Wir müssen reden, ihr Lieben! Denn Deutschland hat ein Problem. Ein Handwerkerproblem, um genau zu sein: Im Handwerk würden derzeit 65.000 Fachkräfte fehlen. Einer aktuellen Studie zufolge habe die Pandemie den Handwerkermangel in Deutschland zwar dämpfen, aber eben nicht stoppen können. Alles Wichtige zum Handwerkermangel in Deutschland lest ihr hier.
Laut der Studie des Kompetenzzentrums Fachkräfte (Kofa) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) “Fachkräfteengpässe in Unternehmen – Fachkräftemangel und Nachwuchsqualifizierung im Handwerk”, die ihr euch als PDF-Datei hier kostenlos aus dem Internet herunterladen könnt, seien Handwerksmeister besonders schwer zu finden. Wenn man bedenkt, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, sondern hinter dem Titel eine entsprechende Ausbildung steht, wiegt der Mangel an Meistern besonders schwer. Sind sie es doch, die ihr Wissen an den Handwerkernachwuchs weitergeben … Doch laut der Studie gehe auch das Ausbildungsangebot zurück.
Pandemie sorgte für viele Aufträge – dennoch herrscht Handwerkermangel in Deutschland
Wegen der Pandemie haben viele von uns viel Zeit in den eigenen vier Wänden verbracht und tun dies noch immer. Das Heimwerken erlebte und erlebt einen wahren Boom, denn viele nutzten die stay@home-Zeiten für anstehende Renovierungen. Doch des einen Freud (man denke nur an die vollen Auftragsbücher der Handwerker) ist inzwischen des anderen Leid: Denn acht bis neun Wochen Wartezeit auf einen Handwerker sind derzeit an der Tagesordnung, im Baubereich wartet man noch deutlich länger.
Ein Grund für die lange Wartezeit ist der eingangs benannte Handwerkermangel in Deutschland: Derzeit fehlen uns hierzulande knapp 65.000 Handwerker, schreibt das Handelsblatt online. Die fehlenden Fachkräfte in Berufen mit Handwerksanteilen beziffert die Zeitung auf 12.000. Die kämen noch obendrauf.
Zwar sei die Zahl der offenen Stellen bei den überwiegend handwerklichen Berufen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um gut 14 Prozent gesunken – etwas schwächer als bei allen Berufen für qualifizierte Tätigkeiten. Doch noch immer sei es äußerst schwer, sie zu besetzen, heißt es im Bericht des Handelsblattes weiter.
So gebe es für mehr als jede dritte offene Stelle (35,9 Prozent) keinen verfügbaren Arbeitslosen mit einer entsprechenden Qualifikation. Die sogenannte Stellenüberhangsquote sei demnach im Handwerk damit größer als über alle Berufe hinweg (27,4 Prozent). Aber: 2019, im Jahr vor Corona, habe sie noch bei rund 50 Prozent gelegen.
Handwerkermangel in Deutschland: zu wenig Gesellen
Ein Blick in die Studie gewährt uns noch genauere EInsichten in den Handwerkermangel in Deutschland. Demnach seien von den knapp 65.000 fehlenden Fachkräften 54.000 Gesellen.
Handwerkermangel in Deutschland: zu wenig Meister
Meister würden demnach zwar deutlich seltener gesucht: In den überwiegend handwerklichen Berufen fehlten etwa 5.500 Meister und in Berufen mit Handwerksanteilen 1.600. Dennoch seien Meister deutlich schwerer zu finden. Im Jahr 2020 gab es für knapp die Hälfte (46,6 Prozent) der Meisterstellen in überwiegend handwerklichen Berufen keine passend qualifizierten Arbeitslosen bundesweit. Bei den überwiegend handwerklichen Berufen konnten sogar knapp zwei Drittel (66,8 Prozent) der Stellen rechnerisch nicht besetzt werden.
Bei den Gesellen liege die Quote bei gut einem Drittel: 34,7 Prozent. Der Mangel an Meistern sei besonders kritisch, wenn es um die Unternehmensnachfolge gehe, für die zunehmend geeignete Personen fehlten, schreiben die Autoren der KOFA-Studie.
Besonders großer Handwerkermangel in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik
Besonders groß seien laut der Studie die Fachkräfteengpässe in Fertigungs- und Bauberufen, zum Beispiel
- in der Bauelektrik,
- in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik
- oder in der Kraftfahrzeugtechnik.
Auch im Verkauf von Fleischwaren oder im Holz-, Möbel- und Innenausbau fehlten demnach Gesellen.
Meister seien beispielsweise knapp in der Medizin-, Orthopädie- und Rehatechnik und ebenfalls in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.
Bei Meisterberufen im Tiefbau kämen nur 17 entsprechend qualifizierte Arbeitslose auf 100 offene Stellen. Regional sei der Handwerkermangel im Handwerk in Bayern, Baden-Württemberg und Teilen Niedersachsens am größten.
Der Studie zufolge komme das deustche Handwerk etwas besser durch die Coronakrise als andere Berufsbereiche. So sei der Rückgang der offenen Stellen etwas geringer ausgefallen als in der Gesamtwirtschaft, und ab Mitte vergangenen Jahres sei das Angebot wieder gewachsen. Ende 2020 habe die Zahl der offenen Stellen aber immer noch gut zehn Prozent unterhalb des Niveaus vom Jahresbeginn gelegen.
Das habe den Studienautoren auch damit zu tun, dass zumindest zeitweise stark von Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus Sars-Covid19 und seiner Mutanten beeinträchtigte Betriebe, zum Beispiel im Friseurgewerbe oder in der Augenoptik mit Umsatzeinbußen zu kämpfen hatten und sich entsprechend bei der Personalsuche zurückgehakten hätten.
Im Bauhandwerk dagegen habe die Arbeitskräftenachfrage bereits im Dezember 2020 wieder über dem Vorkrisenniveau gelegen, schreibt das Handelsblatt. Und auch bei personennahen Dienstleistungen werde eine rasche Erholung erwartet, sobald die pandemiebedingten Restriktionen wegfallen würden, ist dort weiter zu lesen.
Wirtschaftsminister fordert gezieltere Berufsorientierung in den Schulen
Es sei deutlicher denn je geworden, wie attraktiv und verlässlich Handwerksberufe seien, denn sie böten auch in Krisenzeiten eine sichere Perspektive. Mit diesen Worten habe der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die Studie kommentiert, schreibt das Handelsblatt. Die Schulen stünden demnach jetzt in der Pflicht, noch breiter über Karriere- und Fortbildungschancen im Handwerk zu informieren.
Der Fachkräftebedarf sei riesig, sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer. Ein Meistertitel sei die denkbar beste Absicherung gegen Arbeitslosigkeit fügt er hinzu.
Die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze im Handwerk sei dem Handelsblatt zufolge zwar seit 2018 wegen der schwächelnden Konjunktur und dann auch infolge von Corona zurückgegangen, das Minus falle aber schwächer aus als in der Gesamtwirtschaft. Gesunken sei das Ausbildungsplatzangebot auch in einigen der am stärksten vom Fachkräftemangel betroffenen Bereiche, etwa
- der Bauelektrik,
- der Kraftfahrzeugtechnik
- oder im Metallbau.
Im vergangenen Jahr hätten Handwerksbetriebe knapp 130.000 neue Ausbildungsverträge geschlossen. Das seien, so berichtet das Handelsblatt, etwa 10.000 weniger als im Vorjahr. Knapp 22.000 Ausbildungsplätze konnten nicht besetzt werden – bei rund 18.000 unversorgten Bewerbern. Damit liege der Anteil der unbesetzten an allen gemeldeten Ausbildungsstellen im Handwerk höher als in anderen Wirtschaftsbereichen.
Die Kofa-Experten empfehlen deshalb, mit einer verbesserte Berufsorientierung an Schulen sowie einer breiteren Aufklärung von Eltern und Lehrern stärker für die duale Berufsausbildung zu werben.
Aber: Weil in pandemischen Zeiten kaum Praktika oder Ausbildungsmessen hätten stattfinden können, müsse man hier auch neue digitale Wege erproben. Außerdem sollten auch kleine und mittelständisch geprägte Betriebe eine vorausschauende Personalbedarfsplanung erstellen.
Grafiken: KOFA-Studie
Der Handwerkermangel ist hauptsächlich verschuldet und verursacht durch unsere Medien, die seit etwa 15 Jahren im TV nicht mehr über gebildete Handwerker berichten, sondern hauptsächlich über Studenten. Auszubildende kommen im TV kaum noch vor.
Ich frage mich sehr oft, wenn ich ARD und Co. sehe, warum ständig über Studenten oder Akademiker berichtet wird und nicht über Lehrlinge. Steckt wohl eine Absicht dahinter.
So kann man das Handwerk auch kaputt”berichten”. Das Handwerk wird in den Medien seit Jahren systematisch als minderwertig dargestellt, als Job für Dumme.
Und das sage ich als eine der wenigen Betriebsleiter”innen” im Handwerk.
Ich habe selbst einen akademischen Abschluss, komme aus einer Handwerks-Familie und finde es geradezu peinlich, wie die Deutsche Bundesregierung und die Medien die Ausbildungsmisere beklagen aber hauptsächlich dazu beigetragen haben, dass kaum noch jemand eine Ausbildung machen möchte. Klar – da muss man um 7 in der Werkstatt sein und etwas arbeiten. Liegt wohl nicht jedem.
Wie du schon sagst, das Handwerk wurde vermarktet als Arbeit für die ,,Underclass,, .Bezahlen will keiner und haben wollen se alle.
Hauptsache IT und BWL etc. aber die bauen die Brücke nicht.
Die Herrschaften könnten sich einen Nagel abreißen
und das sieht doof aus bei der nächsten Sektparty.
Mit Dumpinglöhnen und einer Gesellschaft, die so geformt wurde, damit
sie früh morgens zu dämlich ist sich die Schuhe zu zubinden kann keiner bestehen.
Mal was zum Nachdenken:
Tja da kann ich meinen Vorrednern nur zustimmen.
Ich bin KFZ-Meister und habe lange Jahre im “Kundendienst” im Autohaus gearbeitet.
Als Teammeister für PKW-Und Nfz (MB).
Ich habs oft genug erlebt wie ich vom “König”-Kunde als der letzte Dreck und als Frustcontainer behandelt wurde.
Nach meiner Meinung war es in der Vergangenheit ein großer Fehler die Kunden und Verbraucher als “König-Kunde” hoochzustilisieren. Könige oder Kaiser dürfen eben alles…
Zu meinem Glück konnte ich durch glückliche Umstände in den Bereich Maschinenbau/Industrie wechseln und war das Handwerk los… Ich habe aufgrund meiner Erfahrungen immer darauf geachtet, daß mein Sohn diesem meinem Fachbereich ferngehalten blieb und nicht in diesen unterirdischen Fachbereich Handwerk/Dienstleistung hineingeriet. Die “Kunden” in Dtl. haben sich für diesen Bereich ihr eigenes Grab geschaufelt durch ihr Verhalten gegenüber Handwerkern in der Vergangenheit. Das kommt von so was …. Jetzt sitzen die Handwerker eben mal wieder am längeren Hebel.. In der Vergangenheit ausgenutzt und mit Füßen getreten… und denken Sie nicht die junge Generation die jetzt folgt weiß das nicht.. Die möchten sich nicht mehr so zum “Robert” machen lassen wie es z.B. mir ergangen ist. Das haben uns unsere Kinder auch schon so gesagt… Dieses Denken und diese Entwicklung wie wir sie jetzt sehen dauert n.m. A. mind. eine ganze Generation um das wieder auszubügeln und umzukehren. Mich ganz persönlich erfüllt die jetzt beobachtete Entwicklung und Situation im Handwerk mit Genugtuung!
Wenn ich sehe, was wir als Betrieb an Gebühren für HWK, Sozialkasse Dach und BG Bau pro Person bezahlen, pro Monat, ohne 1 Cent davon zurückzuerhalten ( Ausnahme Wintergeld), und dass das Gebäude Energiegesetz Bauen unbezahlbar macht, und dass duese EU Regeln ausser in Deutschland kaum ein Europäer beim Bauen befolgt, und dass das am Ende der kleine Kunde bezahlen darf, kann ich jedem nur empfehlen: Bitte bleibt angestellt i. d. Industrie bei namhaften Automobilzulieferern oder macht was mit BWL. Handwerk hat keinen goldenen Boden, nur wenn schwarz pauschal abgezockt wird.
mfG eine Betriebsleitung