Kollektorlabel

Das neue Kollektorlabel aus österreichischer Sicht

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Wir haben bereits letztes Jahr über den neuen Geschäftsführer bei Austria Solar berichtet. Der Kärntner Klaus Mischensky hat nun mehr als ein Jahr hinter sich und es wird Zeit für eine Neuauflage und zwar zu einem ganz heißen Thema. Dem neuen Kollektorlabel. Das neue Kollektorlabel wurde nun der Öffentlichkeit präsentiert und wird heiß diskutiert. Klaus Mischensky ist auch in der Steuerungsgruppe der Initiative Sonnenheizung und lässt die österreichische Branchensicht einfließen, was glaub ich nicht immer ganz einfach ist. 

Klaus, wie ist der derzeitige Status in Sachen Ertragslabel in Österreich?

Ja, Du hast Recht, es ist ein heißes Thema, wo aber auch ein kühler Kopf für die richtigen Entscheidungen gebraucht wird. Das Kollektorertragslabel (KEL) wurde als freiwillige Brancheninitiative (endlich!! gibt es eine gemeinsame Branchenaktivität) geboren und hat den Namen SOLERGY bekommen. Jetzt muss das Kind noch laufen oder besser fliegen lernen … die Flügel sind die Unternehmen …

Warum hältst du das Kollektorlabel wichtig für die Branche?

Diese Frage kurz zu beantworten ist gar nicht so einfach und muss da etwas ausholen. Ich habe mich schon vor Jahren, als Unternehmer und Geschäftsführer eines kollektorproduzierenden Unternehmens gefragt, was ist der Wettbewerbsvorteil im Heizungsmarkt von unserer Technologie? Und ich habe selbst – mangels anderer Konzepte – in diversen Verkaufsgesprächen und bei sonstigen Gelegenheiten (z.B. Vorträgen) immer das „tolle“ EtaNull, Kosten pro m², unsere besonders leichten, flachen, „schönen Edelstahlkollektoren“ usw. unserer Produkte in den Vordergrund gestellt. Was aus heutiger Sicht aber überhaupt nicht ausreicht und eigentlich auch ein kompletter Unsinn war, um uns im wettbewerbsintensiven Heizungsmarkt zu positionieren und durchzusetzen. Mit dem Kollektorertragslabel sind wir endlich dort, wo wir vor mind. 10 Jahren hätten sein sollten:

  • Endlich! laut, deutlich und selbstbewusst sagen, was der Kollektor für ein KRAFTWERK ist und der wie keine andere Technologie das Thema Energieeigentum und die Unabhängigkeit forcieren kann.
  • Endlich! den Wettbewerb zu anderen Heizungstechnologien in Wärmegestehungskosten und Ertrag in kWh zu argumentieren, zu messen und auch zu visualisieren (Vorbild PV: bei jeder Anlage werden Erträge und zumindest CO2 Äquivalente prominent auf einem Display gezeigt …)
  • Endlich! klar und deutlich herausheben, dass wir nicht nur ein Anhängsel bei irgendwelchen Heizungskesseln sind, sondern bereits Primärheizsystem sind (schon zigfach bewiesen, nur wir sprechen nicht darüber) bzw. sein können.
  • Endlich! herausstreichen, dass wir die einzige Technologie sind, mit der man mit ZEROenergyCOSTS (Betriebskosten) und ZEROco2 heizen kann.
  • Endlich selbstbewusst Farbe bekennen (grüne Balken)und auch laut herausrufen, dass mit der Solarthermie mit einem Minimum an Primärenergieeinsatz (defakto 0), 100% Nutzenenergieausbeute möglich ist.

Icon PV

  • Endlich! eine sinnstiftende Ergänzung zum ErP Label (Energielabeling) geschaffen wird, wo die Solarthermie nicht als Heizsystem berücksichtigt wurde, sondern nur als Effizienztechnologie eingestuft wird, was ja schon allein aus sachlichen Gründen als eher sinnSchwach bewertet werden kann. Ein bildhafter Beleg für die mehr als oberflächliche Berücksichtigung der Solarthermie ist z.B., dass das Verbundlabel bei Einbindung von Solarthermie mit einem PV-Icon mit der Sonne im Norden dargestellt wird (Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!).
  • Endlich! ein gemeinsames „Symbol“ geschaffen wurde, welches die „Eintrittskarte“ für
  • Zukunftsmärkte, wie z.B. die Solare-Prozesswärme und die Einspeisung in Nah- und Fernwärmenetze sein wird. Diese Märkte denken primär in: kWh-Ertrag – diese Kennzahl ist im KEL klar ersichtlich – und Energiepreis
  • Endlich! ein Instrument zur Hand zu haben, das es ermöglicht einerseits klar, deutlich und laut zu sagen: „die Sonnenheizung ist die Zukunft“ und es auch andererseits durch ein normiertes und international anerkanntes Verfahren (Solarkeymark Daten) zu belegen, dass die Solarthermie aus meiner Sicht die nachhaltigste und effizienteste Technologie im Heizungsmarkt ist
  • Endlich! auch eine Brancheninitiative zu haben, die klar macht, dass die Energiewende nur durch die WärmeWende zu schaffen sein wird und auch die dafür notwendige WendeEnergie bündelt – nicht nur sachlich, sondern auch emotional
  • und schlussEndlich könnte es der Beginn sein: … dass wir es mit dieser freiwilligen Brancheninitiative schaffen, einen neuen Standard zu setzen und das KEL zu dem notwendigen Selbstbewusstsein führt, dass wir den Markt für uns wieder ins Positive drehen können …. und es der „Kiesel“ ist, der den Stein ins Rollen bringt, damit wir endlich den Markt-Turn-Arround schaffen …
  • Und noch viele andere mehr. 

Wow, man merkt, dass du dich wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt hast. Wie sehen die Widerstände aus, auf die du vor allem in Österreich triffst?

Natürlich gibt es Fragen, Unsicherheiten, Skepsis und Widerstände. Aber gerade das motiviert und bestärkt mich, auch als Mitglied der Steuerungsgruppe, das Thema weiter voran zu treiben. Denn gerade Widerstand ist ein Garant dafür, dass da etwas „Gutes im Laufen ist“. Ansonsten würde es einfach ignoriert werden. Gerade Österreich – und das ist branchenunabhängig – reagiert auf Neues vorerst einmal zurückhaltend. Es gibt aber auch „Etwas“, was unsere Stärke ist: wenn eine gute Idee da ist, wird auch zugehört und die Entscheider setzen sich damit kritisch, aber auch konstruktiv auseinander.

Exkurs: … nicht so, wie der BDH in Deutschland, der zur einer Diskussion in Frankfurt zum KEL eingeladen hat, die im Vorhinein und „offensichtlich per Befehlsausgabe“ sehr destruktiv/kontraproduktiv angelegt war … der BDH wusste offensichtlich schon vor dem Meeting, dass sie per Definitione dagegen sind und waren für Argumente gar nicht zugänglich – es wurde sogar die „Rechtskeule“ auf den Tisch gelegt.

 Zusammengefasst: Der Mastermind des SOLERGY Labels, Stefan Abrecht hat vor kurzem, gemeinsam mit mir, dem Vorstand von AUSTRIA SOLAR das KEL-Konzept vorgestellt. Natürlich wurde intensiv diskutiert und Stärken und Schwächen abgewogen. In Summe jedoch war der Tenor, dass das Konzept schlüssig ist und auch einen ganzheitlichen Ansatz – z.B. mit dem Branchenprodukt Initiative Sonnenheizung verfolgt. Wir sind im Vorstand von Austria Solar so verblieben, dass die Unterlagen den Unternehmen der Vorstände zur Verfügung gestellt werden, dass sie intern diskutieren werden und dass im Laufe des Oktobers die Entscheidung getroffen wird, ob wir als Verband eine Empfehlung für unsere Mitglieder aussprechen werden, dass sich unsere Unternehmen bei der freiwilligen „Initiative Sonnenheizung“ aktiv beteiligen.

Warum herrscht eigentlich so viel Angst vor Vergleichbarkeit?

Was ist Angst? Offensichtlich wird eine Situation/Sache oder Ereignis als bedrohlich wahrgenommen, welches sich in einer spezifischen Erregung und auch Handlung äußert. Anders formuliert, kann aus Angst negative oder positive Energie zur Veränderung entstehen. Wobei ich bei dieser Frage sehr gerne auf die positive Energie eingehen möchte. Die Solarthermie hat so viel positive Energie, wir müssen es aber auch darstellen und kommunizieren. Energie ist etwas Lebenswichtiges, Konkretes aber auch gleichzeitig etwas selbstverständlich Abstraktes. Sie muss in unserem Werte- und Wirtschaftssystem einfach zur Verfügung stehen, im schlechtesten Fall ist sie teuer, vergeudet wertvolle Ressourcen, und ist für den Klimawandel verantwortlich und verursacht enorme volkswirtschaftliche Klimaschädenfolgekosten. Im besten Fall wird die Solarthermie eingesetzt.

Vor dem SOLERGY Label braucht sich niemand fürchten – es wird ja auch nichts Geheimes preisgegeben. Die ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) basieren alle auf den öffentlich zugänglichen Solarkeymark-Datenblättern und sind sowieso schon längst transparent.

Aus meiner Sicht ist es das Instrument, welches den Stein des Markt-Turn-Arrounds ins Rollen bringen kann. Denn nur mit einer gemeinsamen, abgestimmten Brancheninitiative, wo wir die Erfolgsfaktoren des Heizungsmarktes klar herausarbeiten und beherrschen lernen, wird die Solarthermie wieder attraktiv werden. Wenn es uns gelingt, das Ganze noch mit einer mittel- bis langfristig orientierten, ganzheitlichen Marketingstrategie zu kombinieren – nur dann werden die notwendigen

  • Investitionen
  • Innovationen und
  • Internationalisierungen
    • Tripple „I“ -> i i i 4(for) SolarthermalHeating

„freigesetzt und generiert“ werden – wird das KEL als Speerspitze zum Erfolg führen.

Wird es auch in Österreich eingeführt werden?

Punkt 1. Die freiwillige, internationale Brancheninitiative ist für alle offen, hat eine bemerkenswerte Eigendynamik entwickelt und ich denke, dass sich sehr bald die ersten Unternehmen aus Österreich anschließen werden. Das hat auch nichts mit einer allfälligen Empfehlung oder auch Mitgliedschaft von AUSTRIA SOLAR zu tun.

Punkt 2. Es haben mich auch schon mehrere Nicht-Mitgliedsunternehmen angesprochen und ihr Interesse für die Initiative gezeigt. Natürlich sind auch diese zum Mitmachen eingeladen und es wurden ihnen erste relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Punkt 3. Persönlich hoffe ich, dass unsere Vorstand eine positive Entscheidung = pro SOLERGY und der Initiative Sonnenheizung trifft. Dann bin ich überzeugt, dass wir viele unserer Mitglieder bald dafür gewinnen können.

Punkt 4. Wie jeder weiß, sind die Verbandsarbeit und auch die Finanzierung des Verbandes in Zeiten wie diesen nicht einfach. Bisher war es mir leider nicht möglich die o.g. Nicht-Mitgliedsunternehmen zu einem Beitritt zu AUSTRIA SOLAR zu bewegen. Mit der Initiative Sonnenheizung haben wir auf einmal ein Konzept und ein Produkt in der Hand, welches uns als freiwillige Interessensvertretung auch für die Noch-Nicht-Mitglieder wieder attraktiv macht.

Die Branche hat es derzeit sehr schwer. Wo siehst du noch Zukunftsmärkte für die Solarthermie?

Kurz, klar und deutlich: 

  • Sun4HIT -> solarthermal heating systems for Houses/Homes, Industries und Towns
    • Houses/Homes (besonders im Mehrfamilienhausbereich/Geschoßwohnbau)
    • Industry (solare Prozeßwärme für die Industrie und das Gewerbe)
    • Town (solare Nah- und Fernwärme nach den Vorbild Dänemark)

Auch der günstige Öl- und Gaspreis macht der Wärmewende zu schaffen. Was braucht es in Europa um die Wärmewende voranzubringen?

Natürlich ist mir bewusst, dass sich die derzeit wirklich billigen Preise für die fossilen Rohstoffe auch nach den Mechanismen der Marktwirtschaft funktionieren (Angebot und Nachfrage). Manchmal denke ich mir aber, dass hinter dem billigen Preis für Öl, Gas und Kohle auch ein strategisches Kalkül der Fossil-Industrie steckt. Nämlich, dass sie erkannt haben, dass die regenerativen Energien nicht mehr aufzuhalten sind und dass diese starke Wirtschaftsmacht bewusst Markteintrittsbarrieren (günstiger Preis) aufstellet und den Preis als primäres Instrument in einem beinharten Verdrängungswettbewerb einsetzt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch anmerken, dass ich aber auch gleichzeitig der tiefen, persönlichen Überzeugung bin, dass wir die fossilen Energieträger als Teil der Lösung betrachten müssen und nicht als Teil des Problems und künstliche Feindbilder aufbauen. Die Verantwortung dass das „Öl“ die gesamte Wirtschaft dominiert, hat ja auch meine Generation und auch unsere Väter und Großväter. Und wir müssen aus diesem Dilemma selbst rauskommen und die notwendige WendeEnergie dazu aufbringen.

Und ganz klar: einen mindest CO2 Preis von Euro 20,- /Tonne … der sogar bis Euro 90,–ansteigen kann. Natürlich mit einer Steuerentlastung und einem Technologie-Decarbonisierungs-Bonus für unsere energieintensive Industrie (Stichwort VÖST) … Details siehe: die vor kurzem präsentierte Energiestrategie Österreich unseres Dachverbandes EEÖ.

Zuguterletzt: Wen sollten wir noch zu dem Label befragen?

Den größten Flachkollektoren-Produzenten in Europa, GreenOneTec Robert Kanduth er hat in Europa rund 25% Marktanteil.

Vielen Dank für dieses emotionale und spannende Gespräch. Ich glaube wir sind uns einig, dass in der Branche etwas passieren muss.