Eigentlich hätte dieses Angebot auf dem Wohnungsmarkt wie ein Meteorit einschlagen müssen: Häuser und Wohnungen zum Kauf, in denen zehn Jahre lang keine Energiekosten anfallen. Richtig gelesen: In den ersten zehn Jahren stellt der Bauträger die Energie für Heizung und warmes Wasser kostenlos zur Verfügung. Für den rechnet sich das aber nur, wenn er die Gebäude energetisch absolut günstig versorgen kann. Kaufmännisch gehört sicher Mut dazu und ein bisschen Pioniergeist. “Wir wollten einfach mal was Neues machen, etwas Besonderes”, sagt Heiner Fuhs, der Vater der Idee.
Der 59-jährige gelernte Maschinenbautechniker hat wohl des Öfteren Lust “was Neues” zu machen. 1997 hatte er eine Fensterbau-Firma gegründet, die er nach 10 Jahren an seinen Sohn übergab. Doch für den Ruhestand war es offenbar noch zu früh.
“Lass uns ein paar Häuschen bauen, habe ich zu meiner Tochter gesagt”. Das ist die Gründungsgeschichte der HMF (Häuser mit Flair) GmbH, die Fuhs daraufhin mit seiner Tochter Maike ins Leben rief. Gegenüber dem Planungsingenieur, den er mit dem ersten Bauvorhaben beauftragte, formulierte Fuhs das Ziel allerdings deutlich ehrgeiziger. “Ich möchte einen Wohnkomplex mit einem hohem Anteil an erneuerbaren Energien erstellen, der dem neusten Stand der Technik entspricht”, zitiert Ingenieur Rolf Blechschmidt seinen Auftraggeber.
15 auf einen Streich
So entstand in der Rotweinstadt Ahrweiler, im Norden von Rheinland-Pfalz, eine Wohnanlage aus fünf Reihenhäusern, einem Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen und einem Doppelhaus, insgesamt 15 Wohneinheiten, die sich ein effektives, maßgeschneidertes Heizsystem teilen.
Für die Wärme sorgt eine Kombination aus Solarthermie und einer Gasabsorptions-Wärmepumpe. In zwei zentralen Pufferspeichern mit je 10.000 Liter Inhalt wird das heiße Wasser vorgehalten und von dort über ein Nahwärmenetz je nach Bedarf in die einzelnen Häuser geleitet.
Blechschmidt, der die Anlage geplant hat, zog die Gasabsorptions-Wärmepumpe der strombetriebenen vor. Denn Gas hat einen deutlich geringeren Primärenergiefaktor als Strom (im gegenwärtigen Energiemix), ist also effektiver.
20 Prozent der Heizwärme und 70 Prozent des Warmwasserbedarfs wird durch die Solarthermie gedeckt. Die Röhrenkollektoren wurden auf dem Mehrfamilienhaus und den Garagen installiert. Heiner Fuhs war überrascht, dass dafür eine Fläche von 150 Quadratmeter ausreichte. “Die Röhrenkollektoren sind sehr effektiv, so dass wir die restliche Fläche frei hatten für Photovoltaik.” Die PV-Anlage bleibt für die ersten 20 Jahre Eigentum des Bauträgers. Sie leistet eine Art Quer-Subventionierung für das aufwändige Heizsystem. Insgesamt hat es nach Angaben des Planungsingenieurs etwa 350.000 Euro mehr gekostet als eine herkömmliche Gasbrennwertheizung. Dafür belaufen sich die Energiekosten auf nur 6.300 Euro jährlich – für die gesamte Wohnanlage mit 15 Einheiten. Im Durchschnitt 420 Euro pro Einheit und Jahr. Das sind also die Kosten, die der Bauunternehmer den neuen Eigentümern in den ersten zehn Jahren “schenkt”. Ganz bestimmt ein sehr ungewöhnliches Geschäftsmodell.
Dafür haben die Fuhs` einen Anerkennungspreis der Energiespar-Aktion Unser Ener des rheinland-pfälzischen Wirtschafts- und Umweltministerium bekommen.
Um technische Fragen des innovativen Heizsystems müssen sich übrigens weder die Eigentümer noch der Verwalter kümmern. Die Regelung der Anlage übernimmt ein Fachbetrieb, der die Steuer- und Regeltechnik konzipiert hat und online überwacht. Weitere Infos http://www.baulinks.de/webplugin/2011/1451.php4 hier.
Ganz ausgefeilte Idee. Zumal lohnt es sich für den Vermieter und zum Anderen auch für die Umwelt. Sollte öfter so gemacht werden. Ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, würde ich mal sagen.
Hallo Herr Schneider,
das sehe ich auch so. Gut ist vor allem, dass die Anlage von Vornherein mit eingeplant wurde. Denn wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) solche Verbesserungen zur Energieeffizienz oder Nutzung erneuerbarer Energie nachträglich einrichten möchte, ist ein Beschluss mit meist Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Das ist so gut wie immer mit langwierigen Diskussionen verbunden, weshalb die meisten Hausverwaltungen sich nicht gerade darum reißen, solche Projekte auf den Weg zu bringen. Deshalb sind Beispiele wie das hier beschriebene sehr rar!