägt das DLR zur Industrialisierung von konzentrierenden Solartechnologien bei?

Das DLR biete dem Professor zufolge vermutlichen die besten Möglichkeiten, in Deutschland zusammen mit Industriepartnern Innovationen zu entwickeln, um die Technik in allen Anwendungsfeldern – Strom, Wärme, Brennstoffe – effizienter, zuverlässiger und kostengünstiger zu machen und im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Das könnten demnach zum Beispiel fortschrittliche Speicher und Wärmeübertrager sein. Zudem arbeite das DLR auch daran, die Vorteile der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz einsetzen, um zum Beispiel Kollektorfelder präzise zu steuern.

Außerdem verfüge das DLR laut Prof. Pitz-Paal über einmalige Großforschungsanlagen, um konzentrierende Solarsysteme mit Unternehmen vom Labor in die Anwendung zu bringen. Dazu würden die Solartürme oder der Sonnensimulator Synlight in Jülich ebenso zählen wie Partnerschaften mit der Plataforma Solar in Almeria, die von der spanischen Forschungseinrichtung Ciemat betrieben werde. Hier hätte das DLR vor mehr als 40 Jahren gemeinsam gezeigt, dass konzentrierende Solartechnologie grundlegend funktioniere. Das DLR sei demnach seitdem ein Wegbereiter mit entsprechendem Know-how und Erfahrung.

Foto von der Pa­ra­bol­rin­nen-An­la­ge Evo­ra: DLR / Universidade de Évora/Hugo Faria