Prof. Dr. Uwe Leprich vom Institut für ZukunftsEnergieSysteme, Bild: Roland Horn

GNTEEG: Tolles Interview mit Prof. Leprich über das Reformmodell für ein neues EEG

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Es ist so weit! Die ersten Interviews zur Energieblogger Aktion “Germany’s Next Top EEG” treffen ein! Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen wie schwierig es ist, all die wichtigen Leute zu einem Interview zu bewegen.

Die Energieblogger führen eine Interviewserie mit allen Autoren der Reformvorschläge durch. Ziel ist es jene Vorschläge zu eruieren, die einer Bürgerenergiewende am zuträglichsten sind.

Manche Menschen haben aber die Relevanz dieser Aktion bereits erkannt und uns die ersten Interviews gegeben. Nach Kilians Interview mit  Prof. Claudia Kemfert, ist nun Prof. Uwe Leprich vom Institut für ZukunftsEnergieSysteme bei den Energiebloggern virtuell zu Gast. Ich bin mir sicher, dass nach und nach auch alle anderen dazukommen werden. In der Übersichtsseite werden danach die einzelnen Interviews und vor allem die Checkbox erstellt. Die Unterteilung erfolgt immer in:

  • Übersicht
  • Kurzbeschreibung
  • Interview
  • Checkbox

Germany's next Topmodel für das neue EEG

 

 

Im vorliegenden Gutachten werden Vorschläge für eine Weiterentwicklung des EEG („EEG 2.0“) mit der Zielperspektive eines Anteils von 40 % Erneuerbare Energien (EE) an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland und einem Zeithorizont bis etwa 2020 konzipiert und begründet. Die Konzeption der Vorschläge weist dabei im Einzelnen auch über dieses Jahr hinaus. Der Ausbau von Erneuerbaren Energien ist wesentlich von den Kapitalkosten dominiert, das Dargebot und der Betrieb erfordern keine bzw. nur geringe jährliche Aufwendungen. Ein Investor wird dann eine Investition tätigen, wenn die Investition zzgl. einer dem Risiko entsprechenden Prämie mindestens die Rendite vergleichbarer Anlagen erreicht. Analysen der Erlösperspektiven von EE-Anlagen in den Spot-, Termin- und Regelenergiemärkten zeigen, dass diese zur Finanzierung der Anlagen im Betrachtungszeitraum dieses Gutachtens nicht ausreichen werden. Das gilt umso mehr, als die EE zur Reduzierung der Preise mindestens auf den Großhandelsmärkten führen („Merit-Order-Effekt“) und sie dadurch den Preis besonders dann senken, wenn sie viel Strom einspeisen. Um dennoch einen Ausbau der EE zu erreichen, ist ein Finanzierungsmodell erforderlich, das entsprechende Erlösströme über Markterlöse der heutigen Strommärkte hinaus absichert. Es ist in diesem Sinne auch kein Subventionsmodell, da es lediglich die Zielerreichung des Ausbaus Erneuerbarer Energien gewährleisten soll. Das bisherige einheitliche Vergütungsmodell des EEG wird den Charakteristika der unterschiedlichen EE-Technologien nicht gerecht; daher sollten mehrere Finanzierungsmodelle passend zu den Technologien angeboten werden, die hier im Einzelnen entwickelt werden.

Nun folgt das Interview mit Prof. Uwe Leprich vom Institut für ZukunftsEnergieSysteme. Vielen Dank dafür!

Das Interview

Wie unterscheidet sich Ihr Vorschlag vom bisherigen EEG bzw. warum meinen Sie, dass das Bestehende geändert werden muss?

Prof. Leprich: Der wesentliche Unterschied zum aktuellen EEG besteht darin, dass es sich vom einheitlichen Vergütungsmodell verabschiedet und für die unterschiedlichen Technologien, die nach einem Kriterienkatalog zu Clustern zusammen gefasst werden, unterschiedliche, maßgeschneiderte Finanzierungsmodelle anbietet. So muss unseres Erachtens die regelbare Biomasse anders behandelt werden als die dargebotsabhängigen Erneuerbaren Wind und PV, und auch die mit hohen Risiken einhergehende Nutzung von Wind Offshore, die sich in höheren Renditeerwartungen niederschlägt, sollte nicht genauso behandelt werden wie beispielsweise die kleine Wasserkraft, bei der sich geringe Risiken mit moderaten Renditen verbinden.

Fördert dieses System eher eine zentrale oder dezentrale Energieversorgung?

Prof. Leprich: Wir adressieren in unserem Vorschlag zunächst grundsätzlich sowohl die dezentralen Erneuerbaren wie PV oder Biogasanlagen, als auch zentralere Optionen wie Wind Offshore oder große Wasserkraftanlagen. Wir haben aber unsere Vorschläge nicht parametriert, d.h. wir machen keine Aussagen darüber, in welcher Höhe und in welchem Umfang welche Erneuerbare Option finanziert werden soll. Klar ist allerdings, dass Wind Onshore und PV die Hauptsäulen des künftigen Stromsystems sein werden.

Wie definieren Sie die Energiewende?

Prof. Leprich: Energiewende ist die sukzessive und umfassende Verdrängung von fossilen und nuklearen Energieträgern zur Erbringung von Energiedienstleistungen durch Erneuerbare Energien und Energieeffizienz unter Beachtung einer möglichst großen Akteursvielfalt und breiter Partizipationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger.

Welches übergeordnete Ziel liegt dem Vorschlag zu Grunde? 

Prof. Leprich: Unser zeitlicher Zielhorizont war das Jahr 2020 mit der konkreten Zielsetzung, bis dahin einen Anteil von 40% Erneuerbare Energien an der Stromerzeugung in Deutschland zu erreichen. Die Vorschläge sollen aber auch über 2020 hinaus einen stabilen weiteren Ausbau der Erneuerbaren ermöglichen.

Wie sieht die Finanzierung dieses Modells aus? Gibt es schon genaue Berechnungen dazu? 

Prof. Leprich: Es handelt sich um eine Konzeptstudie, d.h. wir schlagen grundsätzliche Finanzierungsmodelle für den Ausbau der Erneuerbaren Energien vor, ohne diese mit konkreten Parametern zu füllen. Diese festzulegen und auf dieser Grundlagen die Gesamtkosten abzuschätzen bliebe einer möglichen Folgestudie vorbehalten.

Welche Energieform wird von diesen Änderungen am meisten profitieren und bei welchen sollte der Ausbau verlangsamt werden?

Prof. Leprich: s. Antwort Frage 5.

Wie bringt dieses System Kostenwahrheit in den Markt? Werden externe Kosten beachtet?

Prof. Leprich: Ich halte die Beschränkung auf den häufig zur Worthülse verkommenen Ansatz einer Internalisierung externer Kosten für eine ökonomistische Verkürzung der Begründung einer Systemtransformation hin zu einem Regenerativsystem, da die Erneuerbaren ein sehr weites Spektrum an Zielen adressieren wie z.B. Schaffung von Arbeitsplätzen, Stärkung lokaler und regionaler Wertschöpfung, Verringerung von Importen und damit Reduzierung der Risiken von Ressourcenkriegen, Aufbrechen von ökonomischer Macht, Stärkung von Gemeinschaftsgefühl und Solidarität etc. Wie sollten aufhören, uns von Ökonomen (ich bin übrigens selber einer) eine verkürzte Weltsicht diktieren zu lassen, die alles über einen monetären Leisten schlagen will, und wir sollten mit Begriffen wie Markt, Subvention oder auch Wirtschaftlichkeit äußerst sprachsensibel umgehen.

Wie sieht in Ihrem Konzept das Zusammenspiel der verschiedenen Energieformen aus? Gibt es sinnvolle Lösungen und die nötigen Anreize für den Ausgleich von Stromproduktionsschwankungen und zur Stromspeicherung?

Prof. Leprich: Da unsere Betrachtungszeit nur bis 2020 geht und wir bis dahin noch genügend Flexibilitäten im System haben, um die Schwankungen auszugleichen – die bestehenden Kraftwerke inkl. der KWK-Anlagen, den grenzüberschreitenden Stromverbund, Lastmanagement in Industrie und Gewerbe etc. – bedarf es unserer Ansicht zunächst keiner zusätzlichen Speichermöglichkeiten. Stromspeicher sind für mindestens 10 Jahre noch ein F&E-Thema (Forschung und Entwicklung); sie werden erst wichtiger jenseits eines Anteils von 40-50% Erneuerbare Energien.

Ist auch das Thema Wärme in Ihrem Konzept enthalten? Falls nein, warum nicht?

Prof. Leprich: Die Wärme ist indirekt enthalten, nämlich beim Thema Bioenergie. Da dieser wertvolle Rohstoff ausschließlich in Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt werden sollte, haben wir hier die Wärme als Abfallprodukt regenerativer Stromerzeugung. Ansonsten werden sich das Strom- und das Wärmesystem künftig ohnehin immer stärker vernetzen – z.B. durch zunehmende Situationen von regenerativem Überschussstrom, der als „fuel saver“ in Wärmespeichern eingesetzt werden kann. Im Übrigen gibt es für den Wärmebereich das Erneuerbare Energien Wärmegesetz, dessen Weiterentwicklung nicht Gegenstand des Gutachtens war.

Welche Rolle spielt die Möglichkeit von Bürgerpartizipation in dem Modell?

Prof. Leprich: Im Optionenmodell ist in Option A („Bürgermodell“) ausdrücklich vorgesehen, dass hier ein einfaches Einspeisemodell für Wind und PV erhalten bleibt, das keinerlei Vermarktungsverpflichtung mit sich bringt und insofern auch den Transaktionsaufwand gering hält. Die Gutachter und der Auftraggeber waren sich einig, dass das Kriterium der Akteursvielfalt beim künftigen Finanzierungsmodell genauso wichtig sei wie beispielsweise das Kriterium der Kosteneffizienz.

Wie stark spielt Klimaschutz und CO2 Reduktion eine Rolle in dem Vorschlag?

Prof. Leprich: Letztlich nur indirekt durch die Finanzierung des Ausbaus Erneuerbarer Energien, wobei ausdrücklich der Ausbau der Biomasse unterstützt wird.

Die Übersichts-Check-Box

Hier wurden den Studienautoren noch kompakte Fragen gestellt, die am Schluss zu einer besseren Einordnung der Studien führen soll.

DifferenzierungJaTWNein
Technologiespezifisches Modell (unterschiedliche Energieformen werden unterschiedlich behandelt)X
Regional differenziertes Modell (auf regionale Gegebenheiten wird Rücksicht genommen)X
Technologieneutrales ModellX
GanzheitlichkeitJaTWNein
Anreize für Energieeffizienz werden berüchsichtigtX
Schließt den Wärmesektor in den Betrachtungen mit einX
Schließt den Verkehrssektor in den Betrachtungen mit einX
Beinhaltet Lösungen und Anreize für den Ausgleich von Stromproduktionsschwankungen und zur StromspeicherungX
Klimaschutz ist Bestandteil des ModellsX
Dezentralität steht im FokusX
Investitionssicherheit besteht auch für kleine AkteureX
Jährliches Ausbauvolumen begrenztX
100% Erneuerbare sind das oberste ZielX
FinanzierungJaTWNein
Umlageverfahren über StrompreisX
CO2-Steuer
Über ETS/EU-Emissionshandel)
Budget(X)
Gesamtkosten bereits kalkuliert
VergütungJaTWNein
Einspeisevergütung (ct/KWh)X
Marktprämie (ct/kWh)X
Kapazitätsprämie (in €/KW)X
QuotenmodellX
InvestitionszuschussX
AndereX

Alle Interviews zur Serie

Hier entsteht eine Linkliste aller Interviews:

Sustainment/Prof. Claudia Kemfert: Kandidat: “Richtung wechseln, Energie neu denken – das Stromsystem fit machen für das 21. Jahrhundert”